Christine Dolderer de Huaylinos |
1996 -
2001
|
Als ich
im September 1994 nach Peru aufbrach, um dort im Kinderheim
Tablada ein Praktikum für mein Studium abzuleisten, hätte
ich es mir nicht träumen lassen, dass aus einem halben Jahr
insgesamt fast sieben Jahre werden würden:
>
sieben Jahre, in denen ich mich am “Puls des Lebens” gefühlt
habe,
>
sieben Jahre, die ich als die am intensivsten gelebten Jahre
bezeichnen würde,
>
sieben Jahre, die mich für mein Leben geprägt haben,
>
sieben Jahre, in denen ich Dinge gelernt habe, die man in
keiner Ausbildung und keinem Studium lernen kann,
>
sieben Jahre, die auch mein persönliches, privates Leben verändert
haben.
Es ist
schwierig, diese Zeit in ein paar Sätzen zusammenzufassen.
Doch ich möchte versuchen, einige wichtige Erfahrungen
herauszustellen.
Einige
Jahre vor Peru hatte ich schon ein soziales Jahr in einem
Armenviertel der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires
gemacht und hatte mir vorgestellt, mit den Erfahrungen aus
dieser Zeit für Tablada eigentlich ganz gut gewappnet zu
sein. Doch was ich dort antraf, war noch um einiges ärmer,
trostloser und deprimierender - ich war zu Beginn sehr
schockiert und traute mich kaum in die Umgebung des Heims.
Sprachprobleme
hatte ich keine und das Einleben wurde mir von den Heimleitern
und besonders den Kindern ziemlich leicht gemacht, so dass ich
mich schon bald sehr wohl fühlte.
In
diesem Praktikum bekam ich einen Einblick in die vielfältigen
Arbeits- und Aufgabenbereiche des Heims. Es war vor allem eine
Zeit
>
des Zuhörens, Fragens und Kennenlernens,
> der
Auseinandersetzung mit einer fremden Kultur und sozialen
Gegebenheiten,
> die
täglichen Überlebenskämpfe unserer Familien zu begleiten
und einen Einblick in deren Realität zu bekommen,
> in
der mir klar wurde, dass hier ein Ort war, an dem ich mich
gerne für eine längere Zeit engagieren möchte.
Zurück
in Deutschland setzte ich mich mit Roland Lauber in Verbindung
und schilderte ihm mein Vorhaben. Nach vielen Gesprächen,
auch mit den Ordinariaten der Diözesen Rottenburg und
Freiburg, sowie der AGEH, der Arbeitsgemeinschaft für
Entwicklungshilfe in Köln kam ein 3-Jahresvertrag zustande,
der dann nochmals um drei Jahre verlängert wurde.
Nach
vier Monaten intensiver Vorbereitung in Köln, stand meine
Ausreise nach Peru für Juli 1996 fest.
Als
entsandte Fachkraft und Mitarbeiterin für das Heim war ich
nun mit ganz anderen Aufgaben und Erwartungen von seiten des
Vereins in Deutschland, des Vereins in Peru und natürlich
auch von der Heimleitung und dem Personal konfrontiert. Mein
Einsatz war vor allem für den pädagogischen Bereich geplant,
was sich jedoch schon bald nach meiner Ankunft änderte.
Ein
Wechsel in der Heimleitung, Anita übernahm im August 1996 die
Leitung, löste verschiedene tiefgreifende Veränderungen aus.
So war mein erstes Jahr ausgefüllt mit organisatorischen
Aufgaben, bei denen es darum ging, innere Strukturen neu zu
gestalten, neue Richtlinien zu erstellen, Unterstützung von
staatlichen Institutionen zu suchen ... .
In
diesem Jahr bekam ich bei vielen Behördengängen einen sehr
guten Einblick in die peruanische Bürokratie. Ich lernte,
dass man sich nicht so schnell unterkriegen, abwimmeln, vertrösten
lassen darf, auch Gelassenheit und Geduld zu üben. Und
irgendwann musste ich auch einsehen und vor allem akzeptieren,
dass in Peru die Uhren einfach anders gehen als in
Deutschland.
In den
folgenden Jahren lag der Schwerpunkt meiner Arbeit in der
Organisation der Heimwerkstätten, der Schreinerei, der Bäckerei
und der Schneiderei. Es ging um ein großes Ziel - mit den
Erträgen aus diesen Werkstätten, das Heim zu unterstützen,
um die Autofinanzierung. Dieses Ziel ist sicher nie ganz zu
erreichen, doch mit vielen kleinen Schritten bewegt sich das
Heim in diese Richtung. Diese drei Jahre waren für mich die
interessantesten und schönsten. Wir arbeiteten in einem sehr
guten Team zusammen, vor allem die Arbeit mit den Jugendlichen
machte mir sehr viel Spaß. Sie zu motivieren und ihre
Begabungen soweit zu fördern, dass als Ergebnis der
Anstrengungen zum Schluß ein Produkt entstand, das zum
Verkauf angeboten werden konnte und Absatz fand, machte unsere
“Bäcker” und “Schreiner” stolz und gab ihnen Mut und
Selbstvertrauen.
Die
letzten zwei Jahre widmete ich mich dann mehr dem pädagogischen
Bereich und konzentrierte mich dabei auf die Arbeit mit den
Kindern zwischen 3 und 12 Jahren, stand den Erzieherinnen mit
Rat und Tat zur Seite, den Müttern für Beratungsgespräche
zur Verfügung.
Wenn ich
diese Bereiche im nachhinein nun so beschreibe, kommen sie mir
als Resultat meines Einsatzes ziemlich “armselig” vor.
Doch hinter dem hier nur Angedeuteten steht eine Fülle aus
Aktionen, Begeisterung, Einsatzfreude sämtlicher Mitarbeiter,
viele Gespräche, nächtelange Diskussionen, Neues versuchen,
Scheitern, verbissenes Arbeiten, mit dem Kopf durch die Wand,
Enttäuschung, Tränen, Freude, Geselligkeit - es gab alles -
Höhen und Tiefen und es war einfach nur SCHÖN!!!
Das
Kinderheim und seine Umgebung waren nicht nur Arbeitsstelle für
mich und meine Familie, all dies war auch für einige Jahre
unser Leben. Eine ganz wichtige Erfahrung gewann ich aus den
Einblicken in die Welt und das Leben unserer Kinder und ihrer
Familien.
Der
peruanische Befreiungstheologe Gustavo Gutierrez sagte
einmal:” Um wirklich den Armen nahe sein zu können, muss
man Freunde unter den Armen haben. Freunde unter den Armen zu
haben bedeutet, die Armen beim Namen zu kennen, ihr Leben und
ihren Lebensstil zu schätzen.”
Aufgrund
meiner ganz anderen Ausgangssituation konnte ich auch nach all
diesen Jahren in Tablada diese Realität nie ganz verstehen -
ich hatte immer mein Rückflugticket in der Tasche und damit
die Option auf ein einfaches, bequemes Leben.
Trotzdem
habe ich Freunde unter den Armen, den Jose, die Ana, den Luis
und die Melissa und die vielen anderen, die ich kennengelernt
habe, denen ich mich verbunden und nahe fühle.
Seit
zwei Monaten sind wir nun in Deutschland und versuchen hier Fuß
zu fassen. Die Umstellung ist nicht leicht, das Heimweh ist
groß, vieles muss verdaut und verarbeitet werden. Zwei Welten
stoßen plötzlich aufeinander, die in krassem Gegensatz
zueinander stehen. Immer wieder stelle ich Vergleiche an,
urteile und ver-urteile, obwohl ich weiß, dass dies nicht
sein darf und auch nicht kann. Die Realitäten Perus und
Deutschlands sind zu verschieden, und jede hat ihre
Berechtigung. Vielleicht ist es das Mitleben in einer anderen
Kultur, das uns unsere eigene besser verstehen lässt.
Was für
mich nach meiner Rückkehr das Wichtigste ist, mich nicht
einfach von allem hier vereinnahmen zu lassen, die Realität
Perus in mir wach zu halten und zu wissen, dass die Arbeit mit
und für andere uns ganz besonders auch hier betrifft.
Genießen
wir unsere Advents und Weihnachtszeit, sie ist doch eine ganz
besondere Zeit im Jahr, und lassen wir die anderen an unserem
Glück teilhaben.
Allen
Spendern und Wohltätern danke ich ganz besonders für die
Treue zum Kinderheim und die Unterstützung seiner Arbeit. Ich
wünschte, jeder von Ihnen könnte die Kindergesichter einmal
“live” sehen, wenn sie glücklich und ausgelassen im Heim
spielen. Dies wäre der beste Dank für all Ihr Bemühen.
Ein
gesegnetes und frohes Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen -
“Feliz
Navidad”
Christine
Dolderer de Huaylinos
zum
Inhaltsverzeichnis
Jürgen Kretz |
28. 11. 2001 - 28. 02. 2002 - Nr. 2 |
In den
Wochen vor Weihnachten arbeitete ich weiter als Hausmeister
und Gruppenbetreuer wie zuvor.
Mitte
Dezember begannen für die Kinder, da sie unterschiedliche
Schulen besuchen, nach und nach die Ferien, so dass immer mehr
Kinder den ganzen Tag im Heim verbrachten, bis schließlich
alle ganztags ins Heim kamen.
Das veränderte
die Heimroutine vollständig. Nun war ständig die doppelte
Anzahl Kinder da, außerdem fiel die Hausaufgabenbetreuung in
der Gruppenarbeit weg, was mehr Vorbereitung nötig machte.
Am
zweiten Dezemberwochenende nahmen wir mit Produkten der
Heimschreinerei am Weihnachtsbazar der deutschen Gemeinde in
Miraflores teil.
Am
dritten Advent gingen wir mit allen Kindern des Heims zum
Gottesdienst der deutschen Gemeinde. Nach der Messe wurde
jedes einzelne Kind von einer Familie aus der Gemeinde
eingeladen, mit ihnen zu Mittag zu essen, einkaufen zu gehen,
etc. Um 16 Uhr holten wir die Kinder wieder an der Kirche ab.
Alle waren glücklich über die Geschenke, die sie erhalten
hatten, und den schönen Tag, den sie verbracht hatten.
Am
Donnerstag vor Weihnachten war dann der letzte Tag im Heim mit
einer kleinen Feier. Es wurden Sketche und Tänze von den
Kindern und uns Betreuern aufgeführt. Zum Abschluss erhielten
alle ein kleines Weihnachtsgeschenk.
Am
Heiligabend kamen meine Freundin und zwei Freunde zu Besuch.
Mit ihnen reiste ich für zwei Wochen nach Ayacucho, Cusco und
Pisco.
Nach
meiner Rückkehr begann auch für mich die alljährliche
Heimrenovierung. Unter anderem strichen wir die Gruppenräume,
den Speiseraum und die Bäckerei, brachten Strohmatten als
Deckenisolierung an, lackierten die Türen und reparierten Bänke
und Tische.
Während
dessen begann über mehrere Wochen verteilt ein Kurs des
Psychologen José Maria Machado zum Thema Werte und persönliche
Entwicklung.
In der
zweiten Februarwoche begannen die ersten Kinder ins Heim zu
kommen, allerdings erst nur zum Essen.
Ab der
dritten Woche kamen etwa 30 Kinder wieder regulär ins Heim.
Allerdings bestanden noch keine Gruppen. Ständig kommen neue
Kinder dazu, die Höchstzahl wird 60 sein.
Wir
betreuten die Kinder zu fünft, Vinciane, Natalie, Anita,
Gaston und ich.
Ursprünglich
war geplant, mit zwei peruanischen hauptamtlichen und zwei
ausländischen freiwilligen Erziehern die Kinder zu betreuen.
Ich
sollte mit Javier die Schreinerei übernehmen.
Da Patti
aber überraschend kündigte, und die Einstellung ihres
Nachfolgers Luis sich um eine Woche verzögerte, war ich bei
den Kindern und begann erst in den letzten Februartagen in der
Schreinerei. Als weitere Neuerung bestehen nun zwei Gruppen,
in denen Kinder aller Altersstufen gemischt sind. Es gibt
keine Gruppen der Großen und Kleinen mehr. Dadurch soll
erreicht werden, dass Ältere und Jüngere von einander
lernen.
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Jürgen
Kretz |
29. 02. 2002 - 28. 05. 2002 - Nr. 3 |
Seit
Ende Februar arbeite ich in der Schreinerei unseres Heimes.
Dort bin ich mit Javier, 18, der Im Heim wohnt, und Brian, 17,
verantwortlich, mit einigen Kindern Holzspielzeuge zum Verkauf
herzustellen. Unsere Produkte werden auf Festen oder Märkten,
wie zum Beispiel in der deutschen Schule, oder der deutschen
Gemeinde verkauft.
Nebenher
bin ich weiterhin als Hausmeister tätig und mache viele
Erledigungen für das Heim mit dem Auto. Außerdem verkaufen
wir nach wie vor jeden Sonntag die Produkte unserer Bäckerei
in der deutschen Gemeinde in Miraflores.
Mitte März
fuhren wir mit allen Kindern an den Strand. Ein Bus fuhr uns
an einen etwa eine Stunde südlich gelegenen Strand. Dort
verbrachten wir mit den Kindern den ganzen Tag.
Am 1.
April begann für die Kinder endlich wieder die Schule. Sie
hatten über drei Monate Ferien gehabt. Für die regulären
Gruppen bedeutet der Schulanfang, dass jetzt die Hälfte der
Zeit für die Hausaufgaben vorgesehen ist, und wenig Zeit für
Projekte usw. bleibt. In der Schreinerei sind die Kinder aus
dem selben Grund nun weniger.
Mitte
April reiste ich für eine Woche nach Bolivien auf das Seminar
der AGEH für jugendliche Freiwillige. Das Seminar hat mir
viele wichtige Denkanstöße gegeben und war eine gute Möglichkeit,
andere Jugendliche in der gleichen Situation kennenzulernen.
Anfang
Mai spendeten Mitglieder der Gemeinde in Miraflores eine
Marienstatue, die mit einem Einweihungsgottesdienst im Heim
aufgestellt werden sollte. Für die Statue sollte eine Grotte,
ein Podest gebaut werden. Hierfür schlug ich eine
entsprechende Niesche in eine Felswand auf der Terrasse im Hof
und baute darin eine Grotte aus Natursteinen.
Eine
Woche später schlug mir Anita vor, für die Familie zweier
Heimkinder eine Holzhütte zu bauen.
Sie
leben mit ihrer Mutter und ihrem kleineren Bruder in einer
kleinen Hütte aus Schilfmatten und schlafen alle in einem
Bett. In ihrer Nachbarschaft gibt es weder Strom noch Wasser.
Da das
Heim solche Projekte nicht zahlt, verwendete ich private
Spendengelder, die mir zur Verfügung standen.
In drei
Tagen sägte ich die einzelnen Teile im Heim zurecht. Danach
stellten wir die Hütte auf dem Grundstück der Familie auf.
Im
Augenblick fehlen der etwa 13 qm großen Holzhütte mit
Zementboden noch die Wandverkleidung und das Dach.
Diese
Arbeit macht mir sehr viel Spass, da es genau das ist, was ich
mir vorher, als ich noch in Deutschland war, vorgestellt
hatte.
Nach
neun Monaten fühle ich mich hier immer noch sehr wohl,
allerdings ist mir in Vielem der Wille, Neues anzupacken, oder
etwas umzukrempeln, verloren gegangen und ich denke schon
wieder daran, wie mein Leben in Deutschland weitergehen wird.
Inzwischen
ist die Hütte der Familie LLamoca fertig. Im Folgenden eine
Dokumentation der verschiedenen Phasen ihrer Entstehung:

Zunächst sägen wir die Balken im Heim zu.

Die Kinder bringen die Balken zur vorbereiteten Baustelle.

Dort wird die Fachwerkkonstruktion aufgestellt.

Unsere Kinder bei der Arbeit

Walter (links) und Javier mit dem "Rohbau"

Luis - das jüngste Kind der Familie Llamoca

Eine wohlverdiente Pause im Inneren der neuen Hütte

Geschafft! Nach zwei Wochen Bauzeit ist die Hütte endlich
fertig.
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Jürgen
Kretz |
29.05. - 28.08 2002 - Nr 4 |
Bis zum
1. Juni bauten wir weiter an der Hütte der Familie Llamoca.
Die folgenden Wochen arbeitete ich wie gewöhnlich als
Hausmeister
Mitte
Juni kehrte Vinciane nach Belgien zurück. Deshalb begann ich
wieder, wie im Jahr zuvor, morgens als Hausmeister und mittags
als Gruppenbetreuer zu arbeiten, allerdings ohne geregelte
Einteilung.
Da der
Winter und damit der Regen angefangen hatte, stellte sich
heraus, dass an vielen Stellen das Dach des Heimes undicht
war. Das Problem ist, dass die Eternitplatten im ganzen Heim
nur wenige Zentimeter übereinander lappen. An manchen Stellen
waren bereits in den Jahren zuvor kleine Stücke eingefügt
worden, was jedoch nicht ausreicht. Da die Büros am stärksten
betroffen waren, reparierten wir dort das Dach, die restlichen
Räume blieben jedoch wie zuvor.
Anfang
Juli kündigte Gastón, einer der Erzieher. Deshalb arbeitete
ich für eine Woche fest mit Natalie in einer der
Kindergruppen, um ihn zu ersetzen.
Mitte
Juli nahm seine Nachfolgerin Silvia die Arbeit im Heim auf und
ich wechselte in die Schreinerei. Wir stellten Puzzles und
Holzspielzeug auf Bestellung einer Urwaldschutzorganisation
her.
Am
4.Juli feierte das Heim sein 17. Jubiläum. In Peru ist es üblich,
in Institutionen jedes Jubiläum groß zu feiern. Deshalb fand
bereits in der Woche vorher ein Sonderprogramm statt, zusätzlich
hatten alle Kinder gerade Schulferien.
In drei
Gruppen gemischt aus allen Altersschichten, Natalie und ich
leiteten eine der Gruppen, nahmen die Kinder an zahlreichen
Wettbewerben teil. Jeden Tag musste eine andere Disziplin, wie
z.B. den Gruppenraum zu schmücken, ein Fußballturnier oder
eine Schatzsuche gemeistert werden. Am letzten Tag gab es eine
Feier mit den Kindern. Am Samstag fand ein Treffen der
Ehemaligen des Heimes statt.
In der
folgenden Woche unternahmen wir einen Tagesausflug mit den
Kindern nach Sta. Eulalia, wo in dieser Jahreszeit im
Gegensatz zu Lima immer die Sonne scheint. Die Kinder genossen
es, für einen Tag aus dem Nebel zu kommen und in einem Fluss
zu baden.
Am 20.
August kam dann mein Nachfolger Stanislaus Teichmann an. Die
letzte Woche verbrachte ich damit, ihn in die Arbeitsbereiche
einzuführen und die letzten Arbeiten zu Ende zu bringen.
Ich bin sehr froh, die Möglichkeit gehabt zu haben, meinen
Anderen Dienst im Ausland hier in Tablada zu leisten.
Ich habe
viele wichtige Erfahrungen gemacht und einen kleinen Beitrag
zur Arbeit des Heimes leisten können.
Ich bin
Anita und dem ganzen Heim sehr dankbar, so freundschaftlich
aufgenommen worden zu sein und hier ein schönes, wenn auch
nicht immer leichtes Jahr verbracht zu haben.
zum
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Nina Kestermann |
Dezember 2002 - Nr. 1 |
Hallo an
euch alle,
endlich
komme ich dazu, euch ausführlicher von meinen Erlebnissen
hier in Lima zu berichten. Ich habe in den eineinhalb Monaten
schon so viel erlebt, dass mir der Ankunftstag schon ganz weit
weg vorkommt. Aber damit werde ich jetzt trotzdem mal
anfangen:
Wir wurden von Jürgen Huber aus der deutschen Gemeinde am
Flughafen abgeholt und durften gleich erleben, wie der Verkehr
auch ohne viele Vorfahrtsregeln, dafür aber mit umso mehr
Hupen und schneller Reaktion funktionieren kann. Und ich muss
sagen, ich hab mich bis jetzt noch nicht richtig daran gewöhnt.
Wir kamen aber alle vier heil in Surquillo (Stadtteil von
Lima) an. Dort wurden wir von Padre Gildo und der Gemeinde
herzlich empfangen, waren aber froh, als wir um ca. vier Uhr
morgens ,nach deutscher Uhrzeit, endlich in unsere Betten
liegen und schlafen konnten. In der “casa de retiro”
hinter dem Pfarrhaus hatten wir jeder ein kleines Zimmer mit
Bett und Regal, das ein bisschen an eine Gefängniszelle
erinnerte.
Der nächste Morgen begann, mangels warmen Wassers, mit einer
äußerst erfrischenden Dusche. Danach lernten wir Padre
Gildo, der die folgenden drei Wochen für uns verantwortlich
war, besser kennen und waren gleich begeistert von seiner
offenen, lustigen Art. Ein wahrer Alleinunterhalter, genau das
richtige für den Anfang!
Während Carola und Ute jeden Morgen drei Stunden
Spanischunterricht hatten, begleiteten Christoph und ich Gildo
von nun an immer bei seiner Arbeit. Dadurch lernten wir auch
sehr bald die berühmt, berüchtigte “hora peruana”
kennen, die peruanische Unpünktlichkeit. Wir besuchten
Familien, Schulen, einen Kindergarten, ein Krankenhaus und
vieles mehr.
Mittags gab es immer Programm für uns alle: Ausflüge ins
Zentrum von Lima oder in andere Stadtteile, ein Besuch in
einem Heim für behinderte Kinder oder das Erledigen von
organisatorischen Dingen.
Das alles war sehr interessant, aber der Gegensatz zwischen
arm und reich, und z.B. die Zustände in diesem Heim waren
auch echt schockierend. Gleich am ersten Wochenende gab es
eine Überraschung für uns: Angel, der Bruder von Gildo fuhr
mit uns mit dem Bus die Panamericana hinunter nach Ica. Dort
übernachteten wir in einer Pension (mit warmer Dusche, juhu!)
und machten am Samstag einen Ausflug nach Pisco, von wo aus
wir in einem kleinen Motorboot zu den Paracas-Inseln fuhren.
An diesem Wochenende waren wir auch das erste Mal in einer
Karaokebar (die sind hier sehr beliebt), was ziemlich amüsant
war…
Der Sonntag begann mit der Besichtigung einer Wein- und
Piscobrennerei, anschließend fuhren wir zur Oase
“Huacachina” und zu guter letzt schleppten wir uns noch
eine steile Sanddüne hinauf zum Sandboarden(so ähnlich wie
Snowboarden, oder wie ich es bevorzugte, im sitzen, wie
Schlittenfahren. Nur eben im Sand). Echt cool!
Ich hab mich gefühlt wie im Urlaub. War’s ja auch ein
bisschen.
Sowieso hatte ich die gesamten drei Wochen in Surquillo noch
dieses Gefühl im Urlaub zu sein, das erst hier in Tablada
aufgehört hat.
Mit der Zeit lernten wir auch die anderen Leute, die im
Pfarrhaus arbeiteten, besser kennen und auch die waren super
nett, ein echter Glücksgriff. Carola und ich besuchen sie
auch jetzt noch total gerne.
Nach zwei Wochen, genau pünktlich zum Termin unseres
Seminartages über die peruanische Geschichte und Realität,
kam dann, was irgendwann kommen musste: der Durchfall!
Zusammen mit Fieber und krampfartigen Schmerzen, so dass ich
den ganzen Tag im Bett verbrachte. Dank Carolas Medizin und
dem Oreganotee der Köchin Carmen, habe ich mich aber schnell
wieder erholt.
Es gab eigentlich kaum einen Tag ohne Programm. Auch die
Spanischlehrerin Adriana lud uns einmal ein, den Kindergarten
anzuschauen, in dem ihre Schwester arbeitet. Doch die Methoden
dort gefielen und nicht so gut. Die Kinder durften kaum frei
spielen, stattdessen hatten auch die kleinen schon ziemlich
viel Unterricht, in dem sie aber fast nur abschrieben oder
wiederholten, was die Lehrer sagten.
Vor unserem Aufbruch zu den verschiedenen Arbeitsstellen,
kochten wir noch ein typisch deutsches Essen als Dankeschön für
alles, was unser “padrecito” und die anderen aus der
Gemeinde für uns getan hatten.
Die Zeit in Surquillo war echt super, vor allem als Einstieg
und ist für alle weiteren Voluntarios nur zu empfehlen!!!
Am Montag, den 23. 09. trennten sich dann unsere Wege:
Christoph und Ute fuhren zu ihren Einsatzstellen in Churin und
Chimbote und Carola und ich wurden von Gildo nach Tablada
gebracht.
Tablada ist ein sehr armes Viertel. Hier in der Umgebung des
Heimes haben die Menschen sich über die Jahre hinweg kleine Häuser
aus Stein oder Holzbrettern gebaut, die meistens nur aus einem
einzigen Raum bestehen. Viele Familien haben auch kein fließendes
Wasser oder Licht und es gibt kaum geteerte Strassen.
Das Heim, in dem wir arbeiten, wurde vor 17 Jahren gegründet.
Es wird hauptsächlich durch Spenden aus Deutschland
finanziert. Außerdem verdienen wir uns durch den Verkauf von
Produkten aus der eigenen Schreinerei und Bäckerei noch ein
bisschen etwas dazu.
Momentan arbeiten hier Anita, die Direktorin, Luis und Silvia,
die beiden Erzieher, außerdem Ines, die sich um den pädagogischen
Bereich kümmert, Jorge und Pio, die früher selbst im Heim
waren und sich jetzt um Bäckerei und Schreinerei kümmern, Señora
Julia und Señora Zoila, unsere Köchinnen, der abuelito, der
im Gemüsegarten arbeitet und hausmeisterliche Tätigkeiten
erledigt und Carmen, die Buchhalterin. Außerdem gerade noch
Stanislaus, Carola und ich, die Voluntarios. Wir wohnen auch
im Heim, jeder hat ein eigenes Zimmer, Küche und Bad teilen
wir uns.
Stanislaus wird viel als Taxi-Stani gebraucht, d.h. er fährt
den VW-Bus des Heimes, macht ein Projekt, in dem er mit den
Kindern zusammen einen neuen Gemüsegarten anlegt und kümmert
sich ansonsten um hausmeisterliche Arbeiten und alles, was
sonst noch so anfällt. Carola und ich arbeiten in den Gruppen
mit den Kindern mit. Wir haben insgesamt 46 Kinder, wobei die,
die morgens Schule haben nur mittags da sind und umgekehrt.
Die Kinder sind in zwei Gruppen aufgeteilt: Luis hat die, mit
den Grosseren, Silvia die mit den kleineren Kindern.
Wir kamen also hier im Heim an und brachten erst einmal, von
einem Haufen neugieriger Kinder umringt, unser Gepäck in
unsere Zimmer. Den restlichen Tag genoss ich es total mein
Zimmer einzurichten (endlich nicht mehr aus dem Koffer leben
und endlich meine ganzen Fotos aufhängen!) Am Nachmittag gab
es noch eine kleine “Bienvenida” von den Erziehern und
Kindern und nach einem Abendessen bei Anita gingen wir auch
bald ins Bett. Ich habe die ersten drei Wochen in der Gruppe
mit den Kleinen verbracht. Gerade bin ich bei den Grossen, die
deutlich ruhiger und weniger anstrengend sind. Im Laufe dieser
Woche werden Carola und ich entscheiden, wer endgültig, oder
zumindest für das nächste halbe Jahr, in welcher Gruppe
bleibt.
Damit ihr euch ungefähr vorstellen könnt was ich die ganze
Zeit über so mache, hier ein kurzer Tagesablauf:
7.00 die Kinder kommen, Frühstück
7.30 colaboraciones (die Kinder müssen mitarbeiten z.B.
fegen, Bad putzen...)
8.00 wir frühstücken, die Kinder spielen draußen
8.30 wir gehen mit den Gruppen in die Räume, malen, basteln,
machen Hausaufgaben, einige größere helfen in der Bäckerei
oder beim Gartenprojekt mit
10.00 es gibt ein kleines Vesper und anschließend freies
Spielen draußen
10.30 wir gehen wieder in die Räume
11.30 Umziehen für die Schule
12.00 Mittagessen für die Kinder vom Morgen
13.30 Mittagessen für die Kinder vom Mittag, anschließend
freies Spielen
14.30 wir gehen in die Räume
16.00 colaboraciones
16.30 kleiner Imbiss
17.00 die Kinder gehen
So in
etwa sehen die Tage unter der Woche aus, freitags haben wir außerdem
immer noch Teambesprechung und jeden Sonntag verkaufen wir
Vollkornbrot und Empanadas in der deutschen Gemeinde.
Die Arbeit macht mir schon Spaß, aber sie ist auch oft
schwierig und anstrengend. Einerseits verstehe ich mich gut
mit den Kindern, viele kommen auf mich zu und reden mit mir,
wir spielen zusammen und sogar noch die Größeren kommen und
wollen in den Arm genommen werden. Andererseits testen sie
mich aber auch total aus, versuchen mich zu provozieren, lügen
oft und streiten untereinander viel, verpetzen sich
gegenseitig, bewerfen sich mit Sand oder anderen Sachen…
Besonders am Anfang haben sie auch überhaupt nicht auf mich
gehört. Das wird zum Glück langsam aber sicher ein bisschen
besser. Aber mit den Kleinen ist es immer noch schwierig.
Schoen ist, dass ich die einzelnen Kinder von Tag zu Tag
besser kennen lerne und sich auch eine persönlichere
Beziehung zu manchen entwickelt.
Gestern waren Carola und ich das erste Mal bei einer Familie
zu Hause eingeladen. Es war sehr interessant, aber auch
erschreckend, die Lebensverhältnisse der Kinder zu sehen:
zwei Betten für eine Mutter und vier Kinder, ein einziger
Raum für alle, der nur durch eine Plastikplane unterteilt
ist, kein Licht, Wände teilweise aus Holzbrettern, das Klo
ein Hüttchen aus Wellblech mit Vorhang vorne dran. Die Mutter
war sehr offen und hat uns von ihren Problemen erzählt. Dass
der Vater, der sie verlassen hat, keine Alimente zahlt, sie
sich aber noch nicht einmal die Fahrt zu einem Anwalt leisten
kann, um ihn zu verklagen. Außerdem wie schwer es ist eine
regelmäßige Arbeit zu finden.
In Deutschland habe ich mir zwar auch schon Gedanken gemacht
über den Gegensatz zwischen arm und reich und über mein
Konsumverhalten, aber hier beschäftigt mich dieses Thema natürlich
noch viel mehr, dadurch, dass man die Armut so nah erlebt.
Ich habe den Drang, unbedingt etwas dagegen tun zu wollen,
aber auf was in meinem Leben würde ich dafür verzichten? Und
wo setze ich die Grenze, dass ich sage soviel gönne ich mir
noch, aber mehr nicht??? Diese Frage stelle ich mir oft, in
allen möglichen Situationen.
Hier im Heim leben wir schon etwas abgesondert, wie in einer
kleinen Oase und ich kann mir den Alltag der Kinder außerhalb
des Heimes bis jetzt noch kaum vorstellen. Das macht es für
mich schon manchmal schwierig, das Verhalten der Kinder zu
verstehen.
Außerdem haben Luis und Silvia schon ein etwas anderes Verständnis
von Pädagogik, als ich das aus Deutschland gewohnt bin.
Die Kinder übernehmen meiner Meinung nach selbst noch zu
wenig Verantwortung und dürfen auch ziemlich wenig
mitbestimmen, was gemacht wird. Die Erzieher legen sehr viel
Wert auf Sauberkeit, Hausaufgaben und die Erfüllung der
colaboraciones (fegen…), die jedes Kind im Heim hat. Das ist
ja auch gut, ich finde es nur schade, dass es relativ wenig
Zeit gibt, in der man etwas mit den Kindern machen oder planen
könnte, was ihnen richtig Spaß macht.
Im Vergleich zu anderen peruanischen Einrichtungen ist Tablada
jedoch sehr fortschrittlich. Außer, dass die Kinder von
Montag bis Freitag kommen können, gibt es auch ein Programm,
das die Mütter oder Väter unterstützt z. B. organisieren
die Eltern sich und helfen sich gegenseitig beim Bau oder der
Reparatur ihrer Häuser und treffen sich regelmäßig mit
Anita, um Probleme zu besprechen. Auch in Punkten wie z.B. dem
Übernehmen von mehr Verantwortung durch die Kinder will Anita
gerade einiges ändern. Wenn alles klappt können Carola und
ich außerdem bald mit einem eigenen Projekt anfangen, wo wir
dann mehr Freiheit haben als in der Arbeit mit den Gruppen.
Nach der Arbeit bin ich meistens ziemlich kaputt und gehe
nicht mehr groß weg, sitze noch mit Carola, Stanislaus, Pio
und Jorge in der Küche oder gehe ins Internet, schreibe
Briefe, spiele ein bisschen Gitarre und kämpfe mit den Flöhen,
Kakerlaken und Skorpionen in meinem Zimmer. Auch daran, dass
ich keine freien Wochenenden habe muss ich mich erst noch gewöhnen,
denn außer dem Verkauf sonntags fallen auch ab und zu
samstags noch andere Sachen an.
Ja, ich glaube das reicht für`s erste. Natürlich gibt es
eigentlich noch viel mehr zu erzählen, aber das kann ich
niemals alles aufschreiben. Wenn ich noch irgendwas vergessen
haben sollte, was euch interessieren würde, könnt ihr gerne
nachfragen und auch sonst freue ich mich natürlich immer über
Post.
Liebe Grüße
aus der Ferne
Macht`s
gut
Nina
zum
Inhaltsverzeichnis
Nina Kestermann |
Januar 2003 Nr. 2 |
Liebe
Freunde, Bekannte und Verwandte,
zuerst einmal wünsche ich euch allen nachträglich noch ein
FROHES NEUES JAHR und hoffe, dass ihr Weihnachten und
Silvester schön verbracht habt.
Es tut mir leid, dass ich es bei einigen von euch nicht mehr
geschafft habe, mich noch einmal vor den Feiertagen zu melden.
Ich war krank und habe mich dann erst in letzter Sekunde dazu
entschieden, doch mit Vicente und Carola über Weihnachten
nach Puno zu fahren, so dass ich mich nicht mehr melden
konnte.
Aber mehr dazu später. Jetzt fange ich lieber von Anfang an:
mit unserem ersten Zwischenseminar in Churin.
Los ging`s am Freitag, dem 31.10. und wie Christoph schon
Wochen vorher, hatten auch wir nun das Vergnügen einer
abenteuerlichen und vor allem holprigen Busfahrt hinauf in die
Sierra. Dort angekommen waren wir drei Voluntarias aus hässlichen
Küstenstädten gleich ganz begeistert und beeindruckt von der
wunderschönen Landschaft, der ungewohnten Ruhe, der Natur,...
herrlich! Untergebracht wurden wir im Haus von Padre Wilfredo,
was sehr gemütlich war und wo wir mit allerlei leckerem Essen
verwöhnt wurden. Noch mal ein ganz herzliches Dankeschön dafür!
An diesem Tag besuchten wir noch die Thermalbäder in Churin
und machten uns einen gemütlichen Abend. Am nächsten
Vormittag stand dann die Auswertung unseres bisherigen
Peruaufenthaltes auf das Programm. Unter der Leitung von Jürgen
und Vicente redeten wir darüber, wie zufrieden wir mit der
Vorbereitung in Freiburg und Surquillo waren und wie es uns an
unserem Einsatzort, mit den Menschen, der Arbeit usw. geht. Am
Nachmittag begleiteten wir Padre Wilfredo bei einem Ausflug in
ein kleines Dörfchen hoch in den Anden. Außer wenigen Häusern
(die aus Lehm gebaut sind und aufgrund der Kälte keine
Fenster haben), einer Kirche und dem Friedhof gab es dort
nichts. Das Leben der Leute dort besteht aus harter Arbeit auf
dem Feld und sie haben keinerlei Aussichten auf
Verbesserungen. Deshalb wandern sehr viele Jüngere ab in die
Städte. Padre Wilfredo feierte eine Messe zum Gedenken des
einjährigen Todestages eines Mannes aus dem Dorf. Danach
wurden wir von dessen Familie ins Haus zum Essen eingeladen.
Frisch gestärkt ging es weiter nach Oyon, einem etwas
Grosseren Städtchen. Wir machten einen kleinen Rundgang durch
die Stadt, wobei uns besonders der Brauch erstaunte, dass die
Leute die Nacht zum 1. November auf dem Friedhof bei ihren
Verstorbenen verbringen, dort feiern, saufen und ihrer Angehörigen
gedenken. Etwas, dass in Deutschland unvorstellbar wäre. Ich
finde es aber einen sehr schönen Brauch. Nach einem weiteren
Gottesdienst in Oyon, mit einer sehr lebendigen Gemeinde und
super Musik, machten wir uns auf den Heimweg und wurden zu
unserer Überraschung sogar noch vom oyoner Radiosender gegrüßt.
Am Sonntag fuhren wir dann mit dem Kombi ins 17 km entfernte
Chiuchin, das Dorf, in dem Christoph arbeitet. Aufgrund der
schlechten Strasse brauchten wir für diese Fahrt fast
eineinhalb Stunden. Da versteht man, warum in Peru
Entfernungen in Stunden angegeben werden und nicht in
Kilometern. Das Internat, in dem Christoph arbeitet, gefiel
uns allen auf Anhieb total gut und das Dorf und die Landschaft
waren noch schöner als in Churin. David, Christophs Freund, führte
uns ein bisschen herum, wir badeten in einem Thermalbad im
Freien, kühlten uns zwischendurch im kalten Fluss ab, aßen
frittierte Forelle, und ich muss zugeben, dass ich diese
Umgebung echt gern mit Christoph getauscht hätte. Nach einem
netten Abend in der Disco in Churin ging’s dann am nächsten
Morgen wieder zurück nach Lima. Insgesamt war es ein echt schönes
Wochenende, mit vielen, interessanten, neuen Eindrücken und
auch mit viel Austausch und Gesprächen unter uns Voluntarios,
was richtig gut tat. Vielen lieben Dank an Juergen und Vicente!
Zurück
in Tablada, gab es für Carola und mich eine große Veränderung.
Silvia, die Erzieherin von den Kleinen, musste von einem auf
den anderen Tag entlassen werden. Zusammen mit Anita und Luis,
beschlossen wir, dass Carola und ich die Gruppe übernehmen würden,
bis wir eine neue Erzieherin gefunden hätten. Das Projekt,
das wir eigentlich in diesen Tagen anfangen wollten, wurde auf
unbestimmte Zeit verschoben und los ging die Arbeit. Die erste
Woche blieb Anita noch mit uns in der Gruppe, um einige Dinge
zu ändern und uns zu unterstützen. Und ich muss sagen, ich
war fasziniert, wie gut Anita mit den Kindern umging! Sie ließ
ihnen viel mehr Freiheit, als sie das bei Silvia hatten, doch
das war gar kein Problem, weil Anita Autorität bei den
Kindern hat ohne viel Druck oder harte Strafen. Sie schafft es
einfach durch ihre Art, die Kinder für etwas zu begeistern.
Tja, und
dann wurde es ernst: unsere erste Woche ganz allein! Für
Carola und mich war das eine große Herausforderung und wir
freuten uns über die Chance, unsere eigenen Ideen zu
verwirklichen, unseren eigenen Stil haben zu können. Natürlich
hatten wir auch so unsere Bedenken, doch zumindest bei mir war
die Motivation größer. Das sollte sich jedoch bald ändern.
Die ersten Tage lief alles noch ganz okay, doch nach der
zweiten Woche mussten wir uns eingestehen, dass diese Arbeit
viel schwerer ist, als wir es uns vorgestellt hatten. Wir
haben einfach nicht die Autorität, die Anita hat. Die Kinder
nutzten ihre neue Freiheit natürlich sofort aus und begannen
die Grenzen auszutesten.
Sie verschlugen sich viel, zum Teil auch mit Stöcken, machten
gerade Gebasteltes oder Gemaltes kaputt, einer pinkelte in
einen Topf aus der Puppenküche, nannten uns immer “mala”
(böse) oder “fea” (hässlich), schlugen mit Steinen den
Putz von der Wand, etc.
Erschwerend kam dann noch hinzu, dass wir die Türe von
unserem Gruppenraum nicht richtig abschließen konnten und die
Kinder so morgens, wenn wir gerade erst kamen oft schon alles
verwüstet hatten. Insgesamt fand ich es echt schade, wie
wenig Zeit uns blieb, um wirklich etwas zu spielen oder zu
basteln. In diesen Wochen wurde meine Geduld wirklich hart auf
die Probe gestellt. Abends nach dem Arbeiten waren wir beide
immer total geschafft.
Damit das hier jetzt nicht zu negativ klingt, muss ich auch
erwähnen, dass es durchaus einige Fortschritte gab in der
Zeit. Zum Beispiel klappte es von Tag zu Tag besser, dass sie
sich morgens die Zähne putzten, bevor wir in den Raum gingen,
wir lernten, wie man jedes einzelne Kind verschieden behandeln
muss, es gab Tage, an denen sie richtig gut aufgeräumt haben
und besonders bei den Ausflügen jeden Mittwoch aber auch bei
anderen Aktivitäten waren sie manchmal echt begeistert dabei.
Doch trotz mancher schöner Situationen, fühlten wir uns mit
der Gruppe insgesamt überfordert. Deshalb bekamen wir ab
Dezember Unterstützung von Jenny, einer Mutter mit einer ganz
lieben, sympathischen Art und vor allem einem total
ansteckenden Lachen. Den Mangel an Autorität bei den Kindern,
den auch sie hatte, versuchte sie durch sehr lieben Umgang mit
den Kindern und Versprechungen von Schokolade und Ausflügen
ans Meer auszugleichen. Letzteres störte mich etwas, doch
nachdem wir darüber gesprochen hatten, wurde es auch besser.
Zu dritt war es schon spürbar weniger stressig und das
verbesserte sich noch, als das Problem mit der Türe endlich
geregelt war. Aber uns fehlte einfach eine klare Linie in der
Gruppe, jemand mit Erfahrung, der das Ganze leitet.
Die
letzte Woche vor Weihnachten war dann noch mal richtig schön,
mit Jahresabschlussfeier, Vorführungen der Kinder und zu
deren Belustigung auch von uns, Gottesdienst, Abschlussessen,
Theater etc. Leider konnte ich bei all dem nicht immer dabei
sein, weil mich mal wieder der Durchfall erwischt hatte und
ich ein paar Tage in meinem Zimmer blieb. Wenn ich dann
irgendwann runterkam und die Kinder zu mir gerannt kamen:
“Wo warst du denn?” oder “Guck mal, wir beide haben
heute Morgen ganz allein aufgeräumt!” dann hab ich mich
richtig gefreut. Irgendwie hab ich sie halt trotz allem lieb
gewonnen.
Am 20.12. haben wir noch die Auswertung des Jahres mit dem
ganzen Personal gemacht und am selben Abend war für Vicente,
Carola und mich die Fahrt nach Arequipa geplant. Vicente hatte
uns nämlich eingeladen Weihnachten mit ihm in Cuyocuyo zu
verbringen, einem kleinen Dorf in den südlichen Anden.
Aufgrund meines Durchfalles habe ich mich eigentlich dazu
entschlossen gehabt, eben doch in Tablada zu bleiben. Jetzt,
nach der Reise, bin ich unglaublich froh, dass ich diesen
Entschluss kurz vor knapp doch noch umgeschmissen habe und
mitgefahren bin. Denn sonst hätte ich echt wahnsinnig viel
verpasst!!! Und mein Durchfall hat außerdem zum Glück schon
ganz am Anfang aufgehört.
Am 21.
12. kamen wir also in Arequipa an, in der “weißen Stadt”,
weil viele Häuser aus Sillar, einem weißen Vulkanstein
gebaut sind. Wir besichtigten das Kloster “Santa Catalina”
und waren beeindruckt von den kräftigen Farbtönen der
Mauern, die einen Kontrast zum weißen Sillar bildeten. Hätte
es dazu noch einen typisch blauen Arequipa-Himmel
gegeben,...dann wäre alles natürlich noch viel schöner
gewesen.
Nach dem Mittagessen habe ich mich noch etwas im Haus der
Franziskaner, wo wir übernachten durften, ausgeruht (durch
den langen Durchfall war ich noch nicht richtig fit) während
Carola und Vicente weiter die Stadt besichtigten. Am nächsten
Tag ging’s weiter mit dem Bus über die westliche
Gebirgskette der Anden. Durch karge Fels- und Steinwüste, die
ihre ganz eigene Art einer “rauen Schönheit” hat. Wir
fuhren bis Juliaca, einer Stadt im Altiplano, der Hochebene,
die auf ca. 4000 m liegt. Diese enorme Höhe machte sich
bemerkbar, als wir die Treppe zum Haus hoch laufen wollten. Da
kamen wir ganz schön ins Schnaufen! Aber nach einem leckeren
Koca-Tee ging’s uns gleich besser. Nach einer Nacht im Haus
der Diözese fuhren wir am nächsten Morgen weiter nach
Cuyocuyo. Schon die Abfahrt in Juliaca war total spannend. Überall
triciclos (so eine Art Fahrradtaxis mit drei Rädern, auf
denen entweder zwei Passagiere oder auch Schafe, Schränke und
alles mögliche befördert werden), Frauen in Trachten,
Verkaufsstände mit allem, was das Herz begehrt, es herrschte
eine richtige Geschäftigkeit. Dicke Gepäcksäcke wurden auf
dem Dach des Busses verstaut und auch im Mittelgang zwischen
den Sitzen, für fast 10 weitere Passagiere zum draufsetzen.
Wir saßen ganz hinten und mussten über alles drüberklettern,
wenn wir wieder raus wollten. Das war der erste Bus ganz ohne
Touristen, die Frauen in ihren Trachten, es wurde quechua
gesprochen und ein Geruch von Koka hing in der Luft. Die Leute
dort kauen so viele Kokablätter, dass sie schon danach
riechen. Eine geteerte Strasse gab es nicht mehr, so dass wir
gut durchgeschüttelt wurden. Aber das machte nichts, erst als
ich aufs Klo musste wurde es etwas unangenehm ;-)
Wir überquerten die östliche der beiden Gebirgsketten, die
Landschaft wurde deutlich grüner. Dort wächst ichu, eine
sehr widerstandsfähige Grassorte, von der sich die Alpacas
ernähren. Nur Bäume hat es leider wenige, die wären nämlich
sehr gut für’s Klima. Und dabei weiß doch jeder, wo ein
Baum wächst, da kann auch eine Million wachsen, gell Vicente
;-)
Das ist einfach eine total andere Welt als Lima. Genau das
Bild von Peru, wie man es sich in Deutschland vorstellt. Nach
acht Stunden Fahrt kamen wir in Cuyocuyo an, einem 250-
Einwohner-Dörfchen in einem engen Tal, dessen steilste Hänge
bis in atemberaubende Höhen noch aus der Inkazeit terrassiert
und somit bebaubar sind. Die Häuser des Dorfes sind aus
Naturstein, (wunderschön!) und es wird noch sehr viel Wert
auf die alten Traditionen gelegt. Die älteren Frauen tragen
noch alle ihre Trachten und Autoreifensandalen. Außerdem
sprechen die Einwohner sowohl spanisch als auch quechua (die
Sprache der Inkas). Wir durften im Haus der Pfarrei wohnen,
wie eigentlich überall, wo wir hinkamen. Sehr praktisch, mit
einem Pfarrer unterwegs zu sein!
Den 24. 12. begannen wir mit einem Spaziergang durch das Dorf
und seine Umgebung. Danach wurden wir bei einem Freund von
Vicente zum Essen eingeladen und ich hab mein erstes halbes
Meerschweinchen gegessen. Das hätte ich mir in Deutschland
auch nie erträumen lassen. War aber richtig lecker! Gegen
Abend gab es dann ein Krippenspiel mit echtem Baby und Esel,
nur leider im Regen, danach war Gottesdienst und daraufhin
gingen wir los, um in den verschiedenen Häusern die Krippen
zu segnen. Im ersten Haus lag eine Frau im Bett, die seit zwei
Jahren krank ist. Kein Arzt kann ihr helfen. Als sie uns sah,
begann sie bitterlich zu weinen und erzählte Vicente von
ihrem Leid. Er tröstete sie und versicherte ihr, dass sie
nichts falsch gemacht habe und ihre Krankheit keine Strafe
Gottes sei. An diese Frau, deren größte Sorge es war, dass
sie das Studium ihres ältesten Sohnes nicht mehr bezahlen
kann, muss ich noch oft denken, habe genau dieses Bild vor
Augen. So traurig der Besuch bei ihr auch war, so war es
trotzdem schön, ihre Freude, darüber, dass wir sie besucht
haben zu spüren und ihre Erleichterung darüber, dass Gott
sie nicht bestrafen will, sondern ihr ganz nahe ist. Nachdem
wir noch ein paar Krippen gesegnet hatten, gingen wir ins
Pfarrhaus zurück, wo sich die Jugendgruppe der Gemeinde
gerade zu ihrer Weihnachtsfeier traf. Wir wurden sofort von
einer Schar neugieriger Mädchen umringt, die alles Mögliche
wissen wollten über Deutschland und unser Leben dort. Sie
machten dann ein paar Tanzspiele und wollten, dass wir ihnen
auch eines aus Deutschland beibringen. Unser erster Versuch
mit “Laurenzia” scheiterte aber schon bei “Mittwoch”
daran, dass wir die Höhe nicht gewohnt waren und uns die Luft
ausging. (Alle Pfadis, die “Laurenzia” kennen, wissen, was
ich meine) Ich hab ihnen dann “I`m singing in the rain”
beigebracht, was sehr witzig wurde und ihnen glaube ich echt
gefallen hat. Dann gab`s noch Geschenke, heiße Schoko und
Panetòn (so ne Art Hefezopf). Ja, das war mein Heiligabend
2002, am Ende der Welt. Es war ungewöhnlich, ich hab mich
nicht richtig wie an Heiligabend gefühlt, weil der für mich
seit 19 Jahren immer nach dem gleichen Muster abläuft, aber
trotzdem sehr schön.
Der erste Weihnachtsfeiertag (in Peru der einzige) fing auch
gleich viel versprechend an: es gab einen Sing- und
Tanzwettbewerb der Kinder der Dorfes. Schon die Kleinsten
hatten ihre Trachten an und machten mit. Zu typischer Musik
mit Trommel, Panflöte und Gitarre sangen und tanzten die
Kinder so gut sie konnten. Ich war echt beeindruckt!
Hoffentlich werden meine Fotos was. Als der Wettbewerb vorbei
war, fuhren wir zusammen mit den Jugendlichen aus der Gruppe
eine dreiviertel Stunde weiter ins nächste Dorf, um dort
Gottesdienst zu feiern. Davor gingen Vicente, Carola und ich
noch schnell Mittagessen. Diesmal gab`s Alpaca, auch sehr zu
empfehlen. Als uns dann das Auto abholen sollte staunte ich
nicht schlecht: es war ein Lieferwagen und die ganzen
Jugendlichen standen auf der Ladefläche. Also gut, wir
kletterten hoch und los ging die Fahrt. In dem Dorf, in dem
wir ankamen, schien es, als hätten die Einwohner vorher noch
nie Gringos gesehen. Die Kinder hatten teilweise sogar etwas
Angst vor uns. Nach dem Gottesdienst wurden wir noch sehr
herzlich zum Essen eingeladen. Es wurden Kartoffeln auf Tüchern
auf die Wiese gelegt, dazu stellten sie große Schüsseln mit
Salat-Thunfisch-Gemisch. Wir setzten uns im Kreis um das Essen
auf den Boden und aßen alles mit den Fingern. Nach einer
leckeren Suppe zogen wir dann los und Vicente segnete noch
ungefähr die Hälfte aller Häuser des Dorfes. Immer, wenn
wir gerade gehen wollten, kam noch mal jemand, der auch einen
Segen haben wollte.
Mit den Jugendlichen hatten wir uns für den nächsten Morgen
zum Schwimmen in einem Thermalbad im Freien verabredet. Als
wir mit einer halben Stunde Verspätung am Treffpunkt ankamen,
war allerdings noch niemand da. Wir haben uns wohl doch noch
nicht genug an die “hora peruana” angepasst. Kurz später
kam ein Mädchen, sie war aber die einzige, die überhaupt
kam. Zusammen liefen wir aus dem Dorf hinaus in die Berge, wo
nach etwa einer halben Stunde Fußweg ein Schwimmbecken mit
warmem Wasser inmitten der tollsten Landschaft lag. Wir
badeten und unterhielten uns über die Unterschiede zwischen
unserem und ihrem Leben.
Insgesamt verbrachten wir drei sehr schöne Tage in Cuyocuyo.
Die Menschen dort sind einfach und am Anfang oft etwas schüchtern.
(Viel schüchterner als die aus Lima). Fängt man aber einmal
an, mit ihnen zu reden, dann sind sie sehr neugierig, wollen
eine genaue Vorstellung von Deutschland kriegen, fragen, ob es
dort auch Regenwald gibt oder Sierra und wie die Menschen
sind, wollen, dass wir ihnen Deutsch beibringen oder Tänze,
die man bei uns tanzt. In der Gemeinde wurden wir total
herzlich und nett aufgenommen, dafür mochte ich mich hier
noch einmal bedanken!
Überall, wo wir hinkamen, zeigten die Leute uns ihre Freude
und Dankbarkeit über unseren Besuch. Ich habe mich in
Cuyocuyo sehr wohl gefühlt, auch wenn es manchmal etwas
komisch war, weil diese Leute und ich wie in zwei
verschiedenen Welten leben. Das Leben der Leute dort erinnert
mich an Erzählungen von meinen Grosseltern über ihren Alltag
früher. Manchmal fand ich es etwas schwer, Gesprächsthemen
zu finden, aber dieser Abstand wurde überbrückt beim
gemeinsamen Tanzen und Singen und wenn wir uns über unsere
verschiedenen Erfahrungen ausgetauscht haben.
Am
27.12. hieß es Abschied nehmen von Cuyocuyo, denn unsere
Reise führte uns weiter bergabwärts nach Sandia und von dort
aus noch weiter bis Masiapu, das schon zum Hochregenwald gehört.
Ich war also tatsächlich im Regenwald, ich konnte es kaum
glauben. Zwar noch nicht so weit drin, dass man die Hitze und
die Viecher kaum mehr aushalten kann, aber es war schon
Regenwald. Masiapu hat ein sehr angenehmes Klima, schön warm,
aber nicht zu heiß. Wir wohnten mal wieder im Pfarrhaus, wo
uns der nette Pfarrer mit allerlei leckerem, frischem Obst
verköstigte. Am Morgen des folgenden Tages gingen wir ein
bisschen auf Erkundungstour. Über eine Hängebrücke
gelangten wir auf die andere Seite des Flusses, liefen einen
kleinen Weg den Berg hinauf, mitten durch die schönste und
artenreichste Vegetation. Hier wuchsen Orangen, Limetten,
Bananen und Kaffee, es gab wunderschönes Blumen,
Schmetterlinge und einfach überall etwas zu sehen. Durch die
hohe Luftfeuchtigkeit, kam ich dabei ganz schön ins
Schwitzen. Wie das erst richtig drin im Regenwald wird?!
Auf dem Rückweg übernachteten wir noch mal eine Nacht in
Sandia und fuhren dann weiter nach Juliaca. Dort gingen wir am
Morgen des 30.12. mal so richtig einkaufen im “Tupac”,
einem riesigen Markt, auf dem es wirklich ungelogen alles
gibt. Und wie billig! Den Nachmittag verbrachten wir in
Ayaviri, schauten uns dort ein gerade entstehendes Kinderheim
an und hörten mal einen spanischen Voluntario reden: wie
komisch sich das anhört! Wir besichtigten die Kathedrale von
Ayaviri und fuhren am Abend wieder nach Juliaca zurück, um
von dort aus am nächsten Morgen nach Juli, am Titicacasee zu
fahren. Unterwegs stiegen wir aus und schauten uns in
Sillustani die Grabmähler aus der Inka-Zeit an, genossen die
Ruhe und den schönen Blick. Über Puno ging`s dann weiter
nach Juli, das kleine Rom Südamerikas. Von Juli war ich
sofort begeistert. Ein kleines Dorf, abseits der
Haupttouristenwege mit einem wunderschönen Blick auf den See!
Carola und ich genossen es total uns auf den Steg zu legen, in
die Sonne, und den Geräuschen der Wellen zuzuhören (es hört
sich fast an wie am Meer und sieht dort, wo man nicht bis zum
anderen Ufer blicken kann auch fast so aus), während unser
tapferer Reiseführer nach einer Übernachtungsmöglichkeit
Ausschau hielt. Als ich dann auch noch ein kleines Segelboot
vorbeifahren sah, wünschte ich mir, ich könnte meinen
Einsatzort nach Juli verlegen. Sowieso gefiel es uns von der
Umgebung her überall viel besser als in Lima. Aber das ist ja
auch kein Wunder. Bald hatte Vicente organisiert, dass wir im
Pfarrhaus übernachten durften. Wir besichtigten eine, der
vier Kirchen, aufgrund derer Juli auch das “Rom Südamerikas”
genannt wird, und waren beeindruckt, von den Kunstschätzen,
die dieses kleine Dörfchen besitzt. Eigentlich wurde nämlich
dort, der Stil, der als Cuzco-Schule bekannt ist begründet.
Nach einem Gottesdienst, aßen wir mit dem amerikanischen
Pfarrer und drei Seminaristen Hähnchen mit Mais, bekamen noch
Besuch vom Bischof, zogen dann ein bisschen mit den
Seminaristen durchs Dorf und warteten ab, bis es 24:00 h war.
Dann haben wir angestoßen, unsere 12 Trauben gegessen und uns
mit gelbem Konfetti bestreut (soll beides Glück bringen). Später
gingen Carola und ich noch mit den Seminaristen auf den
Dorfplatz, wo eine kleine Gruppe Jugendlicher mit drei
Gitarren, einem charrango, einer Trommel und einer Flöte
total beeindruckend schöne Musik machten! Bis um halb drei
blieben wir dort und hörten zu und hatten gar keine Lust mehr
noch auf ne andere Fete zum Tanzen zu gehen, weil es uns so
gut gefiel.
Am 1.1. nachmittags hieß es dann wieder den Rückweg
antreten. Über Puno und Juliaca machten wir uns auf den Weg
nach Arequipa, wo wir ein paar Stunden Aufenthalt für eine
weitere Besichtigung der Stadt nutzten. Am Abend ging es dann
weiter nach Lima. Im Haus der Franziskaner in Lima bekamen wir
noch ein leckeres Frühstück in sehr netter Gesellschaft der
Mitbrüder Vicentes und machten uns danach auf nach Tablada.
So viel
wie ich nun von dieser Reise berichtet habe, merkt man wohl,
wie sehr sie mir gefallen hat, und dass nicht nur wegen all
der neuen Eindrücke, die ich beschrieben habe, sondern auch,
wegen meiner beiden tollen Reisegefährten. Vicente, vielen,
vielen Dank, dass du uns mitgenommen hast, ich werde diese
zwei Wochen immer in Erinnerung behalten!!! Und euch beiden,
Vicente und Carola, lieben Dank, für die vielen guten Gespräche
und eure nette Gesellschaft!
In
Tablada wurden wir schon vermisst. Alle anderen waren kräftig
am Arbeiten, doch wir ruhten uns den Freitag noch von der
Reise aus. Ich bekam mit, dass während meiner Abwesenheit ein
Kind aus dem Heim bei mir im Zimmer Sachen gestohlen hatte.
Mein Stimmgerät, ein paar Filme, eine Kette und einen
Nagelknipser. Mittlerweile hat der Schuldige es zum Glück
zugegeben und ich hab auch meine Sachen wieder. Aber seitdem
bin ich viel vorsichtiger und misstrauischer geworden.
Am Wochenende haben Carola und ich die Familie von Adriana und
Yvonne hierher eingeladen. Den ganzen Morgen waren wir damit
beschäftigt Kartoffel-Nudel und gemischten Salat zu machen
und Fleisch anzubraten. Es wurde ein richtig schöner
Nachmittag und ich hab mich total gefreut, die ganze Familie
endlich mal wieder zu sehen. Ich habe sie alle schon richtig
lieb gewonnen. Aber obwohl sie auch in Lima wohnen, dauert die
Fahrt zu ihnen im Kombi fast zwei Stunden, deshalb waren wir
schon länger nicht mehr dort. Da wird man sich mal wieder
bewusst wie groß Lima ist!
Jetzt im Januar sind die Kinder nicht da und wir arbeiten
jeden Tag nur von acht bis vierzehn Uhr. Und ich genieße
richtig meine freien Nachmittage! Wir müssen fast alle Räume
im Heim neu streichen und auch sonst alles Mögliche erneuern.
Da gibt es viel zu tun, aber ich finde es richtig angenehm in
Ruhe arbeiten zu können, mit Musik und am Ende auch gleich
ein Resultat zu sehen. Das tut auch mal gut. Zweimal waren wir
inzwischen nach der Arbeit noch am Strand und ich war das
erste Mal in meinem Leben im Pazifik schwimmen. Das ist echt
toll, dass man das mal so schnell machen kann. Eine richtig
gute Sache an Lima.
Ja, an
dieser Stelle verabschiede ich mich dann mal wieder. Ganz
liebe Grüße und ein paar Sonnenstrahlen ins kalte
Deutschland sendet euch
eure
Nina
zum
Inhaltsverzeichnis
Nina Kestermann |
April 2003 - Nr. 3 |
Es ist
Ostersonntag und ich bin zusammen mit meinen Eltern in
Cajamarca, 14 h nördlich von Lima. Es gefällt uns allen
richtig gut hier.
Seit meinem letzten Brief ist schon wieder viel passiert.
Zusammen mit Juergen und den anderen vier Voluntarios, habe
ich im Februar eine sehr schöne und interessante Woche im
Strandhaus der Deutschen Gemeinde in San Bartolo verbracht:
unser Zwischenauswertungsseminar. Das Programm reichte von der
persönlichen Auswertung jedes einzelnen, über die
wirtschaftliche Situation Perus und die Realität der Peruaner
bis hin zu unseren Vorstellungen und Plänen für die zweite Hälfte
unseres Jahres hier. Außerdem blieb auch genügend Zeit, um
Strand und Meer zu genießen und nette Abende mit den anderen
zu
verbringen. Direkt nach San Bartolo kam dann mein erster und
lang ersehnter Besuch aus Deutschland: Peter. Da wir im Heim
nicht zusammen wohnen konnten, zogen wir für die ersten
eineinhalb Wochen in das Haus eines ehemaligen
Erzieherehepaares aus Tablada, das seit einem Jahr in
Deutschland lebt. Dort verbrachte Peter die Tage mit Monica
(der Haushälterin) und ihrem Sohn, während ich arbeitete.
Nachdem wir den ganzen Januar und Anfang Februar das Heim neu
gestrichen und auf Vordermann gebracht hatten, ging es nun mit
der Planung für 2003 los, denn im März sollten die Kinder
wiederkommen. Einiges hatte sich in der Zwischenzeit geändert:
unsere neue Präsidentin ist Rosa Huber (die Frau von Jürgen),
die nun zusammen mit Anita und Luis das Führungsteam bildet.
Außerdem haben wir endlich eine neue Erzieherin für die
Kleinen gefunden: Judith.
Was sich für mich ändert ist, dass ich nicht mehr die ganze
Zeit mit Judith bei den Kindern sein werde, sondern, dass ich
zwei eigene kleine Projekte anbieten kann, die einmal pro
Woche stattfinden sollen. Ich habe vor, einen Englischkurs und
einen Armbändchen-Workshop zu machen. Damit werde ich diese
Woche anfangen und bin schon gespannt, wie es wird.
Nach reichlicher Planung und Neuorganisation, kamen dann am
ersten März die Kinder wieder. Allerdings noch nicht alle,
weil sich viele Familien noch nicht wieder eingeschrieben
hatten. Zwei Tage arbeitete ich noch mit Judith und den
Kleinen und zeigte ihr ein bisschen, wie alles abläuft, dann
begann mein Urlaub und ich fuhr mit Peter nach Arequipa. Dort
verbrachten wir ein paar Tage und machten einen Ausflug in den
Colca-Canyon. Dann fuhren wir nach Puno, wo wir die Inseln im
Titicacasee besichtigten. Weiter ging es nach Cusco,
Machupicchu und schließlich von dort aus noch nach Puerto
Maldonado in den Urwald. Insgesamt hatten wir vier wunderschöne
Wochen zusammen, in denen wir unglaublich viel Verschiedenes
gesehen und erlebt haben. So viel, dass ich hier unmöglich
alles aufschreiben kann, aber ich komme ja zurück und kann
dann noch mehr erzählen. Wieder zurück in Tablada stand
gleich ein wichtiger Termin bevor: Der Besuch des Bischofs aus
Freiburg. Mit einer ganzen Delegation Verantwortlicher der
Partnerschaft Peru-Deutschland, kam er am vierten April zu uns
ins Heim. Es ging bei diesem Besuch hauptsächlich um einen
Austausch mit uns voluntarios. Ute, Carola und Christoph waren
deswegen auch gekommen. Wir erzählten von unserer Arbeit und
unseren Erfahrungen und mussten zum Schluss sogar noch ein
Radiointerview geben.
In der darauf folgenden Woche hieß es für mich wieder
Abschied nehmen von Peter. Ich konnte es kaum fassen, wie
schnell die sechs Wochen, die er hier war, vorbeigegangen
sind. Auf dem Weg zum Flughafen war die Aufregung dann plötzlich
groß, als mir vor der Bank durch einen ganz blöden Trick
(wie konnte ich da bloß drauf reinfallen???), meine Bankcard
geklaut wurde und wir noch nicht mal mehr Geld für das Taxi
zum Flughafen hatten. Ein Glück war da Gildo aus Surquillo
sofort bereit uns zu helfen, und nachdem wir die Karte sperren
ließen, fuhr er uns sofort zum Flughafen. Erst am nächsten
Tag erfuhr ich, dass die Kontosperrung zu spät Kam, denn es
war schon fast alles abgehoben worden. Scheiße!!! Das war ein
ganz schöner Schock und am meisten ärgert es mich wegen
meiner eigenen Blödheit. Aber da kann man halt nix mehr
machen.
Seit die Kinder jetzt wieder da sind, macht mir die Arbeit mit
ihnen vielmehr Spaß, als vor der Sommerpause. Einerseits
liegt es vielleicht daran, dass noch nicht wieder so viele
Kinder da sind, wie davor (gerade insgesamt nur 37 statt
vorher 50), aber andererseits habe ich auch das Gefühl, dass
sie mich mittlerweile mehr respektieren und ich kriege auch
viel mehr positive Rückmeldung von ihnen als früher. Darüber
bin ich total erleichtert und froh. Vor einer Woche kamen
meine Eltern zu Besuch, worüber ich mich sehr gefreut habe.
Das Wochenende über habe ich ihnen ein bisschen Lima und
Tablada gezeigt, dann sind sie für ein paar Tage nach
Arequipa gefahren, während ich arbeiten musste. Jetzt, über
die Osterfeiertage, sind wir zusammen in Cajamarca und ich
genieße die Zeit mit ihnen und die schöne, grüne
Landschaft, die mir in Lima so fehlt.
Wenn ich zurückkomme, werde ich mich bald mit Pfarrer Alberto
aus Tablada treffen. Mit seiner Hilfe, möchte ich eine
Gastfamilie in Tablada finden, in der ich die restlichen vier
Monate wohnen könnte. Ich habe mir schon länger überlegt,
ob ich in einer Familie nicht mehr vom Alltag der Menschen in
Tablada mitbekommen würde und ob es nicht leichter wäre mehr
Anschluss zu finden, auch außerhalb des Heimes. Zu meiner
endgültigen Entscheidung kam es dann auf dem
Zwischenauswertungs- seminar. Jetzt hoffe ich, dass ich bald
eine nette Familie finde, in der ich mich wohlfühle.
Außerdem hoffe ich auch, dass ihr alle schöne Osterferien
oder Feiertage hattet und es euch gut geht.
Liebe Grüße
Nina
zum
Inhaltsverzeichnis
Nina Kestermann |
August 2003 - Nr. 4 |
Der
letzte- ich kann's noch kaum glauben!
Ein so
langes, erlebnisreiches, hartes, schönes und auf jeden Fall
sehr wichtiges Jahr für mich geht zu Ende. Ich bin traurig zu
gehen und werde vieles vermissen hier aus Peru: besonders
meine Freunde aus Tablada, meine Gastfamilie, das Heim und
seine Mitarbeiter und natürlich auch die Kinder mit ihren
Familien, die Leute aus Surquillo, die Herzlichkeit, die Fröhlichkeit,
die Begeisterung Für ganz kleine Dinge, das Tanzen, die
Feste, das Essen, die frischen Mangos und anderen Früchte,
die billigen Taxis, den nahen Strand, die Spontaneität, den
Pisco Sour, Brot in Dosenmilch zum Frühstück, nette Abende
auf der Terrasse vom Heim, die Aussicht auf die Lichter von
Tablada, die leckeren Fruchtsäfte, den langen Sommer, die
Musik, den peruanischen Humor, das In-den-Tag-hineinleben,.......
Aber ich freue mich auch echt darauf zurückzukommen und vor
allem darauf, Euch endlich wiederzusehen!!! Freue mich auf
eine Waschmaschine, auf Floh- und Läusefreiheit, auf eine
warme Badewanne und geheizte Räume, auf Gemütlichkeit,
Zuverlässigkeit, mehr Direktheit und Ehrlichkeit, darauf,
nicht mehr überall aufzufallen, auf Natur und Grüne Wiesen,
auf geregelten, überschaubaren Verkehr, auf Sicherheit, mein
eigenes Zimmer, aufs Studium und das Studentenleben, auf
Tanzen zu "meiner" Musik, auf (zumindest mehr oder
weniger) Pünktlichkeit, auf tiefgründige Gespräche und
Diskussionen, auf Schnee,............
Ich bin
gespannt darauf, wie' s wird, wieder in Deutschland zu sein,
den zweiten "Kulturschock" zu erleben. In Tablada fühle
ich mich gerade echt total wohl. Meine Gastfamilie ist super
nett, sehr interessiert an allem, was ich von Deutschland erzähle
und sie lassen mir auch genügend Freiheiten. Am Wochenende
kochen wir manchmal zusammen, mal peruanisch, mal europäisch
und jetzt zu meinem Geburtstag haben sie mir eine richtig schöne
Fete organisiert, die ich nie vergessen werde! Auch mit dem
Zimmer zu dritt komme ich ganz gut klar, wobei ich zugeben
muss, dass vier Monate ohne Privatsphäre genug sind. In
letzter Zeit bin ich abends wieder öfter im Heim, mit Stani,
Magno, Pio und manchmal noch ein paar anderen Freunden, die
ich alle echt mag und ziemlich vermissen werde. Eine voll schöne
Erfahrung für mich ist auch meine Freundschaft mit Karina und
ihrer Familie (einer "Heimfamilie"), die ich öfters
bei sich zu Hause besuche. Ich helfe Karina ein bisschen in
Englisch, wir essen zusammen, reden, lachen,...
Erst kürzlich habe ich die Familie in den Zoo eingeladen.
Dieser Ausflug ist für mich ein unvergessliches Erlebnis. Es
war so schön zu sehen, wie begeistert die Kinder und auch die
Mutter von allem waren! Auch von Kleinigkeiten (zumindest für
uns). Auf dem Rückweg sind wir etliche Male die Rolltreppe
von einem Kaufhaus rauf und runter gefahren und hatten einen
Riesenspass dabei. Dieser Tag hat mir noch einmal so richtig
die Augen geöffnet für die vielen besonderen Dinge, die uns
schon gar nicht mehr auffallen.
Im Heim
bin ich gerade vormittags mal in der Küche, mal in der
Schreinerei, den Montagvormittag habe ich frei gekriegt, was
wirklich praktisch ist zum Wäsche waschen (damit ich das
nicht am Wochenende machen muss) oder um mir noch andere
Einrichtungen anzuschauen. Was ich zum Beispiel noch machen
werde ist, mit meiner Gastschwester zusammen in die Schule zu
gehen, um den Unterricht zu sehen. Die Arbeit in Küche und
Schreinerei gefällt mir und sie ist ein guter Ausgleich zum
Nachmittag mit mittlerweile 20 kleinen Kindern in meiner
Gruppe. So gehe ich da mit viel mehr Motivation und Geduld an
die Arbeit und freue mich auf die Kinder, die mir inzwischen
auch ganz deutlich zeigen, dass sie mich mögen. Leider ist am
Nachmittag außer für die Hausaufgaben für fast nichts
anderes mehr Zeit. Das finde ich schade, weil es schön wäre,
auch mal was zu basteln oder gemeinsam zu spielen. In dieser
letzten Zeit lebe ich jeden einzelnen Tag viel bewusster und
intensiver als am Anfang. Deshalb ist es gerade eine ganz
besondere, wertvolle und schöne Zeit für mich. Ja, da wir
uns sowieso schon bald wiedersehen, höre ich hiermit auf und
hoffe, dass ich Euch in Deutschland noch viel mehr und ausführlicher
von diesem Jahr erzählen kann, in dem ich mich mit Sicherheit
verändert habe und das sehr wichtig für mich war und ist.
Ein
herzliches Dankeschön geht noch an alle, die mich während
dieser Zeit begleitet und unterstützt haben, an Katja und
Michael, an Jürgen Huber, an Gildo und die Leute aus
Surquillo, an Vicente, an meine Familie, an Peter und an die
Freunde, die mir geschrieben haben. Außerdem natürlich auch
an meine Mitvoluntarios, meine Gastfamilie, die Leute aus dem
Heim und alle Freunde hier aus Peru.
Bis bald
ich
freue mich auf Euch!
Eure
Nina
zum
Inhaltsverzeichnis
Gesche Hausin aus Oldenburg |
Dezember 2006 - Nr. 2 |
Nun sind schon rund vier Monate vergangen seitdem ich mich aus
Oldenburg in Richtung Lima aufgemacht habe und die Zeit ist größtenteils
wirklich wie im Flug vergangen.
Meine ersten Tage und Wochen, Anfang September waren für mich
erst einmal nicht sonderlich spaßig:
Mit mir kam eine Gruppe von ca 10 Spaniern im Hogar an, die für
zwei Wochen eine Art “sozialen Tourismus” betrieben haben.
Sie zahlten täglich eine Summe von 12 US-$, im Gegenzug
erhielten sie Unterkunft, Vollverpflegung und ein
Wochenend-Ausflugprogramm. Unter der Woche arbeiteten,
spielten, bastelten sie mit den Kindern im Salon.
Für die Kinder sind diese 14 Tage mit den vielen neuen
Gesichtern eine schöne Abwechslung, denn oftmals wurden neue,
spannende Spiele gespielt, es gab Extra-Kuschel-Spiel-und
Leseeinheiten…insgesamt lief alles ein bisschen lockerer und
vergnüglicher ab (wie ich im Nachhinein beurteilen mag).
Für mich brachte das allerdings das Problem mit sich, dass
alle vier Salons an Erwachsenen ziemlich überbesetzt waren,
besonders der von Rosa mit den Jüngsten, für die ich mich
entschieden hatte.
So gestalteten sich die ersten Wochen recht langweilig, da es
teilweise einfach mehr Erwachsene als Kinder gab. Hinzu kam
auch noch, dass ich im Gegensatz zu den Spaniern natürlich
die Sprache sehr viel weniger beherrschte und so weniger gut
auf die Kinder eingehen konnte. Zudem waren mir Mitarbeiter,
Kinder und Abläufe des Heims noch völlig unbekannt, sodass
anfangs viele Punkte zusammenkamen, die mir einiges abverlangt
haben.
An einem der Wochenenden begleitete ich die Gruppe auf einen
Ausflug zu einem Internat für bedürftige Kinder; ins Zentrum
von Lima und schließlich zu einem Behindertenheim, ebenfalls
für Bedürftige.
So bekam ich schon in den ersten Wochen sehr vielfältige
Eindrücke von dieser riesigen Stadt, die zu verarbeiten
durchaus Kraft gekostet haben. Ich war deshalb sehr froh über
die Möglichkeit mit den Spaniern über das gemeinsam Erlebte
diskutieren zu können, denn obwohl es für mich der zweite
Aufenthalt in Peru ist, treffe ich immer wieder auf die
unterschiedlichsten Extreme, die sehr traurig, erschütternd,
aber natürlich auch wunderschön und beeindruckend sind.
Dabei bleiben einige Bilder besonders im Gedächtnis hängen,
wie zum Beispiel ein alter, vielleicht kranker Mann, der
zwischen dem Trubel von Markt und Straße den Müll durchwühlt
und brauchbare Sachen sucht - sprich das Bild von Menschen,
die aus ihrer Armut heraus versuchen, auch nur die kleinste Möglichkeit
zu nutzen, etwas zu essen zu bekommen.
Ebenso eingeprägt hat sich bei mir, wie viele Kinder, die
ganz offensichtlich unter der Armutsgrenze leben, sehr viel fröhlicher,
ausgelassener z.B. auf der Straße spielen und lachen, als
andere Kinder, die überbehütet nur im schicken Wohnzimmer
sitzen.
Das kann man natürlich nicht pauschalisieren, aber oft habe
ich - ganz subjektiv natürlich - eine andere Lebensfreude bei
Kindern und Jugendlichen in ärmeren Vierteln gefühlt, als
bei Kindern aus wohlhabenderen Familien, die ich z.B vom Schüleraustausch
kenne.
Über ebensolche Gedankengänge konnte ich also mit den
Spaniern sprechen, was durchaus Erleichterung brachte.
Die Situation im Salon änderte sich für mich mit der Abreise
der Spanier (was absolut kein Angriff gegen die Spanier sein
soll, ganz im Gegenteil, ich habe mich sehr gut mit ihnen
verstanden!), seitdem sind Rosa und ich morgens mit nur 3-5
Kindern alleine, nachmittags kommen bis zu 18 Kinder und
Harold.
Harold ist ein 18-jähriger Junge, der früher selbst als Kind
im Hogar war, jetzt vormittags eine von Spendengeldern
finanzierte Ausbildung zum Koch macht und als
“Gegenleistung” nachmittags im Salon von Rosa hilft.
So begann für mich langsam der Alltag:
Von Montags bis Freitags bin ich morgens um 8.00 im Salon der
“Conejitos Felices” (ca. 3-6-jährige), um den wenigen
Kindern, die morgens da sind, bei ihren Hausaufgaben zu
helfen, soweit sie schon welche bekommen.
Einschließlich Extra-Übungen dauert diese Arbeitsphase ca.
bis um 10.00, bis zur Zeit des Refrijerios. Meist gibt es
einen kleinen Snack in Form von Brot und Saft.
Danach beginnt die Spiel- und Duschphase bis zum Mittagessen
um 11.45. Um 12.30 essen die Erwachsenen, während die Kinder
des zweiten Turnos langsam eintrudeln und schließlich um
13.30 essen. Für mich folgt eine Stunde Mittagspause, um
14.30 geht`s mit einigen Kindern mehr in den Nachmittag,
welcher nach dem Lonche gegen 17.00 endet.
Schnell zeigte sich, dass der komplette Tag 100%-ig
durchgeplant ist und dass Verzögerungen nur ungern
hingenommen werden. Für alles und jeden gibt es eine
bestimmte Aufgabe, einen Zuständigen etc.
Es stellte sich für mich die Frage, “Was machst du hier
eigentlich? Es gibt in jedem Salon Educadores, die die mit
ihrer jeweiligen Gruppe gut zurecht kommen, alles läuft
geregelt ab. Ich als Voluntaria habe zwar die Aufgabe, die
Educadores in ihrer Arbeit mit den Kindern zu unterstützen,
aber letztendlich liefe das ganze auch genauso gut ohne mich.
Nachdem aber einige Wochen vergangen waren und ich mich
einigermaßen in den Betriebsalltag eingelebt hatte, habe ich
versucht, mich darauf zu besinnen, was ich als Voluntaria
beitragen kann, auch wenn ich realistisch betrachtet eventuell
als Arbeitskraft nicht gebraucht würde:
Meist steckt eben dieser Beitrag in recht kleinen Dingen, wie
zum Beispiel im Helfen bei Englisch-Hausaufgaben (da außer
den Voluntarios niemand Englisch spricht), in Aktionen wie das
Backen von deutschen Weihnachtsplätzchen, deren Verkaufserlös
dann dem Hogar zugute kommt oder einfach nur das Zeigen von für
die Kinder unbekannten Spielen oder Liedern…diese Aufführung
könnte man wohl noch fortführen, das Entscheidende an der
Sache ist allerdings, dass ich mir im klaren darüber bin,
dass ich die Welt nicht völlig verändern kann, sondern
versuchen kann, dem Alltag sowohl der Kinder, als auch der im
Hogar arbeitenden Personen ein wenig neue Farbe zu bringen.
Ich muss sagen, dass ich dabei eine Menge Spass habe und
Freude daran habe, mit den unterschiedlichsten Kindern zu
arbeiten. Einige wirkten anfangs eher schüchtern, haben mit
der Zeit aber auch Vertrauen zu mir gefasst, andere waren von
Anfang an sehr anhänglich, wieder andere sind sehr frech und
es ist schwierig, ihnen klar zu machen, wo ihre Grenzen
liegen.
Unterbrochen wird der Heimalltag von Festlichkeiten wie der
monatlichen Messe unter freiem Himmel mit Pfarrer Bernhard,
Ausflügen wie in der vierten Adventswoche in einen Vergnügungspark
mit allen Kindern oder für mich persönlich ein Wochenende
mit Freunden am Strand.
So wird es selten langweilig und da die Mehrheit der andern
hier arbeitenden Personen eine gute Portion Humor hat, werden
selbst stressige Phasen mit ein paar Witzen gut überwunden.
Solche Momente tauchen immer wieder auf, beispielsweise wenn
wir Voluntarios beim Hausmeister um eine Banalität wie
Klopapier oder Seife bitten und als Antwort lediglich einen bösen
Blick ernten und schließlich das Gewünschte irgendwann
vorgeknallt bekommen. Ein solcher Umgangston ist zwar nicht
der Weltuntergang, macht aber den Alltag das eine oder andere
Mal durchaus ein Stück unangenehmer.
Ebenso ist es sehr bedauernswert, dass neue Freunde, die man
hier gewonnen hat, nicht ins Heim zu Besuch kommen dürfen.
Ich bin gespannt auf das fid-Seminar in Bolivien und hoffe,
daraus wertvolle Informationen und Tipps für das kommende
halbe Jahr zu ziehen. Für selbige 7 Monate habe ich den Plan,
mit einer Gruppe von Kindern im Garten kleine Beete anzulegen,
die dann von den jeweiligen Kindern gepflegt werden.
Insgesamt kann ich wohl behaupten, dass mich die vergangenen
vier Monate an Erfahrung um einiges bereichert haben und ich
nicht bereue, die Entscheidung getroffen zu haben, hier her zu
kommen.
Tablada
de Lurin im Dezember 2006
Gesche Hausin
zum
Inhaltsverzeichnis
Hannes Kaufeis |
Dezember 2006 - Nr. 1 |
Hallo
Freunde in Deutschland
Meine Ankunft in Lima liegt zwar nun schon relativ lange
zurueck, ich verde meinen Bericht trotzdem mit meiner Anreise
beginnen. Nachdem ich endlich ausgecheckt hatte und die grosse
Halle des Flughafens in Lima betrat freute ich mich riessig,
dass ich in der Menschenmenge Carlos den Hausmeister und
Chaufeur des Hogars mit einem Schield mit meinem Namen darauf
entdeckte. Sobald wir den Flughafen verlassen hatten, boten
sofort mehrere Taxifahrer ihre Dienste auf einen sehr
aufdringliche Weise an. Wir fuhren mit dem sehr stylieschen
VW- Buss des Hogars los in Richtung Miraflores durch den sehr
dichten Verkehr in Lima, dass war gleich sehr beeindrueckend,
da Der Verkehr in Lima sehr chaotisch ist und mit Ausnahme der
Ampeln eigentlich keine Verkehrsregeln gelten. Wir fuhren gut
eine Stunde nach Miraflores, dort trafen wir in der deutschen
Gemeinde Padre Bernado, Luis, den Rector des Hogars, Gesche,
und eine Gruppe von Spaniern, welche gerade fuer ein paar
Wochen im Hogar waren, bevor sie noch 10 Tage durch Peru
reisten. Dieses Treffen ging dann noch so ein zwei Stunden,
bevor wir endlich nach Tablada ins Hogar fuhren. Dort gab es
dann ( fuer mich zum ersten Mal) leckeres peruanisches Essen
und ich warf mein Wegetariartum sofort ueber Board. Das Essen
hatte Luz die Nachtwaechterin und Frau von Carlos fuer uns
gekocht, danach suchte ich dann sehr bald míen Bett in meinem
Zimmer auf.
Am Dienstag schlief ich aus raumte mein Zimmer ein und lief
ein bischen durch den Garten des Hogars, welchen der Gaertner,
den alle nur avuello (Opa) nennen, pflegt. In der ersten Zeit
speisten ich immer mit den Spaniern und Gesche.
Den Mittwoch verbrachte ich in der Baeckerei mit Baecker
Ricardo, wir backten circa 500 Broetchen fuer das Hogar, does
Menge ist normal, da Ricardo nur Montag, Mittwoch und Freitag
kommt. Dieser Tag war als Einstiegstag ziemlich perfekt, da
mein Spanisch nicht so perfekt war und diese
“koerperliche” Arbeit trotzdem sehr gut klappte.
Am Donnerstag war ich mit Schreinermeister Javier und Juan
Paplo in der Schreinerrei.
Javier ist inzwischen 22 und war frueher als Kindschon im
Hogar, jetzt kuemmert er sich um die Schreinerrei. Dieser Tag
in der Carpi war sehr schoen Javier war mir seit dem ersten
Tag sehr sympatisch und ist hier inzischen ein sehr wichtiger
Freund von mir, wir saegten Ning- Nangs und gingen spaeter
Holz abholen bei einem Carpentero um die Ecke.
Am Freitag war ich Vormittags im Salon von den Grosen mit
Betreuerin Anita.
Anita hatt das Hogar mittgegruendet, und ist deshalb am
laengsten dabei. Am Nachmitag lag ich allerdings flach, da ich
wegen der hohen Luftfeuchtigkeit mot Fiber zu kaempfen hatte.
Den kommpleten Samstag verbrachte ich im Bett, wass ich sehr
schade fand , da Javier am Samstag Geburtstag hatte und ich so
gerne mit ihm feiern wollte. Immerhin erholte ichnmich von der
Erkaeltung und konnte am Sonntag mitt den Spaniern, Gesche,
Luis und Carlos einen Ausflug machen, wir besuchten zuerst
eine Einrichtung fuer junge Muetter, die ihr Kind im Alter von
12-16 geboren hatten und der Vater traurigerweise meistens aus
der eigenen Famielie kommt , Cousin, Onkel, oder Opa der
Mutter ist und die Mutter auch nicht unterstuetzt. Danach
besuchten wir eine Einrichtung fuer behinderte Kinder, diese
Einrichtung war ziemlich herruntergekommen und stark
ueberlastet. Dieser Tag war schon sehr erschueternd, da mir
klar wurde das die Kinder bzw muetter dieser Einrichtung zwar
eine Chance hatten, dass es aber viel zu wenig solcher
Einrichtungen in Lima gibt und sehr viele Menschen in Peru die
ein aehnliches Schicksal haben keine Hilfe in Anspruch nehmen
koenene und mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit das Leben
auf der Strase nicht lange schaffen warden. Abends fuhren wir
noch ins Nationalmuseum bevor wir spaet abends erschoepft ins
Hogar zurueckkehrten.
In den darauffolgenden 2 Wochen schnupperte ich in alle 4
Salone des Hogars 3 Tage hinein. Den Anfang machte ich im
Salon der “Chicas y Cicos sin Fronteras ”, dem Salon, in
welchem die Kinder im Alter von 12 bis 17 sind, diese haben
meistens schon sehr viel Selbstvertrauen und verlassen das
Hogar mit 18, mit einer guten Vorbereitung fuer ihr Leben.
Anfangs waren diese allerdings ein wenig frech zu mir , da ich
noch nicht so sicher mit der spanischen Sprache war.
Danach war ich im Salon der “Niños y Niñas del mañana
“, Betreuer ist Martin die Zinder in diesem Salon sind im
Alter von 8 bis 12 und die meisten sind ziemlich ruhig und
manche leider auch schuechtern.
Der dritte Salon ist der Salon der “los campeones “ , hier
ist Judith die Betreuerin die Kinder sind in diesem Salon 5
bis 8 Jahere alt koenen aber schon ziemlich gut lesen,
schreiben und rechnen.
Der Salon der Kleinsten heist “Los Conejitos” Rosa die
Betreuerin ist immer sehr Froehlich , hat sehr viel Gedult mit
den Kleinen und macht ihre Sache, so wie alle Betreuer sehr
gut. Die Kleinen sind fast alle fuer ihr Alter, 3 bis 6,
meiner Meinung nach ziemlich weit koenen teilweise schon lesen
und schreiben. Die juengsten sind 3 Jahre alt und heissen
Sebastian, Edwin und Luis David.Alle Konder die im Hogar sind
besuchen schon eine Schule.
Waehrend dieser 2 Wochen verliesen die Spanier das Hogar und
spielten an ihrem letzten Tag im Hogar ein kleines
Thaeaterstueck mit Gesche, den aelteren Kinder und mir fuer
die Kleinen vor, auserdem fuehrten sie einen tuypisch
spanischen Tanz vor.
Der
normale Tag im Hogar
6.30
–7 Die Kinder kommen
7 Die Kinder Fruehstuecken
7.30 Die Kinder machen ihre Aufgabe im Hogar alle helfen mit
8-10 Hausaufgaben oder Kreativarbeiten
10-10.15 Es gibt einen Snack fuer die Kinder
10.30-11 Die Kinder sin dim Salon Malen oder Hausaufgaben
12 Die Kinder die mittags in der Schule sind essen Mittag
12.30 Mittagessen fuer das Team
13.30 Mittagessen fuer die Kinder die morgens Schule hatten
14.30-16 Hausaufgaben oder Kreativarbeiten
16.30 Es gibt einen Snack fuer die Kinder
17-18 Die Kinder gehen nach Hause
Meine Abende verbrachte ich in dieser Zeit fast taeglich bei
Javier, allerdings immer nur biss 23 Uhr, da diese Zeit meine
Ausgangssperre ist. Wir hoerten viel Musik in seinem kleinen
Zimmer, welches er sich mit seinem Bruder Jorge teilt, welcher
frueher ebenfalls im Hogar war und nun bei Rafael, auch ein
Heimmitbegruender, arbeitet. Das Zimmer dieser zwei Brueder
ist nur 3 Minuten vom Hogar entfernt.und ich lernte dort viele
coole junge Leute kennen.
Am 29 September traf Benni in Lima ein und wir holten ihn am
Flughafen ab. Wor sind in diesem Falle Carlos, Luz, Gesche und
ich .
Nach meiner “Schnupperphase durch die Salons “ entschied
ich mich zuerstmal im Salon von Martin zu bleiben, da ich mit
den Kindern dort sehr gut zurecht kamm und auch viel bei den
Hausaufgaben helfen konnte. Auserdem war Gesche schon im Salon
der Kleinsten. Im Salon von Martin blieb ich biss jetzt und
helfe Martin.
Mit Benni und Gesche reiste ich an einem Sonntag nach
Paccachamac und an einem Wochenende nach Pisco, Parracas und
Ica. Dort besichtigten wir das Naturparadies Parracas, Pisco
und die Oase Huaccacina, das waren sehr schoene Ausfluege.
Im Hogar lebte ich mich immer besser ein und bin inzwischen
ein Teil des Hogars (hoffentlich ein wichtiger).
An meinem Geburtstagb gingich mit Gesche, Javier und Benni zu
Magno, dem Sohn von Koechin Zoila, Magno war frueher auch im
Hogar und war sogar eine Zeit lang Baecker im Hogar. Bei Magno
gab es eine sehr leckere Ueberraschung fuer mich. Magno hatte
Pizza gebacken. Nachdem wir gegessen hatten fingen wir in die
Bar von Magno, welche er im Oktober eoeffnet hatte. Dort
trafen wir weitere Freunde und hatten eine schoene
Geburtstagsfeier. Ende November reisten Gesche und ich mit dem
Buss nach Tumbes, an der Grenze zu Ecuador, um unsere Visas zu
verlaengern. Die Reise durch halb Peru dauerte circa 20
Stunden. Nach dem wir unsere Visaprobleme endlich ueberwunden
hatten verbrachten wir noch 2 Tage in Tumbes und klamen mit
einem sehr ueblen Sonnenbrand zurueck. Montagmorgens trafen
wir Carlos, Zoila und Benni im Tottus in Lima beim einkaufen.
Am darauffolgenden Mittwoch starteten Gesche un d ich ein
groses Weihnachtsbacken Projekt . Mittwoch, Donnerstag und
Freitag verbrachten wir ausschlieslich in der Baeckerei und
backten circa 35 Kilo deutsche Kekse fuer den Weihnachtsbassar
in der deutschen Gemeinde in Miraflores. Dieses Projekt war
zwar ziemlich anstrengend, da wir immer biss 8 oder halb 9 in
der Panaderia standen, loeste aber danach eine grose
Zufriedenheit in mir aus, da am Freitagb als abzusehen war,
dass wir alleine nicht fertig warden, sehr schnell Hilfe
fanden. Anita, Javier und 2 Kinder ausa dem Salon von Anita
kamen uns am Nachmittag zu Hilfe. Um 5 schliesen sich dann
schlieslich die anderen Betreuer, einige Kinder und Luis uns
an und mann spuerte eine Solaidaritaet und Hilfsbereitschaft,
da Alle ihren Feierabend nach hinten verschoben um uns zu
helfen.
Am Samstag packet ich die letzten Kekse ein und am Sonntag den
3. Dezember gings dann um 9 Uhr los zum Bassar in Miraflores.
Dort verkauften wir Paneton von Ricardo, die Holtzspielzeuge
und die anderen Sachen die Javier in der Schreinerei
produziert hatte und die Weihnachtskekse, die ich mit Gesche
gebacken hatte.
Der Weihnachtsbassar war relative gross, wir hattenn alerdings
nur einen kleinen Tisch direct neben der Tuer zu verfuegung
gestellt bekomen, was ich ein wenig unverschaemt fand, da die
anderen riesigen Tische ausschlieslich von der Gemeinde in
Anspruch genommen wurden und nicht einmal ausgenutzt wurden.
Der Bassar verlief dann aber doch ganz gut und wir verkauften
ziemlich viele Kekse und alle Panetons die wir dabei hatten.
In der Zeit danach wurde es im Hogar immer weinachtlicher und
es wurde sehr viel Weihnachtsdekoration in den Salons
gebasstelt.
Gestern dann war der letzte Tag fuer die Kinder im Heim und es
gab eine Weihnachtsmesse auf der Terraze welche Padre Bernado
gehalten hatte. Nach der Messe erhielt jades Kind ein
Weihnachtsgeschenk. Danach gab es Pollo ala brasa fuer alle
und spaeter wurde mit Jonatan, einem ehemaligen Kind des
Hogars, klassisch peruanisch getantzt und es gab eine Show
imnfantil von Llamagas, von welchen das Hogar das komplette
gas kauft. Zum Abschluss gab es Heisse Schokolade und Paneton..
Damit schliese ich meinen 1. Zwischenberich ab.
Falls noch offene Fragen im Raum stehen sollten beantworte ich
diese gerne
In diesem Sinne biss zum naechsten mal.
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch wuenscht
Hannes Kaufeis
zum
Inhaltsverzeichnis
Magdalena Gresziek
|
2007 - Nr. 1
|
Liebe Freunde,
Ich hoffe, es geht euch allen gut und ihr habt schon ungeduldig auf meinen Brief gewartet=)
Inzwischen bin ich schon ueber 5 Wochen in Lima und es ist im Heim doch ein gewisser Alltag eingekehrt� Wie einige wissen, arbeite ich jetzt in der Gruppe der Aeltesten, den �Chicos y chicas sin fronteras�(also den �Kindern ohne Grenzen�) mit Anita, der educadora und ab und zoo auch in der Baeckerei und der Schreinerei. Die Kinder sind zwischen 11 und 16 Jahren alt, morgens ist es eine Gruppe von 11, nachmittags eine von 18, da die Schule hier ja in 2 �Schichten� laeuft. Obwohl es vielleicht ein schwieriges Alter sein mag, gefaellt mir meine Gruppe wirklich gut, nicht zuletzt wegen Anita, die ihre ganz eigene Art hat, mit den Kindern umzugehen: Sie weiss, wie ihre Gruppe funktioniert, wer, wo steht und welche Stellung hat, wie man mit jedem Einzelnen umgehen muss. Sie setzt Vertrauen in jeden Einzelnen und setzt sich mit allen auseinander und hat gleichzeitig die Kontrolle ueber die Gruppe. Ich kann von ihr viel lernen!!
Jeden Vormittag und Nachmittag gebe ich eine halbe Stunde Englischunterricht, morgens macht die gesamte Gruppe mit, nachmittags nur einer, aber das ist eine gute Abwechslung, trotzdem merke ich, wie gut man soetwas jeden Tag vorbereiten muss, wenn man will, dass die Leute interessiert sind!! Die Kinder haben alle ab der Secundaria Englisch, allerdings nicht als Hauptfach, und was sie am Ende fuer kenntnisse haben, reicht wirklich nicht, um sich zu unterhalten! Ich habe also angefangen, Fruechte, Tiere, Zahlen� mit ihnen zu lernen und bin gespannt, wie weit wir kommen werden!
Ansonsten hat Anita die Idee einer kleinen Firma aufgebracht, und zwar eine �Freundschaftsbaendchen-Fabrik�, die Baendchen koennte man dann in der deutschen Gemeinde verkaufen und mit dem Erloes fuer unsere Gruppe etwas organisieren�Aber das muss noch genauer augearbeitet werden und ist auch nicht ganz einfach, da die Kinder jede Menge anderes zu tun haben. Mal sehen� Ideal waere aber, dass das ganze Projekt am Ende in den Haenden der Kinder liegt, dass es alleine laeuft!
Ansonsten lerne ich die einzelnen Leute immer besser kennen, wer wo wohnt, wie er zu den anderen steht, das ist echt interessant. Obwohl sie ganz unterschiedlich sind und auf verschiedene Schulen gehen, merkt man, dass im Hogar die Gruppe zusammengehoert, und Spass miteinander hat. Dabei gibt es zum Teil wirkliche Schwierigkeiten: Einer z.B. ging seit einiger Zeit nicht mehr in die Schule, er ist jetzt 14 und geht in die 2. Klasse der Secundaria. Er war frueher in einer der zahlreichen Pandillas (also Strassengangs) hier und hat spaeter mit ihr Probleme gekriegt, weil sie anscheinend denken, er sei zu einer anderen uebergelaufen. Zumindest hat er sich deswegen nicht mehr in die Schule getraut. Bei ihm daheim gibt es auch ziemliche Spannungen. Seine 2 aelteren Schwestern sind beide mit 15 schwanger geworden sind, die eine hat jetzt schon das zweite Kind. Die Mutter arbeitet unter der Woche in einem Geschaeft in Lima und uebernachtet dort auch oft und ist deshalb selten daheim und der Vater ist letztes Jahr an einem Unfall mit einer Gasexplosion gestorben.
Das mit den Pandillas ist wirklich uebel! Die gibt es anscheinend erst seit etwa 10 Jahren vermehrt und einige sprechen von einer Spaetfolge des Terrorismus und des Sendero Luminoso. Sie bilden sich nach einzelnen Stadtvierteln und hier in Tablada gibt es zwei, die A und die U, die jeweils zwei grossen Fussballmannschaften Limas anhaengen (Alianza und �La U� oder so aehnlich). Gehoert man einer mal an, darf man nur noch mit diesen Leuten zu tun haben (angeblich gehoeren bis zu 60 Jugendlichen einer solchen Pandilla an) und sich auch nicht in das Territorium einer anderen Pandilla trauen. Die Kinder haben erzaehlt, dass einige mit Messern rumlaufen und �Feinde� oder �Verraeter� verfolgen und zusammenschlagen. Natuerlich weiss ich nicht, was alles vorgefallen ist und alles verstehe ich ja auch gar nicht, aber ich denke, wenn er schon nirgendwo eine stabile Struktur hat, weder daheim noch in der Schule, dann kann man ihm damit helfen, dass man ihm im Hogar soetwas gibt. Er ist naemlich ziemlich unsicher und deshalb wahrscheinlich ein geeignetes Pandillaopfer. In der Schreinerei arbeitet er z.B. ziemlich gut und zeigt wirklich Freude dran! Anita hat aber eine Schule gefunden, die ihn jetzt aufnimmt (was gar nicht so einfach war, weil er eben mal einer Pandilla angehoert hat und schon einmal wiederholt hat), und er versucht jetzt in den 2,5 Monaten, die bis zum Schuljahresende bleiben, das Jahr zu schaffen. Das waere ein echter Erfolg und dabei wollen wir ihm natuerlich alle helfen!!
Das ist nur ein Beispiel, aber solche Geschichten sind hier nicht selten und es ist oft schwierig, eine gute Loesung zu finden.
Was gibt es noch zu berichten?? Achja, von den Temblores etwa, von denen ich jetzt einige erlebt habe. Beim ersten Mal dachte ich, es sei ein schwerer LKW am Hogar vorbeigefahren, denn so hoert es sich an, nur dass der Boden und die Fenster leicht mitzittern. Von einem starken bin ich sogar mal aufgewacht, das einzige, was man aber machen kann, sagen die Leute, ist in einen Tuerrahmen stellen oder raus gehen. Unser Schreinermeister Javier ist vor 2 Wochen fuer ein Wochenende nach Ica und Pisco gefahren, um sich die Situation anzusehen und hat erzaehlt, dass es immer noch schlimm ist und die Hilfe oft nicht dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Er hatte einen ganzen Rucksack voller Avocados mitgenommen, um sie zu verteilen. Wahrscheinlich werden wir am naechsten Wochenende auch hinfahren mit der Pfarrgemeinde �El Niño Jesus�, von der uns angeboten wurde, doch mitzukommen, wenn sie dort Hilfsgueter hinbringen. Das wuerde ich wirklich gerne, denn so koennen wir auch ein wenig mithelfen.
Wir haben grosses Glueck, dass Javier im Heim ist, denn mit dem vestehen wir uns wirklich gut und ausserdem zeigt er uns Tablada und ueber ihn haben wir einige andere junge Leute kennengelernt. Z.B. gibt es da auch die kleine Bar �Killa�, die ein Freund von ihm fuehrt und sie alle zusammen aufgebaut haben, und in der man sich ab und zu gut treffen kann. Mit Bob Marley an der Wand und einigen Graffittis, Pisco Sour und dem obligatorischen �Reggaeton� (oder wie auch immer das heisst, das hoert hier jeder und ist eine Mischung aus Reggae und Pop...) ist es da echt nett!
Etwas Besonderes und auch Gewoehnungsbeduerftiges ist hier auch der Verkehr: Ich bin nur froh, dass ich mir keinen internationalen Fuehrerschein beantragt habe=) Der Fahrstil ist hier wirklich anders...
Auf einer 2-spurigen Fahrbahn passen schliesslich auch gut 3 Autos oder Combis und vielleicht noch ein Motortaxi nebeneinander (das letztere ist ein Moped mit einer kleinen Blech/Plastik-Karosserie drum und wird fuer kurze Strecken benutzt). Strassenregeln gibt es hier weniger, braucht man auch nicht, denn vor jeder Kreuzung hupt man, damit jeder weiss, dass man kommt. Und ueberholen kann man eigentlich ueberall und immer, schliesslich sieht der auf der Gegenfahrbahn einen ja und man muss nur hoffen, dass seine Bremsen funktionieren, und Licht braucht man eigentlich nur in Gebieten, wo die polizei ab und an kontrolliert. Die Autos sind so, dass ich es jetzt wirklich zu schaetzen weiss, wenn sie nicht zu laut knattern und evtl. ein Gurt drin ist.... Wichtiger ist hier aber ganz klar, dass das Radio funktioniert=) In einen Combi passen gut 30 Personen bei etwa 15 Sitzplaetzen rein, da muss man wirklich aufpassen, wohin man seine Sachen verstaut. Aber bei alledem, was vielleicht negativ klingt, macht es eigentlich Spass, hier unterwegs zu sein ( also gut, dann, wenn man nicht ganz dicht an dicht gedraengt ist und lange fahren muss). Die Peruaner haben zwar vielleicht keine Regeln, aber dafuer schauen sie mehr und irgendwie gehts eben immer... Und wenn der Verkehr dann steht, dann rennen ueberall Leute rum, die dir Klopapier, Zuckerrohrscheiben oder Suessigkeiten anbieten oder die Scheiben putzen wollen.
Zu Tablada: Tablada ist eigentlich recht gross und besteht, glaube ich, aus 2 Teilen, in der Zona antigua wohnen wir. Und ganz Tablada ist nur ein Teil von Villa Maria del Triunfo, welches wiederum ein Viertel von Lima ist, wirklich riiiiiiiiesig mit seinen knapp 10 Mio Einwohnern!!
In Tablada gibt es aber auch ganz unterschiedliche Haeuser, viele sind aus Backstein, das wirkt alles ineinandergeschachtelt und ueberall haengt bunte Waesche zum Trocknen. Dann gibt es wirklich schoene Haeuser mit buntgestrichenen Mauern und ab und zu sogar ein Eisenzaun, der einen kleinen Garten und das Haus von der Strasse trennt. Und schliesslich gibt es sehr arme Haeuser, wie die meisten, die um das Hogar verteilt liegen. Die lehnen sich an einen Hang (je hoeher gelegen, desto aermer) und bestehen oft nur aus Brettern und loechrigem Wellblech als Dach. Zwischendrin rennen und raufen klaeffende hunde, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Das Hogar sticht wirklich heraus mit seinen schoenen gelben Mauern und dem grossen Garten, alles am Hang...Laeuft man dann weiter hoch bis auf die huegelkuppe, kommt man an ein Kreuz und hat von dort aus eine tolle Sicht auf ganz Tablada!
Wenige Haeuser habe ich von innen gesehen, aber die etwas besseren haben eines gemeinsam: man kommt zur Tuer rein und ist im Wohnzimmer oder zumindest im Zimmer, in dem Besuch empfangen wird, dort haengt an der Wand oft ein Heiligenbild und sonst recht wenig, dann stehen vielleicht noch einige Sessel oder ein Sofa vor einem Fernseher. Nicht zu sehen bekommt man als Gast auf jeden Fall das Schlafzimmer, das ist sogar fuer Freunde Tabu und man hat uns sehr nahegelegt, nur keinen im eigenen Zimmer �zu empfangen�.
Was es in tablada noch gibt, sind zum einen ueberall kleine Laeden, die ziemlich alles verkaufen und immer auf haben. Es ist einfach unglaublich, wieviele hier sind. Meist ist ein Gitter vor der tuer, dass man nur von aussen sagen kann, was man moechte. Toll ist auch der kleine Markt von Tablada, wie man ihn sich vorstellt, mit Saecken voller Mais und Reis, Fruechte, Kleider, gebrannte DVDs....
Zum zweiten die viiielen Fussballplaetze, auf denen irgendwie immer was los ist. Als wir einmal hier in der naehe von einem Aussichtspunkt auf Tablada runtergeschaut haben, konnten wir nur Staunen WIE VIELE Leute in Tablada gerade Fussball spielen!!
So lernen wir unser Tablada also besser kennen, vor allem auch durch die Kinder, die man ab und zu auch nach Hause begleitet. Und wenn man am Wochenende hier in Tablada unterwegs ist, vielleicht zum Markt oder einfach hier spazieren geht, und dann einem Kind aus dem Hogar begegnet, dann rennen sie auf einen zu, und umarmen einen ganz stuermisch, rufen �Hooooolaa! Magdalena!! (Na gut, oft nennen sie mich auch Magadalena oder auch Maren =) ) Que tal??� Das freut mich immer so!!
Zuletzt moechte ich heute noch von unseren Ausfluegen aus Tablada raus erzaehlen, die wir gemacht haben: Zunaechst mal Lima, das ist ja nicht so weit, aber trotzdem kennen wir wenig davon. Wir waren im Zentrum von Lima und haben uns dort mit einer Bekannten aus der dt. Gemeinde, die in der dt. Botschaft arbeitet, einige kirchen angesehen, darunter San Francisco mit seinen Katakomben (der fruehere Stadtfriedhof von Lima) und Knochensammlungen, das Regierungsgebaeude von aussen mit einer Wachabloesung, das war toll: eine aufwendige Prozedur mit Militaerkapelle, und das jeden Tag!! Dann auch einen Incamarkt, zwar touristisch, aber mit wunderschoenen bunten Tuechern, Figuren, Taschen, Schmuck... Und ein sehr huebsches Kuenstlerviertel von Lima, das Barranco heisst. Es liegt direkt am Meer, das sieht man von Klippen aus, und es ist ganz bunt und wirkt sehr frisch und froehlich, falls man das von einem Viertel sagen kann. Es gibt dort viele kleine restaurants und Stanede, an denen Schmuck verkauft wird.
Auch nach Pachacamac haben wir einen Ausflug gemacht. Diese Ausgrabungsstaette liegt suedlich von Lima und wir sind mit einem Bus etwa 45 Minuten hingefahren. Grade faehrt man noch an einem der �pueblos jovenes�, wie hier die armen Siedlungen genannt werden, vorbei und ploetzlich steht man vor den alten Ruinen der Tempelanlage und fuehlt sich in einer anderen Zeit, 50 m nebendran die kleinen, bunten Huettchen... Pachacamac ist eine alte Weihstaette gewesen, von vielen Kulturen genutzt, zuletzt von den Incas. Man laeuft, bzw. faehrt mit einem Bus an verschiedenen Tempeln vorbei, hoch zum Sonnentempel(bis dahin alles Wueste), von dem aus man ploetzlich auf der anderen Seite auf ein gruenes Tal und das Meer hinuntersieht.
Unser letzter Ausflug war der erste etwas weitere, zum Naturreservat Lomas de Lachay. Das liegt etwa 100km noerdlich von Lima, in der Wueste (und zwar richtig schoene Sandwueste!!), aber einmal im Jahr, im September/Oktober verwandelt sich das ganze durch den Kuestennebel in Gruen mit gelben, blauen und lila Bluemchen, durchzogen von knorrigen Baeumen und Kakteen. Wir sind 2 Stunden gewandert, ueber kleine Pfade, hoch auf Huegel, bei denen man den Eindruck hatte, es gebe am Rand nichts Weiteres, weil der Nebel so dicht war (da musste ich an Jim Knopf denken, wie sie da mit durch die Finsternis fahren und den Weg nicht verlieren duerfen )! Und dazu dann die knorrigen, schwarzen, fantastischen Baeume und der Wind... Als wir wieder runtergelaufen sind, hatte sich der Nebel gelichtet und man kam sich vor, wie in einer Landschaft aus �Herr der Ringe� mit einem Pfad, der sich die Huegel runterschlaengelt, vorbei an Felsen, in denen man Formen erkennen konnte, mit viel Vogelgezwitscher und dann sogar einem kleinen Fuchs, der allerdings etwas zu zahm gewirkt hat ;-) Das klingt alles ganz maerchenhaft, aber so aehnlich hab ich es gefuehlt, da kommt man mal raus aus Lima und freut sich ueber jedes Bluemchen!!!
So, meine Lieben, ich hab mit hier eigentlich ncoh viel mehr aufgeschrieben gehabt, was ich alles erzaehlen wollte, aber das werde ich dann irgendwann weiterfuehren.... Ich hoffe, ich kann euch ein bisschen eine Vorstellung von dem geben, was ich hier sehe und erlebe und werde mich auch mal wieder um Fotos bemuehen...;-)
Viiiiiele liebe Gruesse aus Tablada (nicht mehr ganz so neblig-feucht, denn diese Woche hat einige Male die Sonne geschienen, da huepft einem das Herz vor Freude, wie dann ploetzlich alle lachen...)!!!!!!!!
Eure Magdalena
zum
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Magdalena Gresziek |
2008 Abschlussrundbrief - Nr. 2 |
Liebe
Freunde,
jetzt
sind es schon 2 Wochen, die ich wieder daheim bin und jetzt
schicke ich euch noch einmal eine Abschlussmail. Warum jetzt
erst??
Einerseits
weil in der letzten Zeit in Peru einfach so viel zu tun war,
wie vor einem Abschied zu tun ist, und zweitens weil fuer mich
meine Peruzeit erst jetzt langsam ausklingt, lange war ich in
Gedanken noch ganz dort und nicht richtig hier...
Was
nach der letzten Rundmail alles passiert ist... Hm, ziemlich
viel und eigentlich doch auch nicht so viel. Nicht so viel,
weil meine Arbeit im Hogar recht aehnlich weiter verlaufen
ist, ich habe in drei Gruppen gearbeitet, morgens mit meinen
Grossen und nachmittags abwechselnd bei den ganz kleinen
Kindern und bei den Mittleren (1.-3. Klasse). Diese Taetigkeit
hat mich sehr erfuellt und auch die Abwechslung hat mir sehr
gut getan!! Bei meiner Gastfamilie habe ich auch weiter
gewohnt, bis zum Schluss, ab April waren wir dann zu fuenft,
da Susana von ihren 4 Monaten work&travel (gut, in ihrem
Fall wars eher nur work) in den USA zurueckkam. Wir haben
etwas gebraucht, bis wir uns aneinander gewoehnt hatten, aber
danach lief alles wunderbar und ich habe sehr viel mit ihr
unternommen. Ich kann mir gut vorstellen, wie komisch es sein
muss, wenn man nach einer guten Zeit aus einem anderen Land
zurueckkommt und sowieso alles schon wieder der Gewoehnung
bedarf und dann noch jemand anders im Haus ist (obwohl ihre
Eltern sie ja gefragt haben, bevor sie mich aufgenommen
haben).
Durch
sie habe ich viele neue Freunde und auch das Nachtleben besser
kennengelernt =)
Ihr
Lehramtstudium hat sie nach einiger Zeit aufgegeben, jetzt
moechte sie Uebersetzerin werden, Spanisch und Englisch kann
sie ja schon, und jetzt lernt sie an einem Institut Deutsch
und moechte auch im Januar nach Deutschland kommen, um hier
ein Aupairjahr zu machen.
Milagros,
meine juengere Gastschwester, fing im Mai an, in einem
Schreibwarengeschaeft zu arbeiten, morgens um 5.30 steht sie
auf, um zu ihrem Englischinstitut zu fahren und danach
arbeitet sie in dem Geschaeft, bis 10 Uhr abends, ist um 11
daheim und faellt todmuede ins Bett. Und so geht es 6 Tage die
Woche!! Sie habe ich ab da deshalb nur noch wenig gesehen.
In
der Gemeinde habe ich mir dann auch noch Freunde gemacht, vor
allem dadurch, dass ich in beiden Jugendchoeren angefangen
habe=)
Im
Gottesdienst ist es ja so, dass der Chor hauptsaechlich singt,
denn es gibt keine Liedhefte fuer die Gemeinde. Ich muss
sagen, dort bin ich wirklich sehr aufgegangen und habe gute
Freunde gefunden. Das alles war zumindest, wie ich es mir
vorgestellt hatte, eine andere Seite des Lebens in Tablada,
die ich ja auch hatte kennenlernen wollen! Andauernd hatte ich
zu tun, war in der Familie oder mit den Leuten aus der
Gemeinde unterwegs, wo auch sehr viel unternommen wird. Und
trotzdem habe ich mich sehr entspannt in dieser Zeit und
dadurch ging mir auch sonst alles andere leichter von der Hand
als vorher, im Heim habe ich meinen Englischkurs wieder
angefangen, der dann auch viel besser geklappt hat, und auch
sonst kam ich sehr gut mit allen Kindern zurecht.
Was
mir wohl sehr geholfen hat, war, dass ich nach meiner Zeit im
Heim (also ab 17.00) etwas anderes gesehen habe, ein sehr
schoenes Familienleben geniessen durfte und einfach an anderes
gedacht habe als die Arbeit mit den Kindern. Die Befuerchtung,
dass ich mich dadurch mit meinen beiden Voluntaria-Freundinnen
schlechter verstehen wuerde, hat sich nicht bewahrheitet. Zwar
war ich natuerlich sicher weniger mit ihnen zusammen, aber sie
kamen mich oefter auch besuchen und lernten auch den neuen
Freundeskreis kennen und zu schaetzen=)
Im
Mai bekam ich den lang ersehnten Besuch von meiner Mutter und
meinem Bruder, sie lernten das Heim und Tablada kennen und
dann auch Arequipa, den Titicacasee und Cusco mit Machu Picchu....
Das waren 2 sehr schoene Wochen und ich bin froh, dass die
zwei, das was Peru fuer mich ausmacht, so ein bisschen besser
kennengelernt haben!
Zur
gleichen Zeit zog Anne mit ins Heim, fertige Studentin (ich
habs bis heute noch nicht drauf, wofuer sie genau ein Diplom
hat=), aber zumindest ist ein Teil ihrer Arbeit
Gebrauchsanleitungen schreiben), und ist fuer 6 Monate mit
dabei.
Im
Juni war ein groesseres Ereignis der 50. Geburtstag meines
Gastvaters, den wir bei der Gastfamilie mit allem, was
dazugehoert, gefeiert haben=) Also grosses Essen, viele Gaeste,
Tanz und Piñata (ein Tier oder eine Sektflasche oder
irgendetwas anderes, aus Pappe, mit Bonbons und kleinem
Krimskrams gefuellt, welches das Geburtstagskind mit
verbundenen Augen und einem Schlaeger aufschlagen muss, den
Krimskrams, der dann rausfaellt, duerfen die Geburtstagsgaeste
behalten)... War sehr peruanisch und sehr schoen=)
Der
Juli hatte am Tag des Geburtstags meiner Gastmutter (oder
Pflegemutter, wie Paula sagt=) ) eine boese Ueberrachung fuer
uns... Meine Gastvater musste schnell ins Krankenhaus und
wurde am Blinddarm operiert, ganz knapp zu spaet, und musste
dort 10 Tage bleiben. Kaum war er wieder daheim, wurde meine
Gastmutter –allerdings laenger geplant- interniert (sagt man
das so??) und wurde auch operiert, an einem Brusttumor, der
gottseidank noch klein war.
In
der Zeit waren wir also viel unterwegs, um ins Krankenhaus zu
fahren, das auch nicht ganz nah liegt, und an meinem letzten
Tag in Peru wurde meine Gastmutter schliesslich entlassen, wie
froh war ich da, als sie mit an den Flughafen fahren
konnte!!!!!
Die
Zeit war also nicht ganz einfach und unbeschwert wie die
Monate vorher, aber ich bin sehr sehr dankbar, dass ich
trotzdem mit dabei sein und versuchen durfte, mitzuhelfen, wo
ich konnte.
Dazu
kam Ende Mai der Wintereinbruch, allerdings nicht so schlimm,
wie ich den August letzten Jahres in Erinnerung habe... Klar
regnets viel und man muss oftmals das Dach aufwischen, ich
weiss nicht, ob ich euch das schon mal erzaehlt habe: Da oft
die Haeuser nicht fertiggebaut sind, geht eine Treppe aufs
Dach hoch, aber es ist noch kein Blechdach darueber, um die
Moeglichkeit offenzuhalten, weiterzubauen, oder weil eben noch
kein Geld dafuer da ist.... Das ist zwar in Ordnung und
wunderbar, wenn man im Sommer auf dem Dach sitzen kann, das
einzige Problem ist, dass es bei Regen reinregnet und sich auf
dem Dach ein Schwimmbad ansammelt, das, wenn man es nicht
aufwischt, durch das Dach sickert und es kaputtmacht.
Immer
naeher rueckte dann der 18. August und damit mein Abschied von
einem Land und von den Menschen, die ich doch in diesem so
intensiven Jahr sehr ins Herz geschlossen hatte... Natuerlich
freute ich mich auch sehr darauf, meine Familie und Freunde
wiederzusehen und da es immer klar war, dass ich nach einem
Jahr zurueck nach Deutschland fliegen wuerde, war ich immer
darauf eingestellt. Haette mir jemand angeboten, noch 2 Monate
laenger bleiben zu koennen, ich haette nicht gewollt, weil
eben alles so auf dieses Ende hingesteuert hat, wenn ihr
versteht, was ich meine...?
Aber
verstaerkt wurde meine Abschiedsspannung und –traurigkeit
doch sehr durch die ganzen Krankenhausgeschichten und die
Anspannung deswegen.
An
meinem letzten Arbeitstag im Heim, ein Freitag, war ich
nachmittags, wie jeden Freitag eben, bei den Kleinen
beschaeftigt, und hatte deshalb gar keine Zeit, wie die
anderen 2, in die Salons zu gehen und mich von den einzelnen
Gruppen zu verabschieden. Als schliesslich 5 war und ich mir
dessen richtig bewusst wurde, war es schon zu spaet und ich
war ziemlich traurig, mich vor allem von „meinen“ Grossen
nicht verabschiedet zu haben, grade auch, da ich die fotos
noch nicht verteilt hatte, die ich als Andenken fuer alle
ausgedruckt hatte. Dann aber fand eine kleine Verabschiedung
mit dem Personal statt, der Baecker hatte alles moegliche an
Plaetzchen vorbereitet und eine pinke Torte in Herzform=) das
war alles sehr nett gemacht und wir blieben etwa 2 Stunden
zusammen bis dann jeder nach Hause ging. Als ich an unserer
Haustuer klingelte, oeffnete mein Gastvater und meinte nur, er
wisse auch nicht, was mit dem Strom sei, das Licht gehe nicht
mehr. Tatsaechlich kam ich in ein finsteres Wohnzimmer rein,
versuchte aber doch nochmal den Lichtschalter, siehe da, es
wurde Licht...... und alle sassen sie da, auf den Sesseln und
dem Sofa!!!!
Sie
hatten auch einen Kuchen mitgebracht (von dem ich allerdings
nach der pinken Torte nichts mehr essen wollte, er wurde aber
auch ohne mich problemlos aufgegessen=) ) und so kam ich doch
noch zu meiner Verabschiedung!!
Am
Samstag Abend hatte dann Susana ein Fest organisiert (sogar
mit Lichtern und einer Anlage) und alle Freunde eingeladen,
das war wirklich wunderschoen!! Bis um 4 haben wir getanzt und
sind von dort aus mit dem Taxi los, um Maren zum Flughafen zu
bringen.
Am
Sonntag war nicht mehr viel los, ich musste packen und wir
waren noch im Krankenhaus und am Montag bin ich nochmal
schnell im Hogar vorbei und nach dem Mittagessen sind wir
(alle 5!!!) zum Flughafen gefahren.
Das
Auto hat es grade bis dorthin geschafft, haben sie mir danach
erzaehlt=) Beim Zurueckfahren mussten sie ein paar Male
aussteigen und anschieben.
So,
und jetzt bin ich also daheim, wir waren einige Tage im Wallis
zum Wandern und in Nuernberg bei der Oma und diese Woche
kommen dann doch mal nach und nach alle Freunde an, die bis
jetzt auch noch unterwegs waren, da freue ich mich natuerlich!
Aber
seltsam war es schon, anzukommen, die grossen (!) kleinen
Geschwister zu sehen, dass hier alles so GRUEN ist, aber doch
noch gleich wie ich es zurueckgelassen hatte. Ich war aber
doch echt erstaunt, als aus dem Hahn in der Kueche warmes
Wasser kam (ich hatte es einfach vergessen) und der
Kuehlschrank so riesig und voll war=) Und die ersten 5 Tage
habe ich jedesmal das Klopapier in den Muelleimer geworfen
(weil das Klo ja sonst verstopft!) =)
Zum
Schluss moechte ich mich nochmal bei euch allen bedanken, ihr
habt mich gut begleitet, und vielen Dank fuer die Mails und
Telefonate, durch die der Kontakt gut erhalten geblieben
ist!!!! Ich freue mich, euch zu sehen!
Viele
liebe Gruesse aus Wittlingen,
Magdalena
zum
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Marga Kaiser
|
2008 Dezember - Nr. 1
|
Bald
schon steht nun Weihnachten vor der Tür und da merk ich doch
wieder wie rasend schnell die
Zeit bisher rum ging. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es
einfach noch so vieles Neues zu entdecken gab und noch immer
zu entdecken gibt.
Im
Heim wurden wir von den Mitarbeitern und Kindern sehr herzlich
empfangen, natuerlich immer mit Küsschen und wurden erstmal
mit tausend Fragen über unser Leben in Deutschland bombadiert.
Die
Gruppen im Heim sind nach den 3 bis 5 Jaehrigen (Conejitos
felices) , den 6 bis 9 Jaehrigen ( Campeones), den 10 bis 12
Jaehrigen (de la mañana) und den 13 bis 17 Jaehrigen (Sin
Fronteras) aufgeteilt. In den ersten vier Wochen sind Maria,
Steffi und ich für jeweils eine Woche in eine Gruppe gegangen
um erstmal einen Überblick zu bekommen und die Kinder ein
bisschen kennenlernen zu koennen. Schlussendlich habe ich mich
für die Gruppe der Ältesten, den Chicas und Chicos sin fronteras
für morgens und den Campeones für nachmittags
entschieden.
Um
acht Uhr startet der Tag immer mit einer morgendliche
Reflexion, in der aktuelle Geschehnisse der Welt besprochen werden oder
Probleme und sonstige Neuigkeiten des Heims berichtet und
ausdiskutiert werden. Anschliessend helfe ich bei
Hausaufgaben, vor allem in Englisch, weil da viele ziemliche
Probleme haben und auch die Englischlehrer in der Schule wohl
nicht sehr gut sein sollen. Ich gebe auch Englischunterricht,
mit zwei übersetzte
ich beispielsweise englische Lieder, und übe sie mit ihnen
singen, damit sie auch die Aussprache üben koennen.
Allerdings sind natürlich nicht alle an Englisch
interessiert. Auch ein bisschen Deutsch zeige ich ihnen
manchmal. Deutsch bringt ihnen zwar weniger als Englisch,
allerdings kann ich es auch sehr gut verstehen, dass sie an
Deutsch interessiert sind wegen dem Kontakt zu Deutschland
durch das Heim. In
den Pausen wird sowohl morgens als auch mittags oft Volleyball
oder Fussball gespielt.
Um
12 beginnt meine Mittagspause und um 12:30 isst das Team
zusammen zu Mittag. Anfangs war es etwas ungewohnt fast jeden
Tag nur Reis und Bohnen auf dem Teller zu haben, aber es schmeckt mir ganz gut. Mittwochs passe ich in der
Mittagspausen auf die Kleinsten auf, wenn sie vom Kinderheim
abgeholt werden.
Um
14.30 Uhr gehe
ich dann zu meinen Campeones und helfe ihnen bei Hausaufgaben.
Oftmals ist es gar nicht so leicht Hausaufgaben mit ihnen zu
machen, da einige Kinder im Salon schon am Spielen sind und
dadurch die anderen ablenken, aber es steht uns ein freier
Raum zur Verfügung, den wir benutzen koennen, wenn etwas Ruhe
noetig ist. Da einige Kinder ziemliche Schwächen in Mathe
haben, habe ich mit einigen Kleinen ein Dominospiel gebastelt
um mit diesem die Multiplikationsreihen zu üben. In der
Gruppe hilft auch immer Sarai mit, die letztes Jahr noch
selbst als Kind im Heim war und durch ihre Arbeit im Heim nun
ihre Fahrt zu ihrer jetztigen Schule finanziert. Die Gruppe
gefällt mir ziemlich gut, allerdings schockt es mich auch ein
bisschen, dass zum Beispiel ein Maedchen aufgrund ihrer etwas
dunkleren Hautfarbe im Gegensatz zu den anderen, geärgert
wird. Zum Beispiel hatte ich das Maedchen einmal auf dem
Schoss und ein anderes Kind hat daraufhin gemeint, sie würde
mich mit ihrer Haut schmutzig machen. Das fand ich ziemlich
heftig. Darüber haben Sarai und ich uns dann auch mit den
Kindern auseinandergesetzt und das Problem besprochen.
Manchmal
bekommen wir auch die Probleme mit die einige Kinder Zuhause
haben. Ein Mädchen wird zum Beispiel geschlagen und hat nicht
viel Zeit sich auf die Schule zu konzentrieren, weil sie sich
um die kleineren Geschwister kümmern muss. Über solche Dinge
reden die Kinder hier relativ sehr offen, was denke ich auch
sehr wichtig ist.
Freitags
wird die Wochemit einer Reunión mit Luis und den anderen
Mitarbeitern abgeschlossen um nochmal die Geschehnisse der
Woche und die Pläne fuer zukünftige Ereignisse zu
besprechen.
Was
mir im Heim auch sehr gut gefällt sind die Bäckerei und die
Schreinerei des Heims, in denen ich gerne arbeite und
mithelfe. In der Bäckerei wird vor allem das Brot für das
Vesper morgens und mittags gebacken. Mittwochs werden immer
Kuchen oder andere Leckereien gebacken. Jetzt um die
Weihnachtszeit gibt es ganz oft Panetón und wir sollen
Ricardo, den Baecker, beraten wie er uns am besten schmeckt,
weil er noch am Rezept etwas herumrumexperimentiert. Neulich
habe ich auch mit ihm und einigen Kindern deutsche
Weihnachstplätzchen gebacken. Es ist echt ein komisches
Gefuehl Weihnachtsschmuck aufzuhängen, während die Sonne
scheint und es draussen heiss ist. Da komme ich einfach nicht
ganz in Weihnachtsstimmung.
In
letzter Zeit haben auch die Vorbereitungen für das
Weihnachtsfest im Hogar begonnen. Mit einigen von meiner
Gruppe der Ältesten übe ich momentan ein englisches
Weihnachtslied und einen Tanz, was sie bei der Weihnachtsfeier
vorführen möchten . Auch in den anderen Gruppen werden
fleissig Theaterstücke, Tänze und Gesang geübt.
In
der Schreinerei wird zur Zeit Weihnachtsschmuckt gemacht und
letzte Woche waren wir sonntags in Miraflores bei der
deutschen Gemeinde um nach dem Gottesdienst an einem Stand um
die von Javier in der Schreinerei hergestellten Dinge zu
verkaufen. In der deutschen Gemeinde gibt es einen neuen
Pfarrer, der im Heim ein Mal eine Messe gehalten hat und
anschliessend die Bäckerei, die auf Produktion und Verkauf
umgebaut wurde, gesegnet hat.
Nun
moechte ich auf unseren
Wohnbereich im Heim kommen. Es stehen uns zwei Badezimmer,
eine Küche, eine Terrasse mit tollem Aublick, und ein
Videoraum zur Verfügung. Gefällt mir wirklich sehr gut,
daran können nicht mal die Skorpione, die es sich manchmal in
der Dusche bequem machen, etwas ändern. Ganz praktisch ist,
dass wir eine Waschmaschine haben.
Seit
kurzem haben wir nun auch alle ein eigenes Zimmer, denn bisher
haben Maria
und ich uns noch ein Zimmer geteilt, da Anne noch da war. Anne
war schon länger im Heim, als wir ankamen, und war am Anfang
echt eine grosse Hilfe, weil sie uns viel zeigen konnte.
Montags, wenn der Einkauf für die Woche erledigt wird, gehen immer zwei oder einer von uns mit um uns für die
Woche zu versorgen und es steht uns dafür ein bestimmer
Vertrag zur
Verfügung. Ansonsten ist der Mercado, der circa fünf Minuten
vom Heim entfernt ist, sehr
praktisch, weil es dort ziemlich günstig Lebensmittel gibt,
vor allem Obst und Gemuese, und auch CDs und Filme kann man
dort sehr billig kaufen.
Ein
Teil unserer freien Zeit verbringen wir mit anderen
Jugendlichen in Tablada. Auch zu Anita haben wir einen guten
Kontakt, und da ist es natülich sehr praktisch, dass sie
gleich neben dem Heim wohnt.
Das Tor des
Heims wird immer um eine bestimmte Uhrzeit, also unter der
Woche um 11 und am Wochenende um 2 Uhr geschlossen, aber wenn
wir Luis Bescheid geben, dass wir laenger unterwegs sind, ist
das kein Problem.
Das
Heim scheint in Tablada schon bekannt zu sein, zumindest
koennen uns ziemlich viele fremde Leute zuordnen wo wir
hingehoeren. Einmal waren wir drei an einem Schulfest in
Tablada, an dem die Eltern ihren Kindern beim tanzen
zuschauten, und da wurden wir drei von der Buehne aus vor der
ganzen Schule begruesst und vorgestellt.
Einige
Male wurden wir schon von Heimkindern zu sich nach Hause
eingeladen. Es ist interessant mal einen einen Einblick, auch
wenn nur einen kleinen, in die soziale Lage und das soziale
Umfeld der Kinder zu bekommen. Beispielsweise waren wir einmal
auf einem 15. Geburtstag, der bei Mädchen in Peru ganz gross
gefeiert wird. Auch bei einer Erstkommunion waren wir schon
dabei, aber ganz egal um was fü eine Festlichkeit es sich
handelt, schlussendlich wird meistens getanzt.
Die
Familien sind sehr gastfreundlich, herzlich und auch sehr
interessiert in unser Leben in Deutschland. An diesem Punkt möchte
ich auch festhalten, dass die Peruaner sehr freundlich sind
und vor allem sehr hilfsbereit. Hat man sich zum Beispiel mal
verirrt oder kennt nicht genau den Weg zu seinem Ziel, dann
kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass mehrere Peruaner
dein Problem erkennen und einem weiterhelfen oder es wird
einem genau erklärt wo man besonders gut auf seine Wertsachen
aufpassen muss.
Was
mir auch sehr schnell aufgefallen ist, viele Peruaner erzählen
immer ganz begeistert von ihrem Land, von dem vielen
peruanischen Essen, was daran liegt, dass die Kultur durch die
Regionen der Küste,
der Selva und der Sierra sehr vielschichtig ist.
Die
erste Zeit haben wir verschiedene Stadtteile von Lima
besichtigt und ganz schnell die grossen sozialen Unterschiede
zu sehen bekommen. Mit Combis, Custers und Bussen kommt man
eigentlich überall ganz gut hin, der Verkehr ist jedoch ein
ziemliches Chaos.
Jeder fáhrt wie er will und es geht gleich ein Gehupe los,
sobald es mal nicht weitergeht, aber daran gewöhnt man sich
ziemlich schnell.
Seitdem
ich hier bin, gab es schon einige Templore, leichte Erdbeben von denen das
Gebiet hier ziemlich betroffen ist, und oftmals ist es dann
auch so, dass sich nach einem Templor das Wetter ändert.
Da
wir ja alle drei Monate wegen dem Visum ausreisen müssen,
waren wir für eine Woche in Guayaquil in Ecuador. Auf dem Rückflug
gab es dann noch einige Probleme, weil Steffi ihren Ausweis
verloren hat und sie nicht ins Land einreisen durfte. Nach
einigen Stunden wurde das Problem allerdings über die deutschen Botschaft geregelt und
der Schreck, Steffi müsste vielleicht ins Heimatland zurückfliegen,
hat sich wieder gelegt.
Letztes
Wochenende sind wir nach Ica gefahren, wo letztes Jahr durch
das Erdbeben so viel zerstoert wurde. Es gibt dort ein
soziales Projekt für Kinder, bei dem unter anderem einige aus
Tablada, die wir kennen, beteiligt sind. Wir haben ein paar Tüten
voll mit
Kleidern und Kuscheltieren mitgebracht.
Ende
Dezember kommt auch schon mein Vater zu Besuch und es geht auf
Reisen zum Macchu Picchu, Titicacasee und auch in den
Regenwald. Mitte Januar müssen wir drei dann auch schon
wieder ausreisen und haben damit gleich unser FID Seminar in
Bolivien. Ich bin echt mal gespannt auf Bolivien, da wir dort
anschliessend auch noch etwas reisen werden, aber dazu mehr in
meinem nächsten Bericht. Bis dann!
Liebe
Grüsse aus Tablada, Marga
zum
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Maria Weisshaar |
2008 Dezember - Nr. 1 |
Jetzt
bin ich schon 19 Wochen hier in Tablada de Lurin, einem
Stadtteil von Lima und ich hab schon so viel erlebt was ich im
Leben nicht aufschreiben kann, aber hier ein kleiner Teil
davon:
Als wir total muede am Flughafen angekommen sind wurden wir
sofort super-herzlich empfangen, wir fuhren zurueck, tranken
einen Tee, wurden ein bisschen durch das Hogar gefuert und
bekamen unsere Zimmer gezeigt. Die ersten drei Monate wohnte
ich mit Marga zusammen in einem Zimmer. Als wir dann endlich
im Bett lagen, stellten wir noch fest, dass es hier alles
andere als leise ist. Irgendwo laeuft immer laute Musik,
irgendwelche Leute reden laut in den Strassen und auch die
vieeeeeeeeeeeeeeeelen Hunde bellen.. Aber wir haben uns
schnell drangewoehnt und jetzt faellt es schon gar nicht mehr
auf.
Das Heim besteht aus vier verschieden Altersgruppen und die
ersten Wochen schnupperten wir in jede rein um uns dann fuer
eine zu entscheiden. So blieb ich in der Gruppe mit den
Kindern in dem Alter von 9-11. In der es mir immer noch
super gefaellt.
Mit der Zeit kann man die Kinder und ihr Geschichten beser
kennenlernen. Doch es ist was ganz andres wenn man die Chance
bekommst sie Zuhause zu besuchen.
So waren wir einmal bei Thalia(10) Daheim. Sie wohnt im ersten
Stock eines Betonhauses. Da dies zu einer Seite offen ist, hat
es drinnen immer die gleich Temperatur wie draussen. Die
Zimmer sind mit Vohaengen unterteilt, die bei jedem Windstoss
aufgehen. Und das alles erreicht man nur duch eine
aeusserst.-klapprige Holztreppe, von der ich nicht weiss wie
lange sie noch haelt.
Aber wir wurden von ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihren
Nachbarn total herzlich empfangen. Bekamen eine leckre heisse
Schokolade und belegte Broetchen, die sie zusamenntrugen. (des
heisst einer hatte Broettchen, einer Wurst und der Rest wurde
halt noch schnell gekauft).
Die Menschen gaben uns ein Einblick in ihr Leben und
erzaehlten und viel von ihrer Situation..
An einem Abend haben wir Kassandra, Flor und Luis
Alfredo (drei Jugendliche des Hogars) zum Pizzabacken
eingeladen. Wie machten also den Teig und belegten sie dann.
Fuer uns ganz normale Handgriffe doch fuer sie zum Teil was
ganz Neues. Dannach erklaerten und spieleten wir noch das
Kartenspiel UNO. Es war ein schoener Abend und wir hatten auch
Zeit mal mit ihnen ueber ganz andre Sachen zu quatschen- da
wir waehrend der geregelten Hoagrzeiten nicht so oft
dazukommen.
An den Wochenende ist manchmal ein Ausflug mit dem Hogar aber
meistens haben wir auch frei. Manchmal hat Luis (Direktor des
Hogars) schon mit uns was unternommen und uns ein bisschen von
der Stadt gezeigt.
Wir waren natuerlich auch schon peruanisch Essen. also achi de
gallina hat mir gut geschmeckt. Wobei es Unterschliedlich ist,
wieviel achi verwendet wird. Und es dann mehr oder weniger
scharf wird... Ceviche (roher Fisch) ist gewoehnungsbeduerftig...
Zum trinken, neben Pisco Sour und Bier, kann man auch immer
Coca-cola oder Inka-cola bestellen.
Zu meinem sprachlichen Kenntnissen ist zu sagen, dass am
Anfang noch ziemlich Schwierigkeiten hatte mich zu
verstaendigen. Das Spnaisch verstehen ist um einoges einfacher
als sich selber mitzuteilen.Wie soll man denn diskutieren,
wenn man der Sprache nicht maechtig ist? Aber nach vier
Monaten geht das natuerlich jetzt immer besser!:-)
Und noch kurz zum Strassenverkehr, das ist hier naemlich auch
so eine Sache. Wenn es an einer Kreuzung keine Ampel gibt,
dann behaelt man natuerlich seine Geschwindigkeit und hupt
einfach einaml laut um dann die Kreuzung zu ueberqueren. Die
Strassen sind oft mehrsprurig, es ist nicht eingezeichnet
wieviele Autos nebeneinander Platz haben, das wird
einfach ausprobiert, wiederholt und gedraengelt. Um von A nach
B zu kommen gibt es hier die sogenannten Combis. In
denen es meistens viel zu voll ist und ich immer wieder
erstaunt bin wieviele Menschen sich doch in so einen kleinen
Bus reinquetschen koennen.
Weihanchten wird ganz anders gefeiert. Weihnachten ist ein
Freudenfest. Hier ist man viel spaeter mit der Familie zu
Abend, dann gibt es um Mitternacht ein Feuerwerk und dannach
geht man tanzen und feiern. Es war schon interessant
mitanzuschaun, aber fuer mich war so ohne Familie garkeine
richtige Weihnachtsstimmung da.
Ich wuensche allen ein FELIZ AÑO NUEVO
Maria
zum
Inhaltsverzeichnis
Stefanie Büche |
2008 Dezember - Nr. 1 |
Hallo
alle zusammen!
Inzwischen
bin ich nun schon mehr als 4 Monate in Peru, die Zeit verging
– wenn man nun zurueckblick – doch recht schnell und der
24. August scheint schon weit zurueck zu liegen. Wir haben
schon so viel erlebt hier, dass ich gar nicht recht weiss, wo
ich nun mit meinem Erfahrungsbericht beginnen soll... Ich
werde einfach mal versuchen, meine Zeit hier so gut wie
moeglich zusammenzufassen!
Nachdem
wir in unseren ersten Wochen im Hogar in jeden der vier Salons
mit den Kindern der unterschiedlichen Altersgruppen
reinschnuppert hatten, haben wir uns aufgeteilt: Vormittags
bin ich im Salon „ Los Campeones“, da sind die
6-9jaehrigen, die Nachmittage verbringe ich mit den „Conejitos
felices“, den Kleinsten hier im Hogar, den 3-6 jaehrigen!
Die
Arbeit mit den Kleinen macht mir wirklich viel Spass, auch
wenn sie doch nicht immer ganz einfach ist. Gerade wenn es
beispielsweise darum geht, die Kleinen zu duschen und einige
partout nicht unters Wasser wollen, auch wenn dieses jetzt im
Sommer doch immer schoen warm ist, dann kann es schon recht
anstrengend werden, wenn man mit ihnen im Bad steht und einige
anfangen zu Heulen und zu Schreien. Doch war es fuer mich vor
kurzem zum Beispiel auch schoen zu sehen, dass die Kinder
inzwischen schon ein groeseres Vertrauen zu einem aufgebaut
haben und man auch mit einem fuenfjaehrigen so reden kann,
dass er danach tatsaechlich zum ersten Mal ohne zu Weinen mit
mir Duschen kommt. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist, so
freut man sich doch sehr ueber so etwas...
Einen
Vormittag, an dem die Kleinen unerwarteterweise keinen
Kindergarten hatten und daher ihre Erziehrein nicht da war,
haben Maria und ich kurzerhand die Kleinen alleine uebernommen.
Wir mussten mit Erstaunen feststellen, wie gut wir sie doch
schon unter Kontrolle hatten...
Im
Allgemeinen sind sie jedoch alle noch recht klein und
verspielt (nicht nur die wirklich kleinen) und wollen
verstaendlicherweise lieber spielen als Hausaufgaben machen.
Ein Chaos-Salon mit viel verstreutem Spielzeug ist daher keine
Seltenheit. Doch wenn mir dann einer der Kleinen mit der
Lego-Kiste entgegen kommt und versucht, als einziger Ordnung
zu schaffen, ist es doch wiederum suess.
Generell
muss ich sagen, dass ein lachendes Kindergesicht doch so
vieles wieder wettmachen kann und ich deshalb immer wieder
gerne zu meinen Kleinen gehe!
Auch
wenn ein Tagesablauf im Heim im Prinzip immer gleich ablaeuft,
wird es eigentlich nie langweilig. Von Zeit zu Zeit stehen
Ausfluege mit den Kindern in einen Park oder ins Theater an,
ein andermal die Besichtigung einer Universitaet.
Vor
Weihnachten haben wir beim Adventsmark in der deutschen
Gemeinde in Miraflores mitgehofen, die Sachen aus der
Schreinerei des Hogars zu verkaufen.
Auch
auserhalb des Lebens im Hogar haben wir schon einiges
unternommen und erlebt. Einige Ausfluege wie zum Beispiel zu
den Ruinen in Pachacamac oder ins Nationalmuseum hat Luis, der
Direktor des Heimes, mit uns unternommen.
Ein
andermal waren wir mit einem Freund in Ica, einem Ort etwas
weiter suedlich von Lima, welcher im letzten Jahr ziemlich
stark von dem Erdbeben zerstoert wurde, und haben dort neben
der Oase Huacachina, welche von Sandduenen umgeben ist, auch
ein Projekte angeschaut, bei dem einige Jugendliche aus
Tablada mitgeholfen haben, neue Haeuser fuer die Leute dort zu
bauen.
Auch
bei peruanischen Festen und Feierlichkeiten haben wir schon
teilgenommen. Einer der Jungs aus dem Hogar hat uns zu seiner
Erstkommunion eingeladen, ein Maedchen zu ihrem 15. Geburtstag
(was fuer Maedchen hier ein besonderer Tag ist!) und auch an
einer Hochzeit waren wir schon. Was hier nirgends fehlen darf,
ist natuerlich die riesige Torte mit schoen viel Sahne und
Musik, zu denen Alt und Jung anfaengt zu tanzen!
Inzwischen
koennen wir uns auch ohne Probleme ins Zentrum oder andere
Teile von Lima gelangen. Doch das Kombi fahern fand ich
anfangs alles andere als einfach und uebersichtlich...
Zum
Verkehr hier muss man sagen, dass er doch leicht
gewoehnungsbeduerftig ist. Ungeterrte Strassen und jede Menge
Schlagloecher sind normal und der Taxifahrer ist auch nicht
besoffen wenn er Schlangenlinien faehrt, sondern versucht
lediglich den groeplatz auf und nieder huepft ;)
Busfahrplaene
existieren hier nicht, Bushaltestellen trifft man auch nur
vereinzelt an... Wie das hier funktioeniert? Inzwischen kann
ich sagen, dass es eigenltich ganz einfach und auch sehr
praktisch ist, denn man braucht sich nur an die Strasse zu
stellen und in den naechsten Komi der vorbeifaehrt
einzusteigen. Kombis sind wie VW-Busse, die hier ueberall
herumfahren und auch gut mal mehr als 25 Leute auf einmal
mitnehmen.
Am
Anfang glaubte ich noch, ich wuerde nie verstehen, welchen
Kombi wir wohin nehmen muessen, doch inzwischen haben wir
einigermassen den Ueberblick.
Und
wenn nicht ist es inzwischen auch kein Problem mehr, einfach
nachzufragen. Es diskutiert dann auch gerne mal der ganze
Kombi mit, wo man den nun am Besten umsteigen sollte...
Zu
Beginn war das alles nicht ganz einfach, gerade fuer mich, da
ich vor meinem 4-Wochen-Intesivkurs in Spanien kurz vor der
Reise nach Peru noch kein Wort Spanisch konnte. Doch der Kurs
hat sich auf alle Faelle gelohnt und hat mir meinen Einstieg
hier doch sicher erleichtert.
Trotzdem
gab es viele Situationen, in denen mir einfach alles Spanisch
vorkam ;) und ich mir gewuenscht hatte, schon viel mehr zu
verstehen und sprechen zu koennen. Selbst wenn ich verastanden
habe, was jemand zu mir gesagt hat, kam ich mir doch oft recht
hilflos vor, wenn ich nicht das antworten konnte, was ich
gerne gesagt haette.
Doch
da mir ausser mit meinen Mitfreiwilligen nicht allzu viele
Gelegenheiten gegeben werden, Deutsch zu sprechen und ich
morgens um 8 Uhr von den Kindern mit dem Maerchenbuch zum
Vorlesen begruesst werde, hat sich das doch schon ziemlich
gebessert.
Ich
verstehe inzwischen ziemlich viel und kann mich auch relativ
gut verstaendligen – jedoch gibt es jeden Tag wieder neues
zu Lernen...
Doch
nicht nur die Sprache war voellig fremd – auch sonst gab es
viele neue Eindruecke und Situationen, mit denen wir hier
konfroniert wurden und immer noch werden...
Wo
ich mir doch am Anfang gar nichts unter dem Wetter in Tabalda
vorstellen konnte, sollte ich es bald besser wissen.
Suedamerika bedeutet keinenfalls gleich wames Wetter! Als wir
im August hier ankamen, war im Gegensatz zu Deutschland gerade
Winter und das Wetter war alles andere als schoen! Der immer
andauernde Nebel und die hohe Luftfeuchtigkeit in den ersten
Monaten waren nicht gerade sehr angenehm.
Doch
inzwischen kann man sich wirklich nicht beklagen, die Sonne
scheint nun jeden Tag und sobald sie rauskommt ist es auch
gleich richtig warm. So ist das Waesche trocknen endlich kein
Problem mehr – vielmehr muss man aufpassen, nicht gleich den
Sonnenbrand zu bekommen, da die Sonne hier doch viel staerker
scheitn.
Dies
musste ich leider in den letzten Tagen selbst miterleben, da
wir uns am Silvesterabend auf den Weg zm Strand gemacht haben
und das neue Jahr am Meer begonnen haben... :)
Inzwischen
haben wir uns ganz gut eingelebt hier, aergern uns nicht mehr
allzu sehr ueber Flohstiche und auch die Skorpione, welch uns
hin und wieder in der Dusche oder in unseren Zimmern besuchen,
sind halbwegs zum Alltag geworden (soweit das eben geht!) –
wenn ich mich wahrscheinlich auch nie mit ihnen anfreunden
werde, ebensowenig wie mit der Springspinne, die vor einigen
Tagen meinte, mich in meinem Bett besuchen kommen zum muessen
;P
Nun bin ich gespannt, wie die naechsten zwei Wochen werden, in
denen wir uns waehrend unserer Januar-Ferien mit dem Boot auf
den Weg in den Dschungel machen... sicherlich spannend und
abenteuerlich! Und hoffentlich mit nicht allzuvielen
Krabbelviechern :P
Nach
unserer Dschungel-Tour werden wir Maria, Marga und ich uns
dann auf den Weg nach Bolivien zum fid-Zwischenseminar machen,
auf welches ich mich schon sehr freue und nachdem wir
hoffentlich ohne weiter Schwierigkeiten wieder nach Peru
einreisen, wo dann im Februar unser Leben im Hogar
weitergeht...
Unsere
erste Ausreise aus Peru im November, welche wir zur
Verlaengerung unseres Touristenvisums gemacht haben, endete
naemlich mit einigen unangenehmen Stunden auf dem Flughafen,
weil man Reisepass verschwunden war und die Leute am Zoll mich
nicht mehr einreisen lassen wollten.
Doch
nach langem Warten, dem Gespraechen ueber einen Rueckflug nach
Deutschand und einem Telefonat mit der deutsche Botschaft,
sasen wir Nachts um halb 2 endlich in einem Taxi zurueck
„nach Hause“....
Ich
bin gespannt, was uns in der kommenden Zeit erwartet und werde
euch auf dem laufenden halten. Euch allen ein gutes neues
Jahr...
Hier
gehts zu meinem Photoalbum
Liebe
Gruesse aus Tablada,
Stefanie
Bueche
zum
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Stefanie Büche
|
2009 März - Nr. 2 |
Es scheint mir, als hätte ich meinen letzten Bericht gerade
erst geschrieben und nun steht schon der nächste an! Zwei
weitere Monate hier in Peru sind vergangen – vor kurzen
haben Marga, Maria und ich Halbzeit gefeiert. Ob man nun sagen
soll es ist schon die Hälfte vorbei oder erst – es bleibt
noch ein ganzes halbes Jahr oder nur noch – darüber kann
man sich sicherlich streiten ;)
Wenn
ich jetzt auf das letzte halbe Jahr zurückblicke, kommt es
mir sehr lange vor. Wir haben schon so viel gemacht und erlebt
und es erscheint mir als leben wir schon eine halbe Ewigkeit
hier in unserem neuen „zu Hause“. Eine noch mal genauso
lange Zeit liegt nun also vor uns. Doch ich glaube, dass die
Zeit sicherlich sehr schnell vergehen wird und wir uns bald
umschauen werden, wo unser zweites halbes Jahr geblieben ist
;)
Was
seit meinem letzten Erfahrungsbericht passiert ist, will ich
euch nun in meinem 2. Bericht erzählen…
Im Monat Januar war das Hogar geschlossen. Es kamen keine
Kinder, die Erzieher hatten frei, es wurde renoviert und
umgebaut – sprich auch wir hatten Ferien und haben diese
Zeit auch ausgiebig genutzt, etwas vom dem Land zu sehen, in
dem wir nun schon 4 Monate waren und doch noch nicht viel mehr
als Lima und seine unmittelbarer Umgebung gesehen hatten.
So
machte ich mich am 3. Januar zusammen mit Maria und einem
unserer peruanischen Freunde auf den Weg nach Iquitos – in
den Dschungel Perus! Diese Reise war keineswegs eine normale
Touristenreise, bei der es von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten
gehen sollte.
Wir
machten uns zunächst mit dem Bus von Lima auf den Weg nach
Tingo Maria, von dort ging es, ebenfalls mit dem Bus, weiter
nach Pucallpa und von dort schlussendlich mit dem Boot vier
Tage nach Iquitos, wo wir eine ganze Woche verbrachten, bevor
es dann am 16. Januar (mit dem Flugzeug) zurück nach Lima
gingen.
Die
Reise war super schön, wir haben viel erlebt, wovon ich nun
ewig berichten könnte; doch möchte ich lieber ein bisschen
erzählen, was wir auf der Reise vom Land, den Leuten und der
Kultur gelernt haben:
Wir
erfuhren was es bedeutet, in Peru weitere Strecken mit dem Bus
zu Reisen - dass man sich dabei gerne mal auf ein paar Stunden
mehr einstellen muss;
…dass es in den Anden Schnee liegt und daher doch echt kalt
werden kann (brrrr…);
…dass die Peruaner gerne kräftig diskutieren und anschließend
gut und gerne über ihre eigenen Witze lachen;
…dass Hängematten toll sind, doch man sich nach 4 Tagen Hängemattenleben
auch wieder sehr auf sein Bett freut –
...und noch mehr auf eine kalte Dusche mit Wasser, welches
nicht als braune Brühe aus dem Fluss kommt –
...man aber gerne einige Tage danach in einer solchen Brühe
im Amazonas schwimmen geht :D;
…dass Peru auch sehr grün ist und es auch richtig regnen
kann (nicht nur nieseln!);
…dass es Affen gibt, die man am Liebsten als Kuscheltier
mitnehmen möchte, aber auch welche, vor denen man richtig
Angst hat;
…dass sich Schlagen um den Hals nicht sehr angenehm anfühlen
und wenn sie 35kg wiegen echt eklig sind;
…dass es Schildkröten gibt die nach einem schnappen, wenn
man sie streichelt;
…was es bedeutet, Geld zu haben – bzw. kein Geld zu haben;
…wie das Essen aus dem Dschungel schmeckt;
….dass Hühnerbeine in der Suppe durchaus normal sind und
(anscheinend ;D) auch gut und gerne mitgegessen werden können;
…dass Busse und Mototaxis in Iquitos keine Fenster und Türen
besitzen – wozu auch bei der Hitze;
…dass unser Spanisch sich leicht von dem Spanisch der
Menschen im Dschungel unterscheiden;
…dass Peru auch grün sein kann oder: das Tablada viel zu
wenig grün besitzt ;)
…dass das Leben ganz alleine in einer fremden Kultur in
einer Gastfamilie ohne andere Freiwillige in der Nähe zum
Austausch doch noch mal eine ganz andere, krasse Erfahrung
ist;
…dass man nicht jede Erfahrung selbst gemacht haben muss um
etwas lernen und mitnehmen zu können;
…wie schön es ist, zu dritt im Hogar zu Leben;
…dass eine Reise nicht im Voraus von vorne bis hinten
durchplant sein muss, um schön zu werden. Mir hat die Reise
nach Iquitos sehr gut gefallen!
Nach
unseren Dschungel-Erlebnissen ging es dann erst mal zurück
„nach Hause“, wo wir gerade einmal Zeit hatten unsere
vielen Fotos zu sichern und unsere Kleider zu waschen –
nicht jedoch diese auch ganz trocknen zu lassen, da es bereits
zwei Tage später schon weiter nach Bolivien ging.
In
Santa Cruz fand unser fid-Zwischenseminar statt. Uns erwartete
eine Gruppe von 40 Leuten, mit denen wir eine Woche lang
zusammen im Kolpinghaus lebten. Das Seminar war wirklich
interessant und hat mir gut gefallen.
Zuerst
war es etwas ungewohnt, plötzlich so viele Deutsche um sich
zu haben, so viele deutschsprachige Jugendliche auf einen
Haufen. Wir waren aus vielen verschiedenen Ländern aus ganz Südamerika
angereist aus teilweise sehr unterschiedlichen Projekten.
Trotzdem war irgendwie in gewisser Weise eine gemeinsame Basis
da, da wir uns trotz vieler Unterschiede doch in einer ähnlichen
Situation befanden. Und so war es schön, Leute um sich zu
haben, die ähnliches Erleben wie man selbst und sich mit
ihnen über Erfahrungen, Erlebnisse und Probleme
auszutauschen.
Nach
dem Seminar verbrachten wir noch unsere letzten Ferientage in
Santa Cruz und flogen dann am letzten Januarwochenende zurück
nach Lima.
Hier
angekommen ging die Arbeit wieder weiter, wobei es relativ
locker begann, da die ersten zwei Wochen noch keine Kinder
kamen. So halfen wir hier im Heim etwas aufzurämen nach den
Renoviernungs- und Bauarbeiten im Januar und auch in den
Salons musste gerputzt und alles wieder hergerichtet werden.
Maria,
Marga und ich starteten in diesen beiden Wochen auch noch ein
eigenes kleines Projekt: Unsere Idee war es, die Terasse unten
im Hof neu zu streichen, da die alte Farbe schon etwas
mitgenommen aussah. Jedoch stellte sich unserVorhaben doch
etwas schwieriger heraus, als wir uns das ursprünglich
vorgestellt hatten. Die alte Farbe musste erst einmal
abgeschmiergelt werden, bevor man dann mit einer Base und
anschliessend mit der Farbe drüber streichen konnte. Nun
fehlen nur noch die Kinder – denn mit ihren Handabrücken
wollten wir die nun weisse Wand füllen :)
Nach
diesen beiden Wochen ohne Kinder folgten dann zwei Wochen mit allen Kindern. Denn während der ersten beiden Hogar-Wochen hatten
dir Kinder alle noch Schulferien, so dass wirklich alle Kinder
von morgens um 8 Uhr bis Abends um 5 Uhr im Heim waren. Damit
war dann dir Ruhe und unsere Ferien endgültig vorbei. Doch es
ist wirklich interessant zu sehen, wie die Kinder sich
entwickelt haben; wie nun die Kleinsten nicht mehr die
Kleinsten sind und es noch Kleinere gibt! Viele neue Gesichter
findet man nun im Heim und das Namenlernen geht von Neuem los
;)
Für mich folgten dann jedoch erst mal ein paar Wochen
Zwangsurlaub, da ich ein entzündetes Auge hatte und deshalb
nicht zu den Kindern durfte. So lernte auch ich einmal die
Welt der Ärzte hier kennen und musste feststellen, dass es
unter Umständen mehrere Anläufe braucht und man auch mal
einen etwas weiteren Weg in Kauf nehmen muss, bis man einen
Arzt findet, bei welchem man sich gut aufgehoben fühlt und
welcher weiss, was man hat und dagegen tun kann.
Am
kommenden Wochenende werden wir nun Marias Besuch aus
Deutschland am Flughafen abholen und in der kommenden Woche
werde ich dann gemeinsam ihnen eine 10-tägige Rundreise durch
Peru starten – dieses Mal als typischer Tourist :) Ich bin
gespannt, was uns erwarten wird, ich werde in meinem nächsten
Bericht davon erzählen...
Viele
liebe Grüsse aus dem noch immer sommerlichen Tablada ins
kalte winterliche Deutschland,
Stefanie
Bueche
zum
Inhaltsverzeichnis
Marga Kaiser
|
2009 März - Nr. 2 |
Die Zeit ging aber mal wieder schnell vorbei, wir haben schon
Halbzeit und seit meinem letzten Erfahrungsbericht ist schon
einiges passiert.
Zunächst
kam an Heiligabend mein Vater in Peru an. Weihnachten habe ich
hier in Peru weniger sinnlicher wahrgenommen mit all dem
Feuerwerken und Krach auf den Straßen und wir haben die Nacht
tanzend bei Anita im Garten verbracht.Von dem Weihnachtsfest
im Heim selber habe ich nichts mitbekommen, weil ich den Tag
zuvor mit meinem Vater auf Reise gegangen bin.
Angefangen
hat unsere Reise mit zwei etwas ruhigeren Tagen in Arequipa,
wo wir uns erstmal an die Höhe gewöhnen konnten, denn ganz
unterschätzen darf man die nicht, vor allem nicht in Puno,
das mit seinen 3800 Metern Höhe schon relativ hoch liegt und
wir so einiges an Programm hatten. Die Fahrt mit dem Bus
mitten durch die Anden von Arequipa nach Puno war sehr schön
und wir bekamen viele Lamas und für die Sierra traditionell
gekleidetet Menschen zu sehen. Von Puno aus unternahmen wir
auf dem Titicacasee einen Ausflug zuerst auf die im See
schwimmenden Inseln der Uros, deren Inseln samt Häuser und
Booten aus Schilf von den Einheimischen selbst gebaut wurden.
Kaum zu glauben, dass dort die Menschen ein richtiges Leben führen.
Anschließend sind wir weiter auf die Insel Taquile auf der
heute noch rund 1200 Quechua-Indios leben. Nach zwei Tagen
sind wir mit dem Bus nach Cuzco, einer wirklich schönen
peruanischen Stadt, von wo wir aus unter anderem einen
Tagesausflug zum Machu Picchu gemacht. Die Fahrt zum Machu
Picchu dauerte vier Stunden mit dem Zug und hat sich wirklich
gelohnt, da Machu Picchu niemals von den Spaniern entdeckt
wurden und somit heute noch bis zu 80
Prozent original ist. Untere anderem haben wir in Cuzco
Meerschweinchen gegessen, für das Peru ja ziemlich berüchtigt
ist. Der schönste Teil unsere Reise waren die letztens beiden
Tage im Regenwald in Puerto Maldonado am Madre de Dios.Um zu
unserer Dschungel-Lodge zu komme hatten wir eine dreistündige
Bootsfahrt vor uns. Am gleichen Abend, als es dunkel war, sind
wir am Fluss auf Kaimanensuche gegangen. Am nächsten Tag
haben wir mit unsere Gruppe von insgesamt acht Mann eine
Wanderung mitten durch den Urwald gemacht um auf Tiersuche zu
gehen, wobei wir unter anderem Affen, Faultiere, Papageien und
sonstige seltene Vogelarten und eine Vogelspinne zu sehen
bekommen haben. Toll ist, dass man auch wirklich die Tiere
suchen musste, da sie wirklich wild in der Natur leben und
nicht wir in einem Zoo zur Schau gestellt werden. Somit war
unsere Rundreise beendet und wir sind nach Lima zurückgekehrt.
Unser Plan war eigentlich noch nach Churrin zu den heißen
Quellen zu fahren und wir hatten uns sogar schon Tickets
besorgt, aber leider sind wir die Nacht bevor wir los wollten,
krank geworden, weil der Fisch vom Vortag, als wir in Pucusana
essen waren, wohl nicht mehr ganz gut war. Also habe ich
meinem Vater noch etwas mehr von Lima gezeigt und wir haben
was mit Freunden unternommen. Für meinen Vater war es nicht
immer leicht, weil er kein Spanisch kann, aber das dauernde Übersetzen
hat meinem Spanisch dafür ganz gut getan.
Am
18. Januar ging es dann mit Maria und Steffi zusammen nach
Santa Cruz in Bolivien , da wir dort unser Fid-
Zwischenseminar verbracht haben. Da wir auf dem Weg zum
Flughafen ziemlich knapp angekommen sind, mussten wir unsere
Reiserucksäcke alle als Handgepäck mit ins Flugzeug nehmen
und mussten daher natürlich einige Sachen wie Hygieneartikel
abgeben. Aber wir haben es geschafft. Das war die Hauptsache
Es war wirklich eine tolle Erfahrung auf dem einwöchigem
Seminar viele andere deutsche Freiwilligenhelfer aus den
verschiedensten Ländern Südamerikas wie Chile, Argentinien,
Kolumbien, Peru und Bolivien kennen zu lernen oder zum Teil
auch wieder zu treffen, weil man einige schon aus dem
Vorbereitungsseminar in Köln gekannt hat. War interessant von
anderen Projekten zu hören und auch von meinem eigenem
Projekt erzählen zu können und zu sehen, dass viele ganz ähnliche
Erfahrungen machen. Die Hitze hat dazu beigetragen, dass das
Seminar auch ziemlich anstrengend war, so dass der Ausflug in
den Schmetterlingspark mit Schwimmbad und sonstigen
Freizeitangeboten wirklich mal nötig war um sich zu
entspannen. Das mit den Fid- Seminaren sollte auf jeden Fall
weiterlaufen für die zukünftigen Freiwilligenhelfer, da die
Behandlung von kulturellen Themen, die eigene Rolle und die
eigene persönliche Entwicklung wie auch der
Erfahrungsaustausch sehr interessant und hilfreich sind.
Auf
dem Weg zum Flughafen hatte dann unser Taxi einen Autounfall.
Es ist glücklicherweise keiner zu Schaden gekommen. In dem
anderen Auto saßen allerdings eine schwangere Frau und ein
kleines Kind, die sicherheitshalber ins Krankenhaus gebracht
wurden. Wir wurden sofort in ein anderes Taxi verfrachtet und
zum Flughafen weitergebracht, unsere Personalien wurden vorher
nicht aufgenommen.
Von
Bolivien zurück in Lima fing auch bald unsere Arbeit Anfang
Februar an, allerdings nur mit den Erziehern, Ricardo, Anita
und Javier, weil das Heim für die Kinder erst Mitte Februar
geöffnet wurde. Es wurde über die Ferien ziemlich viel im
Heim geändert, unter anderem wurde alles frisch gestrichen,
einige Sachen wurden umgebaut und die alten Pflanzen
ausgerissen und durch neue Pflanzen ersetzt. In den Salons, in
denen ebenfalls gestrichen wurden, herrschte ein absolutes
Chaos, so dass wir uns erstmal mit den Erziehern an die Arbeit
gemacht haben, alles wieder in Ordnung zu bringen und die
Salons zu durch Bilder gestalten. Maria, Steffi und ich haben
auch noch ein eigenes Projekt angefangen, das die Wand der
Terrasse beinhaltet, die wir neu streichen wollen und dann mit
den Händeabdrücken von allen Kindern und dem jeweiligen
Namen gestalten möchten.
Da Maria eine Spende von ihrer Oma bekommen hat, sind wir auch
bald los um mit einem kleinen Teil davon die Farbe zu kaufen.
Ansonsten habe ich noch mitgeholfen die Taller von Anita
frisch zu streichen
Mitte
Februar sind dann endlich die Kinder wieder gekommen und ich
habe die ersten zwei Wochen, in denen die Kinder noch keine
Schule hatten und somit mehrere Kinder den ganzen Tag da
waren, in Judits Salon mitgeholfen. Morgens habe ich mit ihnen
Aufgabenblätter gemacht, gemalt oder Armbänder und Ketten
aus Perlen gemacht und anschließend haben wir Mädels und
Jungs aufgeteilt und Sarai und ich haben jeweils eine Gruppe
beim Duschen geholfen und sie anschließend beim Mittagessen
begleitet.
In
der zweiten Woche ging es dann an den Strand Punta Negra, in
der es eine Art Schwimmbecken gibt, da ein kleines Stück vom
Meer durch Felsen abgetrennt ist und das Wasser somit ganz
ruhig ist. Ich hatte die Verantwortung von einer Gruppe von
sechs Kindern. Der Tag war anstrengend, aber auch sehr schön.
Abends mussten Maria und ich leider feststellen, dass wir uns
ziemlich verbrannt haben. Der Februar ging nun zu Ende und
somit auch der Karneval in Peru, den wir hier dadurch zu spüren
bekommen habe, dass wenn wir uns, vor allem sonntags, auf den
Straßen bewegt haben, auf einmal aus einem Auto oder
Motortaxi eine Ladung Wasser abbekommen haben oder von
irgendwoher Wasserbomben angeflogen kamen. Manchmal auch in
den Bussen.
Anfang
März hat bei den Kinder wieder der normale Schulalltag
begonnen und ich bin morgens wieder bei den Großen. Es sind
viele Kinder aus der nächst kleineren Gruppe zu uns
aufgestiegen. Ich gebe auch wieder Englischunterricht, wobei
es viele ein ganz unterschiedliches Niveau haben und ich somit
allen erstmal versuche ein bestimmtes Vokabular anzulegen und
manchem aber nochmal einzeln andere Sachen beibringe. Damit
die Motivation bleib, bringe ich unter anderem Spiele mit ein.
Mittags
bin ich bei weiterhin bei den Campeones. Die Gruppe ist im
Gegensatz zu den nur acht Kindern morgens mit 21 Kinder
mittags ziemlich groß und es daher ziemlich viel zu tun gibt.
Ziemlich
glücklich bin ich mit dem Salsakurs, den ich mit Maria
zusammen angefangen habe und der einen guten Ausgleich an den
Tag legt. Wir gehen jeden Montag und Mittwoch hin, auch wenn
die Hinfahrt und Rückfahrt jeweils eine Stunde in Limas
Verkehr dauert. Und seit kurzem habe ich auch mit
Gitarrenunterricht angefangen.
Momentan
bin ich gerade alleine im Heim, da Maria und Steffi mit Marias
Besuch auf Reisen sind und mein ursprünglicher Plan war
dieses Wochenende mit Freunden in Huancayo zu verbringen,
allerdings mussten wir unseren Plan kurzfristig aufgeben, da
die Straßen aufgrund gesperrt sind.
Ich
grüße alle ganz lieb und hoffe, dass der kalte Winter in
Deutschland bald zu Ende ist.
zum
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Marga
Kaiser |
21. Juli 2009
- Nr.
3 |
Draussen
ist es heute so neblig und feucht, dass ich mich in das Büro
von Luis zurückziehe um endlich mal über die vergangenen
paar Monate von mir in Peru zu berichten. Zunächst möchte
ich erstmal von meinen beiden Gruppen, in denen ich mich
täglich aufhalte, berichten. Noch immer bin ich morgens bei
den Grossen, habe neulich angefangen mit ihnen Armbänder zu
knüpfen, vor allem die Mädchen waren begeistert und wollten
alle mitmachen. Auch Schach ist in der freien Zeit, in denen
keine Hausaufgaben gemacht warden, eine unserer
Lieblingsbeschäftigungen. Mit denen, die an Englisch
interessiert sind, übe ich weiterhin englische Lieder. Einen
der Jugendlichen habe ich angefangen jede Woche zum
Psychologen zu begleiten, da er nicht mehr gehen wollte.
Anfangs war es zwar immer so, dass ich immer mal wieder
nachfragen musste und ein wenig hinweisen musste, dass der
Termin anfällt, aber inzwischen kommt er schon immer von
selber und fragt ob ich ihn zum Psychologe hinbringe.
Mit den
Grossen geht es am 26. Juli für eine Woche nach Churrin. Wir
werden am Sonntag morgen ganz früh aufbrechen um schliesslich
nachmittags in Churin anzukommen. Wir werden in einer
Internatschule untergebracht, in der sich momentan wegen der
Ferien aber keine Kinder aufhalten, und werden von einem
deutschen Pfarrer empfangen. Aber darüber berichte in dann in
meinem nächsten Bericht genauer. Momentan sind schon alle
Kinder den ganzen Tag über im Heim, da von der Regierung
aufgrund der Schweinegrippe, die Schulferien vorgezogen
wurden.
Nachmittags
bin ich weiterhin täglich bei den Campeones. Es ist eine
ziemlich grosse Gruppe nachmittags. Eine Zeitlang habe einigen
bei den Hausaufgaben geholfen, allerdings habe ich dann mehr
angefangen einige Kinder einzeln zu fördern. Zum Beispiel mit
einem Jungen suche ich mir immer ein ruhiges Plätzchen um ihm
lesen beizubringen, da er im Salon einfach zu abgelenkt wäre.
Nun
möchte ich noch vom Muttertag erzählen, für den im Mai eine
Messe im Heim stattgefunden hat mit dem Pfarrer Tiberio.
Muttertag wird hier ziemlich gross gefeiert. Es ist nicht nur
so, dass man seiner eigenen Mutter gratuliert, sondern auch
anderen Müttern oder Frauen, die man auf der Strasse trifft.
Und somit wurden in allen Gruppen schöne Theaterstücke,
Tänze, Flötenvorspiele und Lieder vorbereitet, die nach der
Messe aufgeführt wurden. Mit den Kleineren habe ich Geschenke
für ihre Mütter gebastelt und dabei geholfen, das Lied, dass
sie am Tag der Messe vorgesungen haben, vorzubereiten. Steffi,
Maria, Stefan und ich haben das Padre Nuestro mit der Melodie
von Sound of Silence auf Flöten, Gitarre und Gesang
vorbereitet und während der Messe vorgespielt.
In der
Bäckerei wurden natürlich auch Leckereien vorbereitet, so
dass jeder am Ende noch etwas Gebäck mit nach Hause bekommen
hat. War ein wirklich gut gelungenes Fest.
Da am
28. Juli der Unabhängigkeitstag gefeiert wird, gab es am
Anfang diesen Monats einen grossen Marsch von den Schülern
der Schulen in Tablada. Mit einigen von meiner Morgengruppe
bin ich an die von ziemlich vielen Leuten gefüllte Strasse
vom Mercado gegangen um mir anzuschauen, wie den Schülern von
klein bis gross das Marschieren in der Schule beigebracht
wird. Neben der traditionellen Marschuniform wurden auch durch
Verkleidung, Tanz und Musik die Sierra und die Selva, wie in
der Art eines Fastnachtsumzuges in Süddeutschland,
repräsentiert.
Auch am
Tag der Umwelt sind die Schüler der Schulen auf die Strassen
gegangen um mit Plakaten für eine bessere Umwelt zu kämpfen.
Die Zeit davor haben die Kinder im Heim alle Plakate
vorbereitet dafür. Ich denke, dass das auch eine sehr gute
Sache ist, damit sich die Kinder über die Umwelt bewusster
werden, da in Tablada zum Beispiel sehr viel Müll auf den
Strassen liegt.
Ich habe
in der letzten Zeit auch durch Hausbesuche bei Heimkindern
nochmal einen tieferen Einblick gewonnen unter welchen
Umständen viele Menschen hier leben. Mir ist aber auch
bewusst geworden, dass es innerhalb der Kinder im Heim einige
Unterschiede von ihren Lebensbedingungen her geben. Wogegen
manche immerhin einen geschlossenen Raum haben, habe ich zum
Beispiel einen Jungen zu Hause besucht, der ganz weit oben auf
dem Berg wohnt. An sein Haus zu kommen, ist schon aufgrund der
Rutschgefahr des Hanges etwas gefährich und seine Hütte
besteht aus vier dünnen unstabilen Holzwände und einem Dach.
Im Winter wird es sehr kalt wo er wohnt, vor allem wegen der
hohen Luftfeuchtigkeit. Freudigerwiese habe ich mitbekommen,
dass er bald mehr unterstützt werden soll.
Einige
Zeit hatte ich hier viel Arbeit mit meinen Bewerbungen für
ein Studium nach meiner Zeit in Peru. Manchmal war es gar
nicht so leicht, wenn dann mal das Internetcafe besetzt ist,
die Kopien schlecht geworden sind, der Drucker nicht
funktioniert oder andere Hindernisse auftauchen, aber
schlussendlich hat doch alles besser funktioniert als ich
gedacht habe. Ende Juni bin ich für eine Woche in den Norden
Perus nach Mancora gefahren. Die Strände und das Wetter sind
wirklich ganz toll und ich habe auch eine ganz günstige und
gute Unterkunft gefunden. Man konnte ausserdem Menschen aus
aller Welt kennenlernen und abends gab es oft ein Lagerfeuer
am Strand und einige haben tolle Musik gespielt. Auf der Fahrt
am Tag zurück nach Lima habe ich auch nochmal mehr von der
Landschaft gesehen. Ziemlich viel Wüste und dann aber auch
auf einmal grüne Gebiete mit ganz vielen Pflanzen und
Gewässer. War wirklich erstaunlich.
Anfang
Juli sind wir über das Wochenende nach Santa Eulalia
gefahren, das Teil der Sierra ist, aber total nah an Lima
liegt. Somit war die Fahrt kurz und wir konnten viel Zeit
badend an dem schönen Fluss verbringen, auch wenn das Wasser
eiskalt ist. Die Landschaft mit den Bergen und Täler hat mir
dort sehr gut gefallen. Vor einigen Jahren hat das Kinderheim
auch mal einen Ausflug nach Santa Eulalia gemacht.
In
unserer Freizeit haben wir auch angefangen, jede Woche ein
anderes peruanisches Gericht vorzubereiten, was wir uns
natürlich von Peruanern zeigen lassen. So kennen wir jetzt
auch endlich das Rezept von Anitas leckerem Ají de Gallina.
Ansonsten mache ich in meiner Freizeit viel mit Freunden und
nehme noch weiterhin Gitarrenunterricht.
Anfang
Juni waren Beto und Christine, die Mitglied der Asociación
ist, mit ihren Kindern zu Besuch und haben alle Arbeiter vom
Heim zum Essen eingeladen, damit sich ihnen jeder vorstellen
konnte und über die jeweiligen Aufgaben im Heim berichten
konnten.
Die
letzten zwei Wochen war es in unserem Wohnbereich etwas enger,
da sieben Spanier zu Besuch waren und für zwei Wochen in den
Gruppen mitgeholfen haben. Aber inzwischen sind sie schon auf
Reise.
Da es
jetzt nicht mehr so lange bis zu unserer Abreise ist, werde
ich meinen nächsten Erfahrungsbericht schreiben, wenn ich
schon wieder zurück in Deutschland bin.
zum
Inhaltsverzeichnis
Stefanie Büche |
08. Juli 2009
- Nr.
3 |
Viel
Zeit ist seit meinem letzten Bericht vergangen und es wird
Zeit, euch mal wieder ein bisschen was aus meinem Leben hier
zu erzählen...
Im März
war ich noch einmal auf Reisen - 10 Tage durch Peru! Es war
eine schöne Reise, wenn sie sich auch total von unserem
Dschungel-Abenteuer unterscheidet. Diesesmal reisten wir mit
Marias Besuch aus Deuschland und unsere Reise war von Anfang
an gut durchplant. Wir reisten nach Arequipa und machten einen
Ausflug ins Colca-Tal, machten uns danach auf den Weg nach
Puno am Titicacasee und schlussendlich noch nach Cusco. Ich
fühlte mich wie ein typischer Tourist, als wir
Stadtrundfahrten mitmachten und ich mit englischsprachigem
Führer den Machu picchu anschaute – dies ist sonst
eigentlich eher nicht der Fall.
Man
fällt zwar immer auf als Weisse, auch hier in Tablada, wo uns
inzwischen viele kennen, doch als Ausländer - man fühlt sich
nicht wie ein Tourist....
Es war
wirklich toll zu sehen, wie vielfälltig Peru ist!! Die Reise
war sehr schön und es ist interessant, nun neben der
Küstenregion, wo wir wohnen und dem Dschungel, den ich im
Januar besucht hatte, nun auch die Anden Perus kennen zu
lernen!
Allerdings
habe ich mich danach auch gefreut, wieder "nach
Hause" nach Tablada zu kommen, wo wir von den Kindern und
Freunden erwartet wurden!! Ausserdem freute ich mich sehr,
endlich wieder Spanisch reden zu können :)
Mir der
Sprache klappt es inzwischen eigentlich echt gut, auch wenn es
sich natürlich nochmal ganz anders mit den Kindern arbeiten
lässt, wenn man die Sprache perfekt beherrscht. Dies musste
ich vor allem in den letzten Tagen feststellen, als eine
Gruppe spanischer Lehrerinnen zu Besuch kam und nun zwei von
ihnen mit mir zusammen in meiner Gruppe arbeiten. Kinder mit
einem selbsterzählten Märchen bannen wird dann
beispielsweise zu einem „Kinderspiel・g....
Was bei
jedem Besuch aus der Heimat immer wieder interessant zu sehen
war, ist, wie sie auf unser Umfeld und unser Leben hier
reagieren. Für sie ist noch alles so neu, dass ihnen oft
Dinge auffallen, die für mich schon längst zum Alltag
geworden sind. Es öffnet einem manchmal den Blick, wieder
Dinge zu sehen und manches bewusster wahrzunehmen....
Was ich
in den letzten Wochen und Monaten sehr bewusst wahrgenommen
habe, ist die Wohn- und Lebenssituationen der Kinder. Durch
die Familienbesuche, die wir mit Luis zusammen gemacht haben,
bekam ich eigentlich erstmals etwas einen Einblick in das
Leben der Kinder außerhalb des Hogars. Es war nicht immer
einfach zu sehen, unter welchen Bedingungen die Familien
leben!!
So
schläft eine Familie mit sieben Kindern in 4 Betten in einem
winzigen Raum, der noch nicht mal rundherum richtige Wände
besitzt und auf ihrem eigenen Grundstück steht. Ein weiterer
Raum der Familie bildet die Küche, welche allerdings keine
Türe hat; die Toilette wird gemeinsam mit einer weiteren
Familie geteilt....
Eine
andere Familie hat ein Haus, relativ gross, jedoch sieht alles
sehr kahl aus – die Wände sind weiss, es gibt wenig
Licht...
Eine
Mutter, die vor kurzem aus den Anden nach Lima kam, wohnt mit
ihren 3 Kindern und der Nichte in einem kleinen Zimmer, dass
sie auf dem Grundstück von Freunden bekommen hat. Es gibt
wenig Platz für das eine Hochbett, die kleine Küche und alle
Vorräte und Kleider...
Ich bin
sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Familien
besuchen zu dürfen. Es ermöglicht einem oftmals, die Kinder
besser zu verstehen, in ihrem Verhalten und Handeln.
Vor
kurzem habe ich im Fernsehen eine Reportage über einen
Familienvater gesehen, welcher täglich 35 Minuten von seinem
Haus zur Arbeit läuft! Sein Haus steht zusammengebastelt oben
auf einem Berg, Nachts wird es unvorstellbar kalt – dem
Reporter, welcher eine Woche lang dort mit der Familie wohnen
wollte, kamen in der ersten Nacht die Tränen. Sowas berührt
einen schon. Und noch viel mehr, wenn man sich bewusst wird,
dass dies nicht nur eine Reportage ist, sondern viele der
Kinder, die man inzwischen sehr lieb gewonnen hat und täglich
- meist fröhlich - um sich herumspringen sieht, genauso
leben. Bei vielen Häusern kann ich mir nicht vorstellen, wie
man in ihnen den Winter verbringen kann...
Was die
Arbeit betrifft, bin ich wieder voll im Einsatz. Da Flor, eine
Ehemalige des Hogars, nun wegen eines Praktikas nicht mehr
kommt, bin ich Nachmittags mit der Erzieherin und 21 kleinen
Rabauken alleine. Nachdem ich lange Zeit mit den vierjährigen
gearbeitet hatte, übernahm ich in den letzten Monaten die
grosse Gruppe der fünfjährigen, um ihnen bei ihren
Hausaufgaben zu helfen. Die Kinder bekommen hier bereits schon
im Kindergartenalter ihre Hefte mit Aufgaben, die sie zu Hause
oder eben mit uns im Hogar machen müssen.
Es ist
wirklich nicht immer einfach, wenn etwa 10 Kinder an deinem
Tisch sitzen und alle etwas von dir wollen: ・gErklär
mir meine Hausaufgaben! Was steht da? Ich will mich neben dich
setzten! Ich bin fertig, gib mir Hausaufgaben im Hogarheft...・g
In den
letzten Wochen wurde es allerdings wieder etwas ruhiger. Dies
hat mehrere Gründe! Zum Einen gehen gerade die Windpocken
rum, sodass sie sich mit dem Fehlen schön abwechseln. Zum
Anderen sind wir gerade mehr Erwachsene, da uns die Spanier
für 3 Wochen unterstützen.
Für die
letzte Zeit bin ich nun etwas auf der Suche, noch ein paar
andere Sachen neben den Hausaufgaben mit den Kindern zu
machen. So hab ich beispielsweise bei meiner Vormittagsgruppe
mit den Kindern zwischen 6-9 Jahren angefangen,
Freundschaftsbänder zu knüpfen. Solche kleineren Projekte
kommen oft zu kurz, weil meistens neben den Hausaufgaben nicht
viel Zeit bleibt oder die Kinder ihre freie Zeit zum Spielen
nutzen wollen :)
Einige
eigene Projekte haben wir allerdings auch schon gemacht, wie
zum Beispiel die Terassenwand neu gestrichen und mit den
Handabdrücken der Kinder geschmückt! Einen
Armbändchen-Workshop am Wochenende, neue Tischgebetskarten
aus Holz bunt bemalt und beschriftet....
Auch zur
letzten Messe im Hogar im Mai zum Muttertag leisteten wir
neben allen Kindern unseren musikalischen Beitrag. Die Kinder
tanzten, spielten Theater und haben gesungen und es war ein
schöner Nachmittag, den wir mit einer heißen Schokolade und
einem leckeren selbstgemachten Geschenk für die Mütter aus
der Bäckerei – welche Ricardo mit seiner Gruppe fleißigen
Helfer den ganzen Samstag über gebacken hatte –
abschlossen.
Die Zeit
die uns hier noch bleibt, wird so langsam immer weniger. Ich
bin sehr froh, dass ich endlich meine ganzen
Bewerbungsunterlagen abgeschickt habe (die hoffentlich auch
alle ankommen!!!) und nun meine verbleibende Zeit richtig
geniessen kann. Wir möchten noch ein oder zwei Mal übers
Wochenende wegfahren, um dem näherkommenden Winter in Tablada
zu entkommen und die Sonne zu geniessen – jedoch auch die
Zeit mit unseren Freunden, den Kindern und alle die uns hier
lieb geworden sind, geniessen!!
Liebe
Grüsse aus Tablada,
Stefanie
Büche

Basteln von Armbändchen

Muttertagsmesse mit den
Kleinen und den Medianos

Das Terrassenprojekt
zum
Inhaltsverzeichnis
Stefanie Büche
|
Murg, 04. Oktober 2009 - Nr. 4 |
Hallo alle zusammen :)
Lang ist‘ s her seit meiner letzten Mail und doch hat sich viel getan, deshalb dachte ich es wird Zeit, mich mal wieder zu melden! Ich bin nämlich wieder in Deutschland!!!
Die letzten Tage und Wochen in Peru waren wir sehr damit beschäftigt, unseren Abschied vorzubereiten. Wir haben für unsre Kinder und das ganze Heim ein schönes Abschiedsfest gestaltet, wo alle ihren Spaß haben und viel gelacht wurde! Wir versammelten uns morgens auf dem Hof mit allen Kindern und Erziehern und begannen damit, sieben etwa gleichstarke Gruppen zu bilden, was sich schon mal als nicht ganz einfach herausstellte! Ob groß oder klein, alle wurden in die Teams miteingebunden und so begann die Vorbereitungsphase in den einzelnen Gruppen, welche sich einen Gruppennamen suchten und anschließend Plakate bastelten, sich schminken und teilweise sogar verkleideten. In dieser Zeit blieben wir drei nicht untätig und waren voll und ganz damit beschäftig, für rund 120 Personen Waffeln zu backen (mit nur einem einzigen Waffeleisen!!!), Zutaten nachkaufen (nachdem wir uns leicht verschätz hatten ;P) und die Preise für die Kinder fertig vorzubereiten!!
Alle waren mit großer Begeisterung dabei und so konnte es nach dem Mittagessen endlich mit den Spielen losgehen!! Doch bevor es soweit war, kam eigentlich das Schönste: die Präsentation der einzelnen Gruppen!! Mit Fahnen und Trommeln und wildem Geschrei versammelten wir uns alle wieder auf dem Hof und die Kinder übertrafen sich gegenseitig mit ihren Ideen, sodass wir gleich schon mal jeder Gruppe den ersten Punkt für ihr Auftreten schenkten.
Doch dann ging‘ s los: ob Eierlauf und Sackhüpfen mit allen 100 Kindern, oder Mumien mit Klopapierrollen wickeln und Äpfel an einer hängenden Schnur essen, alle hatten ihren Spaß. Beim Luftball-Zertreten standen alle drum herum und feuerten mit an. Und auch die allerkleinsten kamen bei der Reise nach Jerusalem nicht zu kurz!
Nach diesem schönen Nachmittag freuten sich danach alle über die Waffeln und ihr kleines Geschenk, welches jeder von ihnen bekam!! Rundum es war ein schöner, wenn auch für uns etwas stressiger Tag!!! ;)
Hab euch noch ein paar Fotos von dem Tag hochgeladen:
Bilder
vom Abschiedsfest
In den letzten Wochen in meinem Salon gab es auch noch eine kleine Veränderung, da ich mich ja dazu entschieden hatte, nicht mehr zu den Kleinen zu gehen, sondern den ganzen Tag bei den Campeones zu sein. Dort konzentrierte ich mich in dieser Zeit mehr auf einzelne Kinder, welche besondere Schwierigkeiten in der Schule haben und machte so noch einmal durch eine andere Arbeitsweise eine interessante Erfahrung.
In den letzten Tagen waren wir allerdings freigestellt und mussten somit nicht mehr regelmäßig in die Salons, worüber ich sehr froh war! Denn obwohl unser Rückflugtermin ja schon lange feststand, gab es doch noch allerhand zu erledigen: Abschiedsgeschenke basteln, packen, die letzten Einkäufe machen, sich verabschieden so ging die Zeit für mich eigentlich doch recht schnell rum, besser gesagt sehr gut voll gepackt, sodass mit oft gar nicht viel Zeit zum nachdenken blieb, was manchmal allerdings auch nicht schlimm war.
Wir mussten feststellen, dass dieser Abschied sich doch wesentlich von unserm Abschied in Deutschland unterscheiden wird. Denn jetzt im Nachhinein gesehen, war dies ein Abschied auf Zeit - wir wussten nun, dass wir euch hier alle bald wieder sehen werden!! Doch der Abschied in Peru war in dieser Hinsicht andres, dass es doch sehr ungewiss ist, wann, wie und ob wir alle wieder sehen werden! Unsere Mitarbeiter, Kinder, Familien, Freunde und alle die uns lieb geworden sind!
Wieder in Deutschland zu landen war auch irgendwie nochmal aufregend. Während wir auf dem Flug in Gedanken noch in Peru waren und beim aufs Gepäck warten und die andere hinter der Scheibe zu sehen doch etwas nervös waren, war es wirklich sehr sehr schön, als wir nach einem Jahr von unseren Familien und Freunden so lieb begrüßt wurden!! :)
Seitdem sind nun schon einige Wochen vergangen... Ich hab mich sehr gefreut euch, die ich schon getroffen habe, wieder zu sehen und ich hoffe es ist mir keiner böse, wenn ich mich noch nicht gemeldet habe.
Obwohl wir ich nun schon einige Zeit hatte, um mich wieder an alles und alle zu gewöhnen ;) und zu realisieren, nun wieder am anderen Ende der Welt gelandet zu sein, dauert es trotzdem einfach eine ganze Weile, bis man sich wieder richtig eingelebt hat.
Auch wenn ich dann nun ab Anfang Oktober anfangen werde zu studieren, ist Freiburg ja nicht aus der Welt und es gibt sicher noch genug Gelegenheiten, dass wir uns mal wieder treffen! Ich freu mich schon :)
Nun, da das Jahr vorbei ist, möchte ich mich noch einmal bei euch allen bedanken, bei meinen fleißigen Rundmails- und Erfahrungsberichte- Leser & Leserinnen! Und noch viel mehr bei denen, von denen ich regelmäßig oder auch immer mal wieder spontan eine Mail bekommen habe oder mich hin und wieder angerufen haben!
Ich weiß, dass ich es nicht immer geschafft habe, jedem einzelnen zu antworten, was mir auch sehr leid tut. Doch ich möchte, dass ihr wisst, dass all eure Mails angekommen sind und ich mich immer sehr über jede einzelne gefreut habe. Gerade auch über die Mails in den letzten Tagen und Wochen; manche von Leuten, von denen ich sehr lange nichts gehört habe, ich hab mich sehr gefreut und sie haben in mir meine Vorfreude, euch nach so langer Zeit wieder zu sehen, geweckt! DANKE !! Garcias por
todo! :)
Diese letzte Rundmail möchte ich auch gerade dazu nutzen, euch einzuladen! Zusammen mit meinen beiden Mitfreiwilligen Marga und Maria werde ich am 8. Oktober einen Vortrag über unser Jahr in Peru halten. Wir werden um 20 Uhr im Magnushaus in Murg von unserem Jahr, unseren Erfahrungen, Land & Leuten berichten! Und anschließend gibt es sogar noch einen kleinen Leckerbissen nach peruanischem Rezept und einem Pisco sour :)
Wer Interesse hat ist herzlich willkommen, ich würde mich sehr freuen euch dort zu treffen!!
Liebe Grüße von ganz Nah!
Eure Steffi :)
zum
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Karin
Kiefer |
Dezember 2009
- Nr. 1 |
Vor
guten drei Monaten hieß es Abschied nehmen von der Familie,
von der gewohnten Umgebung, von einem Lebensabschnitt.
Ungewissheit und Abenteuer
warteten auf mich.
Die
ersten Wochen wurde ich überflutet von neuen Eindrücken,
hatte jedoch kaum Zeit sie zu verarbeiten. Ich hatte extreme
Gefühlsschwankungen, die ich von zu Hause nicht gewohnt war.
Unbeschreibliche Glücksgefühle, die alleine durch eine
Busfahrt durch Lima ausgelöst werden konnten, wechselten sich
mit Heimweh ab. Mittlerweile
ist mein Heimweh selten geworden, der Alltag ist eingekehrt.
Der
Anfang in einem fremden Land wurde mir hier leicht gemacht.
Mit meinen Mitvoluntarios, Verena und Jakob, konnte ich meine
Erfahrungen teilen, dank ihnen war ich nie nur auf mich
gestellt. Der
Heimleiter Luis hat uns Zeit gegeben, uns mit der
Arbeitsstelle vertraut zu machen, indem wir anfangs die
Gruppen wöchtentlich wechselten, um uns schließlich für
eine zu entscheiden, hat uns Busfahren beigebracht, das
funktioniert hier nämlich etwas anders, uns Tablada gezeigt
und vieles über Land und Leute erzählt,… Luis hat ein
ungewöhnliches Bewusstsein dafür, was wir in Deutschland gewöhnt
sind bzw. was für uns in Peru fremd ist.
Außerdem
genieße ich hier den Luxus eines mehr oder weniger deutschen
Frühstücks (das Brot ist leider sehr peruanisch, aber
mittlerweile habe ich sogar Müsli gefunden!), einer
Waschmaschine, (fast) Kommen und Gehen zu können, wann ich möchte,
und mich nicht einem peruanischen Macho-Vater unterordnen zu müssen.
Nicht
zu vergessen sind natürlich die Kinder, die mit ihrer
Neugierde und Anhänglichkeit von Anfang an auf uns zugekommen
sind und so auch Sprachbarrieren überwunden haben.
Das
Heim
Die
wichtigsten Ziele des Kinderheims sind eine ausgewogene und
vor allem ausreichende Ernährung sicherzustellen, die
physische aber auch psychische Gesundheit der Kinder zu fördern
und zu erhalten und die Schulbildung und Erziehung zu unterstützen.
Um
die Ernährung kümmern sich drei Köchinnen, die wohl den härtesten
Job hier haben. Ihr
Arbeitstag beginnt um 6.00 Uhr und endet oft nach 20.00 Uhr. Die
Kinder erhalten Frühstück, ein Vesper sowie Mittagessen, das
aus Reis und Salat kombiniert mit Fisch, Hühnchen, Hülsenfrüchten
oder Gemüse besteht, so dass das Untergewicht, unter dem
viele Kinder anfangs leiden, bald verschwunden ist. Mit dem
Zuckergehalt der Getränke meinen es die Köchinnen nach
meinem (deutschen) Geschmack aber etwas zu gut. Ganz überrascht
waren wir, als auf unseren Vorschlag, weniger Zucker
beizumischen, tatsächlich eingegangen wurde.
Die
Vormittage verbringe ich
in der Gruppe der “Los sin fronteras”, also den
Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren. Hier gebe ich zweimal
in der Woche eine Art Englischunterricht, dienstags mit den
“Anfängern”, die erst ein oder zwei Jahre Englisch
lernen, und donnerstags mit den “Fortgeschrittenen”, die
schon drei oder vier Jahre Englisch in der Schule haben.
Erschreckenderweise konnte ich mit beiden Gruppen mit den
Grundlagen, also Fragen wie “Wie geht´s?” oder “Woher
kommst du?” beginnen ohne sie zu unterfordern. Staatliche
Schulen sind in Peru sehr schlecht, private Schulen hingegen für
die Armen unbezahlbar, aber ohne vernünftige Schulbildung können
die Menschen der Armut kaum entfliehen. Daher legt das Heim
sehr viel Wert darauf, dass die Kinder zumindest ihre
Hausaufgaben machen und lernen. Dennoch gelingt es den
wenigsten an einer Universität zu studieren.
Ab
und zu gehe ich mit einigen der Jugendlichen in das heimeigene
“Fitnessstudio”, einem Zimmer mit fünf älteren Sportgeräten,
während die anderen Volleyball oder Fußball spielen. Im
Anschluss haben sie die Möglichkeit sich zu duschen, da die
Mehrheit zuhause keine Dusche hat, und sich für die Schule
umzuziehen, denn in Peru gibt es Schuluniformen.
Für die Familien bedeuten Schuluniformen nochmals eine
zusätzliche finanzielle Belastung und für weniger
Ausgrenzung bzw. mehr Gleichheit sorgen sie auch nicht. Denn
die ärmeren Kinder erkennt man leicht an ihren löchrigen
oder unvollständigen Uniformen…
In
dieser Gruppe fühle ich mich sehr wohl und gut integriert.
Ich versuche vor allem den Mädchen eine Freundin und ein
Ausgleich zum männlichen Erzieher zu sein und auf die
ruhigeren und schüchterneren Mädchen zuzugehen. Vielleicht
kann ich dadurch ihr Selbstbewusstsein stärken.
Nachmittags
bin ich für die “Niños y niñas de la mañana”, also
fuer die neun- bis zwölfjährigen Kinder, vor allem eine
Hausaufgabenhilfe. Mathehausaufgaben
mit Kindern, die nicht einmal annähernd das kleine Einmaleins
beherrschen, zu machen, ist eine absolute Geduldsprobe. Zudem
ist diese Gruppe wesentlich schwieriger als meine
Vormittagsgruppe. Einigen
Kindern fehlt Respekt gegenüber der Erzieherin und mir,
weshalb die Gruppe schwer zu kontrollieren ist. Der Gruppe
fehlt auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl, sodass die Kinder
oft petzen, woraufhin die Erzieherin Strafen verhängt, die
sie dann aber nicht durchzieht. Aber natürlich habe ich in
dieser Gruppe auch schöne Erfahrungen gemacht. Die jüngeren
Jungs sind sehr anhänglich, wollen beim “Lonche” (Vesper
am Nachmittag) unbedingt neben mir sitzen... Einem von ihnen
habe ich das Brettspiel Mühle beigebracht, mittlerweile
spielt es die ganze Gruppe. Das ist immer wieder schön, wenn
die Kinder kommen und rufen “Karin, spiel mit mir!”. An
einem Freitagnachmittag haben wir aus Wasser, Glycerin,
Waschmittel und viel
Kreativität der Kinder Seifenblasen gemacht. Es verlief zwar
leicht chaotisch, aber die Kinder waren mit Begeisterung
dabei.
In
den vergangenen zwei Wochen war ich kaum in den Gruppen, da
wir zusammen mit den Kindern einen Holzzaun und eine Wand
gestaltet haben. Mal etwas mit den Händen zu machen, war für
mich eine schöne Abwechslung. Die Wand haben wir zuerst weiß
gestrichen, danach haben sich die Kinder in verschiedenen
Posen an die Wand gestellt, wir haben sie abgezeichnet und
schließlich in Grau- und Schwarztönen angemalt.
Die
Kinder können sich so mit den Fußball- und
Volleyballspielern, mit der Tänzerin etc. gut identifizieren.
Die
Armut der Kinder realisiere ich im Heim kaum, weil ich wenig
von ihrem eigentlichen Alltag mitbekomme. Erst
wenn ich z.B. eine Wohnung eines Kindes, was z.B. ein 20qm großes
Zimmer mit zwei oder drei Betten, Kochstelle, Tisch und natürlich
Fernseher sein kann, besuche oder Kinder sehe, deren
Schuluniform auch im Winter nur aus Rock und Bluse besteht
ohne Pullover und Strumpfhose, während ich im dicksten
Pullover eingepackt bin und trotzdem friere.
Peru
– ein Land vieler Hautfarben
Lima
wird auch als “ciudad de todas las sangres” – “Stadt
aller Blute” bezeichnet und da ist was dran! Von
Anfang an war ich von den vielen verschiedenen Hautfarben der
Menschen und Gesichtszügen, die indigene, asiatische,
afrikanische und europäische Merkmale kombinieren,
beeindruckt. Obwohl die absolute Mehrheit der Kinder des Heims
indigener Abstammung ist, werden diejenigen mit besonders
dunkler Haut gehänselt. Die weißen Kinder hingegen gelten
als besonders hübsch. So kann es bei der Geburt eines hellhäutigen
Kindes zu Kommentaren wie, “Oh, das ist dir aber gut
gelungen!” oder eben bei einem besonders dunkelhäutigen
Kind “Da müsst ihr aber noch üben!” kommen. Genauso wird
selbst für peruanische Produkte mit weißen Modells geworben,
obwohl nur eine kleine Minderheit der Peruaner hellhäutig
ist. Aufgrund meiner Hautfarbe falle ich hier ständig auf,
werde in den Mittelpunkt gestellt und schneller angesprochen,
so dass es sehr leicht ist, Kontakte zu schließen. Dieser
“Gringa-Bonus” (Gringa = hellhaeutige Frau) ist zwar oft
angenehm, kann aber auch schnell störend werden, spätestens,
wenn man sich mit männlichen Wesen zwischen 15 und 45 nicht
mehr vernünftig unterhalten kann…
Religion
Obwohl
man eigentlich annehmen müsste, dass ein katholischer
Gottesdienst überall auf der Welt gleich ist, wirken
peruanische Gottesdienste auf mich überraschend fremd. Dies
liegt aber nicht nur an der fremden Sprache, sondern vielmehr
auch an der pathetischen und hingebungsvollen Sprechweise des
Priesters sowie der lockeren aber auch unfeierlicheren
Zeremonie. Gebete werden nicht neutral heruntergeleiert, wie
das in Deutschland oft der Fall ist, sondern mit eindringender
und einlullender Stimme betont. Während
den Predigten läuft der Priester manchmal durch die ganze
Kirche und versucht die Gemeinde einzubeziehen mit
Standartfragen wie “Wollt ihr in den Himmel kommen?”, ein
verhaltenes “Ja.” antwortet ihm, die Frage wird ein
zweites Mal gestellt, so dass ihm ein bereits energischeres
“Ja!” entgegenkommt, schließlich wird die Frage nochmals
wiederholt, bis auch der Priester mit der Antwort zufrieden zu
sein scheint. Andere beliebte Fragen sind: “Wollt ihr
Heilige sein?”, “Wollt ihr euch ändern?”, “Wer liebt
eucht?” – “Gott!” Die Tueren der stets vollen Kirchen
werden während der Messe nie geschlossen, schließlich sind
im “Haus Gottes” alle Geschöpfe willkommen – so auch
Straßenhunde. Etwas unangenehm, wenn man sich kaum auf den
Gottesdienst konzentrieren kann, weil ein stinkender, womöglich
tollwütiger Hund neben einem liegt.
Dafür
erlebe ich die Gemeinschaft und Freude am Glauben hier
intensiver als in Deutschland. Beim Vaterunser beispielsweise
greifen sich alle an den Händen und der Friedensgruß ist mit
einer herzlichen Umarmung verbunden.
Genauso
scheinen die Südamerikaner vom Auferstehungsglauben überzeugter
zu sein als ihre europäischen Mitchristen. An Allerheiligen
versammeln sich so ganze Familien an den Gräbern ihrer
Verstorbenen, um gemeinsam zu essen, zu trinken, zu tanzen,
eben zu feiern! Dieser peruanische “Graeberbesuch” war für
mich ein beeindruckendes Erlebnis.
Jetzt
bleiben noch sieben Monate – sieben Monate, in denen ich mal
ganz anders Weihnachten feiern werde, sieben Monate, in denen
ich den Dschungel kennen lernen werde, sieben Monate, in denen
mich meine Eltern besuchen werden, sieben Monate mit
hoffentlich noch vielen kleinen und großen Abenteuern.
zum
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Verena
Herrmann |
Dezember
2009 - Nr. 1 |
„Ich gehe für
zehn Monate nach Peru!“ Das war ein Satz, denn ich in den
letzten Wochen in Deutschland fast unendlich oft wiederholen
musste. Viele Leute waren sehr erstaunt und nach einem sehr
intensiven Seminar vor der Ausreise in München, bei dem wir
intensiv auf das Schlimmste vorbereitet wurden, war ich mir
selber auch nicht mehr so sicher, ob ich dieses Jahr wirklich
schaffen werde. Doch Dank der sehr guten Umstände hier ist es
mir ziemlich leicht gefallen mich einzuleben und auch mich
wohl zu fühlen.
Im diesem Bericht will ich so gut wie möglich einen
Rundumeinblick in mein peruanisches Leben geben.
Die
Umgebung
Eine Voraussetzung sich gut einleben zu können ist eine schöne
Wohnsituation. Die anderen zwei Freiwilligen und ich leben bis
jetzt noch zusammen im Heim. Genügend Freiheiten, eine schöne
Wohnatmosphäre uns die meist bestehende Harmonie zwischen uns
Freiwilligen hat dazu beigetragen, dass man hier schon ein
richtiges Daheimgefühl entwickelt hat. Das Heim ist im
Vergleich zum grauen und nicht
unbedingt sauberen Tablada eine Oase, wo es sich sehr gut im
Garten, auf dem Balkon,
im Hof oder in den Zimmern aushalten lässt. Da es hier im
Heim schon eine lange Tradition von deutschen Freiwilligen
gibt, ist das Personal den Umgang mit Europäern gewöhnt, was
zu einem konfliktfreieren Zusammenleben beiträgt. Der
Direktor Luis, der sich vor allem in den ersten Wochen sehr um
uns gekümmert hat und immer noch jede Frage sehr geduldig und
genau beantwortet, hat das Bewusstsein über die Denkweise der
Deutschen. So erklärt er uns immer sehr verständlich Dinge
und Umstände, die wir nicht gewöhnt sind. Dieses
Kennenlernen der peruanischen Kultur findet zum Beispiel
am Mittagstisch statt, wo die Erwachsenen ungestört
eine Stunde zusammensitzen, essen und sich unterhalten können.
Die Gespräche die dort entstehen sind sehr interessant und
wir wurden von Anfang an in sie eingeschlossen, sodass man
sich als Teil der Gruppe fühlt.
Meine
Gruppen
Aber nicht nur mit den Erwachsenen kann man interessante Gespräche
führen, sondern auch mit den Kindern. Nach dem wir im ersten
Monat jede Woche eine andere Gruppe besucht haben um einen
Einblick zu bekommen, entschied ich mich für den Vormittag für
die Gruppe „Los niños y niñas de la mañana“( im Alter
von 9-12) und für den Nachmittag für „Los campeones“(6-9).
Den Kindern helfe ich mit ihren Hausaufgaben, biete
dreimal pro Woche Flötenunterricht an oder wiederhole
mit ihnen, wenn Zeit bleibt, für ihre Examen. Schnell musste
ich feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, zum Teil
mir Kindern zu arbeiten, die mental nicht ganz so fit sind.
Erst nach einiger Zeit habe ich zum Teil einen kleinen Zugang
zu ihren Fähigkeiten gefunden, sodass man auch mit ihnen die
anstehenden Arbeiten einigermaßen erledigen kann. Aber
zugegeben, so ganz einfach ist es für mich nicht die Geduld
zu bewahren, wenn bei den einfachsten Dingen keine
Fortschritte zu erkennen sind. Ich hoffe, dass ich diesen
Kindern in den kommenden Monaten besser helfen kann. Sehr gut
aufgenommen wurde von den Kindern, dass ich, nach einer Idee
von Luis, eingeführt habe, dass man nur in die heißgeliebte
Pause darf, wenn man 5 Aufgaben des Einmaleins lösen kann.
Ich hoffe, dieses ständige Wiederholen hilft den Kindern,
diesen wichtigen Teil der mathematischen Bildung langsam zu
erlernen und ihnen so den Erfolg zu geben eine mathematische
Aufgabe ohne Hilfe zu meistern. Zur Aufmunterung der Kinder,
bevor sie mit den Schularbeiten beginnen müssen, versuche ich
regelmäßig kleine „Anschuggerle“ mit ihnen zu machen.
Diese stärken das Gruppengefühl und geben den Kindern
einfach eine Möglichkeit zu lernen, dass man mit einfachen
Materialen sehr lustige Spiele spielen kann.
Die Pausen nutzen sie dann intensiv um ihre
Lieblingssportarten wie Volleyball und Fußball auszuüben.
Aber auch die von uns Freiwilligen gezeigten Spiele, wie Uno
oder Mühle, stoßen auf große Begeisterung bei den Kindern.
Und unsere Kinder sind wie Kinder überall auf der Welt. Sehr
anhänglich und liebenswürdig. Für sie ist es kein Problem
jemanden aufzunehmen, der trotz fünfjährigem Schulspanisch
sich undeutlich und nicht perfekt ausdrückt. Ihre Höflichkeit
und Aufgeschlossenheit haben es mir leicht gemacht mich in den
Gruppen sehr wohl zu fühlen.
Die Armut
Die Armut merkt man den Kindern im Heim an ihrer löchrigen
Kleidung an oder wenn sie verzichten müssen, mal wieder an
einem Schulausflug teilzunehmen.
In den letzen Wochen hat Luis zweimal eine Spende von Sperrmüll
bekommen. Ein etwas trauriges Gefühl kam in mir auf, als ich
feststellen musste, dass für mich die Eisenteile, kaputten
Maschinen und uralten Holzteile einfach nur Schrott sind. Für
die Eltern der Kinder sind diese Dinge aber noch gut
brauchbar; sei es nur zum Anheizen des Kochfeuers oder zum
Abschleifen mit dem Ziel einer „neuen“ Tür oder eines
Bettpfostens. Auch wenn man die Möglichkeit bekommt (zum
Beispiel, wenn man ein Kind nach Hause begleitet, weil es
etwas vergessen hat) das Haus eine Kindes zu sehen, welches
zum Teil einfach aus einem dunklen und feuchten Zimmer
besteht, wo dann die ganze Familie in einem Bett und auf dem
Boden schläft, merkt man, in was für einer anderen Welt die
Kinder eigentlich leben. Im Heim wird, im Gegensatz
zu den begrenzten Möglichkeiten in den Familien der
Kinder, auf eine sehr nährhafte Ernährung geachtet, sodass
kaum Probleme mit Unterernährung bestehen. Auch die strengen
Duschregeln erlauben ein meist gepflegtes Auftreten der
Kinder.
Eigenartig ist für mich, dass Gewalt in vielen Familien ein tägliches
Mittel ist, die Kinder zu erziehen. So klebte ich zum Beispiel
mal mit einem verängstigten
Kind einen auseinander gebrochenen Stift zusammen.
Das Kind, war sich nämlich sicher, dass es von einem
Elternteil geschlagen würde, wenn sie von dem Missgeschick
erfahren hätten.
Außerhalb
der Salons
Außerhalb der Gruppen standen vor allem zu Beginn Exkursionen
mit Luis an, um Lima besser kennen zu lernen. So haben wir
beispielsweise hautnah die Verehrung des Señor de los
Milagros erlebt, ein im ganzen Oktober besonders verehrtes
Heiligenbild. Auch der Besuch des großen Früchtemarkts,
unsere Vorstellung in der Pfarrgemeinde und das Erlernen des
Benutzens der öffentlichen Verkehrsmittel gehörte zu dem
Programm um uns in unserer „neuen Heimat“ einzuleben und
zurecht zu finden. Das Treffen mit der Junta Directiva (für
die Organisation des Heimes verantwortliche Gruppe) und die
Einladung zum Instituto de Estudios Social Cristianos gaben
interessante Einblicke in andere Gesellschaftsschichten und
lassen uns Peru noch von einer anderen Seite kennen lernen.
Zudem haben wir am ersten Adventssonntag in der deutschen
Gemeinde in Miraflores geholfen die Holzarbeiten, die der
Schreiner Javier mit den Kindern im Heim hergestellt hat, zu
verkaufen. Bei dieser Gelegenheit sind wir mal wieder in
Kontakt zu Deutschen gekommen und konnten die gemütliche
Stimmung des Bazars mit Plätzchen und deutschem Essen genießen.
Im Heim steht vor Weihnachten noch so einiges an: Da es im
November einige kleine Unfälle mit der Schaukel und den
Kindern gegeben hat, wurde um die Schaukel ein Zaun gebaut um
die Gefahr ein wenig zu bannen. Wir bekamen dann angeboten,
den Zaun anzumalen und die Gestaltung als ein Projekt von uns
Freiwilligen zu übernehmen. Auf Grund des schlechten Wetters
wurde dieses Vorhaben etwas verzögert, aber nächste Woche
hoffentlich fertiggestellt. Vor der Weihnachtsmesse soll
von uns auch noch eine im Moment schmutzige Wand verschönert
werden und zudem bekamen wir den Auftrag, für die Messe für
jeden Teilnehmer Willkommensschildchen zu basteln. All diese
Aktivitäten lassen die Zeit sehr schnell vergehen und es
besteht keineswegs die Gefahr der Langweile.
Unsere
Freizeit und die peruanische Gesellschaft
Wir als Freiwillige werden meist mit viel Interesse
aufgenommen und was mich immer wieder erstaunt, ist die
Begeisterung, die die Leute für Orte in ihrem Land haben, die
sie, da sie meist selbst noch nie aus Lima verreist sind, noch
nie gesehen haben. Großzügig wünschen sie uns immer, dass
wir so viele Orte wie möglich in Peru kennenlernen.
Diesen Wunsch haben wir uns auch schon zu Herzen genommen und
haben Tarma, eine kleine Stadt in den Anden sowie Ica
erkundet. Auch viele Stadtviertel von Lima haben wir auf
Samstagsausflügen besucht.
Die religiösen bzw. kirchlichen Gepflogenheiten wurden mir
bei zahlreichen Gottesdiensten oder dem Besuch eines
Friedhofes an Allerheiligen bewusst. Ein weinig gewöhnungsbedürftig
war am Anfang, dass es einige Pfarrer gibt, die durch
Einbeziehen der Gottesdienstbesucher eine Art Fußballstimmung
hervorrufen. Fragen wie „Wollt ihr in den Himmel?“ oder
„Werdet ihr euch zum Besseren verändern?“ werden von der
ganzen Gemeinde mit lauten Ja – Rufen beantwortet. Die
Lieder und das an den Händen fassen beim Vaterunser stärken
das Gemeinschaftsgefühl nach
meinem Geschmack eher.
Wie man vielleicht aus meinem Bericht herauslesen kann fühle
ich mich hier pudelwohl und hoffe in den nächsten Monaten
weiterhin so schöne Erfahrungen zu machen wie in den letzten
drei Monaten.
Ein gesegnetes
Weihnachten und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!
Verena Hermann
zum
Inhaltsverzeichnis
Jakob
Weigl |
Dezember
2009 - Nr. 1 |
Gerade
komme ich aus Miraflores von der Messe der deutschen Gemeinde
zum vierten Advent nach Tablada zurück. Das erste Mal seit
September hat mich die feierliche, sakrale Atmosphäre
gestreift, die man besonders in der Weihnachtszeit in manchen
Kirchen finden kann. Es war eine schöne Stunde, in der ich
beim Singen deutscher alter Weihnachtslieder wie „Es kommt
ein Schiff geladen“ unweigerlich sehr intensiv an zu Hause
denken musste. Sonst ging hier die Adventszeit relativ
emotionslos an mir vorüber; nur die Werbekampagnen für „Pannetone“,
ein italienisches Gebäck aus luftigem, süßem Teig mit
Rosinen und kandierten Fruchtstückchen, und das trotz
sommerlicher Temperaturen ständig erklingende Lied „Blanca
Navidad“ („Weiße Weihnacht“, Pendant zu „Jingle
Bells“), erinnern daran, dass auch in Peru Weihnachten
gefeiert wird. Ab und zu schrecke ich auf bei dem Gedanken,
dass bereits am Donnerstag Heilig Abend ist.
Im
Moment ist ziemlich viel los im Heim, da hier das Schuljahr
ausläuft und einige Kinder von morgens sieben bis nachmittags
fünf Uhr hierbleiben. Am 27. Dezember wird, noch im Zeichen
des Weihnachtsfestes, im Hof des Hogars eine Messe gehalten;
anschließend wird von allen Vor- und Nachmittagsgruppen
jeweils eine Nummer vorgetragen, meist Tanz oder Theater. Das
bedeutet viel Arbeit für alle Beteiligten, für Kinder und
vor allem Erzieher und eventuell auch für die deutschen
Volontäre. Unsere Aufgabe ist im Moment die Verschönerung
des Schauplatzes. Das klingt zunächst harmlos, ist tatsächlich
aber viel Arbeit. Einen Zaun mehrfarbig zu streichen ist sehr
zeitraubend, trotz der Hilfe einiger, leider sehr weniger,
Kinder. Dieses Werk ist bereits vollbracht, inzwischen sind
wir mit der Gestaltung einer Wand beschäftigt, die den
Innenhof zu einer Seite abgrenzt. Wir hatten uns auf die Idee
geeinigt, Silhouetten der Kinder zu malen, wie Schatten, die
sie beim Spielen werfen. Das ist mühsam, doch wirkt das
Zwischenergebnis bereits sehr interessant und stilvoll.
Zur
besseren Überschaubarkeit möchte ich den folgenden
allgemeinen Erfahrungsbericht in mehrere Bereiche gliedern:
Die
Arbeit im Heim
Nach
einer Eingewöhnungs- und Orientierungszeit von vier Wochen zu
Beginn des Dienstes hatten wir uns auf jeweils auf zwei der
insgesamt sieben Gruppen festgelegt, die wir für längere
Zeit begleiten würden. Ich hatte mich für die
Vormittagsgruppe der Zweitjüngsten („Los Campeones“) und
die Nachmittagsgruppe der Ältesten („Ninos y Ninas Sin
Fronteras“) entschieden.
Die
Zusammenarbeit mit Judith, der Erzieherin der Campeones, und
den Kindern selbst hat sich zu einer sehr glücklichen
entwickelt. Die Gruppe ist mit durchschnittlich sechs Kindern
relativ klein, was den Vorteil hat, dass ich mir mehr Zeit für
jedes einzelne nehmen kann und das Arbeiten im relativ ruhigen
Raum leichter fällt. Ich helfe bei den Hausaufgaben, übe
Kopfrechnen und rege auch sonst zu selbstständigem Denken an,
spiele, male und lese mit den Kindern. Man könnte es so
zusammenfassen: Ich mag die Kinder, die Kinder mögen mich -
wenn sie denn keine verdammt guten Schauspieler sind! Mit der
Erzieherin Judith verstehe ich mich einfach prächtig; wir
unterhalten uns ungezwungen über Gott und die Welt und ihr
macht es Spaß, mich dabei auf meine sprachlichen Fehler
hinzuweisen. Wenn ich sonst nichts zu tun habe, helfe ich ihr
bei den Mathematikhausaufgaben ihres Sohnes, der eine
Privatschule besucht und auf deutlich höherem Niveau lernt.
In
der Gruppe von Andy fühle ich mich dagegen inzwischen nicht
mehr sonderlich wohl; besonders die pubertierenden Jungen
machen es mir nicht leicht. Wahrscheinlich ist es ein ganz natürliches
Verhalten, in einer vollkommen neuen Umgebung, in der man
Schwierigkeiten hat, zu verstehen und sich verständlich zu
machen, zunächst wo es nur geht Freunde zu suchen. Leider hat
sich diese aktive Suche im Zusammenhang meiner Arbeit im Heim
als Fehler herausgestellt: Nach anfänglicher Vorfühlphase
verloren einige der Jugendlichen nach und nach jeden Respekt.
Meine eher stille, wenig dominante Natur führte dazu, dass
sie mit mir reden, als sei ich im selben Alter; meine
Angewohnheit, statt zu befehlen freundlich zu bitten dazu,
dass sie sich zu Frechheiten nicht nur verbaler Art
erdreisteten. Einer kann genügen – mit solchen, die zusehen
und dessen Beispiel folgen. Das betrifft nur einige wenige,
mit den meisten komme ich sehr gut zurecht, doch neigt man
leicht dazu, die ganze Gruppe mit diesen wenigen zu
identifizieren und innerlich auf Abwehrstellung zu schalten
und die Lust an der Arbeit zu verlieren.
Mit
dem Gedanken an Weihnachten hatte ich mit der
Nachmittagsgruppe ein Projekt begonnen: ein kleiner
peruanischer Chor, der deutsche Weihnachtslieder singt und
dabei ein Stück der deutschen Kultur kennenlernt. Leider habe
ich lernen müssen, dass es nicht leicht ist, Jugendliche in
diesem Alter längerfristig für eine Sache zu begeistern. Die
Lieder, die ich auswählte, „Vom Himmel hoch, da komm ich
her“ und „Lobt Gott, ihr Christen“, erfordern mehr
musikalisches Gespür und eignen sich nicht zum Brüllen wie
etwa „Blanca Navidad“. Ich habe mich auf jeweils eine
Strophe beschränkt – einmal auf Deutsch, danach in sehr
freier spanischer Übersetzung und zuletzt ein weiteres Mal in
deutscher Sprache. Das Lernen der Texte und das Aneignen der
neuen Melodien bedeuten außerdem Konzentration und ein klein
wenig Fleiß, was einige, die anfangs dabei waren, schnell
wieder abspringen ließ. Doch zunächst musste ich selbst an
mir arbeiten, da es mir schwer viel, meine musikalischen Ansprüche,
die sich noch auf dem Niveau des „Vocalensemble Schwabach“
befanden, bis auf nahezu null herunterzuschrauben. Nur ein
einziges Kind kann einen Ton, den ich vorgebe, einigermaßen
sauber nachsingen! Ich hatte meine utopischen Vorstellungen
von Mehrstimmigkeit schnell aufgegeben, doch klingt der Gesang
bis jetzt auf wahrlich atemberaubende Art und Weise
vielstimmig! Es gibt jedoch auch einige Kinder, die wirklich
Spaß daran haben und regelmäßig zu den Chorproben kommen.
Dennoch liegt es in der Schwebe, ob die Idee von einem kurzen
Auftritt am 27. Dezember in die Tat umgesetzt werden kann;
alles hängt davon ab, ob die Texte gelernt werden oder nicht.
Die
Zusammenarbeit mit Luis ist nach wie vor sehr gut, sehr offen,
ehrlich und vertrauensvoll. Man merkt, dass er bereits
Erfahrung im Umgang mit deutschen Freiwilligen hat und aus den
Problemen, die es mit einigen unserer Vorgänger gegeben
hatte, gelernt hat. Er lässt uns viel Freiraum und gibt uns
so die Möglichkeit – man könnte auch sagen: zwingt uns so
– Verantwortung zu übernehmen. Die eingangs beschriebene
Arbeit, die Gestaltung der zentralen Wand etc., ist ausschließlich
unser Aufgabenbereich, er beschafft bedingungslos die Dinge,
die wir zur Umsetzung unserer Ideen benötigen. Sollte das
Projekt misslingen, fällt das selbstverständlich allein auf
uns zurück.
Der
Idee des Vorgesetzten der Junta folgend, die die Spendengelder
aus Deutschland verwaltet, zieht mich Luis im Moment bei
der Planung zur Konstruktion neuer Holzhäuser für die
Familien von Kindern des Hogars, die es am nötigsten haben,
ins Vertrauen. Er klärt mich zum Beispiel über die Kosten
auf; wie sie sich zusammensetzen, wie sie reduziert werden könnten
und welche finanziellen Grenzen es gibt. Ich bin mir noch
nicht ganz im Klaren darüber, welche Aufgabe ich dabei in
Zukunft übernehmen soll und wie ich ohne jegliche Erfahrung
helfen könnte.
Das
Leben außerhalb des Heims
Da
die Sprache nun schon bei der Musik war, möchte ich an diesem
Punkt anknüpfen und ein wenig von den musikalischen
Erfahrungen erzählen, die ich hier in Peru bereits machen
durfte. Im Mittelpunkt steht dabei ein junger Mann Namens
Jairo (24jährig), den ich auf der Suche nach einem
Gitarrenlehrer kennengelernt habe. Inzwischen habe ich regelmäßig
einmal wöchentlich Unterricht und mache dabei gute
Fortschritte. Außerdem besuche ich ihn immer wieder, um für
die nächste Hochzeit zu proben. Das verlangt nun natürlich
nach einer Erklärung! Jairo ist durch und durch Musiker, er
lebt von der Musik, nicht nur seelisch, sondern auch
finanziell. Neben dem Unterricht sind eine weitere
Einnahmequelle Auftritte bei Hochzeiten. Er schafft den
musikalischen Rahmen mit seiner Band, bestehend aus Elvis als
Sänger, Ebert am Schlagzeug, Israel am Bass, Abél an der Flöte,
an der Knietrommel oder sonst einem Instrument (er beherrscht
fast alles) und ihm selbst am Keyboard. Für den zeremoniellen
Teil der Veranstaltung in der Kirche bin ich inzwischen fest
eingeplant mit meiner Violine, auf drei Hochzeiten habe ich
bereits gespielt. Unser festes Programm (das nicht ich
ausgesucht habe!) beschränkt sich bisher auf vier Lieder,
unter anderen „Titanic“ und auch der Rest geht heftig zu
Herzen; danach, wenn noch Zeit ist, soll ich zu mir
unbekannten langsamen Stücken improvisieren. Einmal war ich
bereits vertraglich vermerkt, habe in Peru mein erstes Geld
verdient (50 Soles, entspr. ca. 12,50€). Das macht an sich
Spaß, ist aber auch anstrengend und zeitaufwändig; außerdem
habe ich, wenn das Festessen beginnt, nichts mehr zu tu, da
die Gruppe Tanzmusik spielt, zu der Violine schlichtweg nicht
passt. Die Band ist richtig gut, alle verstehen sich aufs
Improvisieren, allen voran Jairo, der einfach genial Keyboard
spielt.
Montags
besuchen wir inzwischen regelmäßig Raffael und seine Frau
Maria, die direkt neben dem Hogar wohnen. Raffael ist einer
der Mitbegründer des Heims und war der erste Direktor. Jetzt
stellt er in Zusammenarbeit mitja seiner Frau Holzspielzeug
her und verkauft dieses in seinem Geschäft in Barranco, einem
hübschen kleinen Stadtteil an der Küste Limas. Die Abende
sind immer sehr lustig und von den beiden – denn wir kochen
immer gemeinsam; einmal wir, einmal die Gastgeber – habe ich
gelernt, wie man Pizza in der Pfanne zubereitet.
Montag,
Mittwoch und Freitag sind die Tage, an denen eine Gruppe
junger Leute folkloristische Tänze der Andenvölker Perus
trainiert. Die Tänze sind mit viel Hüpfen und Spingen,
Drehen und Wirbeln verbunden, und das in hohem Tempo, was es
schwierig macht, am Anfang den Anschluss zu finden. Ich habe
ihn bisher noch nicht gefunden, war auch erst dreimal dort,
doch habe ich vor, wenigstens einmal in der Woche, mittwochs,
am Training teilzunehmen – eigentlich mehr wegen der
Jugendlichen dort und der Atmosphäre in der Gruppe als aus übergroßer
Begeisterung fürs Tanzen. Luis hatte uns den Ort gezeigt und
uns, Verena und mich, dem Trainer vorgestellt.
Die
Woche ist normalerweise immer sehr gut gefüllt mit
Veranstaltungen, Besuchen und sonstigen Aktivitäten. Seit
einigen Wochen kommt hinzu, dass mein Plan, zu einer
peruanischen Familie zu ziehen, konkretere Formen annehmen
sollte. Zwei Familien haben angeboten bzw. den Wunsch geäußert,
mich aufzunehmen. Nun bin ich dabei, sie kennenzulernen, um zu
einer Entscheidung zu kommen. Dabei haben sich zwei Probleme
ergeben. Das eine ist, dass die Zeit vor Neujahr und damit dem
Beginn unserer Ferien zu kurz und zu ausgefüllt von Aktivitäten
ist, um einen Umzug gut und sinnvoll umsetzen zu können. Das
zweite Problem ist ein allgemeineres und von grundsätzlicher
Natur. Es wurzelt in der Tatsache, dass ich ein
entscheidungsschwacher Mensch bin bzw., um es ein wenig
positiver auszudrücken, dass ich Entscheidungen, besonders so
wichtige, nicht leichtsinnig treffen möchte und deshalb über
alle Details nachdenke. In der einen Familie fühle ich mich
wohler und außerdem scheint der Wunsch hier stärker zu sein,
diese Erfahrung des Austausches zu erleben. Doch habe ich das
Gefühl, dass die beiden Söhne, 13- und 17jährig,
Stubenhocker sind und nicht besonders viele Kontakte haben,
erst recht nicht zu Leuten meines Alters. Im Haus der anderen
Familie ist mehr los, die Mutter lebt mit ihren vier Söhnen
im Alter von 20 bis 30 Jahren, der Ehefrau eines der Söhne
und deren Tochter im selben Haus. Das scheint sehr
vielversprechend zu sein, doch hatte ich insgesamt nicht das
Gefühl, dass das Interesse an mir groß ist. Höchstwahrscheinlich
werde ich Heilig Abend dort verbringen, als letzte Probe.
Ich
hatte eigentlich vor, viel früher zu einer Familie zu ziehen,
um genau das zu verhindern, was nun bereits eingetreten ist:
die Bequemlichkeit des komfortablen und unabhängigen Lebens
im Heim hat sich breitgemacht und lässt den Schritt des
Umzuges Überwindung kosten. Auch dass ich mich inzwischen mit
den beiden Mädchen ziemlich gut verstehe, hat dem ganzen
Vorhaben die Dringlichkeit genommen. Aufgegeben habe ich es
deshalb jedoch nicht.
Das
Leben als Gringo
Das
Gringo-Dasein (Gringo = Hellhäutiger) bringt in einem südamerikanischen
Land wie Peru Vor- und Nachteile, doch in fast jedem Fall –
zumindest in einem armen Ort wie Tablada – eine
Sonderbehandlung mit sich. In einigen Situationen mag diese
als angenehm empfunden werden, besonders zu Beginn, wenn das
besonders große Interesse zur leichten Kontaktaufnahme im
neuen sozialen Umfeld verhilft. Doch können eine übertriebene
Vorzugsbehandlung auf die Dauer ermüdend und die Blicke der
Menschen unangenehm werden. Immer wieder muss die Frage nach
der Echtheit der Freundlichkeit, nach der Vertrauenswürdigkeit
der Menschen gestellt werden: Gilt das Interesse mir oder
meinem Geld? Gringos werden hier in erster Linie für
Touristen gehalten, gekommen, um die prallen Taschen zu
leeren.
Für
mich persönlich kommt als Junge zwischen zwei gut aussehenden
Mädchen die Schwierigkeit hinzu, zu unterscheiden, ob die
Aufforderung „…und bring doch die Mädchen mit!“ das
eigentliche Motiv der neuen „Freundschaft“ zum Ausdruck
bringt. Ich bin noch immer der Meinung, dass die
Zusammensetzung „Mädchen – Junge – Mädchen“
keine besonders glückliche ist; nicht nur aus eben
genanntem Grunde, sondern auch, weil sie sich leicht in „Mädchen
– Mädchen -
Junge“ verwandelt. Die Zahl drei ist ohnehin verflixt.
Reisen
Peru
kann grob in drei Landschaftsformationen aufgeteilt werden:
Costa – Sierra – Selva (Küste – Gebirge – Urwald).
Unsere erste kleine Reise im Oktober führte nach Tarma, eine
Andenstadt etwa 200 Kilometer westlich von Lima. Dort bekamen
wir auf unseren Ausflügen atemberaubend schöne Landschaften
zu sehen und unterhielten uns mit Menschen, die in
traditioneller Tracht, in den bunten, in Handarbeit genähten
Tüchern und Röcken, ein Leben ganz im Einklang mit der Natur
führen. Sie haben nicht viel Geld und arbeiten hart, doch
scheinen glücklich zu sein. Eine Frau fragte uns, als sie
erfuhr, dass wir aus Deutschland kämen, ob wir gelaufen seien
oder ein Taxi genommen hätten. Ich habe von diesen Tagen
unvergessliche Eindrücke mitgenommen und behalten.
Für
unsere zweite Reise nutzen wir abermals einen Feiertag und
erbaten den Brückentag zum Wochenende frei, sodass wir vom
vierten bis achten Dezember Zeit hatten. Unser Ziel lautete
Ica, eine Stadt südlich von Lima (ca. 300km) nahe der Küste.
Das Interessante an der Stadt, die im Jahre 2007 von einem
schweren Erdbeben stark beschädigt worden war, wurde für uns
die nur wenige Kilometer entfernte Oase“ Huacachina“. Die
Stadt Ica liegt in einem Gebiet mit wüstenähnlicher
Vegetation und in Richtung Meer breitet sich eine weite Dünenlandschaft
aus. Huacachina ist zu allen Seiten von hohen Sanddünen
umgeben; der See, dessen Wasser jedoch längst nicht mehr
original ist und deshalb die heilende Wirkung verloren hat,
umringt von Palmen und schönen Restaurants, und wenn man die
touristischen Züge des Ortes ausblendet, wähnt man sich mit
ein bisschen Fantasie tatsächlich fernab der restlichen
Zivilisation und gefangen an diesem wunderschönen Ort. Wir
verbrachten dort zwei sehr ruhige Tage bevor wir nach Pisco
weiterfuhren. Pisco war das Epizentrum des Erdbebens ist
entsprechend stärker zerstört als Ica. Nur eine Straße
wurde seitdem wieder komplett neu gepflastert, der Rest ist
großteils Baustelle. Im nahe gelegenen Paracas aß ich das
erste Mal „Cebiche“, ein peruanisches Nationalgericht aus
rohem Fisch, rohen Meeresfrüchten und rohen Zwiebeln in
Limonensaft.
Im
Januar, unserem Ferienmonat, werden wir in den Urwald reisen
mit dem Ziel Iquitos, das nur über den Fluss oder im Flugzeug
erreicht werden kann. Von dort aus fliegen wir weiter nach
Santa Cruz in Bolivien, wo das Zwischenseminar von „Weltwärts“
stattfindet.
Für
all diejenigen, die meine Adresse noch nicht besitzen, aber
unbedingt benötigen:
Asociacion
Pro Ninos (mit ~ über zweitem n) Pobres
Centro de protección infantil
Jiron Libertad 196
1er Sector Tablada de Lurin
Villa Maria del Triunfo
Lima 35, Perú
Meine
besten Wünsche nach Deutschland, ich denke an euch, vergesst
mich nicht,
Euer
Jakob
zum
Inhaltsverzeichnis
Karin
Kiefer |
März
2010 - Nr. 2 |
Ich
komme gerade vom Markt, habe mir eine leckere Mango gekauft.
Schließlich muss ich noch etwas die riesige Obstauswahl Perus
genießen. Jetzt sitze ich bei angenehmen 25°C auf der
Terrasse und versuche euch etwas aus meinem Leben hier zu erzählen.
Während
das Heim im Januar geschlossen war, lernten wir die Selva,
also die Tropen Perus kennen und lernten auch zu schätzen, in
Lima einen festen Ort zu haben und nicht wie andere drei
Monate oder sogar länger umherzureisen. Das war eine
beeindruckende, aber auch eine etwas stressige Reise, immer
unterwegs, oft dieselben Gespräche, also erklären, wer ich
bin und was ich mache, und schließlich „Hitler und das
Dritte Reich“ – ein Thema, das manche Peruaner zu amüsieren
scheint.
Schließlich erholte ich mich wieder auf unserem
Zwischenseminar in Sta. Cruz, Bolivien, das wir zusammen mit
30 anderen deutschen Freiwilligen in einem luxuriösen Hotel
verbrachten. Dieser Luxus passte für mich nicht ganz ins
Bild, einerseits redeten wir über Armut, andererseits wurden
30 deutsche Jugendliche aus verschiedenen südamerikanischen Ländern
und drei Begleiter aus Deutschland eingeflogen, um eine Woche
lang über ihre „Sorgen“ zu reden und sich auszutauschen.
Allein mit den Ausgaben für uns drei Freiwillige hätte man
einer Familie des Hogars ein Häuschen bauen können. Aber mit
dieser Überlegung muss wohl der gesamte Freiwilligendienst in
Frage gestellt werden – Ist das nicht nur eine Verschwendung
von Steuergeldern?
Dennoch habe ich es genossen, wieder mal eine Woche lang nur
unter Deutschen zu sein und dabei auch feststellen oder
zumindest mir einbilden zu dürfen, dass ich mich im Vergleich
zum Vorbereitungsseminar doch etwas verändert und
weiterentwickelt habe.
Der Austausch mit den anderen war interessant – manche
werden mit einer weitaus existenzielleren Armut konfrontiert
als ich hier in Tablada – und immer wieder kam mir der
Gedanke: „Ja genau, das erlebe ich doch genauso.“ Zudem
wurde mir bewusst, dass nicht nur ich als Frau mit dem
Machismo meine Probleme habe, sondern genauso die männlichen
Volontäre.
Im
Februar begann dann wieder die Arbeit im Heim, aber erstmal
ohne Kinder, d.h. zwei Wochen Putzen, Lehrgänge zu den Themen
Spiritualität, Leseverständnis und „Förderung des Körperbewusstseins
und Koordination“, sowie ein mühseliges Erarbeiten eines
recht formellen Jahresplanes, was schließlich scheiterte.
„Spiritualität“ wurde leider von einer recht
konservativ-katholischen, autoritären, älteren Frau
gehalten, was den Erziehern vermutlich wenig half. Der Vortrag
„Leseverständnis“ hingegen war inhaltlich sowie
methodisch sehr gut und „Förderung des Körperbewusstseins
und Koordination“ war sehr praktisch orientiert und gab so
auch konkrete Ideen für das Arbeiten mit den Kindern. Ob
diese aber auch umgesetzt werden, wage ich zu bezweifeln.
Ich denke, diese
zwei Wochen, in denen die Erzieher viel Zeit miteinander
verbracht haben, haben das Gruppengefühl des Teams gestärkt.
Ich zumindest konnte meine „Kollegen“ so nochmal viel
besser kennenlernen und fühle mich noch besser integriert.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Deutschunterricht, den
wir Anfang März begonnen haben und seither dreimal in der
Woche nach der Arbeit geben. Für mich ist dabei weniger das
Ziel, dass die Erzieher Deutsch lernen, sondern mehr, dass
sich ein besseres Gruppengefühl entwickelt, indem sie
zusammen lachen, sich gegenseitig helfen und einfach Zeit
miteinander verbringen. Und wenn dabei noch das ein oder
andere deutsche Wort hängen bleibt - umso besser!
Mitte
Februar kamen nach und nach wieder die Kinder ins Heim. Die
6-Jährigen sollten lernen wie „die Großen“ mit Messer
und Gabel zu essen, was manchmal wirklich witzig anzusehen
war, aber es ist ja auch nicht ganz einfach, plötzlich mit
der linken, also der i.d.R. ungeschickteren Hand den Reis zum
Mund zu führen! Schließlich behaupten gesellschaftliche
Normen, dass das Messer in die rechte Hand gehört und die
Gabel in die linke. In meiner Nachmittagsgruppe (8 - 11-Jährige)
sind jetzt mehr jüngere Kinder, was die Gruppe verglichen mit
dem letzten Jahr kontrollierbarer und somit angenehmer macht.
Die älteren Rebellen wechselten zu den Großen, wo sie jetzt
plötzlich die Kleinen sind. Das hat ihnen gutgetan, dort müssen
sie sich plötzlich unterordnen. Meine Vormittagsgruppe
(1
2- 17-Jährige) gefällt dieses Jahr noch besser, ich verstehe
mich blendend mit dem Erzieher und die Jugendlichen geben mir
das Gefühl, dass sie mich respektieren und schätzen.
Vor
einigen Jahren haben Spanier dem Heim ältere Computer
gespendet. Diese wurden jetzt, sogar mit Internetzugang, in
den Räumen der 8-11-Jährigen sowie der 12-17-Jährigen und
in einem weiteren Zimmer eingerichtet. Momentan gehe ich
nachmittags immer mit drei Kindern in das „Computerzimmer“
und versuche sie mit Word vertraut zu machen. Einige gehen
recht sicher mit Computern um, da sie schon in der Schule an
PCs gearbeitet haben, anderen hingegen bereitet sogar noch die
Mouse Probleme. Auch bei den Älteren sind die Unterschiede
enorm.
In
diesem zweiten Halbjahr ist für uns eine schöne,
herausfordernde und vor allem interessante Aufgabe
hinzugekommen. Das Heim möchte mehr über die Familien
erfahren und schickt uns daher mit einem Fragebogen (Daten der
Eltern, Wohnsituation, Besuch sozialer Einrichtungen) zu jeder
einzelnen Familie. Diese Besuche laufen je nach Familie ganz
unterschiedlich ab. Manchmal dauert das Ganze nur eine halbe
Stunde, manchmal zwei, manchmal ist es sehr bewegend, manchmal
ein ungezwungener Austausch, manchmal eine unangenehme
Befragung. Ich möchte zwei Besuche beispielhaft etwas genauer
beschreiben:
María
lebt mit ihren zwei Brüdern, ihren Eltern und ihrer Tante in
einem Haus aus Ziegelsteinen und Wellblechdach einige Meter
oberhalb des Hogars. Auf dem Weg zu ihrem Haus bellen uns Straßenhunde
an, während wir einen steilen, sandigen Weg hochklettern, der
im Winter aus purem Schlamm
besteht. Oben angekommen bittet uns eine schüchterne
Frau herein. Ich betrete ein leeres, dunkles Zimmer, werde in
ein weiteres Zimmer mit zwei Betten, in denen sechs Personen
schlafen, und einem Fernseher geführt und werde schließlich
aufgefordert im nächsten Raum, der Küche, Platz zu nehmen.
Es gibt nur einen Stuhl, sodass die Mutter wie ein kleines
Schulmädchen vor mir steht. Ich versuche ein Gespräch über
das kleine Kind von Marías Tante anzufangen, erzähle von
meinen Neffen, bekomme aber nur kurze, unsichere Antworten.
Ich hole schließlich den Fragebogen raus, es beginnt sowohl für
mich als auch für die Mutter eine unangenehme Befragung.
„Wie heißen Sie?“ „Wie lange sind sie zur Schule
gegangen?“ Ein
verlegenes Grinsen. „Bis zur vierten Klasse… Meine Tochter
hilft mir gerade Lesen und Schreiben zu lernen.“ Arbeiten
Sie? „Ich verkaufe manchmal Getränke auf der Straße.“
„Wie viel verdienen Sie?“ „Wenn ich etwas verkaufe etwa
2,50 € am Tag.“ Eine Frage, die vor allem am Anfang für
mich schwierig war, da dies in Deutschland ein Tabuthema ist.
„Sind sie verheiratet?“ Etwas verlegen wird schließlich
zugegeben, dass man keinen Trauschein hat…
Nachdem der Fragebogen erledigt ist, werden mir ein paar „Habas“
(geröstete Bohnen) für zuhause eingepackt, die Mutter zeigt
mir noch schnell ihre vier Hühner, die sie oberhalb des
Hauses hält. Die Stimmung bleibt angespannt, ich gehe schließlich
wieder den steilen Weg vorbei an den Hunden zurück zum Heim.
Am
nächsten Tag begleite ich Maruja nach Hause. Sie wohnt auch
etwas oberhalb des Heimes zusammen mit ihren zwei Brüdern und
ihren Eltern in einem Holzhäuschen bestehend aus einem Zimmer
mit drei Betten und Fernseher, ein kleines „Esszimmer“ und
einer Küche. Die „Toilette“ ist ein kleiner
Plastikverschlag. Wasseranschluss gibt es keinen, stattdessen
bekommt die Familie das Wasser vom Nachbarn durch einen
Gartenschlauch und speichert es in blauen Tonnen – wie in
Deutschland das Regenwasser. Gekocht wird manchmal draußen
mit Brennholz, um Gas zu sparen. Maruja stellt mir ihre kleine
Cousine vor, ich spiele etwas mit ihr, bis schließlich
Marujas Mutter kommt – eine junge Frau, so alt wie mein
Bruder, die aber schon eine 12-jährige Tochter hat. Wir
setzen uns ins Esszimmer, sie beginnt zu erzählen, erzählt
vom Bauchweh ihres Sohnes, von ihren ständigen Kopfschmerzen
– eine Folge eines Gehirntumors, den sie vor vier Jahren
hatte. Die Operation vor vier Jahren war natürlich auch nicht
ganz billig, sie lag eine Zeit lang im Krankenhaus und konnte
nicht arbeiten. Das hat ihr Mann ihr damals auch vorgeworfen.
Daraufhin antwortete sie ihm, dass sie arbeiten werde, nicht
mehr jammern werde, eine gute Frau sein werde. Was für eine
verzweifelte Situation das gewesen sein muss! Immer noch befürchtet
sie, dass ihr Mann sie aufgrund ihrer Krankheit aufhört zu
lieben, sie verlässt. Wenn es ihre Gesundheit zulässt,
arbeitet sie als Friseurin, wobei sie wöchentlich 5-10 €
verdient für eine 50-Stunden-Woche. Von diesem Geld muss sie
dann aber noch ihre Ausrüstung, also Schere,
Rasierklingen,… kaufen. Ein Arbeitstag beginnt für sie frühmorgens,
sie macht das Frühstück, räumt alles auf, kocht das
Abendessen für ihren Mann und geht schließlich von 11 Uhr
bis 21 Uhr Haare schneiden.
Während sie erzählt, beginnt sie zu weinen, ich habe auch Tränen
in den Augen.
Diese
Familienbesuche sind für mich bereichernd und helfen mir auch
die Kinder und ihr Verhalten besser zu verstehen, da ich ihre
Familie, ihren Hintergrund kennenlernen durfte. Mir ist zudem
bewusst geworden, dass das Heim sicherlich nicht die Ärmsten
Perus unterstützt. Aber oft macht Armut nicht nur Materielles
aus, sondern auch die Einstellung, das Verhalten der Familien.
Man kann einer Familie ein Haus bauen, aber wenn die Familie
in ihrer Hütte schon im Dreck gehaust hat, wird das im neuen
Haus nicht anders sein. Die finanzielle Unterstützung einer
Familie durch das Heim ist also nicht ausreichend, mindestens
genauso wichtig ist die Einflussnahme auf das Verhalten der
Familien. Eine schwierige Aufgabe, denn das Heim kann zwar die
Kinder erziehen, solange sie hier sind, aber zuhause wird
ihnen eine andere Realität vorgelebt.
Dennoch,
das Ganze auf den Punkt gebracht, fühle ich mich hier richtig
wohl, es geht mir sehr gut, es bleibt nach wie vor spannend,
interessant, schön. Mittlerweile zähle ich nicht mehr, wie
lange ich schon hier bin, sondern wie viele Monate mir noch
bleiben. Die Zeit vergeht rasend schnell, ich kann es noch
kaum glauben, aber in einer Woche werde ich meine Eltern vom
Flughafen abholen – dann kann ich ihnen endlich einen Teil
meines Lebens hier zeigen!
Karin
zum
Inhaltsverzeichnis
Verena Hermann |
April 2010 - Nr. 2 |
Wie
im Fluge sind die letzten Monate vergangen.
In meinem peruanischen Umfeld habe ich langsam die Möglichkeiten
entdeckt und lerne diese immer besser zu nützen. Die Verständigungsprobleme
sind seltener und das Zurechtfinden im Alltag ist leichter
geworden.
Im folgenden Bericht will ich versuchen, einen Einblick in
mein Leben hier in Peru zu geben und von meinen Erfahrungen
berichten
Zwischenseminar
in Bolivien
Bei
diesem von der AGEH organisiertem Seminar in Santa Cruz
konnten wir uns gut von den Strapazen von unserer Freizeit im
Urwald erholen und uns mal wieder mit anderen deutschen
Jugendlichen unterhalten. In der Muttersprache ist es doch
viel einfacher ein tiefgehendes Gespräch zu führen. Dadurch,
dass wir alle ähnliche Erfahrungen gesammelt hatten, wurde
schnell Vertrauen gefasst. Allerdings war dieses Seminar im
Gegensatz zu dem Vorbereitungsseminar in Deutschland nicht so
emotional bewegend, was daran liegt, dass es eher ein Erzählen
von den Teilnehmern war und dass wir alle schon in unserem
Auslandsleben stecken. Trotzdem war die Woche sehr
erfahrungsreich und ich möchte sie nicht missen.
Arbeit
ohne Kinder
Zurück
aus den Ferien ging die Arbeit im Heim gleich los, jedoch noch
ohne Kinder, sondern nur intern mit den Mitarbeitern. Wir
bekamen drei Workshops von Experten angeboten,
um unsere Kapazitäten zu erweitern: Einen über
Leseverständnis, welcher sehr guten und hilfreichen Inhalt
hatte, über Spiritualität,
der mich zwar nicht überzeugte, den ich aber trotzdem
interessant fand, Im
Hinblick auf Reaktionen der anderen Teilnehmern. Der dritte
Workshop war über
Körperbewusstseinsförderung. Auch das Putzen der Salons
musste erledigt werden. Bei dieser Aktivität hatten wir Zeit
und Ruhe für intensive Gespräche mit dem Erzieher, was das
Arbeitsklima verbesserte, da mehr Interesse für den Anderen
geweckt wurde. Insgesamt haben wir in den ersten zwei
Februarwochen nicht nur die bürokratische Arbeit, die zum
Teil etwas langwierig und ohne Vorankommen war, kennengelernt,
sondern auch ein intensiveres Verhältnis zu den Mitarbeitern
aufgebaut.
Arbeit
mit den Kindern
Nach
der „Trockenübung“ fing dann die Arbeit mit allen Kinder
an. Und da es eine Schule nur mit 3 Wochen Verspätung
schaffte, ihr Dach zu reparieren, hatten wir ziemlich lange
Zeit fast alle Kinder vom Nachmittag und vom Vormittag
gleichzeitig da. Eine Abwechslung zum Hogaralltag wurde den
Kindern durch einen sehr gelungenen Strandausflug geboten, der
nur ein wenig von der Unverantwortlichkeit, die Kinder in der
prallsten Mittgassonne spielen zu lassen, überschattet wurde.
Mit dem Knüpfen
von Armbändern unterstütze ich die Erzieherin in der
Kinderbeschäftigung, was leider aber nur eingeschränkt
funktionierte, da bei den 9 bis 11 jährigen Kindern meist die
Geduld dazu fehlte.
Das neue Projekt der Computación ( Informatik) stößt
dagegen auf volle Begeisterung der Kinder. Dank einer Spende
von Spaniern konnten hier einige gebrauchte Computer
installiert werden, die wir nutzen, um den Kindern den Umgang
mit den Apparaten beizubringen. Mit den Erst – und Zweitklässlern
versuche ich das mit dem Zeichnen im Paint
zu realisieren und bei den ein wenig Älteren klappt
sowohl das Schreiben im Word schon ganz gut als auch die
Informationssuche im Internet .Da die Kinder insgesamt mehr
Vertrauen zu mir gefasst haben und mich auch mehr als Autorität
ansehen, was an meinen sich verbessernden Sprachkenntnisse
liegen kann, kann ich die Kinder besser in ihren Stärken und
Schwächen einschätzen und so meine Unterstützung sinnvoller
einbringen.
Außerdem habe ich mir zum Ziel gesteckt, ein wenig die
Petzerei im Salon zu vermindern. Bei jeder Kleinigkeit
beklagen die Kinder sich bei der Erzieherin und versuchen fast
nie die Angelegenheit unter sich auszurichten. Man muss die
Kinder zwar fast immer noch erinnern, Streitigkeiten ohne
Petzen zu regeln. In einigen Fällen klappt es doch schon ganz
gut.
Familienbesuche
Neben
der regulären Arbeit im Heim haben wir drei Freiwilligen das
Angebot angenommen, die Familien der Kinder zu besuchen, um
eine Umfrage durchzuführen. So begleiten wir jeweils die
Kinder mit denen wir am meisten zutun haben, oft nach
Hogarschluss nach Hause, um mit der Befragung die
Familienprobleme besser kennen zu lernen und so eine besser
Unterstützung zu ermöglichen. Fast immer trifft man auf sehr
herzliche Gastfreundlichkeit und Offenheit, sodass intensive
Gespräche zustande kommen, bei denen einem
zum Teil unter Tränen die ganze Leidensgeschichte erzählt
wird. Fälle, wie von Familien die mit fünf Kindern in einer
Holzhütte am Berg wohnen und mit dem Lohn der im Markt
arbeitenden Mutter, der nur 2 Euro pro Tag beträgt, nicht nur
sich ernähren müssen sondern auch noch die alleinstehende
Tante mit ihren zwei Kindern, kommen dabei schon vor. Immer öfter
wird mir dabei klar was ich für ein Glück hatte, in
Geborgenheit und exzellenten Umständen aufgewachsen zu sein.
Über die
Erfahrung dieser Besuche bin ich sehr dankbar, da ich so viel
besser die Realität der Kinder kennen lerne und auch zu den
Eltern Kontakt fassen kann.
Faena
( Mitarbeit) der Eltern
Da
auf Grund von fehlenden finanziellen Mitteln dieses Jahr, das
Streichen nicht durch professionelle Maler durchgeführt
werden konnte, mussten hauptsächlich die Väter bzw. Brüder
oder Nachbarn mit anpacken. Für meinen Geschmack war zwar
fraglich, ob es wirklich nötig ist, nach nur einem Jahr
erneut alles zu streichen, aber die Aktion war schon fest
eingeplant. Pünktlich an einem Sonntag rückten dann die
ganze Mannschaft mit Pinseln und Malerrollen
an und in nur vier Stunden hatten alle Salons, die Räume
die Werkstätten und die Küche einen neuen Anstrich. Deutlich
merkte man, dass viele Väter handwerkliche Beschäftigungen
haben und so ohne große Probleme die Arbeit erledigt werden
konnte. Natürlich durfte nach der Arbeit das Spiel nicht
fehlen und während die Frauen noch den Boden schrubbten,
begannen die Männer ihre Fussballpartie.
Dass
nur von vier Kindern ein Eltern- oder Verwandtenteil gefehlt
hat, zeigt, dass die Familien, die im Hogar unterstützt
werden auch bereit waren, den Hogar zu unterstützen.
Meine
Freizeit
Ich
wohne mittlerweile mit Karin hier alleine im Hogar. Jakob ist
in eine Familie gezogen, um noch andere Erfahrungen zu
sammeln. Ein Umzug in eine Familie kam auch bei mir in Frage,
doch nach langem Überlegen habe ich mich dagegen entschieden
und bin im Moment sehr froh darüber, meine Freiheit und das
wunderschöne WG-Leben hier zu genießen.
Dass es mir hier langweilig wird, ist auch dank meiner vielen
Beschäftigungen nach Feierabend einfach unmöglich. Zwei bis
dreimal die Woche nehme ich weiterhin in der folkloristischen
Tanzgruppe teil. Nach und nach werde ich ernster genommen und
der Tanzlehrer traut sich auch langsam mir zu sagen, was ich
falsch mache oder verbessern könnte. So bekam ich die
Gelegenheit zu einem Tanzauftritt. In schönster Landestracht
durfte ich meine
noch nicht ganz vorhandenen Künste vor Publikum vorführen.
Auch das Kochen mit Freunden ist noch aktuell und immer eine
schöne Gelegenheit sich zu treffen und sich zu amüsieren. Da
ich langsam so meinen Freundeskreis gefunden habe, drehen sich
die Themen nicht mehr, wie anfangs nur um Smalltalk, was sehr
angenehm ist.
Mit Reisen nach Canta (Sierra von Lima), Truchjllo und
Chiclayo habe ich auch noch weitere Teile von dem wunderschönen
Peru kennengelernt und meine Wochenenden gut ausgefüllt.
Für
den letzten Abschnitt meines Aufenthaltes hier, steht noch der
Besuch meiner Eltern und meiner Schwester an, worauf ich mich
auch schon freue. Außerdem hoffe ich, dass die letzten drei
Monate nicht zu schnell vorbei gehen, damit ich hier das Leben
noch ein wenig genießen kann und
mehr Erfahrungen sammeln kann beziehungsweise vertiefen
kann.
Verena
Hermann
zum
Inhaltsverzeichnis
Jakob
Weigl |
07.
Juli 2010 - Nr. 2 |
Erfahrungsbericht
Seit
meinem letzten Erfahrungsbericht ist viel Zeit vergangen und
vieles hat sich getan. Das Wichtigste möchte ich im Folgenden
zusammenfassen.
Zunächst
kurz zur derzeitigen Wohnsituation: Nachdem ich einige Monate
mit einer peruanischen Familie in Tablada zusammengelebt
hatte, bin ich inzwischen wieder in den Hogar zurückgekehrt.
Die Zeit mit der Familie war schön und bereichernd; doch kam
ich nach einigen Problemen, besonders mit den Söhnen Manuél
und Luis, die sich mir bis zum Schluss nicht öffneten und
mich im Grunde nicht Teil ihres extrem auf den engsten Kreis
der Familie beschränktes Leben werden lassen wollten, zu dem
Schluss, dies sei für beide Seiten das Beste. Nun besuche ich
Dina, Jesús und ihre Söhne immer wieder, wir erzählen uns
Neuigkeiten und ab und zu kochen wir zusammen.
Die
Vormittagsgruppe Los Campeones
Hier
hat vor einem Monat ein vorübergehender Personalwechsel
stattgefunden: für die Zeit bis Ende August wird die
Erzieherin Judith, mit der ich bisher zusammengearbeitet
hatte, durch eine Frau namens Hilda (Aussprache in Peru: „Ilda“)
vertreten. Der Grund: Judith war schwanger und hat inzwischen,
vor zwei Wochen, eine Tochter geboren. Beide, Mutter und
Tochter, sind gesund
und wohlauf – was zwischenzeitlich nicht sicher war, da es
im letzten Stadium Probleme bei der Ernährung des Säuglings
gab und deshalb befürchtet wurde, das Kind komme mit
Organproblemen zur Welt. Doch glücklicherweise haben sich
alle bösen Prognosen des behandelnden Arztes als Fehleinschätzungen
herausgestellt, zumindest bis jetzt. Als ich sie besuchte,
traf ich sie als stolze, überglückliche Mutter nun dreier
Kinder an, doch gab sie offen zu, den Hogar - die Kinder und
das Essen - bereits zu vermissen.
So
endete also die in jeder Hinsicht glückliche Zusammenarbeit
mit Judith, denn ihre Rückkehr Anfang September werde ich
knapp nicht mehr erleben. Doch komme ich mit Hilda ebenso gut
zurecht, auch wenn das Verhältnis zu ihr (noch) nicht ganz so
freundschaftlich ist. Kurz zur Person: Hilda ist mit einem
Deutschen verheiratet, der in Lima als Bäcker arbeitet (und
dessen Spezialität, Vollkornbrot, nur bei den in Lima
lebenden Deutschen Absatz findet). Zwölf Jahre lang hat sie
in Deutschland, in Berlin, gelebt, bis ihr Mann beruflich in
Schwierigkeiten kam – er arbeitete „irgendetwas mit
Steuern“ - und der Umzug nach Peru die beste (einzige?) Lösung
war. Hilda wäre lieber in Deutschland geblieben, sie hatte
das Leben dort zu schätzen gelernt, obwohl sie fast ausschließlich
mit anderen dort lebenden, unter dem weniger herzlichen
Temperament der Berliner leidenden Peruanern Kontakt hatte.
Ihr Deutsch ist angesichts der langen Zeit in Deutschland
erstaunlich schlecht, besonders die Aussprache ist mangelhaft
– ein weiterer Beweis dafür, was Karin, Verena und ich in
einem dreimonatigen Deutschkurs für das Personal feststellen
mussten: Deutsche Sprache - schwere Sprache.
Besagter
Deutschkurs fand nach der offiziellen Arbeitszeit dreimalig
pro Woche statt, jeder von uns mit jeweils einer Stunde;
Teilnahme auf freiwilliger Basis, nach Einschreibung jedoch,
zumindest offiziell, verpflichtend. Die Idee fand großen
Anklang, doch wurde die Anzahl der regelmäßig erscheinenden
Schüler mit der Zeit immer geringer, gegen Ende fand sich nur
noch der harte Kern ein. Nach einer Krisensitzung stiegen
manche komplett aus, die meisten rafften sich jedoch noch
einmal auf und so wurde der Kurs relativ erfolgreich zu Ende
geführt. Am Schluss stand ein kleines, von uns dreien
organisiertes Fest mit Urkundenverleihung, Danksagungen, dem
Singen deutscher Lieder („Bruder Jakob“ und „Heo, spann
den Wagen an“ im Kanon), das ich dirigierte und mit der
Geige begleitete, Nudelsalat und natürlich Pisco Sour.
Die
Veränderungen im Saal, die es in den letzten zwei Monaten
gab, hängen sowohl mit beschriebenem Wechsel der Erzieherin
als auch dem fast zeitgleichen Hinzukommen des zehnjährigen
Jesús zusammen. Jesús brachte vom ersten Tag an viel
Bewegung und viel Aufregung mit sich, die sich bei Hilda fast
bis zur Verzweiflung steigerte. Just in diese Zeit des
Weggangs Judiths in den Mutterschutz fiel der Besuch meiner
Familie, sodass Hilda alleine mit der Situation zurechtkommen
musste. Sie war von Judith zwei Wochen lang in die Arbeit
eingeführt worden und hat durch die Arbeit in einem deutschen
Kindergarten Vorkenntnisse, doch unterscheiden sich die Jungen
und Mädchen des Hogars von den meisten deutschen Kindern
darin, dass wenig oder gar keine Erziehung durch die Eltern
stattfindet. Viele sind lange Zeit des Tages sich selbst überlassen,
die sie dann auf der Straße oder vor dem Fernseher verbringen
und sich dabei an rauere Umgangsformen gewöhnen.
Der
Fall Jesús ist extrem: sein Vater, der als „Cobrador“
arbeitet, also von morgens bis abends in einem Bus steht,
dessen Fahrtrichtung brüllt und das Fahrgeld einsammelt, ist
nach Beschreibungen ein verbitterter, aggressiver Mensch,
dessen einzige Erziehungsmaßnahme Schläge sind; die Mutter
ist eine scheue, alles erduldende und zulassende Frau. Jesús
ist also mit der Gewalt aufgewachsen, sowohl zu Hause als auch
draußen auf der Straße im Umgang mit meist älteren
Jugendlichen. Die Folge ist, dass auch er selbst davon ganz
selbstverständlich Gebrauch macht. Die einzige Person im
Hogar, die er respektiert, ist der Direktor Luis mit seiner mächtigen
Stimme. Die anderen Kinder lernten schnell von ihm, ob
freiwillig (Fäkalsprache) oder unfreiwillig (die
Notwendigkeit, sich zu verteidigen). Hilda war mit der
Situation überfordert, es soll in meiner Abwesenheit drunter
und drüber gegangen sein.
Als
ich von der Reise in den Süden zurückkam, fand ich Jesús
nicht mehr in der Gruppe und die anderen Kinder verändert.
Der dickliche Sebastián etwa, der immer der anhänglichste
und kindlichste der Jungen war, ließ bei jeder Gelegenheit
die Brust anschwellen und zeigte seine Muskeln, setzte diese
auch nach Bemühen ein und antwortete auf eindringliches
Zureden mit grimmiger Miene bloß „¡Yo les chanco!“
(„Ich hau sie!“) – eigentlich ein wirklich
komisch-lustiges Schauspiel, in der Situation muss ich mir des
Öfteren das Lachen verkneifen. Sein Verhalten hat sich
inzwischen wieder ein wenig gebessert, die erzieherische
Einflussnahme ist jedoch ein zähes und anstrengendes
Unterfangen und steht nicht im Verhältnis zu Sebastiáns
kurzer Zeit in der Lehre Jesús‘.
Nachdem
alle „klassischen“ Mittel der Erziehungskunst erfolglos
geblieben waren, wurde Jesús in die Gruppe der Ältesten
„strafversetzt“ in der Hoffnung, er verhalte sich dort zurückhaltender
und passe sich an das überwiegend ruhige und gute Betragen
der Jugendlichen an. Außerdem soll der Wunsch nach der Rückkehr
zu seiner Gruppe reifen. Bisher scheint die Strategie in Ansätzen
aufzugehen, wenn es auch immer wieder zu Vorfällen kommt.
Ich
persönlich habe Jesús liebgewonnen als äußerst
intelligenten, anhänglichen, fröhlichen, begeisterungsfähigen
Jungen und insgeheim amüsiere ich mich oft über seine
frisch-freche Art. Er ist zwar im Moment nicht bei den
Campeones, doch kommt er immer wieder zu mir und erzählt mir
oder will mit mir spielen. Die Wurzel allen Übels ist das
Elternhaus und ich hoffe, die Situation wird sich für Jesús
irgendwie verbessern. Doch ist die Arbeit mit den Eltern die
schwierigste und langwierigste, was auch in diesem Fall nicht
anders sein wird.
Insgesamt
macht Hilda ihre Arbeit sehr gut und bringt durch ihre
Erfahrungen in Deutschland neue Ideen und Konzepte mit ein.
Die
Nachmittagsgruppe „Chicas y Chicos Sin Fronteras“
Für
mich hat sich die Situation in der Gruppe der Ältesten, der
elf- bis 17-Jährigen eindeutig zum Positiven verändert. Ich
habe eingesehen, dass man sich nicht mit allen gleich gut
verstehen muss, dass man in einer Gruppe dieser Größe (ca.
20) wohl immer den ein oder anderen Unsympathen finden wird
und akzeptieren muss, auch in Peru. Mit den allermeisten
jedoch verstehe ich mich ausgesprochen gut und es macht Spaß,
mit ihnen zu arbeiten, zu spielen oder sich einfach zu
unterhalten. Insgesamt genieße ich mehr Respekt als am
Anfang. Das ist allgemein auf verbesserte Sprachkenntnisse,
das „Hineinwachsen“ in die Arbeit und eine entspanntere
Einstellung dazu zurückzuführen. Doch besonders zwei Dinge
haben mir geholfen, meine Position im Saal eindeutiger zu
definieren: die Hausbesuche und mein Bäckerei-Projekt.
Ersteres
bedeutet, dass Verena, Karin und ich nach und nach (fast) alle
der Kinder nach Hause begleiteten, um Lebenssituation und
Familie kennenzulernen. Die Idee dazu kam mir, als Luis in
einer der regelmäßig freitags stattfindenden
Mitarbeiterversammlungen erwähnte, man wolle eine
Sozialarbeiterin engagieren, um Informationen zu finanzieller
Lage, Arbeit der Eltern, Ausstattung des Hausrats, Verbindung
zu anderen Organisationen etc. einzuholen. Luis willigte fast
augenblicklich in das Angebot ein, wir könnten diese Aufgabe
übernehmen.
Nach
vorheriger Absprache mit den Eltern ließ ich mich meist nach
Schließzeit des Hogars, also gegen fünf Uhr nachmittags, von
einem der Kinder meiner Gruppen – ich kümmerte mich
vorwiegend um die Großen – zu deren Behausung mitnehmen.
Die Hauptintention war von offizieller Seite zwar die
Bearbeitung je eines Fragebogens, deren Sammlung einen Überblick
ermöglichen sollte zu Bedürftigkeit der Familien, doch war
dies praktisch Nebensache und wurde meist ganz am Schluss
erledigt. Fast überall wurde ich herzlich und in der Armut größtmöglichen
Großzügigkeit empfangen. Manche Eltern waren zu Beginn etwas
eingeschüchtert, doch habe ich es eigentlich immer geschafft,
bald das Vertrauen zu gewinnen, sodass mir von vielen
letztlich ganz freiwillig die komplette Lebensgeschichte erzählt
wurde. Die meisten dieser geschilderten Lebenswege sind
zweifellos sehr steinig, wobei mir durchaus bewusst ist, dass
mein Besuch bestimmte Hoffnungen auslöste und deshalb an Übertreibungen
nicht gespart wurde; nicht wenige der Mütter brachen in Tränen
aus.
Die
Unterschiede zwischen den Familien sind größer, als ich sie
mir vorgestellt hatte. Besonders eine Familie lebt nach
peruanischen Maßstäben alles andere als arm, das Haus ist
groß, stabil und gut eingerichtet (dennoch Tablada, nicht
Deutschland!), und ich stellte mir die ernsthafte Frage, ob
das Geld nicht besser in andere, bedürftigere Familien
investiert wäre; solche etwa, deren Behausung aus Sperrholz,
Pappe und Schilfrohrgeflecht zusammengezimmert, von Wellblech
überdacht und mit Plastikplane notdürftig abgedichtet ist.
Andererseits hat der Einsatz des Hogars nur Sinn, wenn den
Menschen nicht nur aus der Armutsfalle herausgeholfen, sondern
auch dafür Sorge getragen wird, dass sie nicht wieder
hineingeraten.
Die
meisten Gespräche führte ich mit alleinstehenden Müttern,
von denen nur die wenigsten noch Kontakt zu ihren ehemaligen Männern
haben, geschweige denn finanzielle Unterstützung von diesen
erhalten. Dies ist schon eines der Hauptprobleme: die Mütter
müssen arbeiten, denn wer sonst schafft Geld herbei?, in
vielen Fällen den ganzen Tag. Die Kinder sind in dieser Zeit
sich selbst überlassen, genießen „Narrenfreiheit“.
Das
Beschäftigungsfeld der Mütter ist leicht zu umreißen: das
Putzen, Waschen oder Kochen in Häusern anderer Familien oder
der Verkauf von Süßigkeiten, Obst oder Gemüse; in jedem
Fall nicht besonders lukrative Arbeiten. Ein Beispiel: eine
der Mütter verkauft an einem winzigen Rollwagen Süßigkeiten
in einem reicheren Stadtteil vor einer großen
Supermarktkette. Es besteht nicht nur das Risiko, von
gelegentlich kontrollierenden Polizisten geschnappt zu werden,
was den Verlust jenes Rollwagens mit allen Verkaufsgegenständen
und damit der einzigen Einkommensquelle bedeuten würde; der
„Verdienst“ reicht an manchen Tagen gerade, um die
Fahrtkosten morgens hin und abends zurück zu decken, ist also
gleich null.
Durch
die Besuche habe ich viel gelernt, vor allem natürlich über
die Kinder: wie sie leben, wo und in welchen Familienverhältnissen.
Das macht es leichter, bestimmte Bedürfnisse und
Verhaltensprobleme zu verstehen. In vielen Fällen verlangt es
Respekt ab, wie die Leute ihr Leben meistern, in manchen
jedoch muss man mit Unverständnis und Ungeduld
Tatenlosigkeit, Trägheit und Resignation gewahren wo es ohne
Zweifel Wege gäbe, die Lage zu verbessern.
Das
Verhältnis zu den meisten in der Gruppe der Ältesten wurde
durch die Besuche persönlicher, offener und ehrlicher. Auch
umgekehrt zeigen die Kinder nun viel mehr Achtung vor mir und
nehmen häufiger mein Hilfsangebot in Anspruch.
Besonders
zu sechs der etwa 20 „chicos y chicas sin fronteras“ hat
sich das Verhältnis intensiviert. Grund ist ein „taller“
(„Werkstatt“, „Arbeitsprojekt“), den ich nun seit ca.
drei Monaten immer mittwochs leite. Da der Heim-Bäcker
Ricardo zur Zeit nur vormittags anwesend ist und so für die
Nachmittagsgruppen die Mithilfe in der Bäckerei komplett ausfällt
und ein halbes Jahr über der junge Schreiner Javier nicht
mehr beschäftigt war (vor einigen Tagen ist er wieder
eingetreten – eine lange Geschichte, die ein andermal erzählt
werden soll), habe ich dieses Projekt begonnen, um zumindest für
meine Gruppe das Beschäftigungs- und Lernangebot zu
erweitern. Ich bin kein ausgewiesener Bäcker, habe nur eine
kurze pubertäre Phase der Back-Begeisterung durchgemacht, während
derer ich mit den Grundrezepten von Hefe-, Rührteig etc.
schon so manches ausprobiert und experimentiert habe und dabei
die gröbsten Anfängerfehler hinter mir lassen konnte. Das
Experimentieren habe ich auch als „Meastro“ nicht sein
lassen und so entstanden zum Teil recht ausgefallene
Kreationen wie grüne Basilikum- oder rote Ají-Brötchen (ají:
orange-rote Pfefferschote), aber auch typisch peruanische –
wie etwa Empanadas (gefüllte Teigtaschen) – und typisch
deutsche Backwaren, z.B. Rosinenbrötchen. Bis jetzt kamen
alle Dinge sehr gut an, nur das für den peruanischen Gaumen
ungewöhnlich schwere und allzu säuerliche
Zwiebel-Vollkornbrot mit kerniger Kruste stieß bei einigen
auf Unverständnis und handelte sich den Spitznamen „Pan
piedra“ („Steinbrot“) ein. Nun habe ich vor, zumindest
einmal an einem der mir verbleibenden Wochenenden eine Back-
und Verkaufsaktion zu veranstalten. Das bedeutet: am
Samstagabend verschiedene Backwaren herstellen und diese am
Sonntagmorgen in der Deutschen Gemeinde in Miraflores
verkaufen. Mit dem verdienten Geld könnte dann ein kleiner
Ausflug wie etwa ein Kinobesuch unternommen werden.
Aktuelles
Vor
wenigen Tagen habe ich hier im Hogar meinen Geburtstag
gefeiert. Das Fest wurde ein weiterer Höhepunkt meiner Zeit
in Tablada. Es war zwar zunächst anstrengend, für die etwa
20 Gäste zu kochen, doch zahlte sich die Mühe aus: die Idee
war, meinen Freunden die Möglichkeit zu geben, typische
Speisen meiner Heimat, des Frankenlandes, kennenzulernen. Wie
häufig war ich doch hier danach gefragt worden, wie man denn
dort esse! Die Speisekarte: Nürnberger
Bratwöschtla mit Kartoffelsalat, Sauerkraut und Gurkensalat.
Zweites Gericht: Saure Zipfel mit „Pan piedra“.
Die
Nürnberger und das Sauerkraut hatten meine Eltern
mitgebracht, weshalb zur Enttäuschung der Eingeladenen nicht
alles zum Nachkochen geeignet ist. Das Essen kam super an und
die Stimmung wurde im Laufe des Abends immer besser und
ausgelassener. Zu später Stunde holte ich nach mehrfachen
Bittens meine Geige hervor und spielte eine Solofantasie von
Telemann. Stefan, ehemaliger Volontär des Hogars, inzwischen
in Tablada ansässig und verheiratet und seit kurzem Vater, zückte
seine große Altblockflöte, die er zufälligerweise mitführte
und zusammen spielten wir eine weder für Violine noch für Flöte
komponierte Serenade Joseph Haydns von ungeordneten Notenblättern
ab, die aus unbestimmbaren Gründen zufälligerweise irgendwo
im Raum herumlag. Kurz darauf griff Jairo, der vorübergehend
mein junger Gitarrenlehrer war, zur Gitarre und zu dritt
improvisierten wir auf nicht allzu hohem Niveau, doch mit viel
Freude in allerlei Tonarten. Später spielte Jairo bekannte
Lieder auf Wunsch, dazu wurde fröhlich gesungen. Ein Abend
also ganz im Zeichen des interkulturellen Austauschs.
Im Moment bin ich hin- und hergerissen zwischen Trauer über
das baldige Ende meiner Zeit in Peru und der Vorfreude auf
Deutschland. Gerade durch die dringliche Organisation des
Studienbeginns, der mich sehr kurz nach meiner Rückkehr in
Deutschland erwartet, wandere ich in Gedanken mehrmals täglich
über den Atlantik und zurück. Wahrlich wartet Stress auf
mich: am 20. August komme ich in Deutschland an, am ersten
September bereits beginnt das fünftägige fid-Rückkehrerseminar
in Köln. Davor möchte ich schon einige dringende Besuche
erledigen, möchte in die Stadt Bayreuth fahren, die höchstwahrscheinlich
mein zukünftiger Studienort für das Fach Jura sein wird, und
sollte im Zuge dessen, wenn es denn auf einen Umzug in eine WG
hinausläuft, vor Ort einige Bewerbungsgespräche führen. Der
Umzug sollte gegen Ende September vollzogen sein und mit dem
ersten Oktober beginnen die Einführungsveranstaltungen der
Universität. Und während all dessen muss ich Zeitumstellung
und Kulturschock verkraften!
Das
einzig Positive daran: Ich entgehe der Langeweile, dem mächtigsten
Verbündeten von Melancholie und Fernweh
nach Peru!
¡Cúidense,
Chau, Hasta pronto!
Jakob
zum
Inhaltsverzeichnis
Karin
Kiefer |
27.
Juli 2010 - Nr. 3 |
Vor
einer Woche musste ich viele Menschen, die mir ans Herz
gewachsen sind, ein Land, das zu meinem zweiten Zuhause
geworden ist, und ein Leben, das so vollkommen anders war, als
mein früheres in Deutschland, verlassen. Seit einer Woche führe
ich wieder mehr oder weniger mein altes Leben in meiner alten
Umgebung.
Der
Abschied in Peru war recht zweigeteilt. Einerseits freute ich
mich wieder auf Deutschland, auf meine Familie und Freunde,
auf das Essen, auf die grüne Landschaft und auf den
Sommer,… Andererseits wurde mir vor allem in den letzten
Tagen bewusst wie eng manche Freundschaften wurden, wie gut
ich mich in Peru eingelebt hatte und wie wenig ich Deutschland
in den letzten Wochen und Monaten vermisste.
In
den letzten Wochen vor dem Heimflug kauften wir die letzten
Mitbringsel ein, besuchten zum letzten Mal bestimmte Orte
Limas, trafen uns zum letzten Mal mit unseren Freunden und
Bekannten, schrieben Abschiedskärtchen mit unseren Fotos,
setzten uns mit dem Abschied auseinander.
Am
letzten Donnerstag in Peru verabschiedeten Verena und ich uns
von den Kindern. Vormittags bereiteten wir ein besonderes „Refrigerio“,
ein besonderes Vesper, vor. Vor dem Mittagessen versammelten
sich alle Kinder im Essensraum, sangen ein Lied und übergaben
uns Briefe und kleine Geschenke. Nachmittags verabschiedeten
wir uns wiederum zuerst in unseren Gruppen und anschließend
von allen Kindern im Speisesaal.
Am
Freitagabend machten wir ein Abschiedsfest mit dem gesamten
Personal des Heimes sowie unseren Freunden, tagsüber waren
wir mit den Vorbereitungen wie Kochen beschäftigt. Es war
eine schöne Feier, es wurde getanzt, wie es zu jedem
peruanischen Fest dazu gehört. Das Wochenende und den Montag
verbrachten wir mit unseren engsten Freunden, beim Friseur und
im Supermarkt, um Ají, Choclo, Obst und andere Dinge, die es
in Deutschland nicht gibt, einzukaufen. Schließlich brachten
uns am Dienstag schon frühmorgens der Direktor, zwei Erzieher
sowie Jakob, der noch einen Monat länger in Peru bleibt, an
den Flughafen. Während dem Flug nach Caracas waren wir in
Gedanken noch in Peru, während dem zweiten Flug schon in
Deutschland. Wieder auf deutschem Boden war alles wieder
unerwartet normal, auch wenn ich in Frankfurt doch etwas überrascht
war, dass aus dem Wasserhahn nur warmes Wasser kommt.
In
den vergangenen Monaten bekamen wir die Chance, auch einen
kleinen Einblick in das Leben der Oberschicht zu bekommen. Wir
besuchten das Colegio Humboldt – die deutsche Schule Limas.
Die Humboldt-Schule kann man sich wie einen deutschen
Kindergarten, eine deutsche Grundschule und ein deutsches
Gymnasium in einem vorstellen, nur mit dem großen
Unterschied, dass auf dem Pausenhof Spanisch gesprochen wird
und die Schule von einer fünf Meter hohen Mauer und einem
Elektrozaun vor der Außenwelt geschützt wird. Im
Kindergarten lernen die Kinder wie in anderen peruanischen
Kindergärten schon Buchstaben zu malen, hier treffen wohl
zwei verschiedene Bildungssysteme aufeinander. Mit dem Beenden
der elften Klasse erhalten die Schüler den peruanischen
Abschluss, diejenigen, die weitermachen möchten, können in
der zwölften Klasse das baden-württembergische Abitur
erwerben. Nach Auskunft eines deutschen Lehrers bietet die
Humboldt-Schule ihren Schülern abgesehen von einer riesigen
Auswahl an AGs nicht mehr und nicht weniger als ein
durchschnittliches Gymnasium. Jedoch zahlen die Humboldt-Schüler
380 US $ (knapp 300 €) monatlich für die gleiche Bildung,
wie wir in Deutschland kostenlos erhalten! Damit gehört die
Humboldt-Schule aber noch lange nicht zu den teuersten Perus.
Das Colegio Roosevelt, eine amerikanische Schule, verlangt
rund 900 US $ (etwa 700 €).
Später
besuchten wir einen Lehrer der Humboldt-Schule. Er wohnt mit
seiner Familie in einem geschlossenen Wohnviertel, das von
einer Mauer umgeben ist sowie von einer Sicherheitsfirma
bewacht wird. Dieses Wohnviertel wirkt wie eine Oase, es
erinnert nichts an den Stress und an den Schmutz der Megastadt
Lima. In einem hübschen Park spielen hellhäutige Kinder Fußball
umgeben von villenartigen Einfamilienhäusern mit
Swimming-pool und großem Garten. Alles ist grün, nichts lässt
vermuten, dass das Wohnviertel sich in der Wüste befindet. Häuser
in solchen Wohngegenden haben gewöhnlich einen getrennten
„Dienstmädcheneingang“ für die „Empleada“, die
Hausangestellte. Eine Hausangestellte zu beschäftigen, die
kocht, wäscht und putzt, ist in der peruanischen Mittel- und
Oberschicht normal und wird von der Gesellschaft auch
erwartet, da so ja auch Arbeitsplätze geschaffen werden.
Dieser
Lehrer zeigte uns noch ein Wohnviertel, in dem die
Superreichen, wie beispielsweise Botschafter, wohnen. Von dort
aus hat man einen sagenhaften Blick auf Lima, einige Villen
sehen aus wie kleine Schlösschen und auf einem Grundstück gäbe
es sogar einen künstlich angelegten Wildwasserbach zum
Kajakfahren. Ein paar Kilometer weiter leben Familien, die ihr
Wasser durch einen Gartenschlauch vom Nachbarn bekommen und es
in Regentonnen speichern… Lima ist in jeglicher Hinsicht
eine Stadt der Extreme.
Eine
etwas andere Erfahrung war der Besuch meiner Eltern im April.
Sie wohnten bei mir im Hogar. Elf Tage reisten wir in den Süden
des Landes, besuchten Arequipa, den Titicacasee, Cusco und
Machu Picchu, eben die typische Perureise, touristisch,
anstrengend und schön. Als wir wieder zurück in den Hogar
kamen, wartete eine Überraschung für uns: Der Rückflug
werde sich auf unbestimmte Zeit dank eines isländischen
Vulkans verschieben. Das war für meine Eltern eine durchaus
unangenehme Nachricht, aber dafür konnten sie in den vier
Tagen, die sie länger blieben, mehr von meinem Alltag erleben
und mitleben.
Für
mich war die Zeit mit meinen Eltern einerseits schön, ich
konnte ihnen etwas von „meinem“ Land zeigen, andererseits
aber auch anstrengend, da sie von mir sehr abhängig und immer
an meiner Seite waren. Zudem fiel es mir auch nicht immer ganz
leicht, zu verstehen und zu akzeptieren, dass Peru auf sie
anders wirkte als auf mich. Schließlich verstand ich im
Gegensatz zu ihnen die Sprache und hatte schon einige Monate
Zeit, um mich einzugewöhnen.
Jetzt
muss ich mich erstmal wieder in Deutschland eingewöhnen,
wobei mir schon wieder alles recht normal und erschreckend
gleich wie früher erscheint. Mitte August werde ich an dem Rückkehrerseminar
in Köln teilnehmen, Mitte Oktober beginnt schon mein Studium
- ein neuer Lebensabschnitt.
zum
Inhaltsverzeichnis
Verena
Herrmann |
Juli
2010 - Nr. 3 |
Endbericht
Eigentlich
hatte ich vor, meinen dritten Bericht
in den letzen Wochen meines Peruaufenthalts zu
schreiben. Doch leider sind diese nur so dahin geflogen.
Deshalb bemühe
ich meine Erlebnisse und Eindrücke der letzen Hälfte nicht
mehr an meinem Schreibtisch in Tablada niederzuschreiben,
sondern schon nach gut einer Woche Eingewöhnungszeit in
Deutschland.
Alltag
im Heim
Ja,
mittlerweile ist es ziemlicher Alltag für mich geworden, im
Heim mit zu helfen. Vor allem vormittags hat sich in den
letzen Monaten nicht viel verändert. Klar habe ich die Kinder
noch besser kennen gelernt, konnte leichter einschätzen, wer
wirklich auf Hilfe angewiesen ist und habe den Kindern
weiterhin Computerunterricht gegeben. Dieser bereitet ihnen so
große Freude, dass wir einen Plan aufstellen mussten, um
Streitereien zu vermeiden, wer an welchen Tag zu den Computern
mitdurfte. Schon morgens wurde ich von dem jeweiligen Kind bei
der Begrüßung daran erinnert, dass es mich an diesem Tag
begleiten durfte. So eine positive Rückmeldung von den
Kindern tat natürlich gut und verhalf auch dazu, dass der
„Unterricht“ mir großen Spaß bereitete. Im Laufe der
Zeit hat sich auch die Beziehung zu der Erzieherin Giowanna
verbessert. Anfangs sagten wir uns nur das Nötigste, zum
Schluss aber konnten wir Gespräche
führen.
Nachmittags hatte sich so Einiges im Salon der Kleinen geändert.
Judith, die Erzieherin, ging in Mutterschutz und so übernahm
Hilda, eine Mitte fünfzig Jahre alte Frau, ihre Arbeit. Hilda
ist mit einem Deutschen verheiratet und lebte 12 Jahre in
Berlin, wo sie teilweise auch einem Kindergarten arbeitete.
Durch Erziehungsmethoden, die mir von meinen Kindergärtnerinnen
bekannt vorkamen (wahrscheinlich geprägt durch den deutschen
Einfluss), versuchte sie mehr Ruhe und Ordnung in den Salon zu
bringen. Meditationen oder Lesestunden, die den Kindern nach
einer sehr schlecht abgeschnitten Leseverständnisprobe
verschrieben wurden, tragen zu diesen Verbesserungen bei.
Anfang Juli machten wir mit den Kindern einen Ausflug in den
Parque de las leyendas, den Zoo von Lima. Jeder Erwachsene
bekam vier Kinder zugeteilt, die man nicht aus den Augen
verlieren durfte. Diese Aufgabe war nicht immer ganz einfach,
da Menschenmassen die Sicht auf kleine Kinder verhinderten,
die aus Aufregung natürlich immer schnell zum nächsten Käfig
wollten. Ich
verbrachte den Tag mit zwei Erstklassmädchen und zwei
Zweitklassjungen. Die Mädels blieben meist lieb an meiner
Hand und die Jungs meldeten mir immer wo sich gerade der
andere aufhielt. So konnte ich den Tag eigentlich ganz genießen,
lernte meine vier Kinder noch besser kennen
und baute eine tiefere Beziehung zu ihnen auf. Schade,
dass dies erst so kurz vor Schluss passierte.
Besuch
am Humboldt
Ein
Lehrer von Karins ehemaliger Schule
unterrichtet jetzt an der deutschen Schule hier in
Lima. Dadurch
hatten wir die Möglichkeit dieses Gymnasium kennen zu lernen.
Herr Wagner, der Lehrer, führte uns einmal durch die Schule
und beantwortete breitwillig unsere Fragen. Die Struktur der
Schule ist sehr ähnlich wie eine Schule in Deutschland, nur
dass noch mehr Aktivitäten angeboten werden und eine bessere
Infrastruktur wie zum Beispiel ein Schwimmbad genützt werden
können. Dies liegt zum einen daran, dass dieses Gymnasium
eine Privatschule ist und die Schulgebühr mit 300 Dollar im
Monat nicht unbedingt wenig ist. Vielleicht hängt es auch
davon ab, dass das Bauen solcher Anlagen einfacher viel preisgünstiger
ist als in Deutschland. Es war schon komisch, durch
Schulkorridore zu laufen, die sehr einer Schule in Deutschland
ähneln und doch so weit von zu Hause entfernt zu sein. Auch
die vielen strohblonden Köpfe die man überall sah, erweckten
meine Aufmerksamkeit, da ich irgendwie schon an dunkelhaarige
Kinder gewohnt war.
Die Einladung Herr Wagners, ihn mal zu Hause zu besuchen,
nahmen wir an und machten so einen Sonntagsausflug in die
andere Realität. Der Lehrer wohnt mit seiner Familie in einem
Wohngebiet, das abgesperrt ist und mit mehreren Wachleuten überwacht
wird. Zu jedem Riesengrundstück gehört ein Swimming-Pool,
ein durch einen Gärtner gepflegten Garten, mindestens zwei
Autos und ein wunderschönes Haus, in dem meistens auch eine
Haushälterin fürs Rechte sorgt. Auf einer Fahrt mit ihm
durch die reichste Wohngegend Limas, in der vor allem die
Botschafter der verschiedenen Länder und auch peruanische
Politiker leben, schienen mir die Gegensätze zwischen diesem
reichen Gebiet und dem armen Tablada, welches nicht einmal
eine Busstunde entfernt liegt, fast unbegreiflich. Für mich
ist es unvorstellbar, im übertriebenen Saus und Braus zu
leben, während hinter der Mauer die Menschen in Wellblechhütten
ohne Fenster hausen.
Die Ansichten Herr Wagners, der nun schon vier Jahr in Peru
wohnt, waren sehr interessant für mich und regten zum
Nachdenken an, jedoch waren diese nicht immer nachvollziehbar
für meine Einstellungen. Durch diesen Besuch haben wir
eindeutig noch das andere Extrem Perus, den sehr starken
Reichtum, kennen gelernt.
Besuch
meiner Familie
Ende
Mai war es so weit; meine Familie kam mich über die
Pfingstferien besuchen. Da Karins Eltern einen Monat vorher
bei uns waren, wusste ich schon ungefähr auf was ich mich
einstellen musste und da wir auch die gleiche Reiseroute
geplant hatten, konnte ich mich auf ihre Empfehlungen
verlassen. An ihrem Ankunftstag fuhr ich also, nachdem ich zu
Hause alles schön hergerichtet hatte, per Bus zum Flughafen.
Das Gefühl der Gastgeber für meine Familie zu sein,
bereitete mir schon Vorfreude. Außer, dass meine jüngere
Schwester einen Wachstumsschub hatte, kam es mir so vor, als hätte
ich sie gestern erst gesehen.
In den nächsten Tagen zeigte ich ihnen das Heim und
stellte sie meinen Freunden vor. Auch durch meine Umgebung führte
ich sie und es schien ihnen echt gut zu gefallen. Mein Vater
wollte gar nicht mehr aus den combis aussteigen und zog diese
eindeutig den Taxis vor. Dann gingen wir für 10 Tage auf
Rundreise um Arequipa, Puno und Cuzco kennen zu lernen. Vor
allem die Übernachtung bei Einheimischen auf dem Titicacasee
und die Region um Cuzco mit dem Machu Picchu waren sehr
beeindruckend und wunderschön. Ich genoss es, meiner Familie
der Reiseführer zu sein, denn durch mein Spanisch und das
Wissen über das Land lag ich ihnen doch im Vorteil. Sehr schön
fand ich es, dass sie dies sehr gut angenommen haben und meine
Tipps im Bezug auf Sicherheit und Bräuche sehr gut umsetzen.
Obwohl keiner von ihnen richtig Spanisch kann, hatten sie die
Fähigkeit sich mit Englisch oder einem Ansatz von Spanisch
durchzuschlagen, wenn ich
mal nicht zur Stelle war. Dies lies mich die Reise sehr
angenehm verbringen,
ohne alle Verantwortung für die Tage zu haben. Insgesamt kann
ich sagen, dass es sehr toll war, dass die mich besucht haben,
damit sie sich unter meinen Erzählungen mehr vorstellen können
und auch mein peruanisches Leben kennen gelernt haben.
Der
Abschied
Der
20. Juli, unser Abflugtag rückte immer näher. Schon relativ
früh fing ich an, mich von den Leuten und Orten zu
verabschieden, um nicht in
Stress zu geraten. Alle Freunde und Bekannte luden wir
nochmal einzeln zu uns ein oder besuchten sie. Hauptsächlich
mit Karin, da sie mit mir nach Deutschland flog, Jakob aber
noch einen Monat länger blieb, fuhren wir zu den Orten, die
wir in dem Jahr in Lima kennengelernt hatten, vor allem um
Mitbringsel einzukaufen.
Am letzten Donnerstag im Heim verabschiedeten wir uns von den
Kindern, zuerst mit einer besonderen Pause und dann mit denen
von uns gebackenen Schneckennudeln von jedem Kind persönlich.
Außerdem versammelten sich alle im Speisesaal, wo Luis eine
Rede hielt, die Kinder uns ihre gebastelten Geschenke überreichten
und uns Lieder sangen. Vor allem die Verabschiedung im Salon
am Vormittag gefiel mir sehr gut, weil man auch den Kindern
ansah, dass sie meinen Abschied bedauerten. Auch mir kullerten
zum Teil die Tränen runter, weil ich die Kinder echt lieb
gewonnen hatte und die Vorstellung sie vielleicht nie wieder
zu sehen, ein sehr trauriges Gefühl in mir erweckte.
Von dem Personal und allen unseren Freunden verabschiedeten
wir uns ein letztes Mal mit einem Abschiedsfest in unserem
Wohnbereich. Karin und ich kochten den ganzen Morgen vier
verschiedene Suppen, Jakob buk für uns zwei Kuchen und dank
seiner Geburtstagsfeier zwei Wochen zuvor konnten wir unser
Esszimmer auch ziemlich leicht wieder gemütlich herrichten.
Der Abend wurde sehr schön, obwohl sehr viele schon relativ
früh gingen, was an einem Freitagabend auch durchaus verständlich
ist. Mit den wenigen Verbliebenen verbrachten wir tanzend und
lachend den Abend, sodass Gedanken an den nahenden Abschied
ziemlich verdrängt wurden. Früh morgens am 20. Juli kamen
noch einige Freunde um uns zu verabschieden, was sehr schön
war. Anita, Andy, Luz, Luis und Jakob begleiten und zum
Flughafen wo wir mit einem lachendem Auge (mit Vorfreude auf
Deutschland) und einem größeren weinendem Auge (aus Trauer
um das Verlassens unseres peruanischen Lebens) gen Frankfurt
flogen.
Eigentlich hatte ich überhaupt nicht das Bedürfnis mein
Leben hier in Peru aufzugeben
um nach Deutschland zurück zukehren. Aber die Zeit war
abgelaufen und eine neue Etappe meines Lebens fängt im
Oktober mit einem Lehramtstudium an.
Liebe
Grüße
Verena
Hermann
zum
Inhaltsverzeichnis
Karin
Kiefer |
Abschlussbericht
Oktober 2010 |
Vor
gut einem Jahr begann für mich das Abenteuer Peru, zehn
intensive Monate, die mich noch lange begleiten werden. Es
begann mit einem Flug ins Ungewisse, einem Flug mit gemischten
Gefühlen. Einerseits Vorfreude endlich den Traum vom
Auslandsjahr verwirklichen zu dürfen, andererseits Angst vor
dem, was mich erwarten könnte und schließlich ein wehmütiges
Gefühl das bisherige Leben sowie Familie und Freunde
zumindest für zehn Monate zurücklassen zu müssen.
Während
der ersten Wochen glich meine Gefühlswelt einer
Achterbahnfahrt. Alles war spannend, aufregend, neu, aber auch
ungewohnt und manchmal unangenehm, verwirrend. Kein Tag endete
so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die einfachsten Dinge
konnten mich unbeschreiblich glücklich machen – eine
Busfahrt durch Lima war einfach genial -, diese Glücksmomente
wurden aber auch immer wieder vom Heimweh unterbrochen –
Was, immer noch neun Monate?!
Die Menschen im Heim versuchten uns den Anfang leicht zu
machen, sie kamen mit viel Herzlichkeit auf uns zu, versuchten
uns ihre Welt zu erklären, versuchten geduldig unser
stockendes Spanisch zu verstehen. Ich brauchte Zeit all die
neuen Eindrücke zu verarbeiten, kämpfte manchmal mit dem
Heimweh. Am Wochenende machten wir viele Ausflüge, um Limas
verschiedene Stadtteile kennenzulernen oder besuchten
peruanische Bekannte, unter der Woche waren wir tagsüber bei
den Kindern. Mit ihnen spielte ich gelegentlich Mühle,
Volleyball oder Fußball, meistens half ich ihnen aber bei den
Hausaufgaben. Hierbei war ich manchmal ungeduldig, erwartete,
dass die Kinder selbstständiger ihre Hausaufgaben erledigen könnten
oder bessere Grundlagen hätten. Es deprimierte mich, wenn ich
den Eindruck hatte, dass die Kinder und Jugendlichen in der
Schule kaum Fortschritte machten. Andererseits freute es mich,
die Herzlichkeit und Anhänglichkeit der Kinder zu erleben.
Sie kamen immer wieder auf mich zu, suchten meine
Aufmerksamkeit. Es war schön nicht die strenge Erzieherin
spielen zu müssen, sondern eben „nur“ die Freiwillige zu
sein.
Während
der ersten Monate reisten wir auch viel, lernten die Anden
kennen, die Sanddünen Icas und im Januar schließlich den
Regenwald. Diese Reisen zeigten uns ein unheimlich vielfältiges
Peru, versprachen immer auch Abenteuer.
Ende
Januar, nach den vier Wochen in den Tropen, freute ich mich
darauf nach Tablada zurückzukehren, nun fühlte ich es
richtig, Tablada war mein Zuhause geworden. Meine Gefühle
befanden sich längst nicht mehr auf Achterbahnfahrt,
wirkliches Heimweh gab es nicht mehr. Beim Personal des Hogars
fühlte ich mich integriert, eben ein Teil der Gruppe, ähnlich
erging es mir mit den Kindern. Vor allem zu den Jugendlichen
gelang es mir freundschaftliche Beziehungen aufzubauen, bei
ihnen fühlte ich mich pudelwohl. Mein Spanisch reichte
endlich etwas über den gewöhnlichen Smalltalk hinaus, ich
konnte intensivere Gespräche führen und so meine Gegenüber
besser kennenlernen, es entstanden Freundschaften.
Nach
einer Spende aus Spanien wurden im März für die Kinder ältere
Computer eingerichtet. Wir begannen mit einigen Gruppen am PC
schreiben zu üben und die ersten Schritte in
Tabellenkalkulation und im Internet zu machen. Die
Jugendlichen verwendeten vor allem das Internet für ihre
Hausaufgaben.
Abgesehen davon boten wir dem Personal des Heimes einen
dreimonatigen Deutschkurs an. Anfangs war die Motivation groß,
auch wenn sie schließlich nicht viel mehr lernten, als Begrüßungs-
und Abschiedsformeln. Dafür verbrachten die Angestellten viel
Zeit zusammen, lachten über- und miteinander. Ich hoffe, dass
wir so etwas zur Stärkung des Teams beitragen konnten.
Im März und April bot sich uns auch die Chance die Familien
der Kinder und ihre Lebensverhältnisse kennenzulernen. Mit
einem Fragebogen der Heimleitung besuchten wir die Familien.
Die Besuche gestalteten sich sehr unterschiedlich, einige
freuten sich, dass wir kamen, anderen war es unangenehm. Für
diese Besuche bin ich sehr dankbar, es half mir die Kinder vor
dem Hintergrund ihrer Familien besser zu verstehen und gab mir
einen Eindruck davon, aus welch unterschiedlichen Verhältnissen
die Kinder kommen. Ein paar Kinder lebten in massiven Häusern,
hatten Strom- und Wasseranschluss, manche sogar einen PC,
andere lebten in einer 8 qm großen Hütte, schliefen zu dritt
in einem Bett, der Boden war bloß festgestampfte Erde, das
Wasser speicherten sie in einer Wassertonne.
Kurz darauf lernten wir auch eine andere Realität der
Millionenmetropole Lima kennen. Wir besuchten die Deutsche
Schule und einen deutschen Lehrer, der mit seiner Familie in
einem reicheren Wohnviertel lebt. Dort wirkte der Reichtum
geradezu verschwenderisch auf mich.
Armut zu definieren fällt mir nach wie vor schwer. Was ist
Armut und gibt es sie in Deutschland überhaupt? Ist ein in
Deutschland lebender Hartz-IV-Empfänger reicher, als eine
Peruanerin, die zwar in weit ärmlicheren Verhältnissen lebt,
aber vielleicht besser in der Gesellschaft integriert ist?
Schließlich darf der Begriff „Armut“ nicht nur auf das
Materielle begrenzt werden, Armut hat viele Gesichter.
Im
Juli musste ich Freunde und mein dortiges Leben zurücklassen.
Mit einigen halte ich natürlich noch Kontakt, Peru ist immer
noch präsent, auch wenn es gerade mit dem Studienbeginn etwas
in den Hintergrund gerückt ist. Ich konnte mit einem
zufriedenen Gefühl zurückkehren und die letzten Wochen
wieder daheim genießen. Ich hatte die zehn Monate genutzt,
habe viel von Peru gesehen und erlebt, bin ein Stück weit
selbständiger, selbstbewusster und vielleicht auch
erwachsener geworden.
In
Peru konnte ich auch über den eigenen Tellerrand etwas
hinaussehen, meinen Blickwinkel auf die Deutschen und auf
Deutschland in mancher Hinsicht weiten.
Ich habe den Luxus schätzen gelernt, Wasser direkt vom Hahn
trinken zu können und sich sowohl tagsüber als auch nachts
überall frei bewegen zu können, ohne Gefahr zu laufen,
gleich überfallen zu werden.
Wenn man die Herzlichkeit, die Gastfreundschaft und den vielen
Körperkontakt z.B. bei Begrüßungen der Südamerikaner
kennengelernt hat, kann man sich leicht vorstellen, warum
Deutsche von Ausländern oft als kalt empfunden werden. Während
der Zugfahrt von Frankfurt nach Basel wurden Verena und ich
auch erst mal von „den Deutschen“ enttäuscht, weil wir
eben nicht gleich von fünf Freiwilligen umgeben waren, die
unsere Koffer tragen wollten. Aber da hatten wir eben Pech, im
Gegenteil, in den letzten Wochen wurden wir immer wieder von
der Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit überrascht, auch
hier wird einem ganz genau der Weg erklärt, wenn man sich mal
verlaufen hat – nicht nur in Peru!
Die Deutschen jammern ja gerne und auf hohem Niveau. Klar, 500
€ Studiengebühren pro Semester sind für einen Studenten
viel, aber verglichen mit anderen Ländern ist das einfach
nichts. In Deutschland hat jedes Kind weitgehend unabhängig
vom Geldbeutel der Eltern Zugang zu einer vernünftigen
Schulausbildung. Auf eine Schule, die mit einer deutschen
Schule vergleichbar ist, kann in Peru nur ein Kind der
Oberschicht gehen. Selbst für eine Berufsausbildung müssen
Peruaner bezahlen – sie verdienen dabei nichts.
Dankbar zu sein für die Annehmlichkeiten und die Möglichkeiten,
die mir Deutschland bietet, auch das habe ich aus Peru
mitgenommen.
Im
vergangenen Jahr habe ich viele unbezahlbare Erfahrungen
gemacht, die ich nicht missen möchte! Ich bin froh, dass ich
all das, also Freud und Leid, Schönes und Verwirrendes mit
Verena und Jakob teilen konnte und immer noch kann.
zum
Inhaltsverzeichnis
Marie
Giesen |
1.
Erfahrungsbericht – 12. 12 2010 |
Es
ist Dezember und es sind schon fast drei Monate vergangen,
seit ich mich ins entfernte Peru gewagt habe... Zeit also, die
Erfahrungen und Erlebnisse der letzten Monate
zusammenzufassen! =)
Viel
ist seidem passiert, ich habe neue Menschen kennen gelernt,
die ich nicht mehr missen moechte und auch an die Umgebung
habe ich mich nun langsam gewoehnt... mein „castellano“
wird langsam besser, und auch wenn ich an manchen Tagen noch
denke, dass ich gar nichts verstehe, oder dass dieser oder
jener Satz wohl nicht verstanden werden konnte, habe ich mich
an die Sprache gewoehnt und mich mehr oder weniger eingehoert.
Um
mein Leben hier besser beschreiben zu koennen, habe ich es in
verschiedene Bereiche eingeteilt, dich ich nun im Folgenden
naeher erlaeutern werde.
Das
Leben im Hogar
Wie
wahrscheinlich jede Freiwilligengruppe durften wir die ersten
vier Wochen in jede der Altersgruppen reinschauen, um dann
anschliessend zu entscheiden, in welche Gruppen wir wollen.
Diese vier Wochen gingen fuer mich unglaublich schnell herum
und man hatte kaum Zeit, sich in den Gruppen einzufinden. Wir
haben es dennoch schnell geschafft, uns zu einigen. Anfangs
waren alle von den ganz kleinen begeistert und Miriam und ich
hatten uns geeinigt, dass wir zum Halbjahr wechseln. Mir ist
jedoch mit der Zeit bewusst geworden, dass ich mit den
3-6-jaehrigen doch nicht so viel anfangen kann und ich lieber
in meiner Gruppe des ersten Halbjahres bleiben moechte.
Vormittags
bin ich zusammen mit Valentin nun bei den „campeones“. Man
sollte meinen, bei einer Educadora und zwei Voluntarios sollte
man die anfangs fuenf, jetzt nur noch drei Kinder unter
Kontrolle bekommen... Judith, die Erzieherin, kommt jeden Tag
eine Stunde spaeter, weil sie ein kleines Kind hat, und so
sind Valentin und ich fast schon seit Beginn jeden Morgen auf
uns alleine gestellt, um die Rasselbande zu baendigen! Anfangs
war es ziemlich chaotisch, jetzt ist es schon besser. Wir
haben eine Zeit, in der die Kinder Zaehne putzen sollen, dann
lesen sie etwas und danach koennen sie noch eine halbe Stunde
spielen, bevor Judith um neun kommt und die Kinder mit den
Hausaufgaben anfangen... es klappt mal mehr und mal weniger
gut! =)
Die
drei Kids hatten jedoch bei mir von anfang an ein Stein im
Brett und ich war froh, als ich in die Gruppe durfte. Sie
haben ein aehnliches Alter wie die Kinder der
Pfadfindergruppe, die ich in Deutschland hatte und ich war
ueberzeugt, dass ich es schon irgendwie schaffen wuerde. Und
natuerlich gab und gibt es noch immer viele Momente, in denen
die Kinder total lieb sind, einen umarmen und sich stundenlang
begeistern koennen, wenn man mit ihnen Wattepusten spielt.
Nachmittags
bin ich bei Giovana und der Gruppe „de la manana“. Es war
anfangs nur meine zweite Wahl, und ich war froh, dass ich zum
Halbjahr mit Miriam wechseln sollte. Sie sind chaotisch,
aergern sich gegenseitig, beschweren sich dann, wenn sie eins
auf die Muetze bekommen und (ver)petzen sowieso alles und
jeden... es ist unglaublich anstrengend, die Kinder haben in
manchen Momenten keinen Respekt vor mir als Autoritaetsperson
und bei den vielen Leuten (es sind fast 20 Kinder!) ist es
fuer die Kinder teilweise schwierig, sich auf die Hausaufgaben
zu konzentrieren.
Dennoch
sind sie mir unbewusst ans Herz gewachsen und obwohl sie immer
noch viel Nerven kosten koennen, haben wir uns aneinander
gewoehnt und ich moechte nun auf keinen Fall mehr wechseln.
Fuer
die Weihnachtszeit haben wir Freiwilligen in den Gruppen den
Adventskalender eingefuehrt. Waehrend meine Vomittagsgruppe
sich beschwert, wenn einer mal zwei Saeckchen oeffnen darf und
der Rest nur eins, wartet meine Nachmittagsgruppe jedes mal
ganz gespannt darauf (meistens sind sie in der Zeit sogar
ruhig!), dass eine der anderen ihr Tuerchen aufmachen darf.
Der/die „Glueckliche“ freut sich so, dass er das
Armbaendchen, das ich den Kindern aus Perlen gemacht habe, den
anderen nur heimlich zeigt, aber mit einem Grinsen so breit
wie bei einem Honigkuchenpferd. In dieser Zeit sind die Kinder
ganz friedlich, ganz anders als in der sonstigen Zeit.
Vielleicht hab ich auch deswegen meine Meinung geaendert, ich
hab gesehen, dass es bei den Kindern auch noch eine ganz
andere Seite gibt.
Die
ruhige Seite kommt auch beim Floetenprojekt zum Vorschein, das
ich mit Mimi seit gut zwei Wochen angefangen habe. Manche
koennen es recht gut, da schon Voluntarios der letzten Jahre
mit ihnen geuebt hatten. Ich habe mir aber erstmal die
Anfaenger geschnappt. Eigentlich wollte ich nach Weihnachten
anfangen, aber nachdem die Kinder mitbekommen haben, dass
Miriam vormittags mit den Kindern Floete spielt, wollten meine
Nachmittagskinder natuerlich auch! Im Moment versuche ich den
Kindern, durch Gehoer, „Blanca Navidad“ (dieselbe Melodie
wie „Jingle Bells“) beizubringen, ueber die Ferien will
ich mir aber einen ausgereifteren Plan ueberlegen, sodass ich
im Februar geordnet anfangen kann, den Kindern die Grundlagen
beizubringen!
Seit
Beginn unserer Zeit haben wir im Hogar immer wieder Besuch aus
aller Welt/Europa gehabt. So gab es zwei Spanier, die zum
Einen mit den Kindern gemalt bzw. gezeichnet, zum Anderen
versucht haben, den Kindern trockene Grammatik beizubringen.
Dann hat uns Anne besucht, die schon vor zwei Jahren einmal
hier im Hogar eine Zeit lang gelebt hat. Zu ihrer
Abschiedsfeier habe ich versucht, Salsa zu tanzen - das muss
ich jedoch noch etwas ueben! =)
Waehrenddessen
waren auch fuer eine Woche Schueler der deutschen
Humboldt-Schule aus Lima da. Das Hogar war fuer sie eines der
Aktionen, die sie aussuchen und „besuchen“ konnten. So
hatten wir in der Woche in unserer Vormittagsgruppe einmal ein
Kind, zwei Voluntarios, zwei Humboldt-Schueler und eine
Educadora... welch Luxus (?!) fuer das Kind! ;-)
Im
Moment sind zweimal die Woche zwei Belgierinnen da, die
eigentlich im nahe gelegenen medizinischen Zentrum „Amor de
Dios“ als Physiotherapeutinnen arbeiten, an ihren freien
Tagen aber zu uns kommen und uns mit den Kindern unterstuetzen.
Dass
wir gerade mitten im Avent sind, zwei Wochen vor Weihnachten,
laesst mich immer wieder neu aufschrecken. Es stehen immer
wieder Events an, die eigentlich elementar sind fuer die
Weihnachtszeit, die ich aber sofort wieder verdraenge und in
mir so keine Weihnachtsstimmung aufkommen lassen.
So
war Ende November der Weihnachtsbasar der deutschen Gemeinde
in Miraflores, an dem wir Weihnachtsdekorationen aus Holz
verkauft haben. Miriam und Daniel haben zwar auf ihrer
Querfloete bzw. Geige Weihnachtslieder vorgespielt, aber bei
strahlendem Sonnenschein kommt einem der Basar dann doch eher
wie ein grosses Picknick vor als wie eine weihnachtliche
Aktion. Auch werden dienstags schon seit Wochen fleissig
Weihnachtslieder geprobt, es wurde sogar extra ein Chor fuer
die Weihnachtsmesse eingefuehrt.
Dies
alles vergesse ich aber wieder, wenn ich rausschaue, die
heisse Sonne sehe und nirgends Schnee finden kann. Ich hoere
von zuhause in Deutschland, dass alle eingeschneit sind und
kann es fast nicht glauben, so unwahrscheinlich scheint mir
diese Tatsache.
In
der Weihnachtszeit habe ich Leuchten und Froebelsterne
eingefuehrt, die ich manchen Kindern dann beigebracht habe.
Ein Stueck Weihnachten bzw. weihnachtliche Tradition von
meiner Familie.
Fuer
die Weihnachtsmesse will Anita, die Erzieherin, die mit den
Kindern immer bastelt, fuer jedes Kind eine Leuchte basteln.
Wir haben hier im Hogar zur Zeit 100 Kinder, ich weiss nicht,
wie wir das schaffen sollen. Ich helfe ihr gerne, aber das
wird noch ein Haufen Arbeit, vor allem, weil die Messe schon
naechste Woche ist. =)
Hier
im Hogar gibt fuer die Kinder die Moeglichkeit, in
Schreinerei, Baeckerei oder Bastelecke ihre Kreativitaet
auszuleben. Mir gefaellt vor allem die Baeckerei! Jede Woche
gibt es ein anderes Brot oder eher Broetchen, das gebacken
wird und mittwochs, wenn ich meistens da bin, werden suesse
Koestlichkeiten zubereitet. So gab es schon Apfelstrudel oder
jetzt in der Weihnachtszeit selbstgemachten Paneton. Ich
schreibe immer fleissig mit, weiss schon, wie man arabisches
oder franzoesisches Brot macht oder was richtig lecker war,
eine Art Quiche mit Mangold und Huehnchenstreifen!
Fuer
uns Freiwillige kommt ueber Nacht Senora Luz zu uns. Sie hat
normalerweise immer fuer uns gekocht und dann nachts hier
geschlafen und so aufgepasst, dass uns nichts zustoesst. Ihre
Gerichte waren immer herrlich (wenn auch sehr reichhaltig) und
ich hoffe, dass ich sie genauso hinbekomme, wenn ich sie in
Deutschland fuer meine Freunde kochen will.
Letztens
hatte sie aber einen Unfall und so hatten wir im letzten Monat
niemanden, der fuer uns da war. Da wir uns aber schon ans
Leben hier im Hogar gewoehnt haben, war es fuer uns bis jetzt
kein Problem. Es ist auch eine gute Moeglichkeit, mal selber
das Kochen auszuprobieren und etwas frueher essen zu koennen,
denn bei ihr haben wir teilweise erst spaet abends um zehn
oder so gegessen.
Eine
weitere Moeglichkeit, die Koestlichkeiten der peruanischen
Kueche zu probieren, ist unser Mittagessen im Hogar. Es wird
von zwei Koechinnen gekocht, die alle ihre Energie
hineinstecken, sodass die Kinder abwechslungsreiche Mahlzeiten
bekommen. Letztes Jahr war es moeglich, ein paar Morgende auch
in der Kueche mitzuhelfen. Das wuerde ich unheimlich gerne in
Anspruch nehmen. Ich habe mir vorgenommen, in diesem Jahr
kochen zu lernen und da waere das doch eine grosse Hilfe. =)
Mein Leben ausserhalb des Hogars
Um
fuenf Uhr gehen die Kinder nach ihrem „Lonche“ (Snack)
nach Hause. Fuer uns beginnt in diesem Moment unsere Freizeit.
In diesen drei Monaten haben wir unsere Freizeit schon
reichlich genutzt.
Hilda
hat uns gezeigt, wo es die Moeglichkeit gibt, Gitarre zu
lernen. Jetzt gehen wir, wenn die Zeit reicht, zweimal die
Woche zum Unterricht und lernen Huayno, traditionelle
peruanische Musik! Valentin hat sich noch zusaetzlich eine
Cajon gekauft und versucht, die Rhythmen Perus zu erlernen,
was teilweise gar nicht so einfach ist, wenn man alles nur
uebers Gehoer und uebers Abgucken macht.
Montags
gehen wir immer fuer die Woche einkaufen und mittwochs spielen
wir mit den Educadores in unserem Innenhof Volleyball. Wir
haben also immer fast jeden Tag etwas zu tun. Teilweise ist es
ganz schoen anstrengend, weil man sich lieber mal ausruhen
wuerde, aber es macht Spass und die Menschen, die wir z.B.
ueber den Gitarrenunterricht kennen gelernt haben sind auch
richtig nett!
Armut
Ich
finde es ganz schwierig, die Armut hier in Worte zu fassen. Im
Hogar ist sie zwar an der Kleidung und auch teilweise am
Verhalten der Kinder sichtbar, aber auch andere Kinder
koennten diesen Kategorien zugeordnet werden. Vielleicht werde
ich eine andere Sicht haben, wenn ich eines der Kinder einmal
zuhause besuchen darf. Vielleicht wird mir dann eher bewusst,
wie wenig die Familien hier wirklich haben.
Bevor
ich hier nach Tablada kam, habe ich mir die Armenviertel einer
Grossstadt nur aus Blechhuetten vorgestellt. Hier sind aber
viele Haeuser aus Stein, zwar fast alle noch im Rohbau, aber
dennoch festes Material. Tablada ist zwar auch schon etwas
fortschrittlicher entwickelt als andere Gegenden, aber ich
glaube, ich habe die Armut ganz anders eingeschaetzt und als
viel deutlicher sichtbar erwartet.
Wenn
ich mit dem Combi, dem hiesigen Verkehrsmittel (=Bus), durch
die Strassen fahre und die Leute aus-und einsteigen sehe,
frage ich mich oft, ob die Personen wohl arm sind oder nicht?
Auch wenn er gerade Hemd und Stoffhose traegt, vielleicht ist
das seine einzige gute Kleidung, die fuer die ganze Woche
reichen muss...
Die
Kinder, die das Glueck haben, hier im Hogar sein zu duerfen,
erhalten viel Hilfe bei den Hausaufgaben. Teilweise frage ich
mich, ob sie es ohne die Hilfe im Hogar schaffen wuerden. Ob
sie so selbststaendig denken wuerden, um die Matheaufgaben
erst selbst verstehen und dann noch selbst rechnen zu koennen?
...und dann denke ich an die vielen anderen armen Kinder, die
keine Hilfe haben, aber dennoch zur Schule gehen und ihre
Hausaufgaben machen muessen...
Ich
bin froh, dass ich wenigstens hier im Hogar den Kindern eine
kleine Hilfe sein kann und ich freue mich, wenn sie am
naechsten Tag noch immer den Trick wissen, mit dem man
einfacher „Minus“ rechnen kann.
Reisen
Wir
hatten gluecklicherweise schon viele Moeglichkeiten, Lima und
Peru kennen zu lernen. Zum einen gab es viele Feiertage, die
wir bis jetzt immer ausreichend genutzt haben und zum anderen
hat uns Hilda immer wieder mitgenommen und uns Plaetze rund um
Lima gezeigt. Mit ihr waren wir in Miraflores, haben zum
ersten Mal ein „menu“ gegessen (relativ guenstig mit drei
gaengen), waren am Strand von Chorrillos, einem Kuestenviertel
Limas, haben die ersten Sonnenstrahlen genossen... An einem
anderen Wochenende waren wir im Zentrum von Lima,
hauptsaechlich auf dem „Plaza de Armas“ (der Hauptplatz in
Perus Staedten heisst hier nicht Marktplatz, sondern
Waffenplatz! =) ) und ich habe zum ersten Mal Ceviche
probiert, roher Fisch in einer Marinade aus Zitrone und
Zwiebeln! Ich wusste nie, ob ichs probieren sollte, da man
einen ja hier immer vor den hygienischen Umstaenden warnt,
aber es war echt lecker! Es wird also bestimmt nicht das
letzte Mal gewesen sein!
Der
Plaza de Armas ist ein gutes Beispiel fuer die Ueberbleibsel
der Kolonialzeit. Man findet viele Haeuser mit reich
verzierten Holzbalkonen, alte Kirchen und Strassen, die
frueher einmal das Zentrum der Menschen waren, heute aber
etwas heruntergekommen wirken.
Ich
glaube, dass wir vier Freiwilligen alle gerne reisen...
besonders Valentin hat das Reisefieber gepackt und er wuerde
am liebsten alles sehen, was Peru zu bieten hat. =)
Einen
Teil davon, haben wir auch schon moeglich gemacht... nach
gerade einmal drei Wochen sind wir bereits losgezogen und
haben uns uebers verlaengerte Wochenende die Oasenstadt
Huacachina im Sueden angeschaut. Erst da wurde mir klar, in
welch verstaubter und trister Umgebung wir in den letzten
Wochen gelebt hatten. Ich fuehlte mich wie im Paradies, fern
von verstopften Strassen, bellenden Hunden und dem staendigen
Nebel, der uns in dieser Zeit noch taeglich heimgesucht hat.
Kaum
waren wir 4 Wochen wieder im Hogar ging es erneut los.
Eigentlich wollten wir in die Anden, aber Miriam ging es nicht
so gut und so sind wir nach Caral und haben uns die aelteste
Stadt bzw. Ausgrabungsstaette Suedamerikas angeschaut...
ausser ein paar Steinpyramiden, Sand, Staub und greller Sonne
konnte man leider nicht mehr so viel sehen! =)
Letztes
Wochenende haben wir dann noch mal die Moeglichkeit gehabt,
uns ein paar Tage frei zu nehmen und wir sind in den Sueden,
nach Arequipa! Das „Highlight“ war definitiv die 19h-Hin/Rueckfahrt
ohne Klo und mit nur einer halbstuendigen Pause! =)
Jetzt
sind wir wieder im Hogar, der Alltag hat uns wieder, aber wir
sind schon wieder eifrig am Planen, wie wir den Januar, unser
Ferienmonat, am besten nutzen... es gibt einfach zu viele Orte
in Peru, die wir sehen wollen. Die Selva muss aber auf jeden
Fall dabei sein! =)
Ich
bin richtig gespannt, was die naechste Zeit bringen wird! Ich
werde zum ersten Mal Weihnachten bei strahlendem Sonnenschein
verbringen, an meinem Geburtstag werden keine Ferien sein und
im Januar brechen wir zu unserer grossen Reise auf! Ich
wuensche mir fuer das neue Jahr, dass wir vielleicht noch mehr
Leute aus Tablada kennen lernen, sodass wir uns dort besser
integrieren koennen.
Ende
Januar werden wir auch auf das Seminar in Bolivien gehen. Ich
freue mich schon sehr darauf und hoffe, dass ich genauso viele
Eindruecke und neue Freunde aus den Tagen mitnehmen kann wie
damals in Koeln!
Frohe
Weihnachten und ein schoenes neues Jahr!
Marie
Giesen
zum
Inhaltsverzeichnis
Miriam
Hapig |
1.
Erfahrungsbericht – 13. 12 2010 |
Manchmal
stocke ich immer noch mitten in irgendeiner Beschäftigung, um
mir klarzumachen, dass ich wirklich hier in Peru bin und tatsächlich
all das und noch viel mehr erlebe, als ich mir in Deutschland
ausgemalt habe!
Seit
dem Tag unserer Ankunft sind jetzt drei Monate vergangen. Drei
Monate, in denen ich viele tolle Menschen kennen gelernt habe.
Drei Monate, in denen ich zusammen mit meinen Mitvoluntarios
schon viele größere und kleinere Abenteuer erlebt habe, und
in denen ich mich in mein neues, anderes, spannendes Leben
eingefunden habe, von dem ich jetzt gerne berichten möchte.
Das
Leben im Hogar
Am
12. September 2010 bin ich, zusammen mit Marie, Valentin und
Daniel, in Peru angekommen. Ich war aufgeregt und gespannt auf
das, was vor mir lag, aber auch noch etwas traurig vom
Abschiednehmen von Familie, Freunden, der Heimat.
Doch
durch die Herzlichkeit mit der wir empfangen und in die
Gemeinschaft des Hogars aufgenommen wurden, habe ich mich
gleich wohl gefühlt.
In
den Wochen nach unserer Ankunft hatten wir genug Zeit, die
Tagesabläufe im Hogar, und die vier bestehenden Gruppen
kennen zu lernen, um uns dann zu entscheiden, in welcher wir für
die kommenden Monate bleiben und mithelfen wollen.
Ich
war vormittags bisher bei den Ältesten (13-17 Jahre), und
nachmittags bei den Jüngten (3-6 Jahre). In beiden Gruppen
gefällt es mir super, ich genieße die Abwechslung, die ich
durch die Arbeit mit den Jugendlichen einerseits, und die mit
den Kleinsten andererseits erlebe und habe die Kinder schon
richtig ins Herz geschlossen.
Bei
den Großen helfe ich vor allem mit den Hausaufgaben, die
Jugendlichen arbeiten größtenteils schon ziemlich selbstständig.
Nachmittags
müssen die Kleinen erstmal zum Zähneputzen eingefangen
werden, danach werden Hausaufgaben aus dem Kindergarten (!)
gemacht und ab 16.00 Uhr wird draußen gespielt. Es macht mir
großen Spaß mit ihnen Schreiben und Rechnen zu üben, zu
Malen und zu Basteln, obwohl ich manchmal das Gefühl habe,
man könnte die Kinder noch mehr in ihrer Kreativität fördern
und sie diese mehr ausleben lassen.
Abgesehen
von der Betreuung und Unterstützung bei schulischen Aufgaben,
bietet das Heim den Kindern die Möglichkeit, dreimal die
Woche in der integrierten Bäckerei und Schreinerei, sowie der
Bastelwerkstatt ihre Kenntnisse und Erfahrungen auf anderen
Gebieten zu erweitern. Auch für uns Voluntarios ist es
interessant, Einblicke in die verschiedenen Werkstätten zu
erhalten, und ich genieße die Möglichkeit, dadurch ab und zu
den „Arbeitsalltag“
aufzulockern.
Dienstags
findet zusätzlich zu diesem Angebot für alle Gruppen eine
Chorstunde statt, in der die Kinder, neben peruanischen
Volksliedern, in den letzte Wochen vor allem Weihnachtslieder
geübt haben.
Anders,
als ich in Deutschland befürchtet hatte, war mein Heimweh
schon nach kurzer Zeit verflogen. Ich habe mich hier schnell
eingelebt und fühle mich sowohl mit meinen deutschen
Mitreisenden wie auch mit den peruanischen Erziehern total
wohl.
Das
liegt zum einen wahrscheinlich auch daran, dass ich in der
Schule Spanischunterricht hatte und ich mich dadurch schon
einigermaßen gut unterhalten kann – auch, wenn es manchmal
Tage gibt, ab denen ich das Gefühl habe, „ich versteh nur
Bahnhof“. Zum anderen spielt aber auch die herzliche
Offenheit, mit der uns hier alle begegnen, eine große Rolle.
Dank
der Tatsache, dass ich schon nach kurzer Zeit das Gefühl
hatte, angekommen zu sein, konnte ich bald mit dem ersten
Projekt beginnen: Englischunterricht für die Ältesten.
Die
Englischkenntnisse der Jugendlichen sind erschreckend dürftig.
Das liegt vor allem daran, dass der Unterricht in den öffentlichen
(kostenlosen) Schulen zu großen Teilen ziemlich schlecht ist.
Ich versuche, ihnen die englische Sprache in kleinen Schritten
näher zu bringen und arbeite dabei zum Beispiel auch mit Auszügen
aus Liedtexten der bevorzugten Sänger und Bands der
Jugendlichen, was bisher gut angekommen ist.
Schon
in Deutschland hatte ich mir vorgenommen, den Blockflötenunterricht,
den einige meiner Vorgängerinnen für die Kinder angeboten
haben, fortzusetzen. Zu diesem Zweck hatte ich zu einer
„Blockflötenspende“ aufgerufen, und kann jetzt berichten,
dass ich vor zwei Wochen mit dem Unterricht begonnen habe und
die ersten Flöten bereits in Gebrauch sind. Die Kinder sind
mit absoluter Begeisterung dabei, und es gibt eine unglaublich
große Nachfrage nach einem neuen Anfängerkurs, sodass Marie
und ich das Ganze umorganisieren, und wahrscheinlich mehrere
Kurse für verschiedene Gruppen anbieten werden.
Auch
Valentin hat sich relativ bald an sein erstes Projekt gemacht
und den Tischkicker renoviert, der hier seit mehreren Jahren
kaputt und unbrauchbar herumstand. Der Tischkicker steht jetzt
auf der Terrasse im Hof und die Kinder (und wir) nutzen jede
sich bietende Gelegenheit, um zu spielen.
Ein
weiteres Projekt, das zwar nur temporär sein wird, aber
trotzdem mit viel Arbeit für uns verbunden war, waren die
Adventskalender, die wir Voluntarios für unsere Gruppen
gebastelt haben. Wie viele Tütchen ein Kind im Laufe der
Adventszeit öffnen darf, hängt von der Anzahl der Kinder in
den einzelnen Gruppen ab. Die Tüten sind mit Süßigkeiten
und einem kleinen, dem Alter entsprechenden Geschenk gefüllt.
Die Kinder sind von den Kalendern absolut begeistert, denn in
Peru gibt es diesen Brauch nicht.
Freizeit
und Leben außerhalb des Hogares
Unter
der Woche ist unsere Freizeit bereits gut mit verschiedenen
Aktivitäten ausgefüllt. Jeden Montagabend machen sich zwei
von uns auf den Weg zum nahe gelegenen Supermarkt, um uns für
die kommende Woche mit Lebensmitteln zu versorgen.
Dienstags
und Donnerstags besuchen Marie, Valentin und ich den
Gitarrenunterricht in Villa María, bei dem uns neben
Grifftechniken und verschiedenen Begleitungen auch die vielfältige
peruanische Musik näher gebracht wird.
Mittwochs
finden nach 17.00 Uhr, sobald die Kinder abgeholt wurden oder
sich auf den Heimweg gemacht haben, im Innenhof des Heimes
regelmäßig kleine Volleyballturniere statt, bei denen wir in
gemischten Mannschaften, gemeinsam mit Erziehern und Personal
des Hogares, gegeneinander antreten. Das Spielen macht mir großen
Spaß und stärkt das ohnehin tolle Gruppengefühl noch
weiter.
Die
Wochenenden nutzen wir vier unter anderem für kleinere Ausflüge,
beispielsweise ins Zentrum Limas oder in die nähere Umgebung,
die wir entweder alleine, oder zusammen mit Hilda unternehmen,
die uns während unserer ersten Zeit hier in Peru mit Rat und
Tat zur Seite stand.
Bis
vor einigen Wochen durften wir abends von den Kochkünsten von
Senora Luz profitieren, die typisch peruanische Gerichte für
uns zubereitete, uns hilfreiche Tipps zum peruanischen Alltag
und zur Umgebung gab und nachts im Heim blieb, damit wir –
sollte etwas passieren - sofort einen Ansprechpartner in der Nähe
hätten.
Die
peruanische Küche ist generell unglaublich abwechslungsreich
und sehr lecker. Was mir aber mindestens genauso gut gefällt
wie die peruanischen Gerichte, ist die Vielfalt an Obst. Früchte,
die in Deutschland als exotisch oder als Luxus gelten können,
wie Mangos, Papayas, Maracujas usw. sind hier absolut alltäglich
und ziemlich günstig zu erstehen. Außerdem lerne ich hier Früchte
kennen, von denen man in unseren Breitengraden noch nicht
einmal gehört hat, wie zum Beispiel „pepino dulce“ ( = Süße
Gurke).
Zu
Beginn des Aufenthaltes hier hatte mein Magen etwas mit der
Umstellung der Ernährung und den hygienischen Bedingungen,
die außerhalb des Hogars herrschen, zu kämpfen, mittlerweile
ist das aber vorüber.
Leider
hatte Senora Luz vor drei Wochen einen Unfall, bei dem sie
sich das Bein angebrochen hat und es nun einen Monat lang
nicht belasten darf. Es geht ihr zum Glück aber schon wieder
gut.
Obwohl
wir es natürlich schade finden, dass sie krankgeschrieben
ist, haben wir dadurch die Möglichkeit, uns nun selbst und
unabhängiger zu organisieren, selbst zu kochen was und vor
allem wann wir möchten, und auch einfach unter uns zu sein.
Meine
Befürchtungen, wir Voluntarios könnten uns untereinander
nicht verstehen, haben sich ziemlich schnell in Luft aufgelöst.
Das Leben in unserer Wohngemeinschaft gefällt mir sehr gut,
jeder hat theoretisch die Möglichkeit, sich zurückziehen
falls er möchte, trotzdem ist man nie weiter als eine Tür
von jemandem entfernt, mit dem man reden und lachen kann.
Die
Mittagspausen und vor allem die Abende verbringen wir meistens
gemeinsam auf unserer Terrasse, und auch, wenn dabei manchmal
das Spanisch zu kurz kommt, finde ich es toll, dass wir uns
untereinander austauschen und unsere Erlebnisse teilen.
Auch
unsere Wohnsituation finde ich sehr schön, ich genieße den
Luxus über eigene Bäder und eine eigene Küche zu verfügen,
in der wir uns abwechselnd mit unterschiedlich großer
Begeisterung ans Kochen machen. (Was uns an Erfahrung fehlt,
machen wir durch Motivation wett!)
Was
ich an unserer Unterbringung außerdem toll finde, ist die
Tatsache, dass hier auf dem Gelände des Heims Bäume wachsen.
Das hört sich im ersten Moment wahrscheinlich komisch an,
aber wenn man von Staub und
Müllbergen umgeben ist und von der Terrasse aus auf
ein Meer von Wellblechdächern schaut, genießt man das Grün
auf einmal noch viel mehr als sonst.
Generell
fällt mir die Armut der Menschen hier aber nicht so sehr auf,
wie ich vorher geglaubt hatte. Man gewöhnt sich relativ
schnell an den Anblick von Müll und streunenden Hunden und
den kleinen Behausungen, die sich zwischen den Hügeln von
Tablada aneinanderdrängen. Erst, wenn man sich dann wieder
klarmacht, dass dort mehrköpfige Familien teilweise in einem
einzigen Zimmer leben, nimmt man wahr, wie arm die Menschen
sind.
Auch
den Kindern merkt man meistens nicht an, was sich bei ihnen zu
Hause abspielt und welche familiären Hintergründe sie haben.
Sie spielen und lachen und machen Blödsinn wie andere Kinder
auch.
Hier
im Heim erhalten die Kinder die Unterstützung bei schulischen
Fragen, die vielen von ihnen zu Hause z.B. aus Zeitmangel der
Eltern nicht zukommt, oftmals aber auch, weil diese selbst nur
eine mangelhafte Bildung erhalten haben.
Ich
freue mich darüber, dass ich den Kindern und Jugendlichen
zumindest ein kleines Stück weit eine Hilfe sein kann. Es
macht mir Spaß, ihre Fortschritte zu sehen und wenn sie etwas
geschafft haben, ist es oft auch für mich irgendwie ein
kleines Erfolgserlebnis.
Dass
sie teilweise eben ganz andere Probleme haben, als
beispielsweise das große Einmaleins zu beherrschen, muss ich
mir wieder vor Augen führen, wenn ich mal frustriert bin,
weil die Fortschritte nicht so groß sind, wie erwartet, oder
sie nicht die Motivation zeigen, die ich mir gewünscht hatte.
Trotzdem
glaube ich, dass es wichtig ist, sie zum Lernen zu motivieren,
denn eine gute Bildung kann hier eine der wenigen Möglichkeiten
darstellen, der Armut zu entfliehen.
Das
andere, wohlhabendere Gesicht von Lima haben wir auf
verschiedenen Ausflügen (zum Beispiel in den Stadtteil
Miraflores, oder ins Zentrum) kennen gelernt.
Auch
durch Daniels Vater, der für mehrere Monate im Jahr geschäftlich
in Lima ist, hatten wir schon mehrmals die Gelegenheit, neue
Seiten an Lima kennen zu lernen.
Mittlerweile
finden wir uns in der peruanischen Hauptstadt schon relativ
gut zurecht, vor allem Dank Marie, die von uns vieren
wahrscheinlich den besten Orientierungssinn hat. Jedenfalls
ist es immer eine Erfahrung, mit einem der Combis über die
staubigen, mit Schlaglöchern übersäten Pisten zu rattern,
oder über eine der Hauptverkehrsadern Limas zu rasen.
Haltestellen
oder Fahrpläne gibt es nicht, die Combis werden bis zum
Bersten mit Passagieren gefüllt, wenn man Pech hat, steht man
- und das mit
gebeugtem Rücken, denn als Gringo (=Hellhäutiger) ist man
viel zu groß um sich im Combi aufrichten zu können. Trotzdem
hat man aus irgendeinem Grund ziemlichen Spaß dabei.
Die
Menschen sind alle unglaublich freundlich und aufgeschlossen,
oft werden wir angesprochen und nach unserer Herkunft
gefragt – und im Gegenzug bekommen wir dann je nach dem die
ganze Lebensgeschichte des jeweiligen Gesprächspartners erzählt.
Auch
der Umgangston ist, wenn die Gemüter nicht gerade erhitzt
sind und das lateinamerikanische Temperament zum Vorschein
kommt, meistens sehr freundlich. So kommt es vor, dass man vom
fremden Busfahrer mit „amiga“ ( = Freundin) angesprochen
wird oder dass Männer im Combi einem (vor allem Marie und
mir) den Sitzplatz überlassen.
Dass
wir dabei natürlich den Bonus der Gringas haben, ist nicht
von der Hand zu weisen. Da Marie blond ist, zieht sie noch
mehr Aufmerksamkeit auf sich, als wir anderen, aber auch an
die neugierigen Blicke haben wir uns mittlerweile schon etwas
mehr gewöhnt.
Abgesehen
davon, dass die Peruaner unglaublich freundlich und offen
sind, trifft noch ein anderes Cliché auf sie zu: sie sind
nicht die Pünktlichsten.
Ich
habe mich ziemlich schnell daran gewöhnt und übe mich in
Geduld, bzw. nehme die Uhrzeit selber nicht mehr so genau wie
in Deutschland. Die Umstellung zurück in der überpünktlichen
Heimat wird mir vermutlich nicht so leicht fallen…
Ein
weiterer Zug, der die meisten Peruaner auszeichnet, ist, dass
sie sehr stolz auf ihr Land sind.
Wir haben mit den Kindern und Jugendlichen zwei Ausflüge
ins Theater gemacht, zuerst mit den Jüngeren, dann mit den Älteren,
und beide Stücke handelten von Peru und seiner Kultur.
Auch
bei den Weihnachtsliedern, die die Kinder Dienstags lernen,
wird der Stolz auf das eigene Land deutlich. In den
peruanischen Weihnachtsliedern kommt das Christuskind in den
Anden zur Welt und wird mit Ponchos beschenkt, das hat mir
sehr gefallen.
Reisen
Abgesehen
von Ausflugszielen in und um Lima, haben wir schon einige
Kurzreisen an verlängerten Wochenenden unternommen. Das erste
Reiseziel war Huacachina, eine kleine Oase inmitten einer Wüstengegend.
Es war für uns alle angenehm, statt Müllbergen und Häusern
so weit das Auge reicht, einfach nur Palmen, die Lagune und
vor allem den blauen Himmel zu sehen, den es so – zu dieser
Jahreszeit – über Lima nicht gibt.
Unsere
nächste Reise ging nach Barranca, ein Küstenort vier Stunden
nördlich von Lima.
Während
die ersten beiden Reiseziele nicht weiter als sechs Stunden
entfernt lagen, sind wir vergangenen Freitag zu einer sechstägigen
Reise nach Arequipa aufgebrochen. Für die An- und Rückreise
in einem ziemlich langsamen, schon sehr klapprigen Reisebus
haben wir je 19 Stunden benötigt.
Arequipa
liegt auf einer Hochebene in den Anden und daher gibt es
abgesehen vom Misti, dem Vulkan, der sich im Hintergrund über
die Stadt erhebt, leider kaum Berge zu sehen. Die Stadt an
sich erscheint sauberer als Lima. Wir haben ein paar tolle
Tage dort verbracht, ein ehemaliges Kloster besichtigt, das so
groß ist, dass es als „Stadt in der Stadt“ bezeichnet
wird, die Sonne genossen, und typische Gerichte der Region
verspeist.
Wir
vier reisen alle sehr gerne und freuen uns schon sehr auf die
Ferien im Januar. Valentin und Daniel werden zunächst nach
Chile fliegen, um dort einen Freund von Valentin zu treffen.
Marie und ich wollen währenddessen in die Selva, nach Cusco,
auf den Machu Picchu und danach zusammen mit Valentin und
Daniel weiter zum Lago Titicaca. Von dort aus reisen wir
weiter nach Bolivien zu unserem Zwischenseminar, auf das wir
uns schon sehr freuen, und das hoffentlich genauso toll wird,
wie das Vorbereitungsseminar in Köln.
Wie
wir all unsere Pläne in der Zeit, die uns zur Verfügung
steht, in die Tat umsetzen wollen, haben wir noch nicht genau
herausgefunden, ich freue mich aber auf jeden Fall sehr
darauf, weitere
neue Seiten Perus zu entdecken.
Leider
steht vorher sozusagen schon ein erster kleiner Abschied an,
denn im neuen Jahr werde ich mit Valentin die Vormittagsgruppe
tauschen. Die Gruppe zu verlassen ist traurig, denn ich
verstehe mich mit den Jugendlichen sehr gut und würde am
liebsten noch länger mit ihnen zusammenarbeiten. Doch ich
habe auf jeden Fall vor, auch weiterhin als Ansprechpartner
und Freundin, besonders für die älteren Mädchen, da zu
sein, und hoffe, dass ich mich in der neuen Gruppe (die Zweitjüngsten,
6-9 Jahre), in der ich zusammen mit Marie mithelfen werde,
auch wohl fühle und mir die Arbeit mit den Kindern genauso
viel Spaß machen wird.
Jetzt
steht aber zuerst einmal das Weihnachtsfest an, auch wenn man
davon bei sommerlichen Temperaturen nicht wirklich etwas
merkt.
Ab
und zu vermissen wir hier die vorweihnachtliche Stimmung, den
Schnee, die Weihnachtsmärkte… Trotzdem freue ich mich auf
diese neue Erfahrung, Weihnachten und Silvester mal auf eine
ganz andere Weise zu verbringen.
Es
ist kaum zu glauben, dass ich jetzt seit genau drei Monaten
hier bin. Einerseits ist die Zeit wie im Flug vergangen,
andererseits habe ich manchmal das Gefühl, ich sei schon ewig
hier.
Ich
versuche, jeden Moment auszukosten und auch die alltäglichen
Dinge und die kleinen Erfolgserlebnisse zu genießen.
Ich
freue mich sehr auf die Monate, die noch vor mir liegen, und
in denen ich hoffentlich noch mehr Bekanntschaften schließen
und mein Umfeld, und auch das der Kinder, noch besser kennen
lernen werde.
Ich
bin schon gespannt auf die neuen Erfahrungen und Erlebnisse,
die ich gemeinsam mit Marie, Valentin und Daniel, und den
Menschen, die ich hier kennen gelernt habe, machen werde.
Ich
wünsche allen Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!
Miriam
Hapig
zum
Inhaltsverzeichnis
Valentin
Schepperle |
1.
Erfahrungsbericht – 14. 12 2010 |
Am
12. September 2010 wurde für mich ein Traum wahr: Ein
Auslandsjahr in Südamerika.
Nach
langer und intensiver Vorbereitung, und etlichen vorübergehenden
Abschieden von Freunden, Familie und Heimat stieg ich in den
Flieger nach Lima, Peru, um knapp ein Jahr lang im
„Kinderheim Tablada“ als Voluntario (Freiwilliger) zu
arbeiten.
Nach
einem – emotional gesehen – sehr schwierigen Flug mit
vielen Zweifeln, und ohne die Vorfreude der vergangenen Monate
wurden wir (Marie, Miriam und Ich, Daniel flog separat)
herzlichst am Flughafen empfangen. Dieser Fürsorge, sowie der
familiäre Umgang im Hogar halten bis heute an, sodass ich
mich hier sehr wohl und gut aufgehoben fühle.
Mittlerweile
sind bereits drei Monate vergangen in denen ich viel gelernt,
erlebt und an Erfahrungen gesammelt habe. Ich versuche die
wichtigsten meiner Erfahrungen und Erlebnisse im Folgenden
zusammenzufassen.
Im
Kinderheim: „Hogar de Tablada“
Das
Team
Seit
über 20 Jahren arbeiten bereits Freiwillige im Hogar, diese
langjährige Erfahrung erklärt vermutlich, warum wir als
Voluntarios in Tablada so freundlich und auf unsere Bedürfnisse
als „Fremde“ in einem anderen Land abgestimmt, betreut
werden. Allen voran war und ist der Heimleiter Luis bis heute
eine große Hilfe für uns. Von Beginn an gab er uns viele
hilfreiche Tips zu Land und Leben, begleitete uns zu Behördengängen
und Ähnlichem und fördert und fordert uns bis heute mit viel
Feingefühl für unsere Bedürfnisse. Weiterhin steht uns
Senora Luz, die - außer sonntags - ihre Nächte in unserer
Anfangszeit im Hogar verbringt, mit Rat und Tat zur Seite. Sie
kochte in den ersten beiden Monaten abends für uns, was uns
die peruanische Küche von ihrer besten Seite näher brachte.
Auch die Gespräche, die wir am Essenstisch führten, waren
meiner Meinung nach sehr hilfreich um sich zurechtzufinden und
die spanische Sprache zu trainieren. Alles in Allem fühle ich
mich im Team sehr wohl, auch wenn dies nach außen meiner
Ansicht nach nicht immer den Eindruck macht. Da ich von Natur
aus eher zurückhaltend und still bin und zudem (verglichen
mit den anderen Voluntarios) mit verhältnismäßig wenigen
spanischen Sprachkenntnissen nach Peru kam habe ich zu Anfang
gewirkt, als fühle ich mich unwohl. Dies fiel mir auf, da ich
von einzelnen Mitarbeitern mehrmals gefragt wurde ob ich mich
denn wohl fühle, was ich stets verwundert mit ja beantwortete
und danach zu erklären versuchte, dass ich wohl aufgrund der
mäßigen Sprachkenntnisse nicht so viel rede wie andere und
dadurch unzufrieden wirke.
Im
Gegenteil ich merke sehr oft, wie es mir hier immer besser gefällt
und auch die Tatsache dass aus Arbeitskollegen teilweise
bereits Freunde geworden sind, mit denen man Billard spielen
oder tanzen geht trägt dazu bei. Im Allgemeinen herrscht im
Team eine sehr freundschaftliche und familiäre Atmosphäre,
die ich sehr genieße.
Dies
drückt sich zum einen in der Hilfsbereitschaft und Offenheit
aller Teammitglieder aus, die sich von Beginn an viel
Zeit nahmen mir zu helfen mich einzufinden, sich
geduldig mein stockendes Spanisch anhörten und mich
verbesserten. Außerdem ist auch zu spüren dass zusammen
gearbeitet und sich unterstützt wird, anstatt alleine seine
Arbeit zu machen.
Aus
gemeinsamen Aktivitäten wie dem wöchentliche Volleyball
spielen, den gemeinsam gefeierten Geburtstage oder dem
gemeinsame Abendessen zum Ende jeden Monats resultiert ein
tolles Gemeinschaftsgefühl, das man sich in jeder sozialen
Einrichtung wünscht.
Die
Arbeit im Heim
Bereits
am zweiten Tag nach der Ankunft in Tablada begann für mich
der erste Arbeitstag in der Gruppe „Los sin fronteras“,
der 13 – 17 Jährigen, und somit ältesten Besucher des „Hogars“.
Dort ging es, wie in den darauf folgenden vier Wochen zunächst
darum die Kinder, Erzieher, sowie den Tagesablauf im Hogar
kennen zu lernen und sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.
In diesen ersten vier Wochen wechselten wir Voluntarios wöchentlich
die Gruppen, um sich danach für eine Vor- und
Nachmittagsgruppe zu entscheiden, in denen man die kommenden
Monate verbringt. Ich entschied mich nach Absprachen mit
Marie, Miriam und Daniel, die gemeinsam mit mir das Jahr in
Perú verbringen, bis Ende Dezember in der Vor- sowie der
Nachmittagsgruppe der „Campeones“ (6 – 9 Jährige) zu
arbeiten. Nach den Sommerferien im Januar werde ich dann
morgens in die Gruppe der „Los sin fronteras“
wechseln.
In
Peru geht man als Schüler nur entweder morgens oder
nachmittags in die Schule, sodass der Tagesablauf im Heim
ebenfalls in Vor- und Nachmittagsgruppen aufgeteilt ist. Somit
verbringen die Kinder jeweils die Tageshälfte, in der sich
nicht in die Schule gehen, im Hogar de Tablada. In den vier
„Salones“ (Gruppen) werden die Hausaufgaben mit Hilfe der
Erzieher und Voluntarios erledigt, die Kinder helfen in den
Werkstätten der Schreinerei, Bäckerei oder der
Kreativwerkstatt und es wird gemeinsam gespielt und gegessen.
Die
Vormittagsgruppe der Campeones in der ich gemeinsam mit Marie
arbeite und die momentan nur drei Jungen besuchen wird morgens
von 8.00 Uhr bis 9.00 Uhr von uns Voluntarios geleitet, bevor
die „Educadora“ (Erzieherin) Judith hinzukommt, die
aufgrund ihres neugeborenen Babys eine Stunde später zu
arbeiten beginnt.
Morgens
werden zuerst gemeinsam die Zähne geputzt, bevor es dann
daran geht, eine halbe Stunde lesen zu üben. Dies hört sich
zunächst einfach an, gestaltet sich aber, durch
Sprachbarrieren und anfänglich mangelnden Respekt der Kinder
gegenüber mir als Voluntario teilweise schwierig. Hinzukommt,
dass die Kinder es von zu Hause oft nicht gewohnt sind, oder
nicht die Möglichkeit haben sich regelmäßig und richtig die
Zähne zu putzen (Eltern kennen es teilweise nicht anders).
Nach einigen Wochen im Hogar entschied ich mich als erstes
kleines Projekt einen Tischkickertisch mit Hilfe einzelner
Kinder zu reparieren. Durch dieses Projekt, welches mir viel
Spaß bereitete und bei den Kindern heute großen Anklang
findet fehlte ich einige Vormittage in der Gruppe. Dies führte
meiner Meinung nach dazu, dass ich heute in der
Vormittagsgruppe immer noch kleine Machtkämpfe mit den
Kindern auszufechten habe, die sich meine Erfahrung zufolge
normalerweise nach drei Monaten schon gelegt haben.
Ich
merke auch, wie bereits in den Jahren meiner Ausbildung als
Erzieher, dass mir die Arbeit mit Jugendlichen / älteren
Kindern mehr Spaß macht und besser liegt, sodass es mir bei
den „Campeones“ am Vormittag gefällt, ich mich aber auch
sehr darauf freue, ab dem kommenden Schuljahr mit den
Jugendlichen zu arbeiten. Die Nachmittagsgruppe der „Campeones“
umfasst beinahe zwanzig Kinder, die im Gegensatz zur
Vormittagsgruppe nur zweieinhalb Stunden im Hogar verbringen.
Diese beiden Aspekte führen dazu, dass beispielsweise die
Lesestunde wegfällt, die für einige Kinder sehr wichtig wäre,
zeitlich aber nicht durchzuführen ist. Im Allgemeinen zweifle
ich oft am peruanischen Schulsystem, in dem es den Lehrern
allzu oft egal, oder nicht möglich scheint einem Kind Lesen
und Schreiben beizubringen, geschweige denn auf seinen
Entwicklungsstand zu achten, dem entsprechende Förderung zu
bieten, und Hausaugaben zu geben. Dies führt dazu dass ich
bei der Hausaufgabenhilfe allzu oft einem Kind seine
Hausaufgaben vorlesen und erklären muss, da es derartige
Aufgaben nie zuvor gesehen hat, oder keine zusammenhängenden
Wörter lesen kann und trotzdem viel zu schwere Hausaufgaben
aufbekommt. Einzelförderung wäre nötig, ist aber personell
nicht zu machen, sodass einige Kinder sich auch in Zukunft
nicht ihre Aufgaben erschließen werden können, da sie sie
nicht lesen können, aber immer schwerere Aufgaben bekommen.
Das schwierigste an diesem Thema finde ich, dass dies noch die
Kinder sind, die Unterstützung im Heim bekommen, was machen
aber diejenigen, die zu Hause ganz auf sich allein gestellt
sind, da ihnen ihre Eltern beispielsweise aus zeitlichen Gründen
nicht helfen könne?
Im
Allgemeinen macht mir die Arbeit am Nachmittag aber sehr viel
Spaß auch wenn ich mir ab und zu eine weitere Helferin wünschen
würde, um die Bedürfnisse der Kinder besser abdecken zu können.
Ab Februar plane ich, in der Nachmittagsgruppe einen
Handwerkskurs für einige Kindern in der Schreinerei
anzubieten.
Im
Allgemein vergesse ich bei der Arbeit mit den Kindern viel zu
oft, dass die meisten aus sehr schwierigen Familien- oder
Wohnverhältnissen stammen und nicht umsonst im Kinderheim
Hilfe finden. Alleinerziehende Mütter oder schwierige
finanzielle Verhältnisse sind beispielsweise Probleme mit
denen die Kinder ins Heim kommen, sodass ich mir immer bewusst
machen muss, dass das ein oder andere schwierige Verhalten
eines Kindes durchaus seine Rechtfertigung hat.
Das
Leben außerhalb des Hogars / Freizeit
Bevor
ich meinen Aufenthalt in Peru antrat hatte ich ab und an
Bedenken, wie wir vier Voluntarios uns wohl verstehen würden,
da ich Marie und Miriam erst einige Male getroffen hatte und
Daniel sogar erst im Heim selbst kennen lernte. Heute bin ich
sehr froh sagen zu können, dass sich meine Bedenken nicht
bestätigt haben und wir uns, bis auf gelegentliche kleine
Problemchen, die in jeder Wohngemeinschaft vorkommen, sehr gut
verstehen. Ich denke ich profitiere sehr viel vom Austausch
mit meinen Mitvoluntarios und genieße das Leben und die
Selbständigkeit momentan sehr. Besonders im Hinblick auf die
Sprache sind mir meine Kollegen und Kolleginnen eine große
Hilfe, die bereits einige Jahre Schulspanisch vorweisen können,
und mir mit Rat und Tat zur Seite stehen. Allerdings hat das
Zusammenleben mit anderen Deutschen in Peru auch den Nachteil,
dass man unter sich meist deutsch spricht und somit vermutlich
weniger von der spanischen Sprache profitiert, als ein
Voluntario, der auf sich allein gestellt ist. Ich bin heute
auch sehr froh dass mit Daniel ausnahmsweise ein „vierter
Mann“ im „Voluntarioboot“ sitzt und somit nicht wie
bisher oft zwei Voluntarias und ein Voluntario zusammen leben.
Zum Einen gibt es meiner Erfahrung nach bei drei Personen
immer einen „Verlierer“ der einen weniger guten Kontakt zu
den anderen hat, zum Anderen lässt es sich unter dem gleichen
Geschlecht offener reden und Gespräche finden auf einer
anderen Basis statt.
In
meiner Freizeit versuche ich vor allem viel von der Südamerikanischen
Musik für mich mit zu nehmen. Seit Anfang Oktober besuche ich
mit den beiden Voluntarias zwei Mal wöchentlich den
Gitarrenunterricht der lokalen Musikschule. Außerdem versuche
ich mich seit einigen Wochen im Salsa Tanzen, was mir eine
geduldige Arbeitskollegin beibringt. Ab Februar möchte ich
mich zudem zum Percussionunterricht anmelden um meine Fähigkeiten
am Schlagzeug auszubauen. Neben dem erwähnten Volleyball
Spielen erledige ich einmal wöchentlich die Einkäufe mit den
anderen Voluntarios und treffe mich gelegentlich mit
Mitarbeitern des Heimes zum Billards- oder Fußballspielen.
Um
uns die Vielseitigkeit Limas näher zu bringen wurden wir zu
Beginn unseres Aufenthaltes von Hilda, einer ehemaligen
Schwangerschaftsvertretung betreut, mit der wir bereits Ausflüge
in verschiedene Stadtteile machten, betreut. Auch durch Herrn
Geyer, Daniels Vater, der mehrere Monate im Jahr in Lima lebt,
hatten wir schon mehrmals die Gelegenheit verschiedene Seiten
der Stadt kennen zu lernen.
Des
Weiteren hatten wir bereits mehrere Male die Möglichkeit,
neben Lima auch andere Teile Perus kennen zu lernen, die wir
an verlängerten Wochenenden bereisten. Unsere Reisen führten
uns bisher nach Ica, Barranca und Arequipa. Für mich war es
jedes Mal eine große Freude ein Stückchen mehr eines Landes
kennen zu lernen, welches im Hinblick auf Armut, Reichtum
sowie Landschaft unglaublich viele Facetten zu bieten hat.
Besonders
positiv überrascht war ich aber von den Menschen, die wir auf
unseren Reisen trafen. Auf jeder Kurzreise gab es Begegnungen,
bei denen die Menschen ihre Hilfe, Zeit und ihr Wissen mit
Freude anboten, ohne dafür eine (materielle) Gegenleistung zu
erwarten. Dies führte dazu, dass mein anfängliches
Misstrauen und die Unsicherheit im Alltag schnell abnahm. Im
Januar stehen nun die Sommerferien in Peru an die es uns ermöglichen
einen Monat das Land (sowie die Nachbarländer Chile und
Bolivien) zu bereisen, bevor ich dann Ende Januar Besuch von
meiner Familie bekomme.
Im
Allgemeinen kann ich nach drei Monaten sagen, dass der
erwartete Kulturschock ausblieb.
In
Bezug auf meine – zu Beginn – verhaltenen Sprachkenntnisse
denke ich dass ich im Großen und Ganzen beachtliche
Fortschritte gemacht habe, was auch daran liegt, dass Spanisch
meiner Meinung nach eine sehr schöne Sprache ist und ich
dadurch viel Spaß am sprechen und lernen habe.
Die
vergangenen drei Monate vergingen aus heutiger Sicht wie im
Flug, was sich wohl auch in Zukunft, aufgrund etlicher Termine
in der Vorweihnachtszeit (Messe, Weihnachtsverkauf,
Chocolatada) so schnell nicht ändern wird. Ich habe mich sehr
gut eingelebt und freue mich auf die kommende Zeit im Hogar
mit allen Höhen und Tiefen.
Ich
wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest und ein schönes
neues Jahr.
zum
Inhaltsverzeichnis
Daniel
Geyer |
1.
Erfahrungsbericht – 14. 12 2010 |
Wenn
man mit den Kindern zusammen im Salón sitzt, ihnen bei den
Hausaufgaben hilft, mit ihnen spielt oder sich auch einfach
nur mit ihnen unterhält, vergisst man oft dass das einige der
ärmsten Kinder aus Tablada sein sollen. Das Kinderheim ist
eine wunderbare Einrichtung, die ihnen hilft die Hausaufgaben
und sonstige Schularbeiten in Ruhe und mit Hilfe der
Educadores (Erzieher) oder der Freiwilligen zu erledigen,
ihren persönlichen Entwicklungsprozess in eine wahrlich gute
Richtung lenkt und ihnen ein Gefühl für viele chrsitliche
Werte und Pünktlichkeit vermittelt, wobei letzteres für
einen Peruaner im allgemeinen nicht allzu leicht zu erlernen
ist, da die peruanischen Uhren normalerweise immer nach gehen.
Schon
fast drei Monate bin ich jetzt hier in Perú, seit dem 12.
September 2010. Als wir, die anderen Freiwilligen und ich
gestern von der Reise nach Arequipa, der „Weisen Stadt“ im
Süden von Perú zurückgekommen sind, hat Valentin, mein
Zimmerkollege gemeint es ist ein gutes Zeichen wenn man sich
freut ins Hogar (Heim) zurückzukehren, endlich wieder
„daheim“ zu sein. Tatsächlich habe ich mich hier schon
sehr gut eingelebt, fühle mich vollkommen wohl und verstehe
mich auch mit allen sehr gut.
Das
mag mitunter auch an der Konstellation der Freiwilligen dieses
Jahr liegen, zwei Mädchen und zwei Jungen, es tut gut wenn
sich ab und zu mal die Mädchen und die Jungen zusammentun können
um etwas zu unternehmen, manchmal erleben Valentin und ich die
Sachen eben doch etwas anders als die beiden Mädchen, man fühlt
sich in dieser oder jener Hinsicht besser verstanden, wenn man
mit einem Kollegen des gleichen Geschlechts darüber reden
kann. Dennoch finde ich alle Freiwilligen sehr symphatisch und
ich finde wir sind ein tolles Team, es macht mir viel Spass
meine Zeit mit den Freiwilligen hier zu verbringen.
Um
meine Eindrücke und Erfahrungen nun ein wenig zu gliedern,
fasse ich sie in folgende Abschnitte hier zusammen:
Das
Leben/ Die Arbeit im Heim
Als
ich hier vor drei Monaten im Kinderheim ankam, wurde ich
gleich mit offenen Armen empfangen. Ich hatte mir das
eventuell etwas anders vorgestellt, dass sich Kinder etwa
fragen würden was denn nun schon wieder der nächste Deutsche
hier wolle, warum er hierher nach Perú kommt, wenn es die
Deutschen in Deutschland doch so schön haben. Doch nichts von
alledem ist eingetroffen. Ich wurde mit solch einer
Herzlichkeit von allen Seiten empfangen, dass ich mich sofort
wohl und heimisch fühlte.
Am
ersten Tag wurde uns vom Heimleiter und Direktor Luis
Rodriguez so einiges erklärt, die vier Salones samt
jeweiligen Kindern und Educadores vorgestellt, von denen jeder
für eine andere Altersgruppe von
Kindern zuständig ist.
Es
gibt die „Conejitos felizes“ (glücklichen Kaninchen), das
sind die Kleinsten die noch nicht in der Schule und zwischen 3
und 5 Jahre alt sind, verantwortlich dafür ist Linda.
Dann
gibt es die „Campeones“ (Champions), die Zweitkleinsten,
die zwischen 6 und 9 Jahre alt sind mit der Educadora Judith.
Die
zweitgrössten heissen „Chicos del mañana“(Die Kinder von
Morgen), die Kinder sind zwischen 9 und 12 Jahre alt, die
Educadora ist Jowanna.
Und
schliesslich die, „Chicos sin fronteras“ (Kinder ohne
Grenzen), das sind die Grössten, zwischen 13 und 17 Jahre
alt, der Educador in dieser Gruppe ist Andy.
Er
hat uns auch im übringen Heim herumgeführt und weiteres erklärt,
auch dass ich mein Zimmer mit einem anderen Freiwilligen
teilen würde, was ich mir zu Anfang etwas komisch vorgestellt
habe, da ich angenommen hatte ein eigenes Zimmer zu bekommen.
Luis hat uns angeboten, dass einer nach ein paar Wochen auch
wieder ausziehen könnte, wenn das andere Zimmer dann
hergerichtete wäre, aber daran ist für mich imomment überhaupt
nicht zu denken, da ich in Valentin einen guten Zimmerkollegen
und Freund gefunden habe, mit dem man sich über alles
unterhalten und zusammen lachen kann.
Dann
wurden wir während der ersten paar Wochen von Luis mal
hierhin mal dorthin mitgenommen, mal zu Fuss oder mit dem
alten VW-Bus, um uns so einiges über Tablada (was im
Stadtteil „Villa Maria del Triunfo“ liegt, der zu Lima gehört),
Lima und Perú zu erklären. Auch jede Menge Unterstützung
haben wir von der Señora Luz, der Frau von Don Carlos (,der
auch hier im Heim arbeitet und für alles zuständig ist was
mit reparieren, streichen, austauschen, Besorgungen machen
oder andere handwerklichen Sachen zu tun hat) bekommen, die
uns auch jede Menge in Tablada herumgeführt hat, uns gezeigt
hat wo man einkaufen kann und welchen der kleinen Busse man
nehmen muss um wo hin zu gelangen (obwohl dass immer noch fast
unmöglich ist zu erkennen wo der Bus hinfährt, wenn man
nicht hört was der Mann aus dem Bus schreit oder man sich
nicht verdammt gut auskennt). Die Señora Luz hat die erste
Zeit auch abends für gekocht und uns wirklich wunderbar in
die Perunanische Küche eingewiesen, die ich seit meiner zeit
in Perú hier wirklich immer mehr zu lieben beginne. Da sie
aber vor 3 Wochen leider von einem Auto angefahren wurde,
kochen wir jetzt abends und versuchen uns an den Rezepten der
Peruanischen küche, die Marie, eine der beiden freiwilligen Mädels,
aufgeschrieben hat.
Viel
geholfen hat uns auch Hilda, die eine Freundin von Luis ist
und uns die Anfangszeit über viel von Lima gezeigt und auch
über Perú erklärt hat. Wir können sie selbstverständlich
immer anrufen wenn wir fragen haben oder wissen wollen, mit
welchem der unzähligen „Combis“ (Kleinbusse) man wo hin
kommt, wo und wie oft man umsteigen muss und was es kosten
darf (wenn man das vorher nicht so ungefähr weiss wird man
als Gringo [so werden hier normalerweise hellheutige Leute
genannt, die aus den USA kommen] oftmals übers Ohr gehauen wo
es nur geht, da „Gringos“ immer Geld haben, so ist das
allgemeine Vorurteil hier).
Da
es hier vier Salones gibt, die jeweils eine Vormittags- und
eine Nachmittagsgruppe beherbergen, (da hier in der Gegend
drei mal am Tag die Schule stattfindet, weil man sonst nicht
alle Kinder unterbringen würde: vormittags, nachmittags und
abends) hatten wir uns zu Anfang darauf geeinigt, dass jeder
eine Woche lang in einer Gruppe ist und danach rotiert wird,
bis wir nach einem Monat alle Gruppen durchhaben und uns dann
einigen können, wie wir die Gruppen das restlich Jahr über
unter uns vier verteilen.
Ich
habe mich für die Vormittagsgruppe der Zweitgrössten, den
„del Mañana“ und für die Nachmittagsgruppe der grössten,
den „Sin fronteras“ entschieden und diese Entscheidung in
keiner Sekunde bereut.
In
der Vormittagsruppe der „del mañana“ verstehe ich mich
mit allen gut, zu
anfangs gab es ein Kind das dass scheinbar etwas Angst oder
Abneigung gegenüber mir hatte, obwohl ich mir das nicht erklären
konnte. Andy hat gemeint vielleicht bin ich einer Person ähnlich
die dem Kind schon einmal etwas getan hat o.ä, jedenfalls ist
das mit der Zeit verschwunden und ich freue mich, dass nun
auch dieses Kind ein Vertrauensverhältnis zu mir aufgebaut
hat. Auch mit Jowanna, der Educadora verstehe ich mich sehr
gut. Ich habe in dieser Gruppe schon etwas Coputerunterricht
gegeben, und versucht den Kindern anzugewöhnen mit 10 Fingern
zu schreiben, einigen hat es gefallen, anderen nicht, aber im
allgemeinen hat es gut funktioniert.
Auch
habe ich angefangen ein wenig Englischunterricht zu geben, ein
mal die Woche, um den Kindern die absoluten Grundkentnisse
noch einmal näher zu bringen, da das Niveau das sie bereits
in der Schule vorgelegt bekommen schon Klassen über dem ihren
ist, da wie es mir scheint die Lehrer nicht genügend auf den
Einzelnen eingehen können oder wollen.
Zundem
habe ich den Kindern in stundenlanger Arbeit einen
Adventskalender gebastelt, bei dem jedes Kind an einem anderen
Tag ein Säckchen öffnen darf in dem ein kleines
Porzellantierchen und etwas Süsses versteckt ist. Das ist
immer ein besonders freudiges Ereignis für die Kinder, da sie
diesen Brauch hier in Perú nicht kennen.
Die
Nachmittagsgruppe der „Sin fronteras“ war ebenfalls ein Glücksgriff
für mich. Ich verstehe mich mit allen Kindern sehr gut und
auch besonders mit dem Educador Andy, er ist 29 Jahre alt und
wir verstehen uns wirklich super gut, er ist schon genauso ein
Freund für mich wie ein Educador, es macht Spass sich mit ihm
zu unterhalten, er erklärt mir immer gerne und sehr geduldig
wenn ich etwas auf spanisch nicht verstehe, spielt ab und zu
mit mir Schach und zeigt mir alles in Mathe was ich gerne
wissen möchte, da er Mathematik studiert hat. Ausserdem gehen
wir oft zusammen zum trainieren ins Fitnessstudio, das fünf
bis zehn Minuten zu fuss entfernt ist.
Mit
den Mädels aus der Gruppe verstehe ich mich auch sehr gut, am
Anfang waren sie etwas eingeschüchtert von mir, vielleicht
nicht zuletzt weil ich angeblich einem Sänger namens „Justin
Bieber“ ähnele, was einmal ein Mädchen in einem Markt
bemerkt hat und mich gefragt hat ob ich nicht etwas singen möchte.
Seitdem nennt mich Andy scherzhaft „Justin“, ich muss
jedes Mal lachen wenn er das sagt.
Die
Jungs sind im allgemeinen auch sehr nett, nur manchmal
versuchen sie mich ein wenig auf die Schippe zu nehmen,
wahrscheinlich ganz normal für pupertierende Jungen in ihrem
Alter. Sie haben schon gemerkt dass ich mir nicht auf der Nase
herumtanzen lasse und so auch schon einigen Respekt, in
positiver Hinsicht, vor mir.
Auch
dieser Gruppe habe ich einen Adventskalender mit kleinen
Keramiktierchen und etwas Süssem gebastelt, besonders den Mädchen
gefallen diese.
Ein
Projekt um dessen Umsetzung Luis uns gebeten ist der Bau und
die Inbetriebnahme eines Komposts. Doch der uns zur Verfügung
gestellte Platz ist etwas ungeeignet dafür, ein flaches
quadratisches Loch mit niedriger
Betonmauer und ein paar Brettern darauf, wahrscheinlich müssen
wir dafür selbst etwas konstruieren.
Das
Leben ausserhalb des Heims
Wie
weiter oben bereits erwähnt, hat uns Hilda schon einiges von
Lima gezeigt und erklärt, darunter das Zentrum von Lima, ein
Museum mit Fundstücken aus der Incazeit, den Stadtteil
Miraflores, der zu einen der besten zählt und ein Colegio
(eine Schule), in der traditionelle Tänze aus Perú vorgeführt
wurden und in dem uns der Dirktor sofort auf die Bühne
beordert hat als er erfahren hat, dass wir Deutsche sind und
uns darum bat eine kurze Ansprache zu halten, was wir ziemlich
amüsant fanden.
Wie
schon angemerkt gehe ich oft zum trainieren, mit Andy aber
auch schon alleine, da er mir die Leute vorgestellt hat und
mich inzwischen schon alle dort kennen. Wir waren auch schon
mit Javier, dem Verantwortlichen der Schreinerei mehrere Male
unterwegs zu Billard spielen, was auch sehr interessant und
schön war.
Vor
ein paar Wochen haben wir Raffael und seine Frau kennen
gelernt, der gleich neben dem heim Wohnt und einer der Mitbegründer
des Heimes ist. Er stellt Holzarbeiten her und verkauft diese
mit seiner Frau in Barranco, einem schönen Stadtteil an der Küste
von Lima. Die beider wohnen zusammen Mit Anita, die auch im
Heim arbeitet, ehemals Heimleiterin war und jetzt eine
Handwerks- und Kunstwerkstatt für die Kinder leitet. Es war
ein sehr schöner Abend, an dem wir Anne verabschiedet haben,
die auch einmal freiwillig im Heim gearbeitet hat und das Heim
nun jedes Jahr aufs Neue wieder besucht, an dem getanzt und
gelacht wurde, wir haben zusammen „Causa“ zubereitet, ein
peruanisches Nationalgericht, das zwischen zwei mit
Limonensaft verfeinerten kartoffelbreiähnlichen Schichten
ganz fein auseinander gezupfte Hühnchenstreifen und Gemüsestücken
beinhaltet und kalt gegessen wird.
Letzte
Woche (am ersten Advent) waren wir in der Deutschen Gemeinde
im Stadtteil Miraflores zum Ökumenischen Gottesdienst und
anschliessend haben wir zusammen mit Javier, Luis, Andy und
zwei weiteren Kindern aus dem Heim die selbst hergestellten
Holzspielsachen verkauft, wobei Miriam, eine der beider Mädels
mit der Querflöte und ich mit der Geige bei uns am Stand
Weihnachtslieder gespielt haben. Dieses Jahr wurde soviel
verkauft wie noch nie.
Ein
Abenteuer ist es immer, wenn man wie ich bereits erwähnt habe
mit dem Bus unterwegs ist, wobei sich die Busse hier von den
deutschen in jeglicher Hinsicht unterscheiden. Es sind fast
immer Kleinbusse, „Combis“ genannt, bei denen Einer fährt
und ein Zweiter aus der Schiebetüre kuckt und die Orte
herausschreit zu denen der jeweilige Combi fährt. Ausserdem
ist er für das Abkassieren der Fahrgäste zuständig, das zu
jedem möglichen Zeitpunkt erfolgen kann, manchmal gibt man
ihm das Fahrgeld noch beim Aussteigen in die Hand. Ausserdem
sind die Busse zu den Stosszeiten derart überfüllt, dass man
manchmal wenn man nicht das Glück hatte einen Sitzplatz zu
ergattern total zuzammengepfercht irgendwo zwischen mehreren
Personen eingeklemmt ist und versuchen muss irgendmöglich das
Gleichgewicht zu behalten, während der Combi über löchrige
Strassen brettert, ohne zu bremsen um die Kurve fährt und
sich zwischen anderen Autos hindurchschlängelt, was in Perú
IMMER mit viel Gehupe und Geschrei verbunden ist.
Reisen
Unsere
erste Reise, die wir im Oktober unternahmen, führte uns ins
ungefähr 300 kM entfernte, südlich gelegene Ica, eine Stadt
auf die immer die Sonne herunterprallt, unabhängig von der
Jahreszeit, wobei wir unseren Aufenthalt eher in einer wenige
Kilometer entfernten Wüstenoase Namens Huacachina verbracht
haben. Eine kleine von hohen Sanddünen umgebene Oase, die
einen in eine ganz anderen, fast schon orlentalischen klene
Welt versetzt. Auch haben wir Paracas besucht, eine Küstenstadt
nicht weit entfernt von Ica, von wo aus man mit einem Boot die
berühmten „Islas Ballestas“ besichtigen kann, einige
Inseln mit jede Menge Seelöwen und tausende von Möven als
Bewohnern.
Die
Zweite Reise führte uns im November in eine Stadt in Norden
namens Barranca, eine Stadt in der wie es uns schien Touristen
eher unüblih sind, da wir ständig mit grossen Augen
angeschaut wurden. Auch diese Stadt liegt am Meer, zum Baden
war es aber noch etwas zu kalt. Von dort aus haben wir die
nahegelegene Ausgrabungsstätte „Caral“ besucht, die als
die bislang älteste Stadt Südamerikas glit.
Unsere
letzte Reise unternahmen wir nach Arequipa, der „weissen
Stadt“, eine Stadt ziemlich weit im Süden von Perú, ungefähr
19 Studen mit dem Bus von Lima entfernt. Tagsüber prallt die
Sonne geradezu auf die Stadt herab, während man abends schon
mit einer Jacke aud dem Haus gehen sollte.
Obwohl
wir schon den 13. Dezember haben, hat mich die weihnachtlche
Stimmung hier alles andere als gepackt. Obgleich unglaublich
viele Fenster mit bunten sich schnell bewegenden und
blinkenden weihnachtlichen Lichtmotiven geschmückt sind, man
in den Geschäften jede Menge Weihnachtssachen kaufen kann und
einige Angestellte mit Nikolausmützen unterwegs sind, ist es
wohl das Sommerliche Wetter, das mich davon abhält mir
vorzustellen, dass schon in elf Tagen Heilig Abend ist. Wie
wir ihn verbringen ist noch nicht ganz sicher, aber ich bin
sicher dass es ein schönes und besonderes Weihnachstfest
wird.
Ich
sende allen Lieben daheim und in Deutschlad liebe Grüsse und
denke an euch und bin gespannt was ich in den nächsten
Monaten erlebe und wieder in in meinem nächsten Bericht
festhalten darf.
Euer
Daniel
zum
Inhaltsverzeichnis
Valentin
Schepperle |
2.
Erfahrungsbericht - März 2011 |
Letzten
Samstag war es ein halbes Jahr her, dass ich in den Flieger in
Richtung Tablada stieg – Wahnsinn wie schnell die Zeit
vergeht. Seit dem letzten Erfahrungsbericht sind bereits gut
drei Monate vergangen, die sehr ereignisreich, interessant und
spannend waren. Im Folgenden versuche ich einen Einblick in
meine Erfahrungen und Erlebnisse, sowie mein Leben im Hogar in
der letzten Zeit zu geben.
Die
Arbeit mit den Kindern
Nachdem
ich von September bis ende Dezember ganztags in der Gruppe
„Los Campeones“ (6-9 Jährige) mithalf, wechselte ich im
Februar, nach den peruanischen Sommerferien in die
Vormittagsgruppe der „Los sin fronteras“ (12-17 Jährige).
Nachmittags unterstütze ich weiterhin bei den
„Campeones“.
„Los
sin fronteras“
Nachdem
ich mich die letzten Wochen vor den „großen“ Ferien mehr
und mehr auf meinen Wechsel zu den „sin fronteras“ gefreut
hatte, wurde mein Enthusiasmus zu Beginn des neuen Schuljahres
ein wenig gedämpft.
Da
die „großen“ schon sehr selbstständig sind, ihre Werkstätten
(Bäckerei, Schreinerei,…) besuchen und ihre Hausaufgaben
erledigen, ohne viel Unterstützung zu brauchen, fühle ich
mich hin und wieder ein wenig überflüssig, was sich aber
hoffentlich in der nächsten Zeit noch erübrigen wird. Ein
wenig unzufrieden bin ich auch mit den Beziehungen, die sie
bisher zu den Kindern entwickelt hat. Es kam bisher leider zu
wenigen guten Gesprächen oder schönen gemeinsamen Momenten,
was sicherlich auch daran liegt dass ich aufgrund des Besuchs
meiner Familie, vermehrten Arztbesuchen und Ähnlichem in der
letzten Zeit einige Vormittage nicht in der Gruppe verbringen
konnte. Ich denke dass die Zeit einen besseren Kontakt zu den
Jugendlichen bringen wird und auch mein
„Tischtennisprojekt“ (Tischtennisplatte bauen) welches ich
(vor allem) mit den älteren umsetzen möchte positiv zu
meiner Integration im Salón beitragen wird.
Im
Großen und Ganzen macht mir die Arbeit mit Jugendlichen nach
wie vor viel Spaß, ich verstehe mich mit Andy, dem Educador
gut und hoffe im nächsten Zwischenbericht von einer positiven
Entwicklung im Hinblick auf meine Arbeit bei den „Los sin
fronteras“ berichten zu können.
„Los
Campeones“
Im
Hinblick auf
die Arbeit bei den „Campeones“ kann ich nur
positives berichten.
Nachdem
mir zum Ende des Schuljahres ein wenig der Spaß bei der
Arbeit in der Gruppe – aufgrund fehlender Vielseitigkeit -
verloren ging, bin ich jetzt wieder mit viel Freude und
Energie dabei.
Die
Arbeit am Nachmittag gestaltet sich nicht immer als ganz
einfach, da die Erzieherin Judith und ich gemeinsam 23 Kinder
betreuen, die oft einen - nicht ihrem Alter entsprechenden –
Wissens- und Entwicklungsstand haben. Es besteht weiterhin die
Schwierigkeit, des Zeit-/Personalmangels, da viele Kinder
neben der Hausaufgabenunterstützung eine Einzelbetreuung (z.B
Buchstaben lernen/vertiefen) benötigen, dies aber nicht
machbar ist. Auch die Tatsache dass viele Kinder zu diesem
Schuljahr neu ins Heim kamen oder eingeschult wurden
vereinfacht die Situation nicht. Es ist schwer sich an den
Gedanken zu gewöhnen aber viele Kinder werden ihre
Schulprobleme wohl nicht in absehbarer Zeit lösen können (da
die Unterstützung momentan nicht geboten werden kann) und
somit in den kommenden Schuljahren wohl oder übel immer größere
Probleme in der Schule bekommen.
In
Bezug auf meine Spanischkenntnisse fällt mir besonders in der
Gruppe der Campeones auf, dass mein Spanisch fließender
geworden ist und mir weniger Probleme bereitet. Gerade in
dieser Gruppe mit vielen kleineren Kindern in der oft schnell
und viel gesprochen werden muss um den Bedürfnissen möglichst
aller Kinder gerecht zu werden, profitiere ich heute sehr von
den Fortschritten der letzten Wochen und Monate.
Aufgrund
der hohen Anzahl an Kinder in der Gruppe war es mir bisher
noch nicht möglich mein „Schreinereiprojekt“ umzusetzen,
da ich in der Gruppe helfe. Ich hoffe dass in der nächsten
Zeit eine weitere Person zumindest ein einigen Tagen in der
Woche zur Unterstützung hinzukommt und ich so mit meinem
Projekt beginnen kann.
Urlaub
In
den Sommerferien, die in Peru vom 1. Januar bis 28. Februar
dauern hat auch das Hogar einen Monat lang geschlossen. Somit
konnten wir Voluntarios den kompletten Januar nutzen um die
Vielseitigkeit Perus kennen zu lernen und sogar zwei Nachbarländer
zu besuchen.
Nach
einem tollen Start ins Jahr 2011, den wir mit drei Freunden
aus Tablada am Strand mit Zelt, Lagerfeuer und Feuerwerk und
unzähligen weiteren Jugendlichen verbrachten, ging es bereits
am 2. Januar auf Reise.
Daniel
und ich stiegen in den Flieger nach Santiago de Chile (nachdem
wir unfreiwillig einen Tag am Flughafen verbrachten) und die
„Chicas“ Marie und Miriam machten sich auf den Weg nach
Cuzco, wo wir uns eine Woche später dann trafen. Nachdem wir
„Chicos“ eine spannende Woche in Valparaiso und Santiago
de Chile verbrachten, einen Freund von mir aus Deutschland
besuchten (ein Chilene der gerade seine Familie besuchte) und
auch die chilenische Gastfreundschaft kennen und schätzen
lernten trafen wir uns am „Nabel der Welt“, wie Cuzco von
den Inkas genannt wurde. Von dort aus ging es mit Marie und
Miriam weiter Richtung Puno am Titicacasee wo wir eine Nacht
auf einer Insel bei einer Gastfamilie verbrachten, um uns
anschliessend auf den Weg Richting Santa Cruz in Bolivien zu
machen, wo wir unser einwöchiges Zwischenseminar besuchten.
Im Hinblick auf die Woche muss ich sagen, dass ich die Zeit
mit den anderen Freiwilligen (aus Peru, Chile, Bolivien,
Nicaragua) teils sehr genossen habe, und auch sehr froh bin
dass ich einen kleinen Teil von Bolivien kennen lernen durfte.
Andererseits muss ich aber auch ehrlich zugeben, dass mir das
Seminar an sich sehr wenig gebracht hat, vielleicht auch wegen
den hohen Erwartungen nach dem hilfreichen und spannenden
Vorbereitungsseminar in Köln. Zum Einen war da die hohe
Teilnehmerzahl von 40 Freiwilligen, die von drei Teamleitern
begleitet wurden, was meiner Ansicht nach wenig persönlichen
Kontakt der Teamleiter zu den Teilnehmern ermöglichte.
Weiterhin
hatte ich das Gefühl kein Seminar zu brauchen, da wir vier
Voluntarios im Heim sehr viel miteinander besprechen und so für
mich kein Bedürfnis vorhanden ist mich eine Woche lang über
das Erlebte auszutauschen. Auch merkte ich dass wir in Tablada
im Gegensatz zu vielen Anderen eine stabile Einrichtung, sowie
ein funktionierendes Team und Umfeld haben, sodass kaum
Probleme entstehen die es in einem jeweiligen Seminar zu lösen
gilt. Bei anderen Freiwilligen, wie allein in ihrer
Einrichtung arbeiten war aber doch zu merken dass sie ein großes
Bedürfnis hatten sich auszutauschen aber vor Allem selbst zu
erzählen und ein offenes Ohr zu bekommen. Nicht zuletzt riss
mich das Seminar ein wenig aus meinem Leben im Heim und auch
ein wenig aus meinem Abenteuer Auslandsjahr. Eine Woche fast
ohne spanisch zu reden, ohne großen Kontakt zu Einheimischen
und Ähnliches gefiel mir in diesem Moment gar nicht und ich
sagte auch zu einem der Teamleiter, dass ich wohl mehr von
einer weiteren Woche im Hogar profitiert hätte.
Nach
dem Abschied vom Seminar verbrachten wir die übrigen
Urlaubstage in Tablada, wobei wir mehrere kleine Ausflüge
rund um Lima machten. Anfang Februar ging es für Marie,
Miriam und Daniel dann wieder an die Arbeit, während ich mit
meiner Familie für weitere zwei Wochen durch Peru reiste. Ich
bekam dafür Extraurlaub mit der Kondition des Heimleiters
Luis danach „como loco“ also „wie verrückt“ zu
arbeiten J.
In den Zwei Wochen, sowie in einer weiteren Woche, die meine
Familie im Hogar verbrachte bot sich mir die Möglichkeit
selbst weitere Teile Perus wie Machu Picchu oder die Selva
(Regenwald) kennen zu lernen, aber auch meiner Familie einen
vielseitigen Einblick in das Land und die Einrichtung in der
ich arbeite zu ermöglichen. Ich finde es sehr wichtig seine
Liebsten „live“ an seinem Auslandsjahr teilhaben zu
lassen, da man im Nachhinein noch so viel berichten kann, wenn
man nicht dabei war kann man sich oft doch kein richtiges Bild
von der jeweiligen Situation manchen.
Freizeit
Die
Freizeit, von der ich hier genug habe weiss ich meist gut zu
nutzen. Ich versuche mich weiterhin, wie auch schon vor den
Ferien im Salsa tanzen was mir längst (Salsa tanzen und die
Musik an sich) sehr ans Herz gewachsen ist. Einmal wöchentlich
wird das Tanzbein geschwungen und an Geburtstags- oder
Weihnachtsfeiern, sowie Diskobesuchen mit Freunden bietet sich
immer wieder Gelegenheit das Geübte in der Öffentlichkeit
auszuprobieren. Gelegentlich gehe ich mit Javier, dem
Schreiner des Hogars, der mittlerweile zu einem sehr guten
Freund wurde, und mit einigen Nachbarn zum Fußballspielen,
was oft viel Spaß und Abwechslung bringt. Allerdings merke
ich hier immer noch deutlich, dass ich – vermutlich da ich
„Gringo“ bin – eine Art Sonderbehandlung bekomme, was
sich mit der Zeit und dem besseren Kennenlernen der Mitspieler
hoffentlich legen wird. Mittwochs wird nach dem Arbeiten nach
wie vor Volleyball mit dem Hogarteam gespielt, was oft sehr amüsant
ist, aber meiner Ansicht nach hin und wieder zum Wettbewerb
wird. Dies nimmt mir gelegentlich ein bisschen den Spaß an
der Sache. Die im letzten Jahr begonnen Gitarrenstunden wurden
momentan auf Eis gelegt, da der Unterricht nicht sehr
effizient war. Ich möchte aber unbedingt wieder Unterricht
bekommen und habe bereits einige neue Kontakte sodass es in
wenigen Wochen wohl weitergehen kann.
Des
Weiteren lese ich in meiner Freizeit viel auf spanisch oder
schaue abends hin und wieder mit den Voluntarois einen Film
auf spanisch um meine Sprachkenntnisse auszubauen und die
Kommunikation im Alltag zu erleichtern.
Unser
„Wohnzimmer“, die Terrasse der Voluntarios wird von uns
gerne und viel genutzt und diente bereits für zahlreiche schöne
Abende an denen gemeinsam mit Freunden gegessen, Filme
geschaut oder sich unterhalten wurde.
Die
Wochenenden werden von uns meist genutzt um kleinere Ausflüge
in Lima zu unternehmen oder sich von der Arbeit zu erholen und
mit der Familie oder Freunden in Deutschland zu telefonieren
oder zu skypen. Einzig und allein diese Tage (oft
sonntags) an denen man mit den Daheimgebliebenen
spricht und viel Zeit zum nachdenken hat fällt es mir
manchmal ein wenig schwer das Leben in Tablada zu geniessen.
Allgemeines
Im
Allgemeinen finde ich dass mein Alltag in Tablada längst
routiniert von Statten geht. Die Beziehungen zu den
Voluntarios – vor allem zu den Chicas
- verbesserten sich, durch das gegenseitig bessere
Kennenlernen. Wo es früher kleine Problemchen gab wird heute
zusammen gelacht und über Gott und die Welt gesprochen.
Freundschaften
zu Personen ausserhalb der Voluntariogruppe festigten und
vermehrten sich, was mich sehr freut. Auch gestaltet sich der
Arbeitsalltag / Alltag im Allgemeinen als viel einfacher, da
sich die Sprachkenntnisse in der letzten Zeit weiterhin sehr
zum positiven entwickelten. Das viele Lesen, Musik hören und
Filme schauen auf spanisch, sowie das Gespräch zu den
peruanos zu suchen trägt mehr und mehr seine Früchte und
motiviert sehr, immer besser sprechen zu wollen.
Nichts
desto trotz habe ich Phasen in denen es mir vorkommt als könne
ich mir keine Vokabeln mehr merken oder wie aktuell, in der
mir das „spanische r“ nicht mehr über die Lippen kommen möchte.
Für
die restlichen Monate, die ich noch im Heim verbringen werde möchte
ich gerne noch mehr Kontakt zu den „Tabladeños“ finden
und ein die Abende eher in Tablada selbst (Billard, Fußball
spielen,…)
verbringen als isoliert auf der Terrasse der
Voluntarios zu sitzen. Weiterhin habe ich mir vorgenommen die
Zeit und die „Chancen“ die hier geboten sind zu nutzen.
Beispielsweise habe ich an den Sonntagen, die wir oft zum
entspannen nutzen oft das Gefühl einen Tag zu „verlieren“
an dem man einen Ausflug in die Stadt hätte machen können
etc. Auch die Möglichkeit Fallschirm zu springen möchte ich
in jedem Fall noch einmal nutzen.
Zum
Bereich Chancen nutzen gehört aber auch, die Tradition
unserer Vorgänger Verena, Karin und Jakob fortzuführen und
die Familien, deren Kinder in diesem Jahr neu ins Heim kamen
zu Hause zu besuchen. Um für die Erzieher des Hogars mehr über
die Lebensverhältnisse und Hintergründe der Kinder zu
erfahren, aber auch um uns Freiwilligen einen einmaligen
Einblick in das Leben der Kinder ausserhalb des Heimes zu
bieten, werden wir vermutlich in den nächsten Wochen mit den
Hausbesuchen beginnen. Weiterhin steht mein Tischtennisprojekt
(TTPlatte bauen) aus, hierfür bedanke ich mich recht herzlich
bei meinen Großeltern, den zwei Yannicks, sowie meiner
Familie die fleissig gespendet haben und ich so einen Teil
dieses Geldes für die Materialien der Tischtennisplatte
verwenden kann.
Ich
hoffe ich kann meine Chancen und die Zeit, die so schnell
verfliegt nutzen (bei meinem nächsten Zwischenbericht werden
Marie und Mimi schon wieder in Deutschland sein) und viele
wichtige Erfahrungen „mitnehmen“, durch meine Arbeit aber
auch etwas hier lassen was die Kinder auf eine Art bereichert
und weiterbringt.
zum
Inhaltsverzeichnis
Marie
Giesen |
2.
Erfahrungsbericht 26.03.2011 |
Hola con todos!
Es sind weitere drei Monate
vergangen und der naechste Bericht steht an. Mehr als die
Haelfte meiner Zeit als Freiwillige in dieser wunderbaren
Kindertagesstaette mit einzigartigen Kindern und lieben
Erziehern ist nun schon vergangen und ich kann auf viele
Momente zurueckblicken, die ich sicher nicht so schnell
vergessen werde.
Um die letzte Zeit etwas zu
gliedern und sie so wieder etwas uebersichtlicher zu machen,
habe ich sie erneut in Themen unterteilt.
Dezember
- Feiern am anderen Ende der Welt
Der Dezember war voll von
Feierlichkeiten, im Hogar aber auch ausserhalb.
Am letzten Wochenende vor
Weihnachten gibt es im Hogar immer eine „Misa de Navidad“,
die Weihnachtsmesse. Alles wird schoen dekoriert, der Pfarrer
der deutschen Gemeinde kommt ins Hogar und am Ende gibt es
fuer jedes Kind ein kleines Geschenk (dieses Jahr Unterwaesche),
das dieses Jahr von der neuen Junta, des Vereines hier vor
Ort, ausgeteilt wurde. Der Chor, der die ganzen Wochen vorher
mit Carlos geuebt hatte, durfte seine Weihnachtslieder
vortragen, die Erzieher haben gesungen und wir Freiwillige
haben „als Hoehepunkt“ am Ende der Messe „Ojos azules“,
ein peruanisches Volkslied, das ich immer mit meiner Zeit hier
in Peru verbinden werde, und zwei Weihnachtslieder
vorgetragen, die wir musikalisch begleitet haben. Es war sehr
viel Spass gemacht, besonders das gemeinsame Ueben vorher! Als
Dekoration wurden unter anderem meine Sternleuchten als
Lichterkette verwendet, was mich sehr gefreut hat. So bleibt
etwas deutsche Weihnacht hier im Hogar, wenn sie naechstes
Jahr vielleicht wieder aufgehaengt werden.
Die Kinder haben in der
letzten Woche keine Hausaufgaben mehr und teilweise auch schon
Ferien. Alle Examen zum Ende des Jahres waren geschrieben und
so ueberlegten wir uns, diese Woche mit Spielen und Aktionen
zu gestalten. Es war mehr Arbeit als Anfangs gedacht, aber die
Kinder hatten bei Olympiaden, Holzarbeiten, Gruppenspielen
oder einer kleinen Schnitzeljagd durchs Hogar definitiv ihren
Spass. Ich war diese Woche leider etwas angeschlagen, sodass
ich den Schwimmbadbesuch und das Festessen am 24.Dezember
nicht mitbekommen konnte. Es gab „Pollo a la Brasa“,
Schniposa, nur mit Huehnchen!
Heiligabend waren wir bei
einer Arbeitskollegin von Daniels Vater eingeladen, die auch
seit diesem Jahr in der Junta ist. Das Essen war sehr lecker,
es gab verschiedene Arten von Fleisch, traditionell gibt es
hier Truthahn, und dazu einen Apfelsalat. Weihnachten wird
hier aber ganz anders gefeiert als in Deutschland. Miriam und
ich waren zuvor zwar noch in der Kirche gewesen (mussten aber
nach einer Stunde am Anfang des Vorspiels schon wieder gehen -
ich will nicht wissen, wie lange sie insgesamt gedauert haben
mag! =) ), aber ansonsten gleicht der Abend eher Silvester. Um
zwoelf Uhr gab es ein riesiges Feuerwerk und man wuenschte
sich Schoene Weihnachten, bevor man sich wieder den Spielen
oder Gespraechen widmete, die man unterbrochen hatte. Miriam,
Daniel und Valentin sind danach noch zu Anita nach Hause und
haben bis in die fruehen Morgenstunden weitergefeiert,
waehrend ich ins Bett bin, um mich etwas zu erholen.
Fuer die Kinder begannen die
Ferien, fuer uns Erzieher und Freiwillige begann nach den
Feiertagen wieder das Arbeiten, es hiess, das Inventar zu
zaehlen und das Hogar aufzuraeumen. Es war aber nicht sehr
anstrengend, denn die Kinder kamen nur mittags, um sich ihr
Mittagessen abzuholen und wir arbeiteten jeder fuer sich.
Zum Ende des Jahres, an
Silvester, sind wir mit allen Erziehern zusammen in einem
Fischrestaurant essen gegangen. Wir haben auch noch ein
Gruppenfoto gemacht, denn fuer die zwei Belgierinnen Charline
und Stephanie war dies das letzte gemeinsame Treffen, bevor
sie zuerst reisen und dann anfangen, in Ayacucho in den Anden
zu arbeiten.
Die letzte Woche haben auch
wir Freiwillige ausreichend genutzt und viel mit Freunden
zusammen gemacht. Bei gemeinsamem Kochen oder einfach nur
Zusammensitzen habe ich sie eindeutig besser kennen und moegen
gelernt. Ich freue mich schon auf die gemeinsame Zeit, die uns
noch zusammen bleibt.
Mein Geburtstag fiel
ebenfalls in diese Woche. Ich hatte alle Erzieher und Freunde
eingeladen. Es kam sogar Milena mit ihrer Familie, die letzten
Winter zwei Monate bei meiner Familie in Deutschland verbracht
hat. Es wurde Salsa getanzt, das ich mittlerweile
einigermassen kann, Miriam hat fuer mich Gluehwein gemacht (es
kam sehr gut an, obwohl es abends immer noch ziemlich warm
war! =) ) und es gab wieder sehr leckeren Marmorkuchen, den
mir Daniel, Valentin und Miriam gebacken hatten! Es war
komisch, dass mein Geburstag bei warmem Sommerwetter statt
fand und ich ihn auch nicht mit meiner Familie feiern konnte.
Ich habe es trotzdem sehr genossen mit all den Menschen
zusammen zu sein, die mir hier wichtig sind.
Silvester haben wir zusammen
mit Freunden und unendlich vielen anderen Jugendlichen zeltend
am Strand. Es war genial! Wir hatten ein Feuer, an dem wir
Wuerstchen gebraten haben und uns gewaermt haben und es gab
ein unglaubliches Feuerwerk! Am naechsten Morgen konnten wir
sogar eine Gruppe von Delfinen sehen, die die Bucht
passierten. Ich hatte zuerst gedacht, es sei ein Haifisch, was
einen Freund sichtlich amuesierte! =)
Januar
- wir erkunden Peru
Den Januar ueber war das
Hogar geschlossen, sodass wir die Zeit genutzt haben und so
schnell wie moeglich in den grossen weiten Sueden Perus
aufgebrochen sind.
Als erstes grosse Stadt
stand Cusco auf unserem Plan, eine wunderschoene, alte Stadt.
Kein Wunder, dass die Inca sie damals zu ihrer Hauptstadt
erklaert hatten. Auf Grund ihrer Hoehe dachten wir anfangs,
dass wir vielleicht Probleme mit der Hoehenkrankheit bekommen
koennten, aber wir haben am ersten Tag viel ‘Mate de Coca’
getrunken, sodass wir abends nur leichten Schwindel bemerkten.
Am zweiten Tag ging es
direkt wieder etwas runter, wir hatten eine viertaegige Tour
in den ‘Parque Nacional de Manu’ gebucht. Hin und zurueck
sollte es eigentlich mit einem Touristenbus gehen, da aber nur
drei fuer die Tour zugesagt hatten, beschlossen sie kurzerhand
mit dem Taxi zu fahren. Die Fahrt war wunderschoen, wir sind
durch viele kleine Andendoerfer gefahren, steile Bergstrassen
entlang in den tropischen Hochwald/Nebelwald hinein.
Schlagartig aenderte sich die Vegetation, es gab mehr Farne
und alle Pflanzen schienen dauerbefeuchtet zu sein. Auf der
Hinfahrt durften wir teilweise laufen. Es war herrlich, die
Natur von ganz nah zu sehen und im stroemenden Regen den
Nationalvogel Perus, den Gallo de las Rocas, zu beobachten.
Unsere Lodge wurde per
Kurzboottrip und Ueberqueren zweier Fluesse erreicht! Sie war
mitten in der Natur, anscheinend in einem Jaguargebiet (ihn
haben wir aber leider nicht gesichtet!) und wir konnten uns
erstmals erholen auf unserer Reise. Auf verschiedenen
Exkursionen sahen wir viele verschiedene Pflanzen, ganz suesse
kleine Totenkopfaeffchen, ganz viele Voegel und einen Capiware,
eine Art Wasserschwein. Kaimane konnten wir leider nicht
entdecken, aber die Stille auf der Lagune war einfach schon
atemberaubend genug!
Zurueck ging es wieder den
gleichen Weg, ueber Schlagloecher, vorbei an Wasserfaellen und
Ruinen!
In Cusco planten wir gleich
unser naechstes Abenteuer. Wir wollten uns auf eigene Faust
die archaeologische Inkastaette ‘Machu Picchu’ anschauen.
Das Wetter hat nicht perfekt mitgespielt, sodass wir auf dem
Hinweg in den Regen kamen und plaetschnass an unserem Hostal
ankamen. Dennoch hatten wir am naechsten Tag Glueck, als wir
fruehmorgens auf dem Machu Picchu waren und zusehen konnten,
wie die Sonne durch die Wolken brach und den Nebel fuer kurze
Zeit mitgenommen hat.
Wieder in Cusco haben Mimi
und ich uns mit Daniel und Valentin getroffen, die die Woche
in Chile verbracht hatten. Zusammen sind wir weiter nach Puno
an den Lago Titicaca gefahren. Puno selbst ist eine recht
beschauliche Stadt, aber wir haben eine Inseltour mitgemacht,
die einmalig war. Zuerst waren wir auf den beruehmten
schwimmenden Inseln der Uros, das aber sehr touristisch
aufgemacht war. Dann sind wir jedoch weitergefahren auf die
Insel Amantani, auf der wir bei einer Gastfamilie uebernachten
konnten. Ich war an dem hoechsten Punkt, den ich im Leben je
bestiegen habe (ca. 4100m) und abends gab es ein kleines Fest,
bei dem wir ihre traditionelle Kleidung tragen durften. Am
naechsten Tag sind wir weiter zur dritten Insel Taquile
gefahren. Die Bewohner tragen ganz spezielle Muetzen, an denen
man den Ehestand erkennen kann. Wir hatten als Mittagessen
koestlichen Fisch! Die ganze Zeit ueber hatten wir eine
unglaubliche Aussicht auf den See und die bolivianischen
schneebedeckten Anden im Hintergrund!
Viel zu schnell war die Zeit
zu Ende und wir sind Richtung La Paz aufgebrochen, wo wir dann
den Flieger nach Santa Cruz zu unserem Zwischenseminar
genommen haben.
Das Seminar war alles in
allem sehr gut, die Teamer und die Leute sehr nett, aber es
waren insgesamt viel zu viele Teilnehmer (40!) auf nur drei
Teamer! Die Einzelbetreuung kam viel zu kurz, es kam sehr auf
die Gruppe an, wie intensiv man die Zeit auf dem Seminar
genutzt hat. Ich hatte sehr viel Glueck mit meiner Gruppe und
ich kam im Seminar auf meine Kosten!
Als wir mit dem Flugzeug
wieder in Lima gelandet sind, habe ich mich zum ersten Mal so
gefuehlt, als ob ich „nach Hause“ kommen wuerde. Die Sonne
ist wunderschoen ueber dem Meer untergegangen und das Licht
hat sich die
Haeuser Limas angeleuchtet. Ich dachte, ich wuerde es nie
sagen, aber ich war froh, nach all der gruenen Natur wieder
nach Lima mit all ihrem Sand, dem Staub und der Kargheit zu
kommen.
In Lima war mittlerweile der
Hochsommer eingekehrt. Es war mehr als heiss, man konnte sich
selbst auf der Terrasse fast kaum mehr aufhalten und wollte
sich nur noch duschen.
Die letzte Januarwoche habe
ich sehr gebraucht, um wieder im Hogar anzukommen und noch
etwas auszuruhen, bevor wir Erzieher uns Anfang Februar wieder
getroffen haben. Wir waren einen Tag auf dem ‘Cerro
Cristobal’ und hatten eine wunderschoene Aussicht auf Lima.
Ich habe erneut gesehen, wie gross Lima einfach ist - Haeuser,
so weit das Auge gereicht hat! Ein Abend sind wir noch zu
Wasserspielen gegangen, die durch Musik untermalt wurden. Es
war ein schoener Park und ich war froh, ein bisschen laufen zu
koennen, da wir die restliche Woche nur im Hogar verbracht
hatten.
Februar
- neues Jahr, neues Glueck
Die ersten zwei Wochen
wurden damit verbracht, alle Moebel von der Terrasse wieder in
die jeweiligen Salons zurueckzuraeumen. Es wurde alles sauber
gemacht und schoen hergerichtet. Wir Freiwilligen haben dafuer
Willkommensschilder gebastelt. Ausserdem wurden die Ziele und
Termine fuer das kommende Jahr festgelegt, die mit den Kindern
erreicht bzw. durchgefuehrt werden sollen. Dabei blieb jedoch
viel Zeit fuer Spaesse wie z.B., als wir mit den Erziehern
abgewaegt haben, welche der zwei Kalendermodels jetzt
huebscher waere. =)
Die Zeit hat Valentin leider
nicht mitbekommen, denn Ende Januar kam seine Familie aus
Deutschland und fuer die ersten zwei Wochen im Februar waren
sie in Peru auf Reisen.
Rechtzeitig zu seinem
Geburtstag und zur Oeffnung des Hogars war er aber wieder da
und so konnten wir zusammen am 15. Februar die Kinder
begruessen. Anfangs waren es noch recht wenige und ich fuehlte
mich daher noch wie in den Ferien, denn es war wunderbar
ruhig, die Kinder durften viel spielen und es gab keinen
Stress durch Hausaufgaben (die Schule begann erst im Maerz).
Ich habe mich richtig
gefreut, dass das Hogar wieder offen war und die Kinder wieder
kamen. Wo ich die Kinder vor den Ferien teilweise noch als
anstrengend und ermuedend empfand (ich war wohl wirklich
ferienreif! =) ), begann ich jetzt wieder mit neuer Energie
und Freude auf die naechste Zeit.
Zum Abschluss der Ferien
sind wir Ende Februar alle noch an den Strand gefahren, ein
Riesen-Akt! =) Ich frag mich immer noch, wie wir alle Kinder
und Erzieher in den Bus (Stil: amerikanischer Schulbus)
gepasst haben. =) Den Kindern hat es viel Spass gemacht und
die Grossen durften sogar im Meer schwimmen, waehrend die
Kleinen in einem mit dem Meer verbundenen Becken
herumplantschen konnten. Mittags gings dann schon wieder
zurueck (raus aus der Mittagshitze) und im Hogar gab es dann
noch lecker ‘Arroz con Pollo’ (Reispfanne mit Huehnchen)
fuer alle!
Maerz
- wo ist er nur hin?
Der Monat Maerz ist fuer
mich leider viel zu schnell herumgegangen - oder besser
gesagt, ich hab viel zu wenig davon mitbekommen, denn ich war
zwei Wochen davon krank.
Ich hatte mir schon im
Januar in Bolivien einen heftigen Husten geholt (sehr warm
draussen - Klimaanlage in den Seminarraeumen) und jetzt kam
auch noch hohes Fieber und Schnupfen dazu. Miriam hat sich
aber ruehrend um mich gekuemmert und mich bestens unterhalten.
Danach war ich aber total abgeschwaecht und musste mich erst
langsam wieder erholen. Auch habe ich mich auf einmal voellig
fremd im Hogar gefuehlt. Das Leben war ohne mich
weitergelaufen und es war anfangs schwierig, den Rhythmus zu
finden. Zum Glueck hat sich das aber schnell wieder gelegt.
Waehrend meiner Krankheit
kamen gleichzeitig noch Bewerbungsstress und abermals eine
Rueckflugunsicherheit hinzu. Zum Einen kamen erneut die
Absagen von den Universitaeten (Medizin) und ich sah mich
gezwungen, mich nun auch nach Ausbildungen im medizinischen
Bereich umzusehen. Dabei wurde es leider etwas eng mit den
Bewerbungsfristen. Zum Anderen wurde uns gesagt, dass unser
Rueckflugdatum vielleicht doch wieder nicht sicher waere, da
wir es dummerweise vor Vertragsende gelegt hatten. Die
Situation kam etwas ueberraschend, da wir das Problem
eigentlich schon als geklaert gesehen hatten. Jetzt wurde aber
Gott sei Dank eine Loesung fuer alle gefunden und Miriam und
ich koennen das Datum beibehalten.
Als ich krank war, fand auch
ein Kleiderverkauf, von der Schwester Aurora des nahegelegenen
medizinischen Zentrums, statt. Es wurden Decken und Hosen,
aber auch Lebensmittel wie Reis und Nudeln verkauft. Alles
waren Spenden aus Spanien, mit dem Erloes wurden nur die
Transportkosten beglichen. Es waren anscheinend viele Eltern
da, sodass am Ende fast alles ausverkauft war.
Ende Maerz fand dann fuer
alle Eltern (bevorzugt: starke Maenner^^) das Anstreichen des
Hogars statt. Mit guten vierzig Vaetern, Bruedern, Onkeln,
Cousins und Nachbarn wurden Fenster abgeschliffen, Decken und
Waende gestrichen und zum Schluss alles wieder blitzeblank
sauber gemacht. Zwischendurch gabs noch lecker Brot als kleine
Verstaerkung, von unserem Baecker Ricardo. Es war ein
anstrengender aber schoener Tag, der fuer die Vaeter am
Schluss noch mit einem Fussballspiel belohnt wurde! =)
Was
ich an Peru liebe bzw. vermissen werde
Als ich Anfang September
nach Peru kam, war fuer mich alles noch neu, spannend und wohl
auch etwas gewoehnungsbeduerftig. Jetzt, nach gut einem halben
Jahr habe ich dieses Land neben all seinen liebenswuerdigen
Menschen mit seinen zahlreichen Facetten besser kennen und
lieben gelernt.
Zum Einen waere da die
peruanische Art, sich auf den Strassen Perus aufzuhalten.
Einfach herrlich! =) Ich muss zugeben, dass ich am Anfang auch
etwas Angst hatte, wenn z.B. drei Fahrbahnen auf eine
reduziert wurden und die drei nebeneinander fahrenden Autos
einfach mit derselben Geschwindigkeit weitergefahren sind (ich
mittendrin) ... jeder war sicher, das Rennen zu gewinnen! =)
Jetzt finde ich den Verkehr
aber einfach nur faszinierend und ich liebe es, mit dem Combi,
dem hiesigen Transportmittel (Kleinbus), durch die
ueberfuellten Strassen Limas zu fahren. Man kann das Treiben
auf den Strassen beobachten, die vielen Marktstaende, die
Obst, Essen oder alle moeglichen Autoersatzteile verkaufen,
dann das Hupen, wenn es nicht schnell genug geht oder aber
auch die Selbstverstaendlichkeit, dass man auf den eigenen
sandigen Fahrbahnrand ausweicht, wenn der Gegenverkehr 20m vor
einem noch am Ueberholen ist. Eine Fahrt mit dem Combi ist
jedes Mal ein Abenteuer und ich bin immer wieder erstaunt, wie
wenig Unfaelle es doch gibt (ich selbst bin im Combi nur
zweimal an anderen Autos vorbeigeschrabbt). Dabei wird auf
Grund der vielen Schlagloecher und Geschwindigkeitshuegel/
-bremsen so haeufig die Geschwindigkeit gewechselt und es ist
nicht selten, dass man auf einer viel befahrenen Strasse
(=Stadtautobahn) einfach ein stehendes Autos sieht.
Erst nach und nach haben wir
uns (mit Hilfe) den Combiplan Limas erarbeitet und wenn wir
immer noch nicht wissen wohin, hoeren wir einfach auf die
‘Cobradores’ (sind fuer das Eintreiben der Fahrtgelder
zustaendig), die aus dem Combifenster gelehnt die Stationen
ihrer Route herunterschnattern! =)
Desweiteren liebe ich das
peruanische Essen! Es stimmt zwar, dass fast jedes Gericht mit
Reis zubereitet wird und es, wenn ueberhaupt, haeufig
Huehnchen gibt, denn Rind oder Schwein ist hier ein Luxusgut,
aber das heisst noch lange nicht, dass die Gerichte Perus
einfaeltig sind! Es gibt in Peru so viele Kartoffelsorten wie
wir in Deutschland verschiedene Apfelsorten haben... und wer
je auf einem ‘mercado de frutas’ in Peru war, kommt aus
dem Staunen ueber die vielen verschiedenen Fruechte gar nicht
mehr raus! Als Snack fuer zwischendurch gibt es bei uns
Freiwilligen immer wieder Mango oder Maracuya und wir
probieren neue Fruechte wie Kaktusfrucht, Lucuma (Eierfrucht)
oder Guanabana aus... ein Paradies! Auch die warmen Gerichte
hier sind koestlich, wenn ich auch teilweise beim Essen von
Lunge oder Magenwand etwas ins Straucheln gerate! =)
Wenn man meint, man koenne
nur bei absoluter Stille schlafen, wird man hier schnell eines
besseren gelehrt... denn hier erscheint es einem schon fast
komisch, wenn mal eine Nacht lang keine Hunde bellen,
geschweige denn die Katzen, die sich im Hogar kleine Fights
abliefern und auch schon mal gegen unsere Zimmertueren
knallen! Auch feiern unsere Nachbarn gerne und lange, und zu
Festen wird nicht haeufig bei Diskolautstaerke unser ganzes
Viertel beschallt! =) (...man kann sich an alles gewoehnen! =)
)
Vermissen werde ich z.B.
auch die Musik unseres Nachbarn, ein Techo-Pop-trad.
Volklieder- Mix, die wir jeden Morgen beim Duschen hoeren
koennen. Es ist eine wunderbare Moeglichkeit zum Aufwachen! =)
Ausserdem werde ich sowohl
die Landschaft um Lima als auch die Landschaft der
‘provincias’ vermissen. Die sandige Umgebung Limas, aber
durch das Reisen durch Peru auch die Landschaft der ‘provincias’,
die ackerbebauten Felder an den Haengen der Anden, die
halbfertigen Haeuser, die alle mit Wahlwerbung (Buergermeister/Praesident)angestrichen
sind, dazu die Huehner, Kuehe, Schweine und Esel, die
teilweise frei auf den Strassen rumlaufen... es wird fuer mich
immer ein Teil meines FSJ hier bedeuten!
Spanisch
- ein Auf und Ab
Ich dachte, dass ich nach
meiner Krankheit wieder total draussen gewesen waere, aber das
war wohl eine Fehleinschaetzung. Denn danach konnte ich den
Kindern Maerchen erzaehlen, ohne ich grosse Schwierigkeiten
bei den Woertern hatte.
Es bleibt wohl aber noch
immer bei guten Tagen und bei schlechten Tagen... manchmal
klappt es gut und ich bin ueberrascht, dann gibt es aber
wieder Tage, an denen gar nichts klappt. Ich kann mich aber
immer noch mit allen verstaendigen und verstehe auch so gut
wie alles! =)
Mein
Alltag im Hogar
Durch das neue Jahr haben
sich einige Dinge im Hogar veraendert. Dies haengt sowohl mit
dem Kommen neuer Kinder als auch mit dem Erzieherwechsel
nachmittags zusammen...
Vormittags
Diese Gruppe war letztes
Jahr ziemlich anstrengend, obwohl es am Schluss nur noch 3
Kinder waren. Jetzt sind es fuenf und ich finde, dass sie
etwas ausgeglichener ist als zuvor. Einer hat in die groessere
Gruppe gewechselt, ein Maedel ist unter anderem dazu
gekommen...
Dieses Halbjahr helfe ich
nun zusammen mit Miriam, da sie mit Valentin fuer die kommende
Zeit gewechselt hat. Es ist gut, dass wir zu dritt sind, denn
durch ‘Neuzugaenge’ gibt es zur Zeit erhebliche
Unterschiede im Lernniveau! Z.B. gibt es bei uns zwei Jungs
(Edwin und Carlos), die beide in dieselbe Klasse gehen. Edwin
kann selbststaendig relativ fluessig lesen und schreiben,
Carlos jedoch kannte am Anfang nicht einmal den Namen eines
einzigen Buchstabens. Durch viel Einzelbegleitung hat Anfangs
vermehrt Miriam, jetzt auch ich, ihm geduldig einige
Buchstuben beigebracht und wie sie zu schreiben sind (er
kopierte immer nur alles und sah es deswegen nur als Bild,
nicht als aneinander gehaengte Buchstaben!). Im Moment
versuchen wir, dass er lernt, die Buchstaben zu Silben
miteinander zu verknuepfen, aber es haengt sehr davon ab, ob
er einen guten Tag hat oder nicht und wie lange er sich
dementsprechend konzentrieren kann.
Wahrscheinlich waere Carlos
auch so langsam im Lernen gewesen, aber ein triftiger Grund
ist wohl, dass er den Kindergarten/ die Vorschule nicht
besucht hat, aus Kostengruenden... leider!
Ich hab schon von einem
Maedchen gehoert, das in die siebte Klasse kommen sollte (secundaria)
und weder lesen und schreiben konnte... aus Scham hatte die
Mutter dem Lehrer Geld gegeben, dass ihre Tochter das Jahr
bestehen durfte.
Nachmittags
Die letzten zwei Jahre hatte
Giovana die Gruppe geleitet, anscheinend nur als
Uebergangsloesung fuer Martin, der die Jahre davor da war.
Jetzt ist Martin schon seit
gut zwei Monaten da und er hat die Gruppe fest in der Hand. Er
gibt ihnen viel Eigenverantwortung und schafft es durch viel
Gruppenarbeit, dass die Kinder etwas ruhiger geworden sind.
Anfangs wusste ich noch nicht so recht, wo ich gebraucht
werde, aber das liegt vielleicht auch daran, dass die Kinder
noch keine Hausaufgaben hatten. Jetzt habe ich meinen Platz
aber gefunden, am Tisch der 4.Klaessler, wo ich ihnen bei
ihren Hausaufgaben helfe und vor allem versuche, ihnen das
kleine Einmaleins beizubringen... gar nicht mal so einfach,
wenn ein Maedchen mit 9 Jahren immer noch Schwierigkeiten mit
Rechenaufgaben wie 10+2 rechnen hat! Auch ist die
Selbststaendigkeit der Kinder teilweise noch sehr gering und
sie versuchen nicht einmal, sich die Aufgaben anzuschauen,
sondern erwarten gleich, dass man ihnen die Loesung verraet.
Das ist auch das Prinzip, das sie in der Schule lernen,
Frontalunterricht und die Schueler schreiben ab! Wenn das Kind
nicht selbst will, ist es schwierig ihnen das eigenstaendige
Lernen beizubringen. So habe ich immer eine Handvoll zu tun,
wenn mich gleichzeitig fuenf Kinder „am Aermel zupufen“
und ihnen geholfen soll!
Insgesamt sind es sehr viele
und teilweise ist es schwer, ihnen etwas verstaendlich zu
machen, wenn sie doch eigentlich lieber ihre eigenen Sachen
machen oder rausgehen und spielen wollen, aber sie sind ein
lieber Haufen und wenn es an einem Tag nicht klappen sollte,
dann probiere ich es eben am naechsten! =)
April,
Mai, Juni... ach, die Zeit geht so schnell vorbei!
Mir verbleiben noch gut
sechs Wochen, bis ich leider meine Sachen erneut packen muss,
diesmal voll von neuen Eindruecken, Bildern, Geschichten,
Erinnerungen... mein peruanisches Leben!
Gerade waren wir in Huaraz
und die ersten Mitbringsel wurden gekauft und auch sonst
beschaeftigt man sich gezwungenermassen immer mal wieder
damit, wenn es darum geht, ein Abschiedsfest zu organisieren
oder noch ein „Denkmal“ zu setzen! =)
Auch wenn ich meine Zeit
hier sehr vermissen werde, freue mich schon sehr auf
zuhause... ich freue mich darauf, meiner Familie zu zeigen,
wie ich in Peru gelebt habe und was ich hier so gemocht habe.
In der naechsten Zeit werde
ich hoffentlich noch viel Spass beim Deutschunterricht haben,
den wir angefangen haben, den Erziehern zu geben. Auch habe
ich vor, einmal einen Blick in das Revier der Koechin Senora
Zoila werfen, um so die Rezepte ihrer koestlichen Gerichte zu
erlernen.
Desweiteren werden wir
wahrscheinlich bald anfangen, die Kinder zuhause zu besuchen
und so kennen zu lernen, wie sie mit ihrer Familie tagtaeglich
leben. Wie viele Zimmer haben sie? Schlafen sie alle in einem
Zimmer? Nur die Kinder oder sogar mit den Eltern oder nur der
Mutter zusammen, weil der Vater fast nie nach Hause kommt?
Ich bin sehr gespannt auf
diese Zeit und hoffe, dass ich noch viele weitere Eindruecke
davon mitnehmen kann.
Ganz liebe Gruesse aus dem
fernen Peru,
hasta pronto!
Marie Giesen
zum
Inhaltsverzeichnis
Miriam
Hapig |
2.
Erfahrungsbericht – 01.05.2011 |
Ich
sitze gerade auf unserer Freiwilligenterrasse, die nach
Feierabend eigentlich unser ständiger Aufenthaltsort ist, und
stelle wieder mal fest, wie schwierig es ist, die vielen
Erfahrungen und Erlebnisse der letzten Monate in Worte zu
fassen. Um das Ganze übersichtlicher zu machen, habe ich den
Bericht in mehrere Abschnitte unterteilt, in denen ich von den
unterschiedlichen Bereichen in meinem Leben hier erzählen
werde.
Jahresende
Im
Dezember standen gleich mehrere wichtige Ereignisse an.
Misa
de Navidad
Am
Sonntag vor Weihnachten wurde im Hogar mit den Kindern und
deren Familien die „Misa de Navidad“, die Weihnachtsmesse
gefeiert. Besonders berührt hat mich ein peruanisches
Weihnachtslied der Kinder, in dem das Jesuskind in den Anden
zur Welt kommt und mit einem Poncho beschenkt wird – ich
finde es toll, wie stolz die Peruaner auf ihr Land sind. –
Ein Christkind, das im Schwarzwald geboren wird und die
Heiligen Drei Könige kommen in einem Boot über den Rhein?
Undenkbar.
Nach
Feierabend treffen
wir Freiwilligen uns wie immer auf unserer Terrasse, schauen
auf das von der untergehenden Sonne angestrahlte Tablada und
erzählen von unserem Tag. Oft kommen Freunde vorbei und wir
kochen zusammen, sehen uns einen Film an oder unterhalten uns.
Eigentlich
ist es egal, was genau wir machen: was zu Lachen gibt es
immer!
In
dieser Zeit sind wir Freiwilligen als Gruppe noch enger
zusammen gewachsen, aber auch der Kontakt und Freundschaften
zu Peruaner haben sich gefestigt!
Weihnachten
Es
ist 5 Uhr morgens und ich tanze in Mitten einer peruanischen
Großfamilie im winzigen Hinterhof unserer Nachbarn Salsa.
(Dem Hüftschwung nach könne ich keine Deutsche sein, ich müsse
Peruanerin sein – gibt es ein besseres Kompliment?!)
Heute
– oder besser gesagt gestern, am 24. - waren die Kinder zum
letzten Mal in diesem Jahr im Heim, es gab ein besonderes
Essen und danach hieß es dann: Bis Februar!
Abends
bin ich mit Marie in die Kirche, und danach zum Essen zu einer
Bekannten.
Und
seit vier Stunden bin ich hier, über den Zweigen der Sträucher
und Bäume kündigt sich die Morgendämmerung an, aber mit dem
Tanzen hören wir noch lange nicht auf…!
Eines
der schönsten Erlebnisse meines bisherigen Aufenthaltes war
dann die „Noche Vieja“.
Mein
Silvester war unbeschreiblich! Wir Freiwilligen feierten –
wie außer uns noch hunderte andere Jugendliche - mit einigen
Peruanern, die wir inzwischen kennen gelernt hatten, am
Strand.
Wir
hatten ein Lagerfeuer, grillten Würstchen, hörten Musik und
tanzten, und um zwölf standen wir nicht frierend im Schnee,
sondern mit nackten Füßen im Sand und beobachteten das
Feuerwerk über dem Meer.
Auch,
wenn ich weit weg von Heimat und Familie war – besser kann
ein neues Jahr nicht anfangen!
Die
Große Reise
Deutsch
geplant, peruanisch umgesetzt…
Vor
dem Zwischenseminar für Freiwillige, das wir Ende Januar in
Bolivien besuchen sollten, hatten wir knapp drei Wochen Zeit,
„unser“ Peru besser kennen zu lernen.
Die
Vorbereitungen für die Reise gingen wir, das heißt Marie und
ich, ganz „deutsch“ an.
Wir
zerbrachen uns die Köpfe, lasen Reiseberichte im Internet,
suchten Adressen von Herbergen bis wir den Überblick
verloren, und schließlich stellten wir ein genau
durchgeplantes Konzept für die Reise auf die Beine, in dem für
jeden Ort die Anzahl der Besuchstage und die zu besuchenden Stätten
vermerkt waren. Angesichts unseres organisatorischen Eifers
konnten viele peruanische Freunde nur den Kopf schütteln.
Letztendlich
stellten wir dann fest, dass man lange und viel planen kann
– es kommt doch anders.
Die
Reise
war super, zweieinhalb Wochen lang reisten wir erst ohne, dann
mit den Jungs durch Peru, genossen die atemberaubende und
abwechslungsreiche Landschaft und erlebten eine ganze Menge.
Hier ein Beispiel.
Auf
dem Rückweg von Machu Picchu nach Cusco:
Den
Hinweg nach Machu Picchu hatten Marie und ich
in zwei Sammeltaxis und zu Fuß zurückgelegt, für den
Rückweg haben wir Zugtickets, juhu, was für ein Luxus!
Wir
besteigen nichts Böses ahnend den Zug und sind positiv überrascht
über die Panoramafenster. Als uns nach zwanzig Minuten ein
Drei-Gänge-Menü aus winzigen Portionen in einem Bastkörbchen
serviert wird, werden wir skeptisch. Was für Tickets haben
wir gekauft?
Dann
halten wir plötzlich mitten im Nirgendwo und während drinnen
auf dem Mittelgang den begeisterten und euphorisch
klatschenden Asiaten, Peruanern und Amerikanern die neuesten
Pullover aus Babyalpakawolle präsentiert werden, klopfen von
außen großäugige Kinder mit den Händen gegen den Zug.
So
krass habe ich den Unterschied zwischen arm und reich noch nie
auf einen Schlag erlebt: hier drinnen die Reichen, draußen
die Armen, die Kinder, die um Geld und Essen betteln.
Und
wir? Sind eindeutig auf der falschen Seite der Zugwand! Oder?
Der
Zug beginnt sich langsam wieder in Bewegung zu setzen und fast
bin ich erleichtert,
wir haben ein riesiges schlechtes Gewissen, in einem Zug mit
den ganzen reichen Schnöseln zu sitzen und schämen uns
richtig.
Irgendwie
müssen wir doch noch was für diese Kinder tun, bevor wir
weiterfahren!
„Los,
wir werfen unser Brot raus!!!“
Schnell
knotet Marie die Brottüte auf,
während ich hektisch versuche, das Zugfenster zu öffnen.
Es geht einfach nicht!
Ich
rüttle und reiße, ein Mann hinter mir räuspert sich mahnend
– wir müssen diesen Kindern jetzt unser Brot rauswerfen!
– und habe plötzlich den Fenstergriff
in der Hand. Der gesamte Zug schaut entgeistert zu, wie
ich den Fenstergriff in der Hand halte und Marie hektisch das
Brot aus dem fahrenden Zug wirft.
Ich
muss erst sehr über uns lachen
- die Umsitzenden
aber nicht.
Den
Rest der Fahrt stellen wir uns schlafend.
Alles
auf der Reise war abenteuerlich, spontan und improvisiert, und
so löste der Alltag im Kolping-Haus, in dem unser Seminar
stattfand, bei mir einen kleinen Kulturschock aus. Mir kam
alles so luxuriös vor, Frühstücksbuffet, die Snacks
zwischendurch, die Zimmer mit sauberen Betten und
Klimaanlagen, die Dusche mit warmem Wasser…
Leider
kamen auf dem Seminar
bei 40 Teilnehmern und drei Betreuern nur wenige wirklich gute
Gespräche oder Diskussionen zustande.
Aber
zumindest hab ich auf dem Seminar wieder einmal festgestellt,
wie glücklich ich hier in Peru, in meinem Projekt und mit
meinen Mitfreiwilligen bin.
Das
Leben im Heim
Nach
dem Seminar zog es mich dann so langsam wieder „nach
Hause“.
Schon
bei der Landung in Lima hatten wir das Gefühl: „Wir sind
wieder zu Hause!“ und das Gefühl steigerte sich bei mir
noch, als über dem Meer die Sonne unterging, wir in immer
vertrautere Straßen einbogen und ich dann irgendwann von
weitem das Heim sehen konnte!
Nachmittags
Zahlen
üben:
Dyago
(5) schaut sich mit kritischer Miene Nycolls Heft (4) an und
meint: „Is ja baby-einfach, die Zahl 10 hinschreiben! Die
Zahl 10 kann ich mit geschlossenen Augen, schau Mimi, schau
mal!“
Sprichts,
kneift die Augen zusammen, dreht den Kopf vom Heft weg und
sagt laut: „Zehn!“
„Toll!“,
lobe ich ihn brav.
Nycoll
schaut beeindruckt, schließt dann die Augen, dreht den Kopf
nach hinten, runzelt die Stirn und sagt vorwurfsvoll: „Ich
seh’ gar nichts!“
Ich
bin wie man sieht weiterhin bei den Kleinsten und vor allem
hier brauchten die Neuen die nach den Ferien dazu gekommen
sind, anfangs einfach bei allem Hilfestellung und Unterstützung
(vor allem beim „Aufs-Klo-Gehen“, was schon öfter im
wahrsten Sinne des Wortes in die Hose gegangen ist).
Aber
die Arbeit mit den Kleinsten macht mir immer noch viel Spaß,
es gibt so viele witzige, schöne und rührende Momente mit
ihnen und ich freue mich immer riesig auf die Bande!
Vormittags
war allerdings ich es, die sich erstmal neu orientieren
musste, da ich nach den Ferien wie vereinbart die
Vormittagsgruppe mit Valentin getauscht hatte. Er ist jetzt
bei den Ältesten, und ich bei den Campeones, den
Zweitkleinsten, wo ich zusammen mit Marie und den Kindern täglich
gegen einen Berg Hausaufgaben, die Rechtschreibung und die
Defizite kämpfe, mit denen Lehrer und teilweise auch Eltern
die Kinder allein lassen.
Anfang
April:
Ich
bin krank und liege im Bett. Marie hat gerade bei mir
reingeschaut und erzählt, was sie mit den Zweitkleinsten so
macht.
Ich
bin frustriert. Letzte Woche hab ich mich vormittags so
angestrengt und
habe das Gefühl, ich komme nicht weiter. Mit Carlos ist es
schwierig, er ist in der zweiten Klasse, kann aber nicht lesen
und schreiben. Ich lese ihm jeden Tag vor, habe eigene
Arbeitsblätter für ihn gemalt und übe mit ihm so viel ich
kann. Er hat überhaupt keine Lust. Ist ja klar, dass er
frustriert ist, wenn alles, was jeden Tag in der Schule von
ihm verlangt wird, viel zu schwer für ihn ist! Mittlerweile
verzieht er schon das Gesicht, wenn er mich kommen sieht.
Klasse.
Ich
schlappe zum Bad und sehe unten im Hof die Jungs aus meiner
Vormittagsgruppe.
„Mimi!!!
Was ist mir dir?“
„Ich
bin ein bisschen krank. Aber Montag komme ich wieder!“
Carlos
ruft laut: „Ja, komm wieder!“
Huch,
das sind ja ganz neue Töne!
Ich
grinse: „Dann wird aber auch wieder gelesen, mein Freund!“
Er
reißt die Arme in die Luft „Jaaaa!“
Und
da ist sie wieder, die Motivation!
Danach
klappt es dann auch wirklich viel besser und wir haben auch
viele lustige Momente zusammen.
Ich
habe unter anderem für die Erstklässler ein großes Plakat
mit dem Alphabet gemalt, auf dem zu jedem Buchstaben ein Tier
abgebildet ist, sodass die Kinder jetzt selbst nachschauen können,
wie der Buchstabe von „Löwe“, „Tiger“
oder „Elefant“
aussieht.
Ich
habe zwar das Gefühl, es sind immer nur kleine Dinge, die ich
tun kann, aber ich finde den Gedanken schön, dass
beispielsweise das Plakat auch noch da sein wird, wenn ich
wieder in Deutschland bin.
Ich
habe mich in der Gruppe „Los Campeones“ gut eingelebt,
habe aber festgestellt, dass mir die Arbeit mit dieser
Altersgruppe nicht ganz so viel Spaß macht wie die mit den
Jugendlichen.
Von
Deutschen und Peruanern…
Dazu
folgende Situationen:
Ich
komme gerade von einer Geburtstagsparty zu der uns ein Freund
mitgenommen hat. Die Stimmung war toll, ein typisch
peruanisches Fest: die dicke grinsende Oma tanzt genauso
ausgelassen wie die verführerische Latina im knappen Oberteil
und die 3-jährige Enkeltochter mit rosa Kleidchen und auf
Socken.
Es
gibt Unmengen von Essen, und jeder Versuch, zu erklären, dass
das Essen zwar sehr lecker sei, man selbst aber schon
pappsatt, wird gekonnt überhört.
Man
kommt an, und wird – obwohl unbekannt – sofort in die
Familie integriert.
Ich
fühle mich also wieder mal
so richtig peruanisch und zufrieden, als ich mich nach
einer Runde Salsa neben eine der Nichten des Geburtstagskindes
setze und diese eine Unterhaltung mit mir beginnt.
Wie
ich hieße, wie alt ich sei, nein, keine Touristin, Voluntaria
in einem Hogar, ja, daher auch das gute Spanisch, vielen Dank.
Freunde? Doch doch, ein paar, die Arbeit ist auch super, Peru
ist wunderschön, natürlich, hmmm schöner als Deutschland?
Kann ich nicht sagen, anders natürlich...ob wir nicht
Freundinnen sein wollen? Beste Freundinnen? Wie wunderbar.
Aber vor der da hinten, in dem kurzen Rock, solle ich mich in
Acht nehmen, die würde sich immer so an die Ausländer dranhängen!
Andere
Situation vor Ostern:
Marie
und ich waren auf dem Postamt um ein einkilogramm schweres
Paket mit deutscher und schweizer Schokolade abzuholen (danke
Oma!!!) und besteigen gut gelaunt einen Combi. Das Combifahren
an sich ist schon eine Sache für sich – ich liebe es! Man
quetscht sich mit eingezogenem Kopf unter das niedrige Dach
und zwischen seine Mitreisenden (von denen einige sehr gut und
einige sehr
schlecht riechen) und erwidert fröhlich das belustigte
Grinsen einiger Peruaner.
In
diesem Fall haben wir sogar richtig Glück und ergattern zwei
Sitzplätze, eingequetscht zwischen mehreren Mitreisenden.
Marie
und ich können natürlich nicht abwarten bis zu Hause und öffnen
das Paket.
Mein
Nebensitzer schielt in das Päckchen, grinst und meint:
„Jesus Christus hat gesagt, teile was du hast mit deinem Nächsten!“
Ich
muss lachen und biete ihm ein Stück Schoki an, das er nach höfliche
Zögern gerne annimmt. Da sitzen wir also und verteilen
Milka-Alpenmilch-Schokolade unter den Peruanern, wir müssen
natürlich von uns erzählen, der Combi knattert durch Tablada,
wir schlagen uns die Köpfe an und lachen uns schlapp.
Bevor
der Peruaner neben mir aussteigt bedankt er sich noch mal
lachend und sagt: „Gott segne dich!“
So,
das war’s erst mal.
Bis
zu unserer Heimreise bleibt Marie und mir noch ein guter
Monat, aber die Zeit wird viel zu schnell vergehen.
Und
dabei gibt es noch so viele Dinge, die ich tun oder sehen möchte!
Besonders
gespannt bin ich auf die Hausbesuche, mit denen wir in der nächsten
Woche beginnen werden, und von denen ich mir einen noch
tieferen Einblick in das Leben der Menschen hier erhoffe.
Ich
kann mir im Moment noch nicht vorstellen, das Heim und die
Kinder und Peru zu verlassen, aber ich versuche einfach, möglichst
wenig daran zu denken und die letzten Wochen in vollen Zügen
zu genießen und noch einmal alle Energie in meine Arbeit hier
zu stecken!
Muchos
Saludos und bis bald!
Miriam
zum
Inhaltsverzeichnis
Miriam
Hapig |
3.
Erfahrungsbericht - Oktober 2011 |
Abschluss von
Miriam Hapig
Ich bin gerade
vom Rückkehrerseminar der „fid“ in Köln zurückgekommen,
bei dem ich fünf Tage lang die Gelegenheit hatte, mich noch
mal richtig mit meinem Auslandsjahr zu beschäftigen.
Es ist wirklich
unglaublich wie viel ich im letzten Jahr erlebt habe, wie viel
sich verändert hat.
Jetzt will ich
noch mal einen Blick zurück auf die unglaublichen neun Monate
werfen, die ich in Tablada, am Rande der peruanischen
Hauptstadt Lima im „Hogar Tablada“ erlebt habe…
Vor über einem
Jahr bin ich zusammen mit Marie und Valentin von Zürrich aus
in ein anderes Leben gestartet. Im Gepäck ganz viel Vorfreude
- aber auch Unsicherheit.
Ich kann mich
noch genau an den Flug erinnern, an die Landung, die ersten
Eindrücke dort in Lima…
Der Kulturschock,
auf den wir beim ersten Seminar in Köln so gut wie möglich
vorbereitet worden waren, ist bei mir komplett ausgeblieben.
Ich habe mich
sofort im Heim wohl und zu Hause gefühlt. Das lag zum einen
bestimmt daran, dass ich schon auf fünf Jahre
Spanischunterricht zurückblicken konnte. Mindestens genauso
wichtig für mich war aber, dass ich mich so herzlich
empfangen und aufgenommen fühlte. Dieses Gefühl „Hier gehöre
ich hin“ in einer vollkommen anderen, fremden Welt unter zunächst
noch fremden Menschen zu haben, ist ein tolles Erlebnis!
Ich habe mich
schnell in den Alltag eingelebt und fing bald auch selbst an
zu unterstützen, sei es bei den Hausaufgaben der Größten,
bei denen ich Vormittags war, oder beim Basteln und Spielen
mit den Allerkleinsten, die ich nachmittags mitbetreute.
Mit der Zeit
kamen dann noch andere Angebote meinerseits hinzu, wie zum
Beispiel Englischunterricht für die Ältesten. Wir haben
Memorie-Lernkarten und Adventskalender für die Kinder
gebastelt... Unfassbar, dass das jetzt bald ein Jahr her ist!
Die
Weihnachtszeit dort zu erleben war auch sehr spannend und schön,
ganz anders als bei uns, und während es jetzt hier immer kälter
wird, kann ich nicht mehr verstehen, dass ich letztes Jahr
tatsächlich den Schnee und die Kälte vermisst habe!
Es gab
unglaublich schöne Momente, gerade in der Weihnachtszeit und
an Silvester, genauso auf unserer Rundreise im Januar. Das
alles sind Erfahrungen, die ich hoffentlich niemals vergessen
werde!
Nach den
Sommerferien (im Januar) tauschte ich wie vorher vereinbart
mit Valentin die Vormittagsgruppe und half so bei den Zweitjüngsten
mit. Vor allem das Lesen und Schreiben klappte bei vielen Erst
– und Zweitklässlern noch nicht. Es ist erschreckend, wie
viele Kinder Schwierigkeiten bei den Grundkenntnissen in
Mathematik oder eben beim Schreiben und Lesen haben.
Und dabei haben
die Kinder, die ins Heim kommen noch unglaubliches Glück.
Denn sie haben die Erzieher und uns Voluntarios, die ihnen zur
Seite stehen. In den peruanischen Schulen wird auf die
individuellen Bedürfnisse und Wissensstände der Kinder keine
Rücksicht genommen. Das meiste Wissen sollen sie sich durch
reines Abschreiben aneignen: erklärt wird scheinbar kaum
etwas. Viele Familienmitglieder der Kinder können weder lesen
noch schreiben. Da fragt man sich, was aus den Kindern wird,
die keine Unterstützung erhalten.
Ab März hatten
wir Gelegenheit, bei verschiedenen Familien Hausbesuche zu
machen.
Lima ist eine
Stadt der krassen Gegensätze, Armut und Reichtum wohnen Tür
an Tür und wirken dadurch noch extremer. Aber wir haben
gemerkt, dass es auch in den ärmeren Vierteln immer noch
Unterschiede gibt: Manche Häuser sind richtig massiv erbaut,
haben einen Fußboden und im "Wohnzimmer" steht ein
Fernseher, während man im Wohnraum der nächsten Familie
direkt auf dem felsigen Untergrund des Hügels steht, der
nachts mit Decken in ein provisorisches Schlaflager verwandelt
wird. Viel von
dem, was ich bei den Hausbesuchen gesehen habe, hat mich
betroffen gemacht, aber durch die peruanschen Familien war es
jedesmal ein besonderes und schönes Erlebnis. Die
Gastfreundschaft der Peruaner ist grenzenlos und wir haben
viel Vertrauen erlebt, viele Schicksale und Geschichten
erfahren!
In die
Gemeinschaft der Erzieher im Heim hab ich mich gut integriert
gefühlt. Aktionen wie gemeinsame Ausflüge, das wöchentliche
Volleyballspielen, oder auch der Deutschunterricht, den wir
Voluntarios einmal die Woche für anboten, haben das
Gruppengefühl gestärkt.
Auch mit
Valentin, Daniel und Marie hab ich mich sehr gut verstanden!
Wir sind im Laufe des Jahres mehr und mehr zusammen gewachsen
und waren immer füreinander da.
Wieder in
Deutschland anzukommen war nicht so einfach wie ich dachte –
viele Sachen, die früher ganz alltäglich waren, sehe ich auf
einmal mit anderen Augen.
Bei uns zum
Beispiel fahren Busse zu ganz bestimmten Uhrzeiten an ganz
bestimmten Orten ab, und man kann nur an ganz bestimmten
Stellen aussteigen - so umständlich hab ich das früher nie
empfunden! In Peru ist das Leben oft - auch aus finanziellen
Gründen - mehr auf das Hier und Jetzt ausgerichtet: man geht
auf den Markt und kauft den Reis, den man fürs Abendessen
braucht. Man geht in einen Laden und kauft eine Nähnadel,
weil man gerade diese eine Nadel braucht. Aber auch abgesehen
vom finanziellen Faktor hatte ich manchmal den Eindruck, dass
die Peruaner einfach mehr für den Moment leben. Dieses
Lebensgefühl ist eines von den vielen Dingen, die ich hier in
Deutschland vermisse.
Hier wird alles
genau geplant - und trotzdem machen wir uns Sorgen!
Dabei haben wir
in Deutschland Zugang zu sauberem Trinkwasser, Bildung,
medizinischer Versorgung, wir werden im Notfall durch den
Staat finanziell abgesichert. Wir leben im puren Luxus, aber
nur die Wenigsten sind sich darüber im Klaren.
Auch das ist
etwas, das ich aus dem Jahr mitnehme und das mir hoffentlich
bleibt.
Ich bin überzeugt
davon, dass ich früher oder später wieder nach Tablada
reisen werde und freue mich schon sehr darauf!
Ich bin wirklich
froh und dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, all diese
Erfahrungen zu machen und so viele tolle Menschen kennen zu
lernen! Danke an alle, die mich dabei unterstützt haben!
Murg,
26.10.11
zum
Inhaltsverzeichnis
Valtentin
Schepperle |
3.
Erfahrungsbericht - Dezember 2011 |
Knapp drei Monate bin ich schon wieder „zu Hause“ in
Deutschland, eine sehr spannende und lehrreiche Zeit liegt
hinter mir, die ich wohl nicht mehr vergessen werde. Meine
letzten Monate in Tablada (ab März 2011), sowie die bereits
vergangene Zeit – de vuelta – in Deutschland versuche ich
nun im Wesentlichen zusammenzufassen.
Arbeit
in der Gruppe: Los sin fronteras
Nachdem
der Kontakt zu den Jugendlichen der Gruppe „los sin
fronteras“ (12-17 Jahre) in den ersten Wochen nach den
Sommerferien ( Ende Dezember Bis Mitte Februar) für meine
Begriffe noch nicht zufriedenstellend zustande kam,
entwickelte sich meine Rolle in der folgenden Zeit zunehmend
zum Positiven. Je mehr Zeit ich im salón verbrachte, desto
besser wurden die Kontakte und Gespräche, selbst mit
einzelnen Jugendlichen, mit denen es mir zu Beginn sehr schwer
fiel Kontakt zu knüpfen. Ich half zumeist bei den
Hausaufgaben, überwiegend Englisch, und baute mit einigen
Jugendlichen der Gruppe eine Tischtennisplatte, die später
mit viel Freude genutzt wurde. Oft war es mir aufgrund des
meist selbstständigen Arbeitens der Jugendlichen weiterhin möglich,
selbst etwas zu lesen und mein Spanisch so zu verbessern,
sowie beispielsweise Arbeitsblätter für den Erzieher zu
verfassen oder außerhalb des salónes bei handwerklichen Tätigkeiten
mitzuhelfen. Eine geplante Reise des salón konnte aufgrund
der aufwändigen Vorbereitungen für das 25 jährige Jubiläum
des Heimes leider nicht durchgeführt werden. Im Allgemeinen
bin ich sehr froh über die Entwicklung die meine Arbeit in
der Gruppe genommen hat. Besonders eindrücklich fand ich die
Nachricht eines Jugendlichen zu meinem Abschied, der in mir
einen guten, neugewonnenen Freund und eine Art großen Bruder
sah, den er nie hatte.
Arbeit
in der Gruppe: Los Campeones
Die
Arbeit in der Gruppe „los campeones“ (6-9 Jahre) in der
ich bereits seit September tätig war machte mir bis zum Ende
sehr viel Spaß, auch wenn sich die schwierigen
Arbeitsbedingungen (zu wenig Personal, nicht genügend Möglichkeiten
individuell zu arbeiten) bis zum Schluss nicht verbesserten.
Wie auch in den Monaten zuvor war das Thema der campeones
hauptsächlich lesen, schreiben und rechnen zu
erlernen/vertiefen wobei Zweitklässler teilweise auf dem
Stand von Schulanfängern waren. Andererseits war das Niveau
der zu erledigenden Hausaufgaben oft zu hoch oder war z.B. im
Computerunterricht schlichtweg nicht durchführbar, da kaum
eines der Kinder einen PC zu Hause hat. Gelegentlich konnte
ich in der Zeit ab März, nach der allgemeinen
Hausaufgabenzeit, ab 16.00 Uhr mit einzelnen Kindern oder
Kleingruppen ungestört an den Hausaufgaben arbeiten. Da
einige Kinder große Schwierigkeiten mit dem ständig hohen Lärmpegel
hatten und sich sehr leicht ablenken ließen, war die dringend
notwendig und brachte zumeist auch schnelle Erfolge. Leider
ist dies jedoch dauerhaft weder in der Schule noch im Hogar
mit allen bedürftigen Kindern durchführbar. Mein
Schreinerprojekt konnte ich aufgrund des personellen Mangels
leider bis zum Schluss nicht durchführen, allerdings nahm
sich Javier der Schreiner des Hogars ab April dessen an und
brachte den Kinder den Umgang mit Holz und Werkzeug näher.
Insgesamt habe ich die Arbeit in der Gruppe sehr genossen, mit
den Kindern wie auch mit Judith, der Erzieherin , mit der ich
mich immer gut verstand und die mir auch beim Spanisch lernen
mit Rat und Tat zur Seite stand.
Freizeit
Wie
auch in den Monaten zuvor, blieb uns voluntarios nach der
Arbeit im Heim immer genug Freizeit, die jeder gut für sich
zu nutzen wusste.
Ich
begann nach einer Pause wieder mit dem Salsa tanzen und lernte
nach wie vor immer wieder Spanisch in Form von Filmen, Musik,
Texten, was sich auch Stück für Stück bemerkbar machte.
Auch das regelmäßige Volleyball spielen mit dem Erzieherteam
blieb Bestandteil meiner Freizeitgestaltung. Weiterhin
unternahm ich mehr und mehr mit zwei guten Freunden aus
Tablada, und auch wir vier voluntarios verbrachten nach wie
vor viel Zeit miteinander. Für ca drei Monate wurde es mir zu
meiner großen Freude auch möglich Cajónunterricht zu
nehmen, ich bekam dabei einen Einblick in die peruanische,
traditionelle Musik und lernte als Schlagzeuger einige neue
Musikstile und Rhythmen kennen. Leider war der Cajónlehrer
dann ab August auf Reisen, sodass der Unterricht zum Ende
meiner Zeit in Tablada nicht mehr weitergeführt werden
konnte.
In
der Zeit ab April kam zum Freizeitprogramm hinzu dass uns ermöglicht
wurde die Kinder und ihre Familien zu Hause zu besuchen. Wir
besuchten bis zum Schluss einen Großteil der Familien wobei
man auf verschiedenste Situationen traf, Lebensgeschichten
lauschte die die Erzählenden oft zum Weinen brachten und auch
an uns keineswegs spurlos vorbeigingen. Beispielsweise muss
eine siebenköpfige Familie mit täglich umgerechnet 2 Euro
auskommen, was ohne die Unterstützung des Hogars gar nicht möglich
wäre. Eine weitere neunköpfige Familie schläft in 4 Betten
und einem Zimme , auf engstem Raum. Doch, sei die Situation
noch so schwierig, erfuhren wir bei unseren Besuchen immer große
Dankbarkeit an das Heim und „die Deutschen“ die so fleißig
unterstützen. Auch war der Blick immer nach vorne, in
Richtung Zukunft gerichtet, „seguiremos adelante“ das große
Stichwort (sinngemäß : wir werden weiter machen, vorwärts
gehen) , auch wenn diese Meinung vermutlich nicht immer so
herrscht wenn die fragewütigen gringos gerade nicht zu Besuch
sind.
Allgemein
bin ich unendlich dankbar über die Möglichkeit die Familien
besuchen zu können, da uns somit ein viel tiefgehender
Einblick in das Leben der Kinder und die peruanische Realität
geboten wurde. Ich werde mich an viele Besuche bestimmt noch
lange erinnern. Als Anregung denke ich dass mit Sicherheit
eine noch größere Vertrauensbasis und somit ein noch
tieferer Einblick in das Familienleben geschaffen wäre, wenn
eine Vertrauensperson des peruanischen Personals die Besuche
mitbegleiten würde, da das Vertrauen der Familien zu den
Freiwilligen vermutlich nie so ausgeprägt sein wird wie das
zum langjährigen Personal.
Allgemeines
Im
Allgemeinen verlief die Zeit seit dem 2 . Erfahrungsbericht
recht routiniert, ich hatte mich gut in meine Arbeit in den
Gruppen eingefunden, Freundschaften vertieften sich, auch der
Kontakt zu Voluntarios, Team und Kindern wurde mit der Zeit
noch mehr gefestigt. Ein immer größeres Gefühl eine neue,
2. Heimat gefunden zu haben kam auf, auch wenn klar war dass
der Aufenthalt von begrenzter Dauer sein würde. Auch meine
sprachlichen Fähigkeiten verbesserten sich stetig, was den
Umgang in Tablada / dem Heim zunehmend einfacher machte. Natürlich
habe ich bis heute Sprachdefizite und mit Sicherheit wird
jeder einheimische noch immer schnell heraushören dass ich
nicht aus Peru stamme. Ich bin aber im Großen und Ganzen
ziemlich zufrieden mit der Entwicklung meiner
Spanischsprachkenntnisse, so motiviert es natürlich auch im
Urlaub bei der Hostalreservierung am Telefon für einen
Lateinamerikaner gehalten zu werden.
Für
die chicas Mimi und Marie, die mit Daniel und mir gemeinsam
neun Monate in Tablada verbrachten, hieß es Anfang Juni
Abschied nehmen. Sie flogen nach Deutschland um sich um ihre
Zukunft in Sachen Studium zu kümmern, was einerseits sehr
schade war, für uns chicos andererseits auch neue Wohnverhältnisse
und eine etwas andere Situation im Heim mit sich brachte und
auch eine Erfahrung wert war.
Gemeinsam
mit Daniel hatte ich Ende Juli die Möglichkeit den Norden
Perus kennenzulernen. Da sein Visum auslief musste er das Land
verlassen, wir setzten uns also 20 Stunden in einen Bus
um kurz nach Ecuador ein- und wieder auszureisen um dann von
Tumbes aus (die nördlichste Stadt Perus) Stück für Stück
wieder Richtung Lima zu reisen und dabei den peruanischen
Norden kennen und schätzen zu lernen. Auch nutzte ich nach
wie vor gelegentlich die Wochenenden um mit Daniel oder meinen
in Tablada gewonnenen Freunden weitere Orte in Peru kennen zu
lernen.
Zu
dieser Zeit (Juli ) neigte sich unser Aufenthalt im Hogar de
Tablada bereits dem Ende zu. Bis Mitte August war unsere Zeit
als Freiwillige im Heim angedacht, da wir beide aber einige
Wochen länger in Lateinamerika blieben entschlossen wir uns
nach separaten Reisen im September noch einmal eine Woche
gemeinsam im Heim zu verbringen, um dann wieder nach
Deutschland zurück zu kehren. Ab Juni/Juli kamen bereits
immer wieder Gedanken an den nahenden Abschied auf, an
Vorbereitungen, Dinge die man noch „ein letztes Mal“ hier
machen muss, die folgende Zeit in Deutschland etc. Jetzt, da
es also seit einigen Monaten ziemlich gut lief mit Sprache,
Arbeit, Freunden und vielem mehr stand die Abreise vor der Tür.
Es war vorherzusehen, auch weil ich schon von vielen
ehemaligen Freiwilligen ähnliche Erfahrungen mitbekam. Nichts
desto trotz genoss ich die letzte Zeit im Heim sehr, das Schöne
daran: ich freute mich auf komplett alles was vor mir lag, die
letzten Wochen in Tablada, die darauf folgende Reise und
darauf, wieder nach Deutschland zurück zu kehren und meine
Liebsten wieder zu sehen.
Gemeinsam
mit dem Heimleiter Luis beschlossen wir unseren Abschied mit
den Kindern und dem Team erst im September zu feiern, da Mitte
August einige Besucher aus Spanien und Deutschland im Heim zu
Gast waren. Der Abschied mit den Kindern, gefiel Daniel und
mir trotz technischer Probleme (Fotoshow funktionierte nicht)
und einem spontanen Notfallprogramm sehr gut. Im Nachhinein
denke ich allerdings es wäre besser gewesen bereits im August
Abschied zu feiern, da wir nach drei Wochen Abwesenheit in den
Köpfen bereits „weg“ waren und sich das Team und die
Kinder bereits darauf eingestellt hatten, dass in wenigen
Tagen neue Freiwillige kommen würden. Nichts desto trotz
verbrachte ich sehr schöne letzte Tage im Heim.
Wieder
in Deutschland blieb der erwartete 2. Kulturschock aus, und
alles war erschreckend normal, kaum Dinge an die ich mich
wieder gewöhnen musste, was vielleicht an den ausgiebigen
Gedanken lag die ich mir bereits in Tablada über meine Rückkehr
gemacht hatte.
Ich
begann nach gut einer Woche mit der Arbeit als Angestellter
des Zimmererbetriebs meines Vaters. In meiner Zeit in Peru
hatte ich viel in der carpinteria (Schreinerei) mitgearbeitet
und bereits zuvor interessierte mich dieser Bereich sehr. Da
ich mir auch nicht sicher war ob ich als Erzieher arbeiten
wollte, entschloss ich mich in der Zeit nach Tablada einige
Monate in den handwerklichen Bereich hinein „ zu
schnuppern“, um neue Erfahrungen zu sammeln und mich
beruflich eventuell neu zu orientieren. Mittlerweile denke ich
auch über ein Studium im Sozialen oder Sprachlichen Bereich
nach.
Ich
bin sehr dankbar die Möglichkeit erhalten zu haben, ein Jahr
in Tablada zu verbringen. Dabei habe ich viele neue Leute
kennen gelernt und einige gute Freunde gewonnen , unzählige
wertvolle Erfahrungen gemacht , mich menschlich und sprachlich
weiter entwickelt und über den Tellerrand geblickt. Tablada
und das Hogar sind für mich zu einer zweiten Heimat geworden,
die ich bald wieder besuchen und nachhaltig unterstützen möchte,
ich hoffe dieses vorbildliche Projekt wird noch viele Jahre
erfolgreich weiterbestehen.
Valentin
Schepperle
Laufenburg-Luttingen
im Dezember 2011
zum
Inhaltsverzeichnis
Lajescha
Lütgarth |
1.
Erfahrungsbericht – Dezember 2011 |
Ehrlich
gesagt, habe ich mir die ersten drei Monate hier in Peru
anders vorgestellt. Zum einen hätte ich erwartet, dass ich
zumindest zu Beginn wahnsinniges Heimweh bekommen werde. Meine
Familie und Freunde sind mir so unheimlich wichtig und ich
verbring so gerne Zeit mit Ihnen, dass ich mich kurz vor
meiner Abreise wirklich fragen musste, warum ich diese vielen
wertvollen Menschen für so lange Zeit verlassen will. Vor
allem fällt es mir schwer, die Entwicklungen meiner kleinen
Nichte (1Jahr 9Monate) für ein Jahr nicht miterleben zu können
– zum Glück gibt es Skype! Aber ich muss sagen, dass es
seit ich hier bin keinen Tag gab, an dem ich wirklich Heimweh
hatte. Darüber bin ich sehr dankbar. Auch blieb der
Kulturschock aus, mit dem ich eigentlich fest gerechnet hatte
und das Zusammenleben mit meinen Mitfreiwilligen Lucia und
Isabel verlief bisher auch ohne größere Probleme. Dass ich
mich allerdings hier so wahnsinnig wohl fühle und alles so
harmonisch verläuft, liegt, so glaube ich, größtenteils an
der Freundlichkeit und großen Hilfsbereitschaft der Erzieher
und vor allem dem Heimleiter Luis uns gegenüber und der guten
und freundschaftlichen Zusammenarbeit untereinander. Nun sind
es also schon drei Monate, die hier im Heim in Peru verbringen
durfte. 3 Monate gefüllt mit Unsicherheit, neuen Erfahrungen,
Frustration, lateinamerikanischer Musik aber vor allem sehr
viel Freude.
Die
Arbeit im Heim
Seit
der Ankunft von Lucia und mir am 10.September (Isabel ist erst
Mitte Oktober zu uns gestoßen) ist schon so einiges passiert
und immer wenn ich mir bewusst werde, dass schon in wenigen
Tagen Weihnachten sein soll (was schon aufgrund der hohen
Temperaturen schwer vorstellbar ist), erschrecke ich
gleichzeitig über die Tatsache, dass ich schon drei Monate in
Peru lebe. Die Zeit rennt einfach viel zu schnell! Durch die
freundliche Aufnahme im Heim hat man es uns zum Glück sehr
leicht gemacht, sich hier schnell wohl zu fühlen. Da die
derzeit 108 Kinder im Heim entsprechend ihrem Alter in vier
Gruppen aufgeteilt sind, bekamen wir zu Beginn die Möglichkeit
jeweils eine Woche in jedem salón zu verbringen, um uns
anschließend zu entscheiden, in welchen salones wir zumindest
für die erste Zeit mithelfen wollen. Meine Vormittage
verbringe ich nun in der Gruppe „Los Campeones“ (Die
Champions) mit den zweitkleinsten Kindern des Hogars (6 – 8
Jahre), die von Judith betreut werden und nachmittags helfe
ich Martín bei den „Los niños y las niñas del mañanas“
(Die Jungs und Mädchen von morgen , 9 – 12 Jahre). Die
Entscheidung für die erste Zeit mit diesen beiden Gruppen zu
arbeiten habe ich bisher noch keine Sekunde bereut, da mir die
Arbeit mit den Kindern und die Zusammenarbeit mit den
Erziehern im Allgemeinen wirklich sehr viel Freude bereiten.
Die Kinder kommen morgens um 7 Uhr ins Heim, frühstücken und
helfen anschließend dabei, die Anlage des Heims zu fegen. Ein
Großteil der Kinder geht anschließend in die Schule, für
die anderen beginnt um 8 Uhr die Zeit in ihren jeweiligen
salones, sowie auch für uns Freiwillige unsere Arbeit. Bei
den Campeones wird, nachdem sich alle Kinder die Zähne
geputzt haben, von 8.00Uhr bis 8.30Uhr gelesen. Carlos, 7
Jahre, 2.Klasse habe ich seit ich hier im salón bin unter
meine Fittiche genommen. Er hat große Schwierigkeiten lesen
zu lernen, kommt aufgrund dessen in allen anderen Unterrichtsfächern
schlecht mit und wird nun auch die 2. Klasse wiederholen.
Daher versuche ich so gut wie möglich mit ihm lesen zu
lernen. Wir haben gute als auch schlechte und sehr
anstrengende Tage. Im Grunde glaube ich, dass er sich selber
unbedingt so schnell wie möglich verbessern will, vor allem
um seinen Altersgenossen in nichts mehr nachzustehen, was er nämlich
hin und wieder zu spüren bekommt. Jedoch lässt er sich auch
sehr schnell ablenken, ist unkonzentriert und wird müde, wenn
er merkt, wie viel Arbeit hinter dem Lesen lernen noch steckt.
Dann ist es oftmals sehr nervenraubend und frustrierend mit
ihm zu arbeiten und ihn zu animieren. Somit befinde auch ich
mich in einem Lernprozess, und zwar mich in Geduld zu üben
und nicht aufzugeben…
Von
8.30Uhr bis 10Uhr werden Hausaufgaben der Schule bzw. des
Hogars gemacht und anschließend gibt es „refrigerio“
(Zwischenmahlzeit) , die meistens aus einen Saft und einem Brötchen
besteht. Anschließend dürfen die Kids raus auf den Hof, um
zu schauekeln oder zu rutschen und um Fußball, Volleyball,
Tischkicker, Tischtennis oder was ihnen sonst noch einfällt
zu spielen. Anschließend ist Zeit für die Kinder sich zu
duschen und für die Schule ihre Uniform anzuziehen. Und wenn
dann noch Zeit übrig bleibt, bevor um 11.45Uhr die Glocke zum
Mittagessen klingelt, wird nochmal in den salones gespielt.
Von 11.45Uhr bis 14.30 haben wir Freiwilligen Pause. Nachdem
die letzten Kinder fertig gegessen haben und sich auf den Weg
zur Schule machen, kommen schon die Ersten der
Nachmittagsgruppe aus der Schule und essen dann ab 13.30Uhr zu
Mittag. Unsere Kleinsten „Los Conejitos felices“ (Die glücklichen
Kaninchen, 3 – 5 Jahre) sind nur nachmittags im Heim und
werden zur Mittagszeit vom Kindergarten abgeholt, in dem
nebenbei gesagt schon lesen und schreiben unterrichtet wird
und die Kinder Hausaufgaben aufbekommen. Am Nachmittag werden
die Kinder von 14.30Uhr bis 17Uhr im Heim betreut und ihr
Programm ist dem des Vormittages sehr ähnlich. Auch gibt es für
alle Kinder die Möglichkeit, sich an verschiedenen Werkstätten
zu beteiligen. Das Heim hat eine eigene Bäckerei, in der
montags und freitags Brötchen und mittwochs süße Leckereien
hergestellt werden, die dann zum Frühstück, refrigerio und
lonche verspeißt werden. Zu besonderen Anlässen, wie zum Beißspiel
zur Feier des „Señor de los milagros“ oder zu Weihnachten
werden zusätzliche Backwaren (Turrón, Panetón) hergestellt,
die dann zum Großteil auch verkauft werden. In der
Schreinerei haben die Kinder die Möglichkeit ihre
handwerklichen Fähigkeiten auszuüben. Zu Weihnachten
beispielsweise wurden Puzzle, Kerzenständer und Krippen
hergestellt, welche anschließend beim Basar der deutschen
Gemeinde in Miraflores verkauft wurden. Und für die an Kunst
interessierten Kinder gibt es eine Kreativwerkstatt, in der
gebastelt und gemalt wird. Besonders beeindruckend finde ich,
dass viele recycelte Materialien wie leere Milchkartons oder
Cornflakes-Schachteln zum Basteln verwendet werden, um so den
Kindern bewusst zu machen, dass Müll nicht gleich Müll ist,
sondern dass man daraus noch dekorative oder nützliche Dinge
herstellen kann. Steht eine Messe an, wie zum Beispiel zu
Ostern oder Weihnachten haben die Kinder auch die Möglichkeit
sich einmal wöchentlich im Chor zu beteiligen, um anschließend
bei den jeweiligen Messen die eingeübten Lieder mit ihren
Stimmen zu unterstützen.
Das
Heim nimmt sich allerdings nicht nur zu Herzen, den Kindern
ein warmes, nährreiches Essen servieren zu können, ihnen die
Möglichkeit zu geben, sich täglich zu duschen oder sie in
ihren künstlerischen Fähigkeiten und schulischen Aufgaben zu
unterstützen und zu fördern, sondern vor allem macht es sich
zur Aufgabe den Kindern Sozialkompetenzen wie Respekt,
Verantwortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft und Toleranz zu
vermitteln. Diese werden nämlich oft genug in den Familien
und Schulen nicht beigebracht bzw. vorgelebt. Und auch auf Pünktlichkeit
wird großen Wert gelegt. Da auch ich glaube, dass diese
Arbeitsweise des Heims für die Kinder sehr lehrreich und fördernd
ist, bin ich froh, auch noch für die nächsten 8 Monate
meinen Teil in diese Arbeit investieren zu dürfen.
Armut
Die
Armut hier in Tablada ist für mich nur schwer zu beschreiben.
Zum einen weil der Begriff „Armut“ relativ und deswegen
schwer zu definieren ist, zum anderen weil ich bisher nur
wenige Einblicke in das „wirkliche“ Leben der Kinder
bekommen haben. Wenn ich die Kinder im Heim beobachte, wie sie
essen, ihre Hausaufgaben machen, spielen, lachen, dann zeugt höchstens
die teilweise dreckige und kaputte Kleidung der Kinder von der
finanziellen Armut ihrer Familien. Immer mal wieder bekommt
man eben, durch die Erzieher oder die Kinder selber mit, wie
ihr eigentliches Leben außerhalb des Hogars abläuft. Sei es,
dass eine Familie als Wohnung nur ein einziges Zimmer zur Verfügung
hat, dass ein Geschwisterpaar alleine wohnt, da schon beide
Elternteile gestorben sind, oder das ein Junge, der gerade mal
in der Grundschule ist, helfen muss Süßigkeiten auf der Straße
zu verkaufen, damit die Familie versorgt werden kann. Bei
solchen Nachrichten wird man schon nachdenklich... Auch
erschreckend für mich ist, zu sehen, wie Kinder meist mit
ihren Müttern in Müllbergen, die ja eigentlich überall zu
finden sind, den Müll nach etwas Brauchbarem oder vielleicht
sogar etwas Essbarem durchsuchen. Aber etwas das ich wirklich
nicht erwartet hätte, sind die vielen hier vorzufindenden
Vermisstenanzeigen von Menschen – in vielen Fällen von
Kindern. Dass in Deutschland ein Kind vermisst wird, ist eher
selten. Wenn doch, dann wird alles daran gesetzt, das Kind
wieder zu finden. Und oftmals wird auch noch durch die Medien
ein riesen Hype darum gemacht. Und hier? Es scheint schon fast
normal, wenn auf dem Bild der am Laternenmast klebende
Vermisstenanzeige keine Katze oder so abgebildet ist, sondern
ein Mensch, da es eben nicht selten vorkommt. Und die Frage
ist auch, wie viel Unterstützung beispielsweise der Polizei
eine Familie bekommt, die ihr Kind sucht. Solche Dinge sind für
mich nur schwer zu verarbeiten. Trotzdem hoffe ich, in Zukunft
noch mehr Einblicke in das Leben und die Wohnsituation der
Bewohner Tabladas zu bekommen, um sie besser zu verstehen und
um mit ihnen auf eine bessere bzw. andere Art umgehen zu können.
Das
Leben im Heim/ in Tablada
Wenn
man durch die Straßen von Tablada läuft, ist unschwer zu
erkennen, dass man sich in einem der ärmeren Viertel von Lima
befindet. Die wenigsten Straßen sind geteert, überall liegt
Müll, an jeder Ecke gibt es herumstreunende Hunde, die nicht
selten aggressiv sind und Grünflächen findet man so gut wie
keine vor. Die meisten Häuser sind aus solidem Stein gebaut,
allerdings kann man am Rand von Tablada, also in den
“neueren“ Gebieten Häuser vorfinden, die aus den
einfachsten Materialien und Wellblech zusammengezimmert
wurden. Dagegen haben wir es in unserem Heim sehr viel
freundlicher, grüner und schöner. Wir voluntarias haben den
Luxus eines eigenen Zimmers und eines eigenen Bads. Neben der
Küche und einem kleinen Aufenthaltsraum gibt es noch eine große
Terrasse, von der aus man eine wunderschöne Aussicht hat (da
das Heim an einen kleinen Hügel gebaut ist) und vor allem
abends das Lichtermeer der unzähligen Straßenlaternen
Tabladas bewundern kann. Dass es bei uns grünt und blüht und
wir sogar Gemüse aus eigenem Anbau essen können, verdanken
wir unserem “abuelito“, der sich fast täglich um die
Pflanzen in Heim kümmert. Aufgrund dessen halte ich mich sehr
gerne im Hogar auf.
Allerdings tut es ab und auch sehr gut, aus dem Heim zu gehen,
um auch anderes in der Umgebung kennen zu lernen. Montags zum
Beispiel gehen wir immer mit Señora Luz einkaufen. Sie ist
nachts da, um auf uns und das Heim aufzupassen und ist für
uns mittlerweile auch eine wichtige Ansprechperson geworden.
Bis vor kurzem wurden wir auch noch jeden Abend mit ihren
peruanischen Kochkünsten verwöhnt, was allerdings ungefähr
5 Kilo mehr auf den Rippen bedeutete - es war einfach viel zu
lecker! Seit Ende Oktober nehmen Lucia und ich jeden
Donnerstag in Tablada Gitarrenunterricht, in dem wir typische
peruanische Lieder und Rhythmen erlernen, sowie auch viel über
die Musikgeschichte Perus erfahren.
Wir
haben auch schon einige Ausflüge mit den Erziehern oder Luis
in die nähere Umgebung gemacht. So besuchten wir
beispielsweise zum ersten Mal das Zentrum Limas mit Luis und
seiner Familie und haben dabei unter anderem die Katakomben
der „ Iglesia Santo Domingo“ gesehen.
Ricardo,
unserem Bäcker, hat uns zur Prozession des „Señor de los
milagros“ ins Zentrum begleitet. Dieses Bildnis von Jesus am
Kreuz, hat einst wie durch ein Wunder zwei schwere Erdbeben überlebt.
Und zu Ehren dieses heiligen Bildes finden in Peru jährlich
im Oktober Prozessionen des „Señor de los milagros“ statt
- und die größten sind natürlich in Zentrum. So gut wie
alle Menschen tragen violett, Musik wird gespielt, Lieder
gesungen und die Straßen sind mit Millionen von Blütenblättern
geschmückt. Ein wirklich sehenswertes Spektakel! Und auch
kulinarisch wird man verwöhnt. Im Zuge der Ehrung des Señors
wird Turrón - eine Art Kekskuchen ;) – zubereitet. Bunt,
lecker, aber sehr süß!
Mit
Judith durften wir in Pachacamac ein Kloster, La piedra del
amor (ein gewaltiger Stein, der ein sich umarmendes Liebespaar
darstellt) und Las ruinas de Pachacamcac (Die Ruinen von
Pachacamac) besichtigen und anschießend Pachamanca essen, das
nebenbei gesagt sehr zu empfehlen ist!
Ende
Dezember war geplant, mit Linda – der Erzieherin der
Kleinsten- ein Wochenende in einem Haus am Strand von San
Bartolo zu verbringen. Leider sind Isabel und ich kurz vorher
erkrankt, so dass wir diesen Ausflug nun auf Februar
verschoben haben…
Und
auch im Heim unternahmen wir schon einiges. Mit den zwei großen
Gruppen waren wir in einem Naturkundemuseum und einen Tag später
mit den kleinen Gruppen im „Parque de la Exposición“, um
ein Puppentheater anzuschauen. Am 11. Dezember fand im Heim
die Weihnachtsfeier statt. Vormittags wurden mit einer Gruppe
von Pfadfindern Spiele gemacht. Anschließend wurde lecker „Pollo
a la Brasa“ gegessen, wovon die Kinder schon im September
schwärmten :) und später die Weihnachtsmesse gehalten.
Nachdem die Kinder einige typisch peruanische Tänze
vorgetragen haben, wurde noch Panetón und Chocolate verteilt
und den Kindern ihre Weihnachtsgeschenke überreicht. Meiner
Meinung nach, war es ein sehr schön gelungenes und
harmonisches Weihnachtsfest, woran wir alle, vor allem jedoch
die Kinder, sehr viel Freude hatten. Und jetzt kurz vor Beginn
der Ferien des Hogars sind wir gemeinsam ins Freibad gegangen,
was trotz bedecktem Himmel einen riesen Spaß für die Kids
bedeutete und gleichzeitig ein erfolg- und erlebnisreiches
Jahr des Heims abschloss.
Abschließend
kann ich eigentlich nur sagen, dass ich sehr glücklich bin,
hier sein zu dürfen und meine Zeit in Peru in vollen Zügen
genieße. Natürlich bin ich sehr gespannt, was ich in den nächsten
Monaten noch alles erleben werde und freue mich vor allem
darauf, im Januar durch Peru und Bolivien zu reisen. Aber
davon dann im nächsten Bericht …
Ein
gesegnetes neues Jahr euch allen!
Lajescha
zum
Inhaltsverzeichnis
Lucia
Dunkl |
1.
Erfahrungsbericht – Dezember 2011 |
Wenn man so mit den Kindern zusammen
sitzt und ihnen bei ihren Hausaufgaben hilft oder mit ihnen
spielt, vergisst man manchmal, dass sie zu den Ärmsten von
Tablada gehören und teilweise weder Strom noch fließend
Wasser in ihren „Häusern“ haben. Wahrscheinlich, weil das
Heim so gut eingerichtet ist und man dadurch leicht vergisst,
dass die umliegenden Häuser nicht automatisch auch so gut
ausgestattet sein müssen.
Das Hogar Tablada ist eine tolle
Einrichtung für Tablada. Hier bekommen die Kinder nicht nur
Unterstützung bei schulischen Aufgaben, Hilfe bei familiären
Problemen und Essen sondern sie bekommen auch viele Werte
(viele christliche Werte aber auch Pünktlichkeit o.ä.)
vermittelt, die ihnen die Zukunft doch ein Stückchen leichter
machen soll.
Ja und genau hier bin ich jetzt schon
seit über 3 Monaten!!! Unglaublich wie schnell die Zeit bis
jetzt verging!!!
Ich kann mich noch gut daran erinnern
wie Lajescha und ich am 10.September von Luís (dem
Heimleiter), Don Carlos (Hausmeister) und seiner Frau Señora
Luz vom Flughafen „Jorge Chavez“ hier in Lima abgeholt
wurden. Alles war so fremd und neu…und jetzt?- ja es ist zu
unserem neuen Zuhause geworden!!!
Wir wurden so herzlich, so familiär
empfangen, dass uns das Eingewöhnen gar nicht mehr schwer
viel.
Luís hat uns am Anfang überall mit
hin genommen, damit wir lernten uns zu orientieren und damit
wir ganz viel über Tablada, Lima und Perú erfuhren. Und
diese kleinen spontanen Ausflüge, ob zu Fuß oder mit dem
alten, Heim eigenen VW-Bus, waren echt unbeschreiblich toll.
Vor allem weil Luís so toll erklären kann und unser Spanisch
am Anfang ja noch nicht so der Brüller war =)
Jetzt aber erstmal etwas zu den
verschiedenen Gruppen/ Salones
Hier im Hogar gibt es vier
verschiedene Salones, in denen die Kinder nach ihrem Alter
aufgeteilt sind.
Die „conejitos felices“ (glückliche
Kaninchen) sind die kleinsten, die 3-5jährigen und sie werden
von Linda betreut.
Die zweit kleinsten, die „campeones“
(Champions) sind 6-8 Jahre alt und werden von Educadora Judith
begleitet.
Dann die „los niños
y las niñas
del mañana“
(die Jungs und Mädels von Morgen) werden von Martín betreut
und sind 9-12 Jahre alt.
Und der Salón mit den Großen (14-17
Jahre), die „sin fronteras“ (ohne Grenzen), wird von Andy
geleitet.
Zu Beginn hatten Lajescha und ich
(Isabel, unsere dritte Freiwillige kam erst Mitte Oktober zu
uns) das große Glück jeweils eine Woche in einem der vier
Salones zu verbringen, um uns dann danach entscheiden zu können
wo wir für den Rest des Jahres bleiben möchten.
Ich habe mich für den Salón von
Martín am Vormittag und für nachmittgas für den Salón von
Judith entschieden und bin bis jetzt eigentlich noch ganz
zufrieden mit meiner Entscheidung.
Vor allem bei Judith fühle ich mich
richtig wohl und ich liebe es mit den Kindern zu arbeiten und
wenn diese dann für eine toll gemachte Hausaufgabe eine
veinte (20, ist bei uns wie eine eins) bekommen, dann freut
mich das unbeschreiblich!!!
Jetzt im neuen Jahr werden wir
wahrscheinlich die Gruppen wechseln und irgendwie ist es jetzt
schon wie ein kleiner Abschied, weil man sicher mit ein paar
Kindern dann eben nicht mehr so intensiv zusammen arbeiten
kann wie bisher. Aber auf der anderen Seite lernt man dann
auch mal die anderen Kinder besser kennen, die man bis jetzt
quasi nur so vom „Pausenhof“ her kannte und darauf freue
ich mich jetzt schon.
Unsere Wohnsituation
Unsere Wohnsituation hier ist nahezu
perfekt.
Weil Lima ja in der Wüste erbaut
wurde und somit der ganze Boden aus Sand besteht, wächst und
gedeiht hier eigentlich nichts. Außerdem liegt überall immer
jede Menge Müll herum und alles ist die ganze Zeit mit einer
Staubschicht überzogen, die von den vorbei fahrenden
Fahrzeugen aufgewirbelt wurde.
Im Gegensatz zu unserer Umgebung
ist unser Hogar wie eine kleine grüne Oase in der Wüste
Limas. Zu dem Grundstück vom Hogar gehört ein riesiger
Garten der (wie bei den Inkas) auf Terrassen angeordnet ist
und von unserem abuelito (verniedlichte Form von abuelo = Opa)
bewirtschaftet wird. Daher kommen auch die frischen und guten
Zutaten für die Küche, z.B. alle mögliche Kräuter zum würzen,
Spinat, Salat, …
Auch gehört ein kleiner Wald dazu,
der auch vom abuelito liebvoll umsorgt wird, und da wachsen
dann leckere Früchte wie Avocado, Mango, Maracuja,…
Also wir leben hier echt mitten im Grünen
und es ist wunderschön mit Vogelgezwitscher aufzuwachen oder
bei einem Frühstück auf der Terrasse einen Kolibri
beobachten zu können.
Außerdem haben wir den Luxus, dass
jede Freiwillige ihr eigenes Zimmer hat, das wir zwei große Bäder
haben, eine Waschmaschine und sogar eine Küche nur für uns
drei.
Weil das Grundstück vom Heim an
einem steilen Berg liegt, haben wir (glaube ich zumindest) die
beste Aussicht auf Tablada! Was vor allem bei Nacht sehr
beeindruckend ist und von uns regelmäßig genossen wird =)
Reisen/ Ausflüge
Bis jetzt haben wir leider noch keine
größeren Ausflüge bzw. kleine Reisen machen können.
Irgendwie gab es dieses Jahr kein einziges verlängertes
Wochenende und wenn wir dann trotzdem etwas geplant hatten,
z.B. Markahuasi oder Strand-Wochenende mit Linda, dann fiel es
kurz vor Beginn doch noch ins Wasser.
Nichts desto trotz haben wir bis
jetzt viele kleine Ausflüge in Lima und Umgebung erleben dürfen.
So waren wir zum Beispiel mit
Judith in Pachacamac, mit Ricardo (dem Bäcker) im Zentrum von
Lima bei der Prozession vom „Señor
de los milagros“, mit Luís in Tablada und Umgebung, in
Miraflores und im Zentrum unterwegs und in Barranco.
Jetzt
im Januar wird sich das allerdings –zum Glück- endlich ändern
=)
Im
Januar hat nämlich das Heim geschlossen (weil ja Sommerferien
in Peru sind) und wir haben frei. Wir werden voraussichtlich
quer durch Peru bis nach Bolivien reisen, weil wir dort Mitte
Januar an einem Zwischen-/ Begleitseminar teilnehmen. Ich
freue mich riesig auf die kommenden Wochen und auf die
Austauschmöglichkeit mit anderen deutschen Freiwilligen aus
Peru, Bolivien und Chile auf unserem Seminar.
Allerdings
haben wir durch das Zwischenseminar nicht mehr wirklich viel
Zeit zu reisen. Wir müssen einfach eine gute Mischung finden
zwischen „stressfreiem Reisen“ und „doch möglichst viel
sehen“.
Die
Infrastruktur tut uns da nicht gerade einen großen Gefallen,
man braucht hier (auch für kurze Strecken) einfach etwas länger.
Was
mich auch gleich zu meinem nächsten Punkt bringt…
Die öffentlichen Verkehrsmittel
Ja am Anfang war es ein großes
Abenteuer mit den öffentlichen Verkehrmitteln zu fahren…und
jetzt ist es eigentlich immer noch eins =)
Also der Straßenverkehr ist ziemlich
chaotisch und laut und es ist ganz normal, dass ständig
gehupt wird. Das Hupsignal kann demnach so ziemlich alles
bedeuten „He, geh weg da!“, „Achtung ich fahre jetzt rückwärts“,
„Ich hab zwar schon rot, halte aber trotzdem nicht an!“,
„keine Ahnung wer Vorfahrt hat, aber ICH überquere jetzt
die Kreuzung“ oder
es wird von Combi-Fahrern (Combis, das sind die Kleinbusse)
dazu verwendet auf sich aufmerksam zu machen und Fahrgäste
anzuwerben.
Ja und diese Combis die sind echt
toll und gut, aber eben leider (logischerweise!!!) für
Peruaner gebaut und nicht für Europäer! Zwischen den
einzelnen Sitzen sind ca. 10 cm Platz für die sogenannte
„Beinfreiheit“, was es uns einfach nicht ermöglicht
gerade zu sitzen. Wenn dann natürlich so ein Combi im
Feierabendverkehr schon voll besetzt ist, und man stehen muss,
ist das nur möglich, indem man den Kopf und auch den Oberkörper
so nach vorne beugt, dass man da stehend rein passt. Und so
schießt man dann, völlig orientierungslos, über Schlaglöcher
und andere Hindernisse, fast so als wären diese gar nicht
vorhanden.
Aber auf irgendeine unerklärliche
Weise sind diese Fahrten doch immer witzig =D
Weihnachten
Entgegen aller Erwartungen, ist es
letztendlich auch hier Weihnachten geworden. Auch wenn ich
noch nie so wenig in Weihnachtsstimmung war wie dieses Jahr.
Wir probten zwar schon Wochen vorher fleißig peruanische
Weihnachtslieder für die Messe ein, aber wenn man zu diesen
Melodien keinen Bezug hat, helfen die auch nicht, in einem die
Weihnachtsstimmung zu entflammen.
Schon Mitte Dezember haben wir dann
hier im Heim Weihnachten gefeiert. Mit einer schönen Messe, Tänze
der einzelnen Gruppen, Geschenke für die Kinder, Chocolate
und jede Menge Panetón!!!
Auch waren wir an einem Sonntag in
Miraflores auf einem Weihnachtsbasar, auf dem auch die Sachen
verkauft wurden, die Javier (der Schreiner) mit den Kindern
angefertigt hatte.
Am Heiligen Abend waren wir dann bei
Luís eingeladen. Davor waren wir noch in einem Gottesdienst
hier in Tablada und dieser war einfach so unbeschreiblich
toll! Wie die Menschen sich von der Euphorie des Pfarrers
mitreißen ließen war total schön.
Auch die Fragen des Pfarrers lautstark zu beantworten
ist völlig normal genauso wie wenn mal ein Streuner durch die
Kirche schlappt und sich unter einer Bank kurz ein Nickerchen
macht. Die Gottesdienste werden hier im Allgemeinen viel
lebhafter gefeiert und mir persönlich gefällt das sehr.
Ja auf jeden Fall sind wir nach
diesem Gottesdienst zu Luís gegangen, wo es dann lecker Pavo
(Truthahn) zum Essen gab. Um 12 Uhr nachts geht man dann raus
auf die Straßen, um Böller und Raketen abzufeuern und um
sich eine „Feliz Navidad“ zu wünschen. Da muss man als
Europäer schon aufpassen, dass man sich nicht aus Versehen
ein gutes neues Jahr wünscht. Erst danach gibt’s dann die
Bescherung.
Es war auf jeden Fall toll,
Weihnachten mal so komplett anders zu feiern, aber für mich
war es halt leider irgendwie kein richtiges Weihnachten…mir
fehlte die Kälte, die bekannten Melodien, Plätzchen und natürlich
meine Familie!!!
Abschließend kann ich sagen, dass es
mir hier in Tablada im Hogar sehr sehr gut gefällt! Ich fühle
mich wohl umsorgt (was nicht zuletzt auch an meinen tollen
Mit-Voluntarias liegt), gut behütet und ja einfach schon
irgendwie zu Hause =)
So das war’s dann auch schon von
meiner Seite.
Jetzt bleibt mir nur noch euch allen
einen guten Rutsch und ein in jeder Hinsicht erfolgreiches
Jahr 2012 zu wünschen!!!
Macht’s gut…bis die Tage =D
Eure Lucia
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